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und verzieht das Gesicht.

      »Oha! Der ist ja gefroren!«, ruft sie, als sie auf einen Eiswürfel beißt. Mehr ist von ihrem Kaffee nicht übrig geblieben. Daraus hat der Schneeti nämlich schon längst – löckerflöckig – einen Eiskaffee gemacht. Ganz nach seinem Geschmack.

      Der Schneeti zwinkert Ole aus der Kühltasche zu und Ole kann es fühlen: Der Spaß fängt gerade erst an! Aber hallöle!

      Nach Schulschluss schleicht Ole über den Schulhof zu den Mülltonnen und versteckt sich hinterm Papiercontainer. Mit dem Schneeti in der Tasche fühlt er sich heute zwar schon etwas sicherer, aber wie Opa Ottokar immer sagt: »Vorsicht ist die Mutter der Porzellankiste.« Ole hat nämlich überhaupt keine Lust, heute schon wieder von Rocco und seiner Bande durch diesen dämlichen Ort gejagt zu werden. Aus seinem Versteck heraus beobachtet er, wie die Kojoten bei den Tischtennisplatten tuschelnd ihre Köpfe zusammenstecken. Bestimmt denken sie sich wieder was Fieses aus. Nach der Sache mit dem Schneeti-Schneeball scheint Rocco heute nämlich obermegamiese Laune zu haben.

      »Wie hast du das vorhin gemacht?«, flüstert Ole dem Schneeti in die Kühltasche.

      »Was? Die Bröte gemöpst? Das war ganz einfach! Ich …«

      »Nein! Der Schneeball! Wie hast du es im Klassenzimmer schneien lassen?«

      Der Schneeti grinst. »Das war döch Pipifax! Öle, ich bin döch ein Schneeti. Ein Schneeti! Vergessen?«

      »Das heißt also, Schneetis können es schneien lassen?«

      »Jöp!«

      »Heißt das Ja?«

      »Jöp!«

      »Holy Moly! Das ist ja cool! Kannst du noch was?«

      »Jöp!«

      »Was denn?«

      »Vörwärtsrölle, Rückwärtsrölle, Vörwärtssaltö, Rückwärtssaltö, Köpfstand, Öhren wackeln, King Köng spielen, auf Kömmandö schnörchen …«, zählt der Schneeti an seinen Fingern ab und überlegt: »Öh? Was nöch? 6.422 Sprachen sprechen, Dialekte, Rentierisch, Schneetinesisch und sö weiter nöch nicht mitgezählt. Und … Möment … Ach ja! Natürlich! Vörwärtsrölle, Rückwärtsrölle, Vörwärtssaltö …«

      »Das hast du schon gesagt! Ich meine, kannst du noch was mit Schnee und so?«

      »Ach sö! Jöp! Und öb!«

      »Was denn?«

      »Nöch viel, viel mehr!«

      Da hört Ole plötzlich ein Stapfen und ein Klirren. Der Hausmeister, der vorhin in der Klasse den Schneeball inspiziert und Frau Lümmerling dabei die ganze Zeit verzückt angelächelt hat, kommt mit einer Kiste voll Gläser und Flaschen auf den Glascontainer zu.

      Ole kann sich nicht erinnern, jemals einen so großen Menschen wie den Hausmeister gesehen zu haben. Der Hausmeister trägt eine blaue Latzhose und hat lange Haare und einen Bart. Vorhin in der Klasse hat er noch riesige Öko-Latschen getragen, aber jetzt steht er in seinen riesigen Stiefeln, mit denen sogar Bigfoot bestimmt bequem über die Rocky Mountains stiefeln könnte, ganz nah vor Ole. Klirrend wirft er das Altglas in den Container. Die leeren Honiggläser aber sortiert er sorgsam aus.

      »Sie liebt mich … Sie liebt mich nicht … Sie liebt mich …«, orakelt der Hausmeister und stellt dabei jedes Mal vorsichtig ein leeres Honigglas neben den Container. Ole versucht, sich noch kleiner zu machen. Doch als der Hausmeister das letzte Honigglas aus der Kiste fischt und dabei traurig seufzend »Sie liebt mich nicht« sagt, ruft der Schneeti laut und deutlich aus der Kühltasche: »Döch! Sie liebt dich!«

      Holy Moly! Ole würde am liebsten im Erdboden versinken, als sich der Hausmeister zu ihm herunterbeugt. »Meinst du wirklich?«, fragt er und sieht Ole hoffnungsvoll aus seinen warmen honigbraunen Augen an.

      »Äh«, antwortet Ole und macht, was man in komischen Situationen eben macht: lieb gucken und lächeln. Und während Ole lieb guckt und lächelt und der Schneeti blitzschnell in ein Honigglas hopst, auf dem ein Papierstreifen mit einer aufgedruckten Sonne und einer Honigbiene klebt, fällt Ole zum Glück doch noch eine passende Weisheit ein. »Auf jeden Topf passt ein Deckel, sagt mein Opa Ottokar immer.«

      »Dein Opa muss ein sehr kluger Mann sein.« Ole nickt. »Ja, man muss das Leben von der Sonnenseite sehen, dann hat man mehr davon!«, sagt der Hausmeister und lacht – genau wie die Sonne, die auf seinen Handrücken tätowiert ist und die Ole von den »Atomkraft? Nein danke«-Aufklebern kennt. »Du bist doch der Neue aus Frau Lümmerlings Klasse, richtig?« Wieder nickt Ole. »Junge, hast du ein Glück! Mit deiner Klassenlehrerin hast du das ganz große Los gezogen. Ich bin Heiko, aber du darfst ruhig Höko zu mir sagen. Das machen alle.«

      »Ich bin Ole«, sagt Ole und staunt, als Höko in seine Hosentasche greift und ihm zwei braune Kugeln reicht, die wie Pferdeäpfel aussehen.

      »Hier! Kannst du auf dem Nachhauseweg an Sträucher oder Zäune hängen. Die Meisenknödel hab ich selbst gemacht. Die Meise ist mein Krafttier, weißt du?«

      »Knödel! Jöm-jöm!«, hört Ole den Schneeti hinter dem Hausmeister aus dem ausgeschleckten Honigglas juchzen und damit Höko keinen Verdacht schöpft, sagt Ole schnell: »Knödel! Jam-jam! Ich liebe Knödel!«

      »Sind echte Kraftpakete! Nur die allerbesten Zutaten. Sonnenblumenkerne, Kokosfett, Nüsse … Willst du mal kosten?«, fragt Höko.

      Schon bricht er ein kleines Stück von dem selbst gemachten Meisenknödel ab und reicht es Ole. Ole muss immer noch an Pferdeäpfel denken und ihm wird schon ein bisschen flau, aber da muss er jetzt durch.

      »Wir leben hier zwar auf dem Land …«, sagt Höko. »Aber Kiesgärten, Monokultur, Insektensterben, Klimawandel und der ganze Mist. Die armen Vögel finden ja kaum noch was zu fressen …«

      Vorsichtig kaut Ole auf dem Stück Meisenknödel herum.

      »Und? Schmeckt’s?«, fragt Höko.

      Ole nickt. »Wie Müsliriegel.«

      »Die Luft ist jetzt übrigens rein. Die Kojoten haben sich verpieselt.«

      Ole sieht den großen Hausmeister verwundert an. Woher weiß Höko denn, dass Ole sich vor den Kojoten versteckt hat? Doch Höko sagt nur: »Aus über zwei Metern Höhe hat man einen erstaunlich guten Überblick. Das kannst du mir glauben! Wenn du mal selbst geimkerten Waldhonig oder Meisenknödel oder sonst irgendetwas brauchst, komm einfach zu mir. Klar?«

      Ole nickt.

      »Mmh, war völl lecker, der Hönig! Jöm-jöm!«, lobt der Schneeti. »Musst du auch mal pröbieren, Öle!«

      Ole lächelt und schwingt erleichtert die Kühltasche, als er mit dem Schneeti das Schulgelände verlässt.

      »Höher!«, jauchzt der Schneeti, dem die Schaukelei offenbar gefällt. »Mach mal Schiffschaukel!«

      Ole tut ihm den Gefallen und schaukelt die Tasche noch höher.

      »Und jetzt Lööping! Lööping!« Ole schwingt die Tasche im Kreis. »Yöppie«, jubelt der Schneeti. »Und jetzt höchwerfen!«

      »Ich kann aber nicht gut werfen!«, protestiert Ole.

      »Wetten döch? Pröbier’s döch einfach mal!«

      Da wirft Ole die Tasche hoch in die Luft und fängt sie zu seiner Überraschung problemlos wieder auf. Und als er sich noch einmal zur Schule umdreht, sieht er, wie Höko ihm mit seiner großen Sonnenhand lächelnd hinterherwinkt.

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