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hat nur insoweit stattgefunden, wie sich mir diese Ansätze im Hinblick auf die von mir gestellten Fragen „erschlossen“ haben.

      Inhaltsverzeichnis

       Kapitel 1 - Zen-Buddhismus und Philosophie

       Kapitel 2 – Der Weg: methodische Vorüberlegungen

      Kapitel 2.1 – Die phänomenologische Methode

      Kapitel 2.2 - Der Schritt über die klassische Phänomenologie hinaus: die phänomenologische Praxis der Einheit und Ganzheit

       Kapitel 3 – Philosophische Betrachtungen

      Kapitel 3.1 – „Ist die Welt ein Produkt unseres Geistes?“ oder Kants Revolution im Denken

      Kapitel 3.2 – „Ich – Wer ist das?“ oder Descartes Irrtum

      Kapitel 3.3 „Wer sieht?“ oder das Gedankenexperiment von Fichte

       Kapitel 4 – Zen-buddhistische Koans und philosophische Fragen

      Kapitel 4.1 – Die Frage nach den Dingen (oder die Täuschung durch das begriffliche Denken): Koan vom Stock

      Kapitel 4.2 – Die Frage nach dem Selbst: Koan MU

      Kapitel 4.3 – Die Frage nach der Wahrheit: Buddha hält eine Blume hoch

      Kapitel 4.4 – Die Frage nach der Zeit: Tokusans Reiskuchen

      Kapitel 4.5 – Die Frage nach Leben und Tod: Tosotsus drei Schranken

      Kapitel 4.6 – Die Frage nach der Natur der Wirklichkeit: Der Eichenbaum im Garten

      Kapitel 4.7 – Die Frage nach der Freiheit

      Kapitel 4.7.1 - Kleine Phänomenologie des Willens und zum Thema Willensfreiheit

      Kapitel 4.7.2 - Der Glockenklang und das Gewand

      Kapitel 4.8 – Die Frage nach dem letzten Grund: Wer ist jener Eine?

      Kapitel 4.9 – Die Frage nach dem Glück: „Wasch deine Schale“

      Kapitel 4.10 - Kurze Zusammenfassung

       Kapitel 5 – Schlussbetrachtung

       Literaturverzeichnis

       Kapitel 1 - Zen-Buddhismus und Philosophie

      Dieses Buch unternimmt den Versuch, einige fundamentale Fragen der Philosophie aus dem Blickwinkel des Zen zu betrachten. Der Zen-Buddhismus (bzw. Zen1) beinhaltet interessante Einsichten, die eine große Nähe zu einigen klassischen Fragen der abendländischen Philosophie aufweisen. Auch in der Zen-Tradition gibt es grundlegende Fragen, die oftmals in Form der geheimnisvollen Koans formuliert werden. Können diese rätselhaften Koans etwas zur Beantwortung unserer wesentlichen Fragen des Daseins beitragen?

      Die Fragen nach dem eigenen Selbst („wer bin ich?“), nach der Welt („was ist die Welt?“), nach der Wahrheit, nach der Wirklichkeit, nach der Freiheit oder nach dem Tod gelten seit alters her als die „Klassikerfragen“ des philosophischen Denkens. Philosophische Fragen sind nun aber keineswegs eine rein akademische Angelegenheit, sondern sie tauchen auch in unserem alltäglichen Denken und Handeln immer wieder auf. Insofern haben wir alle mehr oder weniger Erfahrung im Umgang mit diesen Fragen – sie sind uns nicht fremd. Jeder stellt sich Fragen über das Leben oder geht von Annahmen aus, die seine Handlungen bestimmen. So haben wir alle unsere eigenen Antworten und Erklärungen und damit eine Art „Alltagsphilosophie“ entwickelt, ob wir uns dessen bewusst sind oder nicht. Die Fragen über die Rätsel und Geheimnisse des Lebens gelten jedoch auch als Ursprung des philosophischen Denkens schlechthin. So steht für den griechischen Philosophen Platon das staunende Fragen über die Geheimnisse des Lebens am Anfang des philosophischen Denkens. Die Philosophie als Wissenschaft versucht nun, die andrängenden Fragen mittels des Denkens, mittels Logik, Sprache und Vernunft zu ergründen.

      Ein großer Teil des Denkens im Anschluss an die antike Philosophie war von der Grundannahme geleitet, dass der Mensch vor allem durch seine Vernunft ausgezeichnet ist („animale rationale“). Demnach können wir im Denken und nur im Denken der Wahrheit nahekommen. Das, was den Menschen eigentlich ausmacht, wurde in der Entfaltung dieser Fähigkeit gesehen. Und selbst der Leitspruch der späteren Aufklärung lautete: "Sapere aude!" oder "Habe Mut, dich deines eigenen Verstandes zu bedienen!". Die Vernunft und die darauf aufbauende Entfaltung dieser Fähigkeit in Wissenschaft und Technik wurden so zum grundlegenden Maßstab für unser Verständnis der Welt und von uns selbst. Dieser sogenannte westliche Weg ist fest in unseren kulturellen und individuellen Vorstellungen und Grundüberzeugungen verankert. Für uns heute klingt das alles auch ganz logisch und ganz und gar selbstverständlich.

      Auf den ersten Blick steht das alles geradezu in direktem Gegensatz zu dem Vorgehen im Zen-Buddhismus bzw. Zen. Darin wird dem rationalen Denken und den Urteilen der Vernunft keine Bedeutung für das Erkennen der Wahrheit zugeschrieben. Im Zen würde man aber auch nicht von Erkennen der „Wahrheit“ in dieser Bedeutung sprechen. Es hat nichts übrig für begriffliches Philosophieren und Nachdenken, für Spekulationen oder für philosophische Dialoge - ja es ist geradezu gekennzeichnet durch ein tiefes Misstrauen gegenüber allem begrifflichen Denken.

      Dies verdeutlicht auch eine überlieferte Geschichte von einer Begegnung zwischen dem historischen Buddha (563/483) und einem philosophisch eingestellten Schüler mit dem Namen Malunkya. Dieser suchte ihn auf und stellte ihm einige metaphysische Fragen: Ist die Welt endlich oder unendlich, ewig oder nicht ewig, ist der Geist identisch mit dem Körper oder nicht, existiert ein Erwachter nach dem Tode weiter oder nicht? Buddha schwieg zu den Fragen. Er erklärte ihm jedoch, dass er seine Zeit nicht mit philosophisch-metaphysischen Fragen verschwenden soll, sondern mit ganzer Kraft an seiner Befreiung arbeiten sollte. Er vergleicht diesen metaphysisch eingestellten Schüler mit einem Mann, der von einem vergifteten Pfeil getroffen wurde, der sich aber erst dann behandeln lassen will, wenn er weiß, was für ein Pfeil das war, woher er kam, wer ihn abschoss, warum er ihn abgeschossen hat usw.. Wenn er aber mit seiner Behandlung wartet, bis alle diese Fragen beantwortet sind, dann wird er wohl nicht mehr lange leben.

      Durch diese Geschichte soll zum Ausdruck kommen, dass bloße philosophische Spekulation in Bezug auf diese Fragen, eine sinnlose Zeitverschwendung ist und uns der Wahrheit keinen Schritt näher bringt. Keine begriffliche Antwort wird uns jemals zufrieden stellen und womöglich übersteigt auch eine mögliche Antwort das Auffassungsvermögen unseres menschlichen Geistes. Diese Aussage lässt nun in philosophisch angehauchten Kreisen aufhorchen. In dem Moment, wo die Fähigkeit unseres Verstandes bestimmte Probleme zu lösen in Zweifel gezogen wird, steht relativ schnell der Vorwurf des Irrationalen oder gar des völlig Absurden im Raum. Worum geht es also im Zen-Buddhismus? Ein uralter Vers zu diesem Thema besagt:

       „Eine Überlieferung ganz eigener Art außerhalb der Schriften, nicht gegründet auf Wörter und Buchstaben;

       sie zielt direkt ins Herz der Wirklichkeit, so dass wir in unsere eigene Natur schauen und erwachen können.“

      Es ist ein fundamentales Merkmal des Zen-Wegs, dass die grundlegende Wahrheit immer nur in sich selbst gesucht wird und niemals in irgend etwas Äußerem (also auch nicht in den Antworten von Experten und Wissenschaftlern oder aus gelehrten Büchern). Vielmehr wird auf die Erforschung des Grundes zurückverwiesen, wo alles seinen Ausgang nimmt: Auf die eigene innere Erfahrung, auf die unmittelbare Wahrnehmung der Wirklichkeit selbst2, die jeder nur selbst erfahren kann. Damit ist nun nicht gesagt, dass wir unsere eigene Natur bereits kennen, sondern dass man in sie hineinschauen kann bzw. soll. In diesem Zusammenhang wird gerne das Bild vom „Schatz im eigenen Acker“ verwendet. Dies bedeutet, auf dem Boden der eigenen Erfahrungen seine Nachforschungen anzustellen, also gewissermaßen „da zu graben, wo man selbst steht“.

      Nach zen-buddhistischer Auffassung können wir die „Wahrheit“ nur durch die direkte

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