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hätte. Er hatte weder Socken noch Schuhe an, er liebte den direkten Kontakt mit der Erde, auch wenn er sich manchmal dadurch kleine Verletzungen zuzog, an spitzen Steinen oder an abgeschnitten Grashalmen. Im Herbst mähte er und seine Frau immer das Gras, als Futter für seine Tiere im Winter.

      Seine Füße konnte er noch nicht sehen, aber jede ihrer Bewegungen hören, wie ein zartes Rascheln, das die Stille der Morgendämmerung durchbricht.

      Der Hof lag geräuschlos im Schatten unter ihm, selbst seine Hühner schliefen noch, alle waren lautlos. Da es noch sehr früh war, und er nichts weiter zu tun hatte, setzte er seinen Spaziergang in Richtung Berge langsam fort. Eine Eidechse saß regungslos vor ihm auf einem Stein, Kopf und Schwanz nach oben gestreckt, sie wartete wohl auf die aufgehende Sonne um sich aufzuwärmen, als er jedoch leicht mit dem Fuß gegen den Stein stieß, war sie plötzlich verschwunden, sein Blick verlor sich in der Dunkelheit des beginnenden Tages.

      Er hatte für seine Verhältnisse viel erreicht, seitdem er als sechzehnjähriger mit Nasrim, die gleichaltrige Tochter seines Onkels, verheiratet ist.

      Sein Vater hatte sechs Brüder und drei Schwestern, alle waren verheiratet und jede Familie hatte wenigstens fünf Kinder. Seine Vermählung wurde vom Familienrat beschlossen, sie beide waren damals erst zehn Jahre alt gewesen. Gegen diese Entscheidung konnte kein Einspruch erhoben werden, die Familie war sehr gläubig, wie alle Bewohner der Stadt und die Gesetzte wurden sehr streng eingehalten, besonders seit die Mullas das Sagen hatten. Keine Frau ging mehr unverschleiert auf die Straße, Kosmetikartikel waren aus den Regalen verschwunden, auch in der Wohnung trugen die Frauen immer ein Kopftuch, die Haare seiner Mutter hatte er nie gesehen.

      Bis zur Hochzeit traf er Nasrim nur selten und hatte so gut wie nie allein mit ihr gesprochen, es waren fast immer nur wenige Höflichkeitsfloskeln, immer war eine weitere Person im Zimmer die aufpasste, dass nichts Unrechtes geschehen konnte, schon ein längerer Händedruck wäre zu viel gewesen.

      Wann immer er zu Besuch kam, war auch Nasrims Haar mit einem Kopftuch bedeckt, es schien schwarz zu sein, einmal bei einem Besuch bei ihrer Familie ragte eine kleine Strähne unter dem Kopftuch hervor, sie bemerkte es sofort und schob sie wieder zurück, auch ihre Beine und Füße hatte er nie gesehen, sie waren immer bedeckt.

      Beide hatten niemals zuvor einen engeren Kontakt mit dem anderen Geschlecht, nur seine Mutter hatte ihn manchmal umarmt und auf die Stirn geküsst, das war auch schon alles.

      Keiner in der Familie hatte jemals mit Cave über Sex gesprochen, er hatte zwar oft davon geträumt, aber alles erschien ihm nur verworren, so unwirklich, eben nur ein Traum, das Wort Verhütung hatte er nie in seiner Familie gehört.

      Auch Nasrim war unwissend, zwar hatte sie öfters beobachtet, wenn ihre Brüder morgens kurz zur Toilette gingen, dann ragten ihre Schlafanzughosen vorne weit nach oben und wenn sie zurück kamen, waren die Erhebungen wieder verschwunden. Sie hatte sich immer schlafend gestellt, auf dem Bauch liegend, mit einem geschlossen und einem offenen Auge und so ihre Brüder beobachtet, doch was sie da sah, konnte sie nicht so richtig einordnen. In der Schule wurde viel gemunkelt, aber keiner wusste so wirklich richtig bescheid.

      Dies änderte sich in ihrer Hochzeitsnacht. Cave sah zum ersten Mal in seinem Leben eine nackte Frau, sehen war vielleicht zu viel gesagt, es war stockdunkel, sie befanden sich im Schlafzimmer seiner Tante, sie hatte ihnen das Zimmer für die eine Nacht zur Verfügung gestellt und dafür bei ihrer Schwägerin geschlafen, Beide waren schon seit Jahren verwitwet, ihre Männer waren mit dem, was die Mullas behaupteten, nicht immer ganz einverstanden und hatten sich hierzu auch in der Öffentlichkeit geäußert. Vor einigen Jahren wurden sie am frühen Morgen von den Sittenwächtern abgeholt und verschwanden auf nie mehr wiedersehen. Alle Nachforschungen verliefen sich im Sand, keiner wollte etwas wissen, gehört oder gesehen haben und nach Jahren wurden sie zu Witwen erklärt.

      Die Weisheit alter Zeiten war längst vorüber, einst lebte hier ein Mann, sein Name war Zarathustra, er war weder Prophet noch war er Gott. Propheten, die verkünden Gottes Wort und lassen keine Fragen und keinen Zweifel zu, er tat dies nicht, er war auch nicht Vermittler zwischen Gott und den Menschen, wie dies die Geistlichen für sich in Anspruch nehmen. Sie versprechen nach Belieben das Paradies, oder drohen mit der Hölle, so machen sie sich selbst unentbehrlich für das jenseitige Wohlergehen des einzelnen.

      Die Zarathustrier, die müssen Gott auch nicht dreimal täglich anbeten, auch Bestechungen führen nicht ins Paradies. Jeder trägt selbst die Verantwortung für sich, nur durch gutes Denken, durch gutes Reden und durch gutes Handeln kommt man dort hin. Nur wer Gutes tut, kann Gutes erwarten, wer Böses tut, dem kann auch nur zwangsläufig Böses widerfahren. Wenn das Heil nur durch das eigene Handeln bestimmt wird, wofür braucht man dann noch Priester?

      Dies ist anders bei den heutigen geistlichen Herren, sie erheben den Anspruch auf alleiniges Wissen, versprechen nach Belieben das Paradies, oder drohen mit der ewigen Verdammung, so machen sie sich unentbehrlich, Zweifel wird nicht geduldet. Ungläubige zu töten sichert das Paradies.

      Auch Persepolis wurde nicht von Sklaven gebaut, alle Menschen waren gleich, auch Frauen, wenn aber alle gleich sind, warum sollten dann Kriege geführt werden?

      Aber wo sind nur die alten Weisheiten geblieben?

      Sie konnten ihre Umrisse nur vage erkennen, aber betasten konnten sie sich, und da erkannte Nasrim, was die Veränderung in den Hosen ihrer Brüder bewirkt hatte, sie konnte es anfassen und war überrascht von der Größe und der Härte des pulsierten etwas, es erweckte ihre Neugier und ein plötzliches, unbekanntes Verlangen danach.

      Sie hatten sich langsam gegenseitig im Stehen die Kleider ausgezogen. Cave löste als erstes ihr Kopftuch, dann den Knoten von Nasrims Haar, es fiel ihr über ihre Schultern den Rücken hinab, er konnte es hören wie es herabfiel, ein feiner Duft wie von Jasmin stieg in seine Nase und er konnte den seidenen Glanz des Haares fühlen. Nasrim hatte die Knöpfe seines Hemdes geöffnet und es langsam über seinen Kopf gezogen. Ihr schwarzer Umhang war leicht zu lösen gewesen, er fiel herunter und bedeckte den kalten Boden des Schlafzimmers, beide stellten sich darauf und plötzlich hatten sie nichts mehr an. Zum ersten Mal in seinem Leben berührten seine Hände ihre Brüste, er empfand es fast wie einen elektrischen Schock, der sich vom Kopf über seinen ganzen Körper ausbreitete, es war sonderbar schön und zugleich noch fremd, sie waren hart und trotzdem wieder weich. Seine Hände glitten ihren glatten Bauch hinab, auch Nasrim ging auf Erkundungstour, es war wie eine Reise in eine unbekannte Welt, keiner von beiden wehrte sich dagegen.

      Als sie unter der Bettdecke lagen, hatten sie schnell die wesentlichen Unterschiede und deren Bedeutung erkannt, ihnen erschien alles anders als sie es aus den heimlichen Erzählungen von den Freunden aus der Schule kannten.

      Ihre Berührung steigerte Caves Erregung, die er nicht mehr verbergen konnte, ihre Hand berührte ihn und noch bevor er in sie eindringen konnte, kam es bei ihm zur Explosion. Er war bestürzt und zugleich beschämt, darüber, dass seine Männlichkeit ihn so schnell verlassen hatte, auch Nasrim schien davon überrascht zu sein und begann ihn zu trösten.

      Erst einige Stunden später fanden sie doch zusammen und Cave fühlte wie an Nasrims Beinen etwas herab lief, sie hatte sich weder beklagt noch Bedauern ausgesprochen. Am nächsten Morgen, als die ersten Sonnenstrahlen durch das Fenster traten, sah er die roten Flecken auf dem Bettlagen.

      Zwei Wochen nach der Hochzeit zogen sie nach oben in das Tal, es war noch Niemandsland und für einen geringen Betrag wurde es auf Caves Namen überschrieben. Zum Start hatte er von seinen drei Brüdern jeweils hundert braune Hühner geschenkt bekommen und von seinem Onkel zwei Ziegen.

      Einen alten Lastwagen hatte er auch seit einer Woche, als er die Straße zu seinem Bruder hinunter lief, sah er in einem schmalen Feldweg am Rande des Waldes den Laster stehen, ohne aber weiter darauf zu achten. Er setzte seinen Weg fort, die Straße war eigentlich keine richtige Straße, es war nur ein Schotterweg, ohne Asphaltierung. Als er am späten Nachmittag zurück kam, stand der Laster immer noch an der gleichen Stelle, da er sich auf seinem Grundstück befand, ging er hin um das Objekt näher zu betrachten. Es war ein Pritschenwagen mit einer offenen Ladefläche, beladen mit verschiedenen leeren Kisten, mit Seilen zusammen gehalten, und der Schlüssel steckte

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