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Celeste - Gott und der König. Sabrina Kiefner
Читать онлайн.Название Celeste - Gott und der König
Год выпуска 0
isbn 9783347121324
Автор произведения Sabrina Kiefner
Жанр Биографии и Мемуары
Серия Celeste
Издательство Readbox publishing GmbH
Die beiden Frauen lachen noch, als die Bedienstete anklopft, um Tee zu servieren.
* * *
Nach einer kurzen Pause erzählt Celeste weiter: „Der heitere Himmel meiner Kindheit verdüsterte sich, als Toussaint zur Armee ging; mein geliebter Bruder war erst elfeinhalb Jahre alt. Ich zeigte mich erstmals aufständisch und protestierte lautstark, doch letztendlich stieg er mit bleierner Miene in die Kutsche. Ich hatte gesehen, wie er sich eine Träne abwischte, als er sich von mir verabschiedete und versicherte ihm, dass er mein Lieblingsbruder bleiben würde, was auch immer geschehen möge. Dann sah ich dem Wagen nach, der durch die lange, von Buchenhecken gesäumten Allee fuhr und hob meine kleine Hand. Ich war vier Jahre alt.
Toussaint war kaum abgereist, als wir vom Tod meines ältesten Bruders erfuhren. Nachdem er ein schweres Erdbeben in Portugal überlebt hatte, wo sein Regiment an Land gegangen war, nahm er an den ersten Seeschlachten des siebenjährigen Krieges teil. Die Schlacht von Menorca war einer der wenigen französischen Angriffe, die von Erfolg gekrönt waren. Zu dieser Seite war die britische Vorherrschaft auf See längst kein Geheimnis mehr. Die Offiziere der französischen Marine kannten die Gründe dieses Umstands: die Reichweite ihrer Kanonen war den unseren überlegen, und der Rumpf ihrer Schiffe war mit Kupfer beschlagen, wodurch sie sich bei Seeschlachten besser verteidigen konnten. Um diesen Nachteil auszugleichen und der britischen Übermacht zu widerstehen, war Bravour und Heldentum gefragt. Die königliche Marine Frankreichs siegte gegen die perfiden Briten, doch meinen Bruder, der als junger Kapitän in einer Einheit an Land kämpfte, kostete es sein Leben. Es geschah am Vortag seines zwanzigsten Geburtstages. Meine Eltern waren zutiefst erbittert über den schweren Schickschalsschlag.
Einige Wochen später kamen meine älteren Brüder zu Besuch auf La Cartrie, sie waren beurlaubt und ihre Anwesenheit tat der ganzen Familie gut. Als ich sie mit ihren Schwertern üben sah, bat ich sie darum, mich in die Kunst des Fechtens einzuführen. Meine Brüder hatten viel Spaß daran, mir die majestätischen Gesten näherzubringen, die ich inbrünstig imitierte.
Nun können sie kommen, die Engländer! Ich löste großes Gelächter aus in meinem kindlichen Überschwang. Die damals erlernten Handgriffe brachte ich später meinen kleinen Brüdern bei.
Toussaint war dem Beispiel seiner älteren Brüder gefolgt, die bereits Unteroffiziere des königlichen Heeres waren. Er hatte sich dem Regiment von Berry verpflichtet und ging kurz darauf nach Übersee, um dort Neufrankreich zu verteidigen. Meine Eltern begleiteten ihn mit meinen Schwestern nach Brest, wo sein Schiff im Hafen lag. Mein Bruder war stolz darauf, im Unabhängigkeitskrieg Amerikas mitzukämpfen, doch meine Mutter zählte die vielen Gefahren auf, die auf die Seefahrer lauerten. Meine kleinen Brüder und ich blieben zu Hause, unter dem achtsamen Auge meine Amme, Anne Lemanceau. Sie wurde von allen Lacoudre genannt; so hieß der Bach, der durch unsere dicht bewaldeten Ländereien floss. Eines Tages erklärte sie mir den Ursprung ihres seltsamen Spitznamens in ihrem lustigen Dialekt, den meine Eltern vergeblich versuchten, zu korrigieren: „Ich bin in den Boch gefollen, als ich kleen war. Die Leute sogten, ich sei nur durch ein Wunder mit dem Leben davongekommen. Aber wir onderen, wir wussten, dass das Wosser an dieser Stelle nüch sehr tief war.“ Ihr Lachen riss alle mit. Ihre Mutter hatte ihr ganzes Leben im Dienst der Talour gestanden, nachdem sie im Alter von elf Jahren aus ihrer Familie gerissen worden war. Die Witwe lebte damals noch; sie war eine Frau von starkem Charakter, streng gläubig und viel strikter als ihre Tochter. Diese hatte mich ins Herz geschlossen und gab häufig nach, wenn ich sie drängte, im Freien spielen zu dürfen. Lacoudre fand, dass Bewegung an der frischen Luft kleinen Mädchen gut tue.
Auf der Rückkreise von Brest hatte mein Vater einen furchtbaren Unfall. Als er an einer Kreuzung angehalten hatte, um eine Viehherde den Weg überqueren zu lassen, kam von hinten eine Kutsche im Galopp angeschossen. Die zwei viel zu jungen Zugpferde waren in Panik geraten und ihrem Meister gelang es nicht, sie anzuhalten. Die enge Landstraße bot keinen Ausweg: zu ihrer Linken verlief ein reißender Fluss, die andere Seite war von hohem, dichtem Gebüsch begrenzt. Der Aufprall war fürchterlich! Meine Schwestern, die auf der hinteren Bank saßen, wurden dabei geradezu zerquetscht. Mein Vater zog sich nur leichte Verletzungen zu, doch das Unglück brach ihm das Herz. Er hat es sich nie verziehen, meine Schwestern auf die Reise nach Brest mitgenommen zu haben.
* * *
Während der Krieg in Europa nach den Eroberungen Friedrichs des Zweiten intensiver wurde, kam es wiederholt zu Kämpfen in Deutschland. Meine Eltern erfuhren vom Desaster der Mindener Schlacht, die der französischen Armee eine große Anzahl ihrer besten Offiziere raubte. Unter ihnen fielen meine zwei Brüder für unser Königreich. Die Nachricht traf meine Eltern wie eine Kugel mitten ins Herz. Mein Vater schickte die Medaillen an den General zurück und schrieb ihm, dass er ein Andenken seiner geliebten Söhne bevorzugt hätte, um ihre Mutter damit zu trösten – und sei es nur eine einzige Haarsträhne! Maman war in Ohnmacht gefallen, als sie die ungeheuerliche Nachricht erhielt. Sie konnte ihren Gram niemals überwinden, ihre drei jungen Offiziere nicht nach Hause zurückkehren zu sehen. Selbst der geringe Trost, ihre Söhne begraben zu dürfen, blieb ihr versagt. Und noch vor Ende dieses vermaledeiten Jahres traf es meine Zwillingsschwestern, die von Geburt an sehr gebrechlich geblieben waren. Sie erlagen ihrer Herzschwäche, die Eine nach der Anderen. Mein Vater war untröstlich. Er schrieb an Toussaint, um ihm die traurigen Neuigkeiten zu überbringen und bat ihn, die Armee zu verlassen und nach Hause zurückzukehren, wo ihn eine beträchtliche Erbschaft erwartete. Doch der Brief konnte nie zugestellt werden: sein Schiff war bereits ausgelaufen und fuhr unter vollen Segeln, Kurs auf La Rochelle, wo es an einem nebligen Wintertag im Januar eintraf. Die Nachrichten waren in den Armeen des Königs schneller unterwegs als bei den Postmeistern des Anjou*.
War das eine Freude, meinen Bruder wiederzusehen! Mein Vater hatte mir erlaubt, nach La Rochelle mitzukommen, um Toussaint abzuholen und ich war stolz und glücklich mit meinen sieben Jahren. Wir nahmen eine Brieftaube mit, die wir im Hafen von La Rochelle fliegen ließen, als mein Bruder ankam. Der Vogel hielt auf ein Fischerboot zu und schnappte sich eine Sardine. Toussaint lachte, aber letztendlich kam die Taube lange vor uns an und machte meine Brüder auf unsere baldige Rückkehr aufmerksam. Ich verstand nur wenige der Einzelheiten, die Toussaint aus Neufrankreich mitbrachte, das inzwischen für das Vaterland verloren war.
Im Wagen zog mein Bruder seine weißen Handschuhe aus und nahm meine Hand, die er lange in seiner behielt. In seiner schmucken Ausgangsuniform war Toussaint mir zunächst fremd gewesen. Erst jetzt wurde mir klar, dass ein Mann aus ihm geworden war. Mein Vater hörte seinen Erzählungen aufmerksam zu und bat ihn erneut, seine militärische Funktion aufzugeben. Er versprach, meinem Bruder weitreichende Verantwortung in der Verwaltung unserer Domäne zu übertragen. Unsere Ländereien hatten sich erheblich vergrößert. Mein Vater, der dem Reiz der Spekulation niemals nachgab, meisterte seine Pachtgeschäfte mit so viel Geschick, dass er beträchtliche Reichtümer angesammelt hatte. Ich werde mich immer an meinen zehnten Geburtstag erinnern, an welchem mein Bruder seinen Beschluss verkündete, seine Offizierskarriere zu beenden. Er hatte ganz andere Gründe als die, die meinen Vater dazu bewogen hatten, ihn von seiner militärischen Laufbahn abzubringen. Toussaint war verliebt!
Die Glücklichste von allen war ich. Ich war über unsere schottischen Ponys herausgewachsen und mein Vater hatte einen Damensattel bei einem Sattler in Saumur in Auftrag gegeben, den er für ein cremefarbenes Pony anfertigen ließ; mein erstes eigenes Pferdchen. Der zauberhafte Wallach hatte einen kleinen, ausdrucksvollen Kopf, der den konkaven Profilen der aus Afrika stammenden Vollblutaraber ähnelte, die ich in meinem Buch über Pferderassen bewundert hatte.
„Du