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mich auch darum bemühte, sie zu verjagen. Meine diversen Beschäftigungen ließen die nächsten Wochen wie im Flug vergehen.

      Im Juli brachte ein Bote die traurige Mitteilung vom Tod meines Schwagers, René de Sapinaud. Ich schrieb Jeanne einen langen Beileidsbrief; ich konnte es mir nicht erlauben, ihr einen Besuch abzustatten: Meine Tochter litt an einem Husten, den unser Arzt falsch behandelt hatte. Es stand außer Frage, mit ihr zu verreisen, noch meiner Amme die Pflege meines kranken Kindes zu überlassen, zumal Lacoudre oft müde aussah in letzter Zeit. Ich konsultierte einen Heilkundigen in La-Roche-sur-Yon, der ein Mittel verschrieb, das die Hustenanfälle etwas milderte, aber Aminte war abgemagert und wies fette Speisen zurück. Erst den Mönchen der Fontenelles-Abtei gelang es, meine Tochter mit ihren Heilpflanzen von ihrer Krankheit zu erlösen: Nach einer Woche Behandlung war der Husten endlich abgeklungen.

      Ich wollte mich bei Vater Mornac für die wertvollen Ratschläge seiner Anhänger bedanken und fand ihn im Keller vor, wo er seinen Holunderlikör kostete. Das angebotene Gläschen nahm ich ausnahmsweise an – alkoholische Getränke bekamen mir schlecht. Er verkorkte das Behältnis mit einem Holzzapfen, nachdem er einen Krug mit der dickflüssigen, purpurnen Flüssigkeit gefüllt hatte. „Der Likör ist schon seit zwei Jahren unter Verschluss“, klärte er mich auf, „das Fass darf nicht von oben geöffnet werden, sonst würde uns der Troussepinette* binnen kurzem vergären. Das Rezept wird seit dem Mittelalter von unserem Orden gehütet. Wohl bekomms!“

      Der dunkle Likör hatte einen delikaten Geschmack nach Waldbeeren, den ich dem Geistlichen gegenüber lobte. Dieser hatte mir einen Hocker zugewiesen und kam ins Plaudern, während er sein Glas nachschenkte. Wenig später lenkte er wie zufällig das Thema auf seinen Neffen und vertraute mir an: „Ich befürchte, dass William im Begriff steht, einen Irrtum zu begehen, den er vielleicht sein Leben lang bereuen wird.“

      Trotz der kühlen Kellerluft spürte ich eine Woge der Hitze über meine Wangen gleiten. Der Pater schilderte, dass sein Verwandter, der so wichtige Merkmale wie Mut, Loyalität, Treue und weitere christliche Werte in sich vereinigte, sich zu einer Frau hingezogen fühle, deren Namen er nicht preisgäbe. Und dass er unter seiner Liebe litt, da er davon überzeugt war, die Dame stehe weit außerhalb seiner Reichweite, was sowohl ihren Rang anging, als auch ihre Kultiviertheit. Der Priester legte eine kurze Pause ein, bevor er fortfuhr: „Mein Neffe ist aus diesem Grunde sehr unglücklich und denkt daran, zur Marine zu gehen, in die Fremde. Ich frage mich, ob der junge Mann für das Leben auf See geeignet ist. Ich werde ihm meinen Segen geben, aber ich befürchte, ihn nicht wiederzusehen.“

      Er zögerte einen Augenblick, während ich versuchte, mir eine angemessene Antwort zurechtzulegen.

      Schließlich erläuterte er: „Meine Schwester hat mir Irland geschrieben. Sie macht sich Sorgen um ihren Sohn und bat mich, meinen Einfluss geltend zu machen, um ihn zur Räson zu bringen. Es ist schon vorgekommen, dass Gemeindemitglieder mich mit dieser Art Konflikt betrauen, doch bei meiner Familie fühle ich mich befangen. So sehr ich William auch schätze: jetzt, wo sein Schicksal in meinen Händen ruht, bin ich ratlos. Was würden Sie an meiner Stelle tun, werte Madame Chappot?“

      Ich war so verblüfft über seine Worte, dass ich nichts entgegnen konnte, noch seine Seelennot lindern. Es war das erste Mal in meinem Leben, dass ein Pfarrer mir eine Beichte ablegte! Vater Mornac war für mich ein wertvoller Freund, den ich keinesfalls mit meiner Antwort enttäuschen wollte. Diese konnte nicht ohne Hintergedanken ausfallen..

      So blieb ich eine Weile still, während sein Gebräu begann, mir den Geist zu vernebeln. Trotz meiner Zerstreuung gelang es mir, mit fester Stimme zu verkünden: „Das ist eine schwierige Frage, mein Vater. Ich denke, ich würde M. Bulkeley raten, sich zunächst an die betreffende Person zu wenden, um ihr seine Gefühle zu offenbaren. Schließlich kann man nie wissen, wie die Antwort auf eine Frage lautet, die niemals gestellt wurde.“

      Der Prior nickte ernst und bot mir ein weiteres Glas an, das ich ablehnte. Ich kaufte ein kleines Fässchen seines Tranks, das er unter dem Sitz des Kabrioletts verstaute und er bedankte sich für meinen Besuch mit einer Güte, die einem Diener des Herrn würdig war.

      Noch am Abend sann ich lange nach über dieses Gespräch, nachdem ich Aminte umarmt, nach den Pferden gesehen und die Rosen um den Brunnen gegossen hatte.

      * * *

      Im August, kurz nach der Ernte, fanden die Viehmärkte statt. Die Stadt Cholet hatte dabei immer im Zentrum meiner Aufmerksamkeit gestanden, aber in diesem Jahr fuhr ich mit meiner Tochter nach La Rochelle und zeigte ihr die Stadt, wie mein Vater mir es damals gewährt hatte. Der Jahrmarkt, auf dem zwei Vertraute meine Jungpferde feilboten, wurde im Hochsommer abgehalten. Wir waren schon früh mit der Postkutsche angereist.

      Wir betraten die Stadt durch die „porte royale“, die Königspforte. In dem Gemenge konnte ich den vormals verschlafenen Stadtkern, der sich rund um die Kathedrale in winzige Gassen aufteilt, kaum wiedererkennen. Ich dachte an meinen Vater und hielt Amintes Hand, die sich wegen ihrer geringen Größe darüber beklagte, nichts als Schuhe zu sehen. Ich erklärte, dies sei der wichtigste und beliebteste Markt der Region. Die Hafenstadt bot vielfältige Transportmöglichkeiten über Flüsse und das Meer; die Zufahrtswege waren breit und gut befahrbar, was eine hohe Anzahl Käufer aus der Umgegend anlockte. La Rochelle war durch den Kolonialhandel zu einer wichtigen Stadt geworden, die Hälfte aller Schiffsladungen aus der Neuen Welt trafen in ihrem Hafen ein.

      Ein schwacher Seegang begünstigte die Landungen – die vorgelagerten Inseln, vor allem die langgezogene Ile de Ré, schützte den Hafen vor den mächtigen Wellen des Atlantischen Ozeans, ein Umstand, den sich gewisse Verfrachter zunutzen machten und bald schon beträchtliche Reichtümer anhäuften. Die königliche Seilerei des nur wenige Meilen südlich gelegenen Rochefort trug ebenfalls dazu bei. Sie war das längste Industriegebäude der Welt – das Aushängeschild eines Visionärs: des verblichenen Sonnenkönigs. La Rochelle öffnete sich dem Meer, das die Einwohner mit seinen Früchten versorgte. Die ungebändigte Stadt, die sich stolz ihres Widerstands gegen den König und seinen roten Kardinal erinnerte, hatte sich über Jahrhunderte hinweg einen Freihandelsstatus erhalten. Sie bezahlte weder Steuern an den König von Frankreich, noch führte sie irgendwelche Beiträge an die Kontorgemeinschaft der Hanse ab, auf deren Handelsabkommen sie sich berief.

      Ihre grausame Belagerung hatte der Freiheit der Geschäftsleute von La Rochelle ein jähes Ende gesetzt. Doch die Konterbanden der Salzsieder machten sich schon bald wieder auf ihre versteckten Pfade durch die Moore, um die Landstraßen des Königs zu umgehen, wie sie dies schon immer getan hatten. Die Stadt begann, eine neue, tiefere Hafenzufahrt auszubauen, und konnte fortan die Windjammern der Admirale empfangen, die kostbare Kolonialwaren bis zu den Landungsstegen lieferten. Und La Rochelle lebte wieder auf. Die Stadtverwaltung verlor nie den Kopf, außer beim alljährlichen, großen Viehmarkt!

      In den Gassen herrschte ein buntes Durcheinander, unter den altertümlichen Arkaden drängten sich die Menschen. Die befahrbaren Straßen waren hoffnungslos verstopft, Passagiere schoben sich an stehenden Fuhrwerken vorbei, und ein Lieferant versuchte verzweifelt, seinen Handkarren unter dem Bauch eines schwitzenden Zugpferds hindurch auf die andere Straßenseite zu zerren. Man hatte mich vorgewarnt, was die wirren Bedingungen, die auf diesem Markt herrschten, anging. Zu Tausenden warteten die Tiere, vom Küken bis zum Ackergaul, auf zahlende Kundschaft, die gut beraten war zu wissen, wo genau sie fündig würde. Händler, die Geflügelkäfige schleppten, kamen uns entgegen, andere trugen Wasserkübel oder Hafergarben. Das Hin und Her der Reisenden und der Matrosen im Schatten der antiken Wachtürme am Hafen war ermüdend. Entlang der Landungsstege machten Sklavenhändler ihr schmutziges Geschäft. Wir sahen Bankiers, Hundedressierer und Spekulanten, Hufschmiede und Falkner, Bauern, Pferdehändler, Verkäufer und reiche Damen, deren Wangen unter ihren enormen Hüten mit Rouge geschminkt waren. Ein Mann führte einen Bären an einer Kette. Es gab Magier und Jongleure, Bettler und Gelehrte, Freudenmädchen, Scharlatane und Diebe, kurzum, eine unerträgliche Menschenmenge. Es war heiß und wir hatten Durst.

      Als wir an einer Schankbude inmitten dieser Flut von Farben und Gerüchen ankamen, bestellte ich uns Limonade. Überrascht beobachtete ich meine schüchterne, gut erzogene Tochter einen Musikanten anstarren, der soeben auf einem der Podeste erschien. Er trug ein merkwürdiges Musikinstrument,

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