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Münchner Gsindl. Martin Arz
Читать онлайн.Название Münchner Gsindl
Год выпуска 0
isbn 9783940839725
Автор произведения Martin Arz
Жанр Триллеры
Издательство Readbox publishing GmbH
»Pollys Mörder gestellt«, antwortete Pfeffer.
»Ja, davon habe ich gehört. Und nun nutzen Sie den Vorschlaghammer als Krücke? Ist das nicht unpraktisch?«
»Witzig sind Sie auch noch.«
»Das täuscht.« Susa Förster deutete auf die Rasenfläche hinter dem Pool. »Da sind die Mädchen. Florentine! Aurelia! Kommt bitte mal her.«
Die beiden Mädchen kamen angetrottet. Pfeffer beugte sich zu ihnen hinunter, gestützt auf den Vorschlaghammer. Er wäre gerne in die Knie gegangen, doch die Wunde hinderte ihn daran.
»Sagt mal, ihr beiden, ihr habt doch mit der Polly Schatzsuche gespielt, oder?«
Die Mädchen nickten und kniffen misstrauisch die Augen zusammen.
Pfeffer holte den Armreif von Elvedin aus der Jackentasche und hielt ihn den Zwillingen hin. »Da habt ihr das hier gefunden, nicht wahr?«
Die Mädchen tauschten einen Blick. Dann sagte die eine zögerlich: »Ich weiß nicht.«
»Ihr braucht keine Angst haben«, sagte Pfeffer. »Es ist alles in Ordnung. Ihr habt nichts falsch gemacht. Ich bitte euch nur, mir zu zeigen, wo ihr diesen Armreif gefunden habt.«
»Na, da!«, rief die eine und deutete auf den Pool.
»Im Pool?«
»Nein, da.« Die Mädchen liefen beide los und stellten sich neben den großen Pflanzkübel aus geschliffenem Beton, in dem einer der Olivenbäume wuchs.
»Da hat die Polly gegraben und den Schatz gefunden«, erzählte das eine Mädchen.
»Und wir durften gar nicht damit spielen!«, beschwerte sich die andere.
»Geht mal zur Seite, Kinder«, sagte Pfeffer. »Vielleicht sollten Sie Ihre Kinder ganz wegbringen«, wandte er sich an Susa Förster.
»Und warum?«, fragte die Krimiautorin genervt.
»Es könnte einen unschönen Anblick geben.«
Susa Förster verzog abschätzig den Mund und verschränkte die Arme. »Und wenn?«
Pfeffer stand etwas unsicher, das ganze Gewicht auf dem gesunden Bein. Er holte mit dem Vorschlaghammer aus und schlug auf den Kübel, während Susa Förster »Was machen Sie denn da? Unterstehen Sie sich!« schrie. Aus dem Haus stürmte Herbert Förster herbei, hochrot im Gesicht. »Ich zeige Sie an!«, brüllte er, als Pfeffer erneut ausholte und zuschlug.
Es brauchte einen dritten kräftigen Schlag, bis der Betonkubus auseinanderbrach. Der Olivenbaum kippte zur Seite, die Erde rutschte auf den Boden. Zwischen den Wurzeln und Betonscherben kullerte ein menschlicher Schädel auf den Rasen neben dem Pool. Mit einem Seufzer sackte Susa Förster zusammen und blieb ohnmächtig neben dem Totenkopf liegen. Die beiden Zwillinge kreischten vor Vergnügen. Florentine und Aurelia fingen an, in der Topferde zu wühlen und Knochen herauszuholen, bis Max Pfeffer sie streng zurechtwies. Es handelte sich, wie sich später herausstellen sollte, um die sterblichen Überreste von Elvedin Saqqaf.
»Wir können nicht durch die Nachbarschaft laufen und alle großen Pflanztröge kaputt schlagen«, hatte Max Pfeffer gesagt und seiner Kollegin geraten, schwereres Geschütz anzufordern. Die Kollegen kamen mit einem kleinen Kran. Während drei oder vier Mann jeweils einen der Tröge festhielten, zog der Kran die jeweilige Pflanze so schonend wie möglich heraus.
So fanden sie Stefan Herterichs Skelett als Bündel arrangiert im Kübel einer der Krüppelkiefern vor der Villa. Hamed Bakhtari lag zusammengeschnürt im großen Kübel, aus dem eine prächtige Kletterrose wuchs, vor dem Nachbarhaus, dem Anwesen der Olberdings. Und Luciano Russo, genannt Lucky, lag in dem Topf, in den Beppo Schubert erst wenige Tage zuvor in Anwesenheit von Max Pfeffer und Annabella Hemberger die Erde eingefüllt und einen Granatapfel gesetzt hatte. Die Kriminaler waren unwissend Zeugen von Luckys Beerdigung gewesen.
Susa Förster und ihr Mann taten so, als hätten sie sich nicht gegenseitig betrogen. Samantha und Mortimer wurden nicht mehr erwähnt, es schien, als wären sie nie existent gewesen. Mortimer tauchte auch nicht mehr bei ihnen auf, wenn seine Eltern nicht zu Hause waren. Während sich Herbert Förster, da er seine politischen Ambitionen aufgegeben hatte, wieder verstärkt in seine Immobiliengeschäfte stürzte, stellte Susa Förster fest, dass sie nicht mehr schreiben konnte. Es ging einfach nicht. Sie saß wochenlang vor dem Laptop. Nichts. Sie hatte kurzzeitig vor, aus dem Erlebten einen Krimi zu schreiben, doch das verwarf sie schnell wieder, weil es ihr zu naheging, dass sie all die Jahre mit Leichen im Garten und Haus gelebt hatte. Ansonsten fiel ihr nichts ein, keine neuen Abenteuer für ihren Ermittler Basti Daxlberger, keine Wohlfühlkrimis mehr. Gar keine Krimis mehr.
Und Beppo Schubert schwieg.
PS
Ich danke Ludwig für Fachinformationen zu modernen Drogen und verschiedenen Polizeiaufgaben, Andrea und Florian für ihr treues Probelesen, Kirsten fürs gründliche Korrigieren und Carsten für seinen wertvollen Input.
3
Becky öffnete die Balkontür. Sofort fluteten Lärm und Feinstaub die Küche. Die einzige Möglichkeit, in München eine bezahlbare Wohnung zu bekommen, bestand darin, Mängel zu ignorieren. Dass zum Beispiel der Mittlere Ring direkt vor der Tür lag, zwar mit Schalldämmung versehen, aber das brachte kaum etwas, außer hässliche Lamellen als Aussicht. Hinter dem Ring lag dann auch noch die Großbaustelle des ehemaligen Osram-Geländes. Wo früher Glühbirnen gefertigt wurden, dann einige Jahre eine Asylunterkunft existierte, wurden nun neue Wohnungen hochgezogen. »Living Isar« nannte sich das Projekt. Klang toll, klang teuer. Luxuswohnungen statt Fabrikhallen. So wie man das eben in München machte.
Becky konnte den Lärm inzwischen gut ausblenden, ebenso die nicht besonders frische Luft. Sie reckte ihr Gesicht zu den Sonnenstrahlen, die den Balkon bereits erreichten. Ihren Kaffeebecher hielt sie mit beiden Händen fest umklammert, um die Finger zu wärmen. Nur um an der Zigarette zu ziehen, ließ sie ab und an mit der linken Hand los. Sie überlegte, ob sie zum Bäcker am Candidplatz vorgehen sollte. Croissants wären jetzt lecker.
Becky hörte trotz des Lärmpegels, wie Lucky in die Küche schlurfte und sich schniefend Kaffee einschenkte. Sie ging in die Küche zurück und schloss die Balkontür.
»Moinsen«, brummte Lucky und schniefte erneut.
»Ach, Bussimausi.« Becky umarmte ihren Mitbewohner. »Immer noch unglücklich? Ich dachte, das hätten wir hinter uns. Das ist jetzt auch schon über eine Woche her …«
»Ich weiß«, antwortete Lucky weinerlich. »Hatte einen Flashback. Scheiß Kerle. Scheiß-fuck alte Säcke.«
»So ists recht«, bekräftigte Becky. »Und ich wiederhole mich ja gerne: Such dir endlich mal einen Kerl in deinem Alter, und nicht immer einen scheintoten Sugardaddy. Die wollen nur Frischfleisch. Die wollen nur ficken.«
»Das will ich doch auch«, schniefte Lucky.
»Nein, du willst die große Liebe mit Engelschören und Glitter und dem ganzen Trallala. Und dann auch noch ein bisschen Ficken. Wie viele alte Säcke habe ich jetzt schon mit dir mitgemacht? Zehn? Zwanzig?«
»Nie im Leben!«, rief Lucky scheinempört. »Viel mehr!« Er kicherte unter Tränen. »Ich dachte halt, dass Rudi anders ist. Dass er, ausgerechnet er, dann mit einem dahergelaufenen Stricher … Bin ich nicht genug? Bin ich so mies im Bett, dass man mich durch einen Stricher ersetzen muss?«
»Ach, Lucky-Bussimausi.« Becky drückte ihren Mitbewohner an ihre Brust. Lucky hieß eigentlich Luciano. Er hieß nicht nur wie ein echter Italiener, er sah auch so rassig aus. Auf Fotos wirkte er wie ein Italo-Popstar. Doch Lucky war klein. Sehr klein. Sein Gesicht verschwand zwischen Beckys Brüsten, weil er nur eins siebenundfünfzig groß war. So groß wie Salma Hayek oder Eva Longoria und nur einen Zentimeter kleiner als Madonna oder Prince. Und wie Prince hatte Lucky die zarte Figur eines Knaben. Um maskuliner