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beklebt war. Ihm kamen sofort Schlachthaus-Assoziationen. Max Pfeffer gab ein Grunzen von sich.

      »So ist brav.« Er wurde am Oberschenkel getätschelt. »Das arme Polly-Ding. Du hast dich sicher gefragt, wie sie in dieses Puzzle passt. Wobei – nein, du hast ja gar nicht gewusst, dass sie nur aus Versehen Teil des Puzzles wurde. Sie gehörte überhaupt nicht dazu. Sie hat sich einfach selbst zum Teil gemacht. Ich musste sie aus dem Weg schaffen. So wie ich dich auch aus dem Weg schaffen muss, weil du einfach zu nah dran bist.« Die Hand streichelte seinen Oberschenkel hinauf, ausgiebig über den Intimbereich und dann den anderen Schenkel wieder hinunter. »Das arme dumme Ding. Hat die doch glatt beim Schatz­suchen mit den verzogenen Rotzgören den Armreif von Elvedin gefunden. Zufällig. Und dann rennt die damit zu mir, um ihn mir zu zeigen. Ausgerechnet zu mir! Na, ich sagte doch, dass sie mir vertraut hat.«

      Nun spürte Max Pfeffer etwas Glattes, Metallisch-Kaltes über seine Schenkel wandern, erst links, dann rechts. Ein Messer, vermutetet er. Wenn er dieses Messer irgendwie schnappen könnte … Beinahe hätte er gelacht, weil das in seiner aktuellen Lage so aussichtslos war. Die Fesseln an Händen und Füßen waren immerhin nicht ganz stramm gezogen, der Täter hatte offenbar etwas Bewegungsspielraum für sich eingebaut.

      »So, von hier kommt das Signal.« Cosmo parkte den Wagen in zweiter Reihe an der Schleißheimer Straße. Sie waren schon ein gutes Stück stadtauswärts gefahren und hatten eben die Kreuzung zur Ackermannstraße hinter sich gelassen. Florian zeigte den beiden anderen im Wagen das Display seines Smartphones. »Hier. Eindeutig.«

      »Cosmo, stell dich doch da vorne auf den Bürgersteig vor die Sparkasse«, schlug Severin vor. »Dann können wir uns ein bisschen umsehen. Nach einem Unfall siehts hier allerdings nicht aus.«

      Cosmo stellte sein Elektroauto auf dem Gehsteig ab und sie stiegen aus. Die Schleißheimer Straße war auch noch zu dieser späten Stunde ziemlich stark befahren. Auf den Trambahnschienen in der Straßenmitte ratterte eine Tram in Richtung Norden vorbei. Das harte Licht der Straßenlaternen ließ die Gesichter zombiefahl leuchten.

      »Vielleicht ist Papa schon von einem Rettungswagen abgeholt worden, und nur noch sein Handy ist hier, weil er es verloren hat«, sagte Florian.

      »Sevy hat recht, es sieht hier gar nicht nach einem Unfall aus«, meinte Cosmo. »Sein Auto steht nirgendwo und sein Fahrrad sehe ich ebenfalls nicht. Was ist denn das für eine Gegend hier?«

      Die Sparkassenfiliale war im Erdgeschoss eines türkis gestrichenen charmebefreiten Wohnblocks mit großen Balkonen zur Straße. Auf der anderen Straßenseite erhob sich ein völlig gesichtsloser Sechzigerjahrebetonklotz. Unten zwei Läden, der eine als Physiotherapiepraxis genutzt, der andere ein Fahrradgeschäft. Links daneben lag ein kleiner Park.

      »Schaut ja gruselig aus, voll berlinmäßig«, kommentierte Cosmo. »Wen sollte Dad hier kennen?«

      Florian starrte auf sein Smartphonedisplay und ging ein paar Schritte die Straße entlang. Nun holte auch Cosmo sein Handy hervor und öffnete die Tracking-App. Das Signal kam eindeutig von hier. Aber nicht aus einem der Häuser. Cosmo wartete auf eine Lücke im Verkehr und lief dann hinüber zur Trambahnhaltestelle in der Straßenmitte. Er ahnte, wo er suchen musste und wurde schnell fündig.

      »Ich hab es!«, rief der den anderen über die Straße zu. Er holte das zertrümmerte Mobiltelefon seines Vaters aus dem Mülleimer an der Haltestelle.

      »Scheiße, das hat einer kaputt getreten«, kommentierte Severin, als sie unter einer Straßenlaterne das Telefon begutachteten. »Erstaunlich, dass die Tracking-App f noch unktioniert.«

      »Wahrscheinlich ist nur das Display wirklich hinüber«, sagte Cosmo.

      »Scheiß auf das kaputte Handy«, rief Florian mit zitternder Stimme. »Wo ist denn jetzt Papa?« Er schaltete die Taschenlampe seines Smartphones an und lief suchend zwischen den parkenden Autos herum.

      »Fuck.« Severin rief seine Frau an. »Bella-Maus, sorry, dass ich … ja, haben wir. … Nein … nein. Eben … darum rufe ich an. Habt ihr einen Fall, bei dem sich Max in Schwabing herumtreiben könnte? … Ah, okay. … Förster, Elisabethstraße … ja, kenn ich … okay, und welche Hausnummer?«

      34

      Tanja Heinbuch sah nervös auf ihre Uhr. Wo blieb der Trottel! Sie hätte schon längst bei den anderen Mädels im Gsindl sein müssen, bei der Geburtstagsparty von Nicky. Fuck. Gut, es war noch nicht ganz zehn Uhr, und vor halb elf war die ganze Blase eh nicht im Gsindl, aber Tanja hasste es, die Letzte zu sein. Sie zündete sich eine Zigarette an und hüpfte ungeduldig von einem Bein aufs andere, während sie an dem Pickel herumpulte, der ihr heute Abend wie aus dem Nichts an der rechten Schläfe aufgetaucht war. Nie wieder, so schwor sie sich, wirklich und diesmal definitiv endgültig, nie wieder würde sie für Geli die Schlüsselübergabe machen. Die machte sich einen faulen Lenz in Barcelona und Tanja durfte Gelis Airbnb-Geschäft managen. Sicher, sie verdiente ein bisschen Geld damit, dass sie Schlüssel übergab und wieder abnahm, dass sie nach Abreise der Gäste die Wohnung kon­trollierte und saubermachte, wenn Geli nicht da war. In letzter Zeit war Geli häufig nicht da. Fuck, Geli!

      Da kam ein ziemlich übergewichtiger Kerl mit riesigem Rucksack und ›Make America Great Again‹-Käppi schnaufend auf sie zugewankt. Voll der Abtörner, der Typ, und dann auch noch Trump-Fan.

      »Hi, I’m Riley Meusebach, are you Tanja?« Er streckte ihr die fleischige Hand entgegen und versuchte zu lächeln. Er sah völlig übermüdet und fertig aus.

      Hatte er eben ihren Namen als ›Tänscha‹ ausgesprochen? Hatte er ›Mjusibäck‹ gesagt? Laut Anmeldung hieß er doch Meusebach. Egal, Riley – das war er. Tanja übergab ihm die Schlüssel und erklärte ihm die nötigsten Dinge in der Wohnung in dem holprigen Englisch, zu dem sie gerade so fähig war. Englisch war noch nie eine ihrer Stärken gewesen. Eigentlich funktionierte alles ganz normal, war ihre Schlussbemerkung: »Efrising is normäl.« Dann gab sie ihm noch den Zettel mit dem Wlan-Passwort und verabschiedete sich hastig.

      Wenn etwas sei, so rief Riley ihr hinterher, dann könne er sie doch anrufen?

      »Kall mi? Jes, ju känn«, rief sie über die Schulter hinweg. Ihre Nummer hatte er ja. »Ach«, sie kehrte noch mal kurz um. »Ganz vergessen, äh, nierly forgotten. Se apartment is on se eleven floor. Eleven, okay?«

      »Okay, got it!« Riley winkte ihr nach, obwohl sie gar nicht nett gewesen war. Was konnte er denn dafür, dass er am Marienplatz erst in die falsche U-Bahn umgestiegen war und dann erst wieder hatte zurückfahren müssen. Beim Haustürschloss erwischte er natürlich zuerst den falschen Schlüssel. Dann stand er vor dem Aufzug und las stirnrunzelnd das Schild ›Außer Betrieb‹. Sein Highschool-Deutsch war so erbärmlich. Er hatte schon in den wenigen Stunden hier feststellen müssen, dass er besser niemanden wissen ließ, dass er mal Deutsch gelernt hatte. ›Außer Betrieb‹, das verstand er dennoch. Fluchend machte er sich im Treppenhaus daran, die Stiegen in den elften Stock zu erklimmen. Scheiß-Airbnb, das würde gewaltige Punktabzüge bei der Bewertung geben.

      Er wird dich vergewaltigen und foltern und töten und es wird sehr schmutzig werden. Max Pfeffer konzentrierte sich aufs Atmen. Vergewaltigung, das würde er irgendwie ertragen können. Folter wahrscheinlich nicht. Pfeffer versuchte eine sachliche Analyse. Er war ausgestreckt auf dem Bett gefesselt, alle viere von sich gestreckt. Ganz nüchtern betrachtet, bot das für sexuelle Aktivitäten nur eine Möglichkeit. Das bedeutete, für mehr müsste man ihn zumindest an den Beinen losmachen und … Er ließ seine Augen langsam die Decke entlangwandern. Dann sah er die großen Haken, die dort verdübelt waren. Von ihnen hingen kräftige Seile herab, die in ledernen Manschetten endeten. Höchstwahrscheinlich würde er also an den Beinen losgebunden und dann mit den Beinen nach oben neu fixiert werden.

      »Die kleine Polly war echt leichtgläubig«, erzählte die Stimme weiter. »Ich habe ihr gesagt, dass ich Nachforschungen anstellen werde und dass sie erst einmal ruhig bleiben soll. Sie sollte niemandem etwas sagen. Klar. Die Polizei könnten wir ja immer noch rufen. Leider hat sie den Reif mitgenommen und irgendwie herausgefunden, dass man den einen Widderkopf abschrauben kann. Da hat sie mich dann angerufen und mir von dem Zettel mit ›Pops23‹ erzählt. So

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