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noch mal auf den Markt bringen soll.«

      »Echt?«

      »Believe me. Du bist wieder die Queen der Crime-Queens.«

      Gerda Pettenkofer schnappte sich ein Tellerchen mit California-Rolls vom Band. Der Running Sushi am Altheimer Eck war höchstens halb voll, gut für die Medizinerin, denn so schnappte ihr niemand was weg.

      »Heftig«, sagte sie, während sie den eingelegten Ingwer auf die Rollen platzierte. »Beide Försters nageln Kinder, zumindest denken sie das.«

      »Ja.« Pfeffer spülte das Hoso-Maki mit einem Schluck Bier hinunter. Fünf Tage waren nun vergangen. Bella Hemberger hatte tatsächlich ein Geständnis aus Robert Nowak herausquetschen können. Kriminaldirektorin Jutta Staubwasser hatte das als großen Durchbruch gefeiert, auch wenn Nowak sein Geständnis zwei Tage später widerrief und der Polizei Foltermethoden vorwarf. Die Staatsanwaltschaft bereitete dennoch die Anklage gegen Robert Nowak vor. Herbert Förster hatte über seinen Anwalt sehr deutlich gemacht, dass er keine Aussage über sein Verhältnis zu einer, wie sich zu Försters Überraschung herausstellte, doch nicht minderjährigen Prostituierten machen würde. Mehr noch, dass das alles erstunken und erlogen sei! Er habe gar kein Verhältnis zu niemandem – außer zu seiner Frau. Försters Anwalt, Erwin Wohlschläger, gehörte zu den führenden Strafverteidigern der Schönen und Reichen. Er galt als ebenso kaltschnäuzig wie -herzig. Gefürchtet von Staatsanwälten.

      Robert Nowak hatte nach dem Widerruf konsequent geschwiegen. Das erstaunte die Ermittler nicht, denn Herbert Förster hatte in einem Akt von Großherzigkeit seinem Schwager seinen Anwalt spendiert: eben jenen Erwin Wohlschläger. Die Anklage würde nicht lange halten. Und Pfeffer war das nur recht. Er war sich nach wie vor sicher, dass Nowak unschuldig war – zumindest was den Mord an Polina Komarowa betraf. Was sie nämlich tatsächlich nicht gefunden hatten, weder bei Nowak noch bei Förster, waren irgendwelche dna-Spuren von Polina Komarowa. Und hätte einer der beiden Männer ein Verhältnis mit dem Kindermädchen gehabt, dann hätten sie irgendeine Spur gefunden, ja finden müssen. Aber: nichts.

      Pfeffer holte sich drei Teller mit Nigiri vom Band. »Die Chefin tut so, als wäre nun alles klar. Wenn es nach ihr geht, sollen wir alle anderen Ermittlungen in dem Fall einstellen.«

      »Was du aber nicht machst.«

      »Du kennst mich. He, Tschuldigung, noch zwei Bier, bitte! Danke. Nee, du weißt, Gerda, dass mich die Spur der Migranten nicht loslässt.«

      »Toller Filmtitel: ›Die Spur der Migranten‹.« Die Pettenkoferin schnappte sich zwei Daifuku, sie aß gerne Süßes und Herzhaftes durcheinander. »Was hast du vor?«

      »Ich habe nicht nur vor, ich bin schon mittendrin«, erläuterte Pfeffer. »Wenn wir davon ausgehen, dass unsere Migranten einem Mörder zum Opfer gefallen sind, aus welchen Gründen auch immer – Sex, Drogen, Menschenhandel, egal –, und Polina zufällig ein Beweismittel gefunden hat, dann ist die einzige Spur das Auf- und Abtauchen von ›Pops23‹ und ›Hunk23‹. Polina wurde getötet, weil sie den Armreif gefunden hatte. Davon bin ich überzeugt. Der Armreif ist der wichtigste Hinweis. Der Täter hat alles so arrangiert, dass es nach einem Sexualdelikt aussieht. Auf diese Weise sollten wir in die Irre geführt werden.«

      »Ja«, bestätigte die Rechtsmedizinerin. »Das habe ich gleich vermutet.«

      »Das bedeutet, dass es für den wahren Täter wunderbar wäre, wenn Nowak wegen Mords verurteilt würde. Es sind unserem unbekannten Täter übrigens wohl nicht nur Migranten zum Opfer gefallen. Sondern vor einigen Jahren auch ein Deutscher, ein gewisser Stefan Herterich. Wobei der ein ziemlich südländischer Typ war. Und was alle Verschwundenen eint: Sie waren eher klein. Alle unter eins siebzig. Ich bin zwar ein bisserl über eins siebzig, aber ich habe dennoch ein Fakeprofil angelegt, mit allen Angaben, die unseren ›Pops23‹ eigentlich anlocken müssten.«

      »Raffitückisch.«

      »Also, nicht auf meinem Smartphone, sondern Froggys. Und du wirst staunen, denn Froggy hat Fotos von sich zur Verfügung gestellt und …«

      »Schwanzpics? Zeig!« Gerda Pettenkofer klatschte begeistert in die Hände.

      »Nein, du alte Wutz! Die sind auf diesen Plattformen bei den Profilbildern eh tabu. Die kann man sich dann im privaten Chat zuschicken. Nein, Froggy hat ein paar Porträts und Oben-ohne-Fotos für uns geopfert. Weißt du, Froggy ist bisher weder bei den Försters noch bei den anderen Beteiligten aufgetreten. Die kennen ihn nicht. Falls also doch zum Beispiel der alte Förster unser ›Pops23‹ sein sollte, dann schöpft er keinen Verdacht. Jetzt warten wir ab. Er dreht jeden Abend im Glockenbachviertel ein paar Runden, um auf den Radaren zu sein. Er bekommt auch ständig Anfragen, aber Pops oder ein anderer 23er war noch nicht dabei.«

      »Und wenn der 23er sich gar nicht meldet?«

      »Es gibt so viele Wenns. Klar, das Ganze ist ein reines Glücksspiel. Aber wir probieren es mal für drei, vier Wochen aus. Momentan unsere einzige Chance. Alle Zeugenaufrufe mit Fotos der Verschwundenen haben bisher nichts Neues gebracht. Froggy hat sich inzwischen schon drei Mal mit Typen getroffen, auf die alles zutraf, was auch ›Pops23‹ immer in seinen Profilen angegeben hatte. Alter vierundvierzig, auf der Suche nach unverbindlichem Sex, Beziehung nicht gewünscht, absolute Anonymität garantiert, Südländer, Türken oder Araber, behaart bevorzugt, bietet xxl-Ausstattung, ist nur aktiv, sucht mindestens xl und nur passiv, gegebenanfalls Soft-bdsm, selbst sportlich-kräftig, sucht sportlich-schlank bis maximal eins fünfundsiebzig Körpergröße, keine Tunten, keine Dicken.«

      »Faszinierend«, kommentierte Gerda Pettenkofer mit großen Augen. »Das geht also nach Wunschkatalog.«

      »Natürlich, je besser du alles eingrenzt, umso größer ist die Wahrscheinlichkeit, dass du das bekommst, was du möchtest. Logisch. Nachher, um halb acht, ist Froggy wieder mit einem verabredet. Im Nil in der Hans-Sachs-Straße. Das ist immer der Treffpunkt, da Bella und ich im Lokal gegenüber Position beziehen, alles beobachten, und wenn Froggy in Gefahr geraten sollte, können wir sofort eingreifen.«

      »Du musst also gleich noch auf Schicht?«

      »Ja.«

      Erdal Zafer wurde wie bei jedem Pops-Einsatz, so nannten sie es inzwischen intern, verkabelt, bekam ein Mikro unter das Hemd und einen Knopf ins Ohr, damit man ihm Anweisungen geben konnte.

      Während Froggy sich im Nil an die Bar setzte, wie immer so, dass Pfeffer und Bella Hemberger von gegenüber ihn und sein Date gut im Blick haben konnten, schloss Riley Meusebach aus Fredericksburg, das in Texas, nicht das in Virginia, von den Einwohnern liebevoll Fritztown genannt, den Sicherheitsgurt um seinen speckigen Bauch auf dem Flug ba 960 von London-Heathrow nach München. Die Anschnallzeichen waren angegangen, weil leichte Turbulenzen erwartet wurden. Der Flug würde ohnehin nur noch knapp eine halbe Stunde dauern. Endlich München! Was hatten ihm seine Kumpels von seiner Burschenschaft Phi Gamma Delta nicht alles für Geschichten über good old Germany erzählt. Endlich würde er alles selbst erleben können. Die Kultur – wobei sie in Waco, wo Riley studierte, durchaus Kultur zu bieten hatten, das Dr Pepper Museum zum Beispiel – und dann das Bier – vor allem das Bier! Wobei ihm das Bier von der Fredericksburger Altstadt Brewery durchaus gut schmeckte, ja, die Brauerei hieß wirklich Altstadt, man war stolz auf das deutsche Erbe in Texas. Einige Straßenschilder waren zweisprachig, zumindest stand unter der Mainroad auch ›Hauptstrasse‹. Mehr noch: Riley selbst stammte aus der Gründerfamilie! Sein Urahn war Otfried Hans Freiherr von Meusebach, der als Generalkommissar des Vereins zum Schutze deutscher Einwanderer in Texas 1846 die Ortschaft Friedrichsburg, benannt nach Prinz Friedrich von Preußen, später als Fredericksburg amerikanisiert, gegründet hatte und sich später nur noch John O. Meusebach nannte. Ja, Riley Jayden Maddox Meusebach, zweiundzwanzig Jahre alt, Informatikstudent an der Baylor University in Waco, hatte einen Stammbaum!

      Also: Kultur (na ja), Bier (au ja) und dann das easy living! Eine Woche München, zwei Tage Dillenburg, denn da kamen die Meusebachs her, und schließlich noch eine Woche Berlin. In München, so hieß es, lebten ja vor allem Katholiken oder »Those fucking liberals!«, wie Onkel Hank zu sagen pflegte, und das bedeutete, dass die Mädels locker und willig waren. Hatten zumindest Dwayne und Kyle, seine

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