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das Grundstück zu verlassen.

      Der Gärtner blieb kurz stehen und rief Tilda zu: »Sagen Sie bitte der Frau Förster, dass ich morgen mit der Hubameise komme und die Bäume aus dem Wintergarten raushole.«

      »Mach ich!« Tilda winkte erneut fröhlich.

      Drinnen sagte Susa leise: »Braves Mädchen, rauch draußen. Oh, wir können gerne auch rausgehen, Giselle, wenn Sie wollen! Das Wetter ist ja ganz schön …«

      »Schon okay«, erwiderte die Klatschreporterin. »Beenden wir das Interview hier, und dann genießen wir ein wenig den Garten. Wenn der Fotograf später kommt, können wir ein paar Bilder draußen machen.«

      Es klingelte.

      »Was? Entschuldigen Sie mich bitte.« Susa Förster sprang ungehalten auf.

      »Ich geh schon.« Tilda Fittkau schlängelte sich von der Terrassentür durch die Sitzgruppe, strich ihren engen Rock glatt und schritt gouvernantenhaft zur Tür.

      »Polizei?« Susa Förster blinzelte ungläubig. »Das kann … Ist etwas mit meinem Mann?«

      »Nein, keine Sorge«, antwortete Hauptkommissarin Hemberger. »Und die Dame hier«, sie deutete auf Giselle von Dettmann, »ist von der Presse, sagten Sie?«

      Drei Frauen nickten gleichzeitig. Bella Hemberger bemerkte, dass die Frauen immer wieder zu Max Pfeffer rüberschielten. Bella unterdrückte ein Kichern. Immer dasselbe. Ja, er war ein schmucker Kerl, kantig, durchtrainiert, dichtes, wenn auch längst ergrautes Haar, markantes Kinn unter dem Fünftagebart, kein Ehering, und dann diese Augen – seit er die vierzig hinter sich gelassen hatte, wirkte er nicht nur wie ein Magnet auf postpubertäre Burschen, sondern vor allem auf Frauen jenseits der vierzig. Immer dasselbe! Bella amüsierte das sehr. Sie hatte sich mal mit einer Freundin, die ebenfalls über vierzig war, darüber unterhalten und sich einen schier nicht enden wollenden Vortrag über die Situation von nicht mehr ganz taufrischen, alleinstehenden Frauen eingehandelt. Da würde man nur noch an Gestörte oder alte Säcke geraten und darum würde man (frau) jedem halbwegs passablen Kerl im richtigen Alter hinterhersabbern – weil das nun mal die Biologie vorgebe und weil, nun ja, die Hoffnung stirbt bekanntlich zuletzt. Sie hatte es anders formuliert, aber das war bei Bella hängen geblieben.

      »Dann darf ich Sie bitten, uns kurz alleinzulassen«, sagte nun Max Pfeffer zu Klatschreporterin und Agentin. »Wir müssten mit Frau Förster unter vier Augen sprechen.«

      »Darf sie dann später mit uns darüber reden, was Sie mit ihr …« Giselle von Dettmann ließ den Satz unbeendet.

      »Wir werden Frau Förster nicht daran hindern können, das muss sie selbst entscheiden.«

      Nachdem Tilda und Giselle auf die Terrasse gegangen waren und die Tür hinter sich zugezogen hatten – Tilda steckte sich sofort eine magersüchtige Zigarette in den Mund –, erklärten die Polizisten, wa­rum sie gekommen waren.

      »Wie furchtbar«, sagte Susa Försters Mund, ihr Gesichtsausdruck blieb neutral. »So ein nettes Mädchen. Dann brauchen wir also ein neues Kindermädchen. Die Kinder haben sie vergöttert. Ich muss es ihnen gleich sagen …«

      »Das hat einen Moment Zeit, Frau Förster«, sagte Bella Hemberger. »Erst müssen wir Ihnen ein paar Fragen stellen. Seit wann hat Polina bei Ihnen gearbeitet?«

      »Seit knapp einem Jahr. Und ich war durchaus zufrieden mit ihr. Wissen Sie, wir hatten schon ein paar Kindermädchen. Was man da so erlebt! Ich meine, das ist ja ein Vertrauensposten. Sie ist immerhin mehrere Stunden täglich hier beinahe alleine im Haus. Und Polina hat uns nie enttäuscht. Sie war vier Tage die Woche hier, ist mit uns auch ein paar Mal auf Menorca in unserer Finca gewesen und wenn ich auf Lesereise war, kam sie auch mal öfters. Wir haben unsere Pläne für dieses Jahr fest mit ihr abgestimmt, ich meine, Sie wissen sicherlich, dass mein Mann für den Stadtrat kandidieren will …«

      Gepolter kündigte an, dass jemand die Treppen herunterkam. Die vierjährigen Zwillingsmädchen der Krimiautorin kamen angerannt, gefolgt von Becky.

      »Mama«, quietschte eins der kleinen Mädchen. Die beiden Kinder sahen absolut identisch aus und waren auch noch mit rot karierten Kleidchen gleich gekleidet. »Dürfen wir in den Garten? Becky will mit uns Schatzsuche spielen! Polly hat mit uns auch so schön Schatzsuche gespielt gestern. Vielleicht finden wir ja noch einen Schatz. Dann können wir den morgen der Polly zeigen!«

      »Florentine, Aurelia«, Susa Förster ging in die Hocke. »Kommt mal her. Ich muss euch was zu Polly sagen. Die kommt morgen leider nicht.«

      »Warum nicht?«, fragte eins der Mädchen.

      »Weil sie …« Susa Förster sah zu den beiden Kriminalbeamten, dann kurz zur Decke. »Ihr wisst doch, womit die Mama ihr Geld verdient, oder?«

      Die beiden Mädchen nickten.

      »Die Mama denkt sich Geschichten aus, in denen Menschen in den Himmel kommen.«

      »Ja, weil böse Menschen sie totmachen«, sagte eins der Mädchen. »Und dann spritzt überall Blut …« Das Mädchen ahmte mit den Händen eine Fontäne nach. Die Schwester quietschte fröhlich.

      »Also bitte«, tadelte die Mutter. »Meine Mädchen! Das liegt wohl im Blut, die sind fasziniert von Mord und Todschlag«, sagte sie erklärend zu den Polizisten. »Sie haben eine morbide Ader. In Kirchen rennen sie immer gleich zu den Totenköpfen oder möglichst grausamen Märtyrerszenen.« Dann widmete sie sich wieder den Kindern: »Richtig. Und dann sind die toten Menschen im Himmel. Und ich habe euch schon erzählt, dass das in Wirklichkeit auch passieren kann. Ganz selten, aber es kann passieren. Dass böse Menschen andere Menschen totmachen. Na ja, die Polly, also die Polina, ist jetzt auch im Himmel.«

      »Hat sie jemand totgemacht?«, fragte eines der Mädchen.

      Becky, das Aushilfskindermädchen, riss die Augen auf und starrte zu den beiden Kriminalern. Langsam füllten sich ihre Augen mit Tränen.

      »Ja.«

      »Warum?«, fragte eins der Mädchen.

      »Das weiß ich nicht. Das versuchen der Mann und die Frau da«, Susa Förster zeigte auf Pfeffer und Hemberger, »herauszufinden. Die beiden sind so was wie mein Basti Daxlberger. Ihr wisst schon, Ermittler.«

      »Das ist aber schade«, sagte das eine Mädchen. »Wie sollen wir denn jetzt ihren Schatz finden?«

      »Nein, das ist doch schön für die Polly«, sagte das andere. »Jetzt ist sie im Himmel und dort ist es wunderschön. Da sind alle immer glücklich.«

      »Richtig«, sagte Susa Förster und umarmte ihre Mädchen seltsam unbeholfen. »So, und nun geht hinaus und spielt ein bisschen mit … äh, …« Sie sah Becky auffordernd an. »Becky.«

      »Richtig, Becky.«

      »Sie sind Becky?«, fragte Max Pfeffer. »Die Mitbewohnerin von ­Polina?«

      Becky nickte unter Tränen. Sie schluckte. »Ja. Becky, Rebecca ­Magert.«

      »Dann haben wir auch gleich ein paar Fragen an Sie.«

      »Kinder, geht mal raus auf die Terrasse«, sagte Susa Förster. »Da ist Tante Tilda. Geht mit ihr spielen.«

      »Tante Tilda riecht immer so komisch«, maulte eins der Mädchen beim Hinausgehen.

      »Meine Mädchen«, sagte Susa Förster gedankenverloren. »Ich weiß, was Sie jetzt denken«, sie drehte sich zu den Ermittlern, »dass sie kleine gefühlskalte Monster sind. Dabei sind sie nur kleine Kinder, die sich unter Tod oder gar Mord gar nichts vorstellen können. Sie wissen nicht …«

      »Frau Förster, bitte«, unterbrach Pfeffer. »Wir haben keinen Ton gesagt. Schön aber, dass wir hier auch gleich Frau Magert befragen können, die Mitbewohnerin von Polina. Ihren anderen Mitbewohner Luciano Russo haben wir bereits getroffen.«

      »Das ist so furchtbar.« Becky ließ sich auf einen Sessel sinken. »Die Polly. Und wie? Musste sie sehr leiden?«

      »Das wissen wir noch nicht.

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