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Teamermittlung. Jill Waldhofer
Читать онлайн.Название Teamermittlung
Год выпуска 0
isbn 9783347085701
Автор произведения Jill Waldhofer
Жанр Триллеры
Издательство Readbox publishing GmbH
Cara musste den Kaffeebecher wieder absetzen und erst einmal den dicken Kloß hinunterschlucken, der plötzlich in ihrer Kehle steckte. Nun kamen ihr schon wieder die Tränen.
„Ach, Bella! Das ist so toll von euch. Es ist mir ja alles so unangenehm. Ihr – du hast schon genug um die Ohren ohne mich und meine Sperenzien.“ Sie wischte sich mit dem Handrücken über die nassen Augen und sah Bella genauer an. Was sie sah gefiel ihr gar nicht. Bella wirkte so müde, als hätte sie keine erholsame Nacht in weichen Federn verbracht. Und bildete sie es sich ein, oder war da ein ängstlicher Zug um die Mundwinkel.
„Bella! Schluss mit Geplauder und Tacheles, oder?“ fragte sie etwas unsicher. Sie hatte eine ziemlich verschwommene Erinnerung an den genauen Ablauf der gestrigen Ereignisse, aber Bellas unerklärliches Leugnen, was die Person auf dem Foto betraf, war ihr noch sehr präsent.
Bella setzte sich noch gerader hin als sie es ohnehin immer tat. Sie hatte eine elegante Haltung die ihre Freundin stets bewunderte. Sie zog den Umschlag unter einem Teil der Süddeutschen hervor, die zerpflückt auf dem Küchentisch verstreut lag. Bella nahm das Foto heraus und legte es zwischen die Kaffeetassen. Sie seufzte und blickte Cara an.
„Ja, Tacheles. Natürlich hast du Recht. Ich war gestern nicht ganz bei Trost, fürchte ich. Keine Ahnung warum, aber ich wollte es nicht wahrhaben. Oder doch, natürlich habe ich eine Ahnung. Ich war so froh, dass er weg und alles vorbei war. Aber da haben wir es also wieder zurück, das Schwein!“
Sie machte eine Faust und ließ sie auf das Foto donnern. Der Tisch wackelte und der Schaum des kaum angerührten Cappuccinos schwappte über und rann den Becher herunter auf die Tischplatte. Cara sprang auf, holte einen Lappen von der Spüle und wischte die Milchpfütze auf.
„Bella, wir werden das alles aufklären! Glaub mir, es geht nicht noch einmal alles vor vorne los. Du hast doch mich und du hast Erlinger! Keiner glaubt mehr, was Jost damals verbreitet hat. Es ist jetzt eine ganz andere Situation. Jetzt werden sie hinter ihm her sein und er bekommt seine gerechte Strafe!“ Bella sah sie nicht an, sondern starrte gegen die Wand. Sie legte ihre Hand auf Bellas.
„Jetzt machen wir ihn fertig. Glaube mir, das wird schon. Und dann ist es viel besser, als wenn er sich einfach als Wasserleiche davongemacht hätte. Wenn er geschnappt wird, muss er endlich erklären, was das damals alles sollte.“
Kapitel 5: Brüche
Noch immer war nicht wirklich klar, was damals eigentlich der Grund für die ungeheuren Ereignisse war, in deren Mittelpunkt Bella stand. Sie war nicht nur einer Verleumdungskampagne in ihrem Job ausgesetzt, sondern wurde auch das Opfer eines Anschlags, der von ihrem früheren Partner Jost verübt worden war. Damals, das heißt vor nunmehr fast sechs Jahren, waren Bella und ihr damaliger engster Kollege bei der Steuerfahndung einem Korruptionsskandal in der Finanzverwaltung auf die Spur gekommen. Später hatten sich beide entzweit und Jost schien sich der „Gegenseite“ angeschlossen zu haben. Sie hatten versucht, der Spur des Geldes zu folgen und waren dabei der Aufdeckung der Machenschaften bedenklich nahegekommen. Zu ihrer Rettung hatten die Akteure Jost erfolgreich bestochen oder erpresst, dasselbe allerdings bei Bella allerdings gar nicht erst versucht.
Bella hatte damals keine Beweise für einen Seitenwechsel ihres beruflichen Partners und trotz ihrer Streitereien wollte sie auch nicht an einen derartigen Bruch glauben. Sie arbeitete seit vielen Jahren mit Jost zusammen, und ihre Partnerschaft war nicht nur sehr erfolgreich, sondern auch von gegenseitigem Respekt und Sympathie getragen. Vielleicht war sogar so etwas wie unerklärte Liebe im Spiel? Das wusste Cara nicht wirklich und Bella hatte sich nie dazu geäußert. Es war nur so ein Gefühl.
Bella hatte sich nachweislich nicht bestechen lassen; heute wusste man das. Aber damals wurde eine üble Kampagne gegen die unliebsame Kollegin gestartet. Gerüchte wurden verbreitet, dass mit dem Hauskauf der Erlingers seinerzeit nicht alles legal zugegangen sei. Ihr wurde vorgehalten, dass ihre Lebensführung nicht mit ihrem Gehalt übereinstimmen konnte. Das alles wurde nicht offen geäußert, sondern nur hinter vorgehaltener Hand weitergetratscht - ein Zustand, der jeden halbwegs sensiblen Menschen in die Verzweiflung treiben konnte und Bella langsam aber sicher in eine tiefe Depression versinken ließ. Dennoch versuchte sie, ihre Recherchen weiterzuführen und wähnte immer noch Jost an ihrer Seite. Sie hatte, obwohl sonst immer sehr feinfühlig, nicht verstanden, dass dieser ihre Bemühungen sabotierte, wo er konnte. Als sie endlich verstand, dass ihr Partner hinter den Verleumdungen stand und seine Gründe dafür hatte, reagierte sie, wie es ihre Art war.
Als beide allein in der Tiefgarage aufeinandertrafen, konfrontierte sie Jost mit ihrem Verdacht. Der dachte gar nicht daran, irgendetwas abzustreiten, sondern verhöhnte sie und alle anderen Rechtschaffenen, die überhaupt nicht begriffen, dass sie ihr Leben lang für wenig Geld im Öffentlichen Dienst schufteten, während gleichzeitig die Oberen ihre Schäfchen ins Trockene brachten, indem sie Geld in private Kanäle fließen ließen. Angewidert wischte er mit dem Zeigefinger über einen tiefen Kratzer auf der Kofferraumklappe ihres ältlichen Subaru, den die Bürsten der Waschanlage freigelegt hatte. So eine Kiste mussten die dummen Ehrlichen fahren. Bella reagierte auf ihre Art. Zornig und sarkastisch ließ sie sich nicht anmerken, wie verletzt sie von Josts Verrat war und drohte, ihn auffliegen zu lassen.
Jost, der Bella seit Jahren kannte, wusste, dass sie die Wahrheit sagte. Bei aller Verzweiflung, trotz des Gefühls, in die Enge getrieben zu sein, würde sie nicht lockerlassen und ihn nicht ungeschoren davonkommen lassen.
Als er sich abwandte, um in sein Auto zu steigen, griff Bella ihn in ihrer Wut an. Sie schlug mit ihrer schweren Brieftasche auf ihn ein. Jost griff sich die Tasche mit einem brutalen Ruck und schubste sie beiseite. Er schloss die Tür seines Porsches, fuhr aus der Parklücke und steuerte in Richtung Ausgang der Tiefgarage. Bella sprang auf und stellte sich ihm in den Weg, damit rechnend, dass ihr Partner niemals in der Lage wäre, sie physisch anzugreifen. Doch diese Einschätzung war falsch. Jost gab Gas, Bella wurde hochgeschleudert und landete schwer verletzt auf dem Betonboden, ohnmächtig, mit mehreren gebrochenen Knochen und, was schwerer wog, mit gebrochenen Wertvorstellungen und Überzeugungen.
Jost fuhr ungeschoren davon.
Kapitel 6: Fahndung
Ausschnitt aus einer Fernsehsendung (Transkript)
Meine sehr verehrten Damen und Herren, die Kriminalpolizei bittet Sie heute wieder um Ihre Unterstützung. Das Verbrechen, um das es nun gehen wird, ist Ihnen vermutlich aus den Medien bereits bekannt, denn es hat Entsetzen und auch Ratlosigkeit verbreitet. Am frühen Abend, gegen 18.15 Uhr am 20. November des vergangenen Jahres wurde eine hochrangige Mitarbeiterin der Steuerfahndung Hessen Opfer eines äußerst brutalen Überfalls. Die Tat ereignete sich in einer Tiefgarage nahe der Finanzbehörde, in der die 59-jähre Beamtin E. offenbar gerade ihr Fahrzeug aufgeschlossen hatte, um ihre Aktentasche in den Kofferraum zu legen. Sie wollte, wie ihr Vorgesetzter bestätigte, zu einem Termin fahren. Genauere Details konnten die Ermittler jedoch bisher nicht aufdecken, da keine Notizen vorzuliegen scheinen und das Opfer keine Erinnerung an ihre Pläne für den Abend hat. E. konnte leider bisher aufgrund eines verletzungsbedingten Gedächtnisverlusts nicht zur Aufklärung der Tat beitragen.
Was als nächstes geschah, kann daher nur anhand von Indizien rekonstruiert werden. Die auf den Tatort gerichtete Überwachungskamera der Tiefgarage war zur Tatzeit außer Betrieb. Dieser Defekt war bekannt, jedoch nicht ungewöhnlich, wie Stadtverwaltung angab. Das Gebäude des sei insgesamt in einem sanierungsbedürftigen Zustand; baldige Maßnahmen sein in Planung.
E. wurde gegen 18.27 Uhr von einer Kollegin bewusstlos in der Fahrspur Richtung Ausfahrt liegend aufgefunden. Sie hatte einen Schädelbruch sowie Frakturen am linken Arm und Handgelenk erlitten. Die sofort benachrichtigten Rettungskräfte erschienen binnen Minuten und brachten das in Lebensgefahr schwebende Opfer ins örtliche Klinikum.
Nur dank der guten Konstitution der durchtrainierten Frau und da E. nur sehr kurze Zeit nach dem Anschlag aufgefunden wurde,