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Teamermittlung. Jill Waldhofer
Читать онлайн.Название Teamermittlung
Год выпуска 0
isbn 9783347085701
Автор произведения Jill Waldhofer
Жанр Триллеры
Издательство Readbox publishing GmbH
Cara lenkte einhändig und den Rest des Döners kauend auf den Parkplatz des geschlossenen Supermarkts, fuhr um das Gebäude und parkte dahinter unter einer großen Trauerweide. Sie stoppte den Motor und atmete tief durch. Nun zitterte sie nicht mehr vor Kälte, sondern vor schierer Aufregung. Hatte sie sich richtig entschieden, oder hatte sie eine Riesendummheit begannen?
„Wir werden’s gleich erfahren“, erklärte sie der Weide. Sie löste den Sicherheitsgurt, wischte sich die fettigen Hände an der Jogginghose ab und zog den Umschlag aus ihrer Tasche hervor. Sie knipste das Licht an. Mit klammen Fingern zog sie die Klappe auf und fühlte eine glatte Oberfläche, ein Foto?
Sie zog das Blatt heraus, sah es an und erstarrte vor ungläubigem Erstaunen. Die Person auf dem großen Hochglanzfoto, ihr ganz und gar nicht unbekannt, schien sie hämisch anzugrinsen. Was sollte das bedeuten? Doch es ergab sich keine Gelegenheit, länger über dieses Rätsel nachzudenken. Sie hörte ein Krachen, etwas stieß von hinten gegen die Stoßstange ihres VW, wie sie gerade noch begriff. Etwas Hartes kollidierte mit ihrer Stirn und jemand hupte ganz in der Nähe wie zum Protest. Dann wurde alles schwarz und still.
Kapitel 3: Ansichtssachen
Sie erwachte sehr langsam, glitt aus der Dunkelheit langsam wieder ins Zwielicht des frühen Abends, weil irgendetwas beharrlich gegen die Scheibe klopfte und gleichzeitig ihr Telefon klingelte. Etwas kläglich hangelte sie mit einer Hand nach ihrer Tasche, um das Handy herauszufischen; mit der anderen versuchte sie die Scheibe zu öffnen. Draußen stand offensichtlich ein Müllmann, der besorgt hereinschaute und sich erkundigte, ob ihr etwas passiert sei. Gleichzeitig brachte sie das Handy ans Ohr, das jedoch nichts von sich gab.
„Mist“, murmelte sie und wischte über das Display, „muss ja erst angenommen werden, das Gespräch“ und meldete sich mit einem vorsichtigem „Ja?“, als auch schon Bellas Stimme aufgebracht und anklagend durch den Hörer schallte – viel zu laut für ihren derzeitigen Zustand.
„Was hast du dir nur dabei gedacht? Ich bin fast durchgedreht, als ich auf euch gewartet habe!“
In der Zwischenzeit versuchte sie den Müllwerker zu beruhigen, der versuchte ihr klarzumachen, dass ihr VW von seinem Müllauto beim Rangieren angefahren worden sei und es eine kleine Beschädigung an der hinteren Stoßstange gab. Bella begriff, dass irgendetwas ganz und gar nicht in Ordnung war und schaltete sofort um in einen besorgten Tonfall.
„Was ist los? Was ist passiert? Bist du okay? Was für ein Unfall?“ Sie hatte anscheinend doch irgendwie mitgehört und durch die klägliche Stimme mitbekommen, dass ihrer Freundin etwas passiert sein musste.
„Wo bist du? Ich bin sofort da!“
„Hinter deinem Denner’s“ reichte als Erklärung, denn der teure Bio-Laden müsste wahrscheinlich ohne die finanzstarke Stammkundin Bella dichtmachen. Sie legte auf und stieg sehr langsam aus, denn Nacken, Schultern und Stirn schmerzten gewaltig. Wie mochte sie wohl aussehen? Ein VW-Logo oder Hupensymbol als Tattoo auf der Stirn? Aber jetzt musste sie erst einmal funktionieren und mit dem besorgten Müllmann den Schaden begutachten.
Es traf sie fast der Schlag: Nicht nur die Stoßstange, sondern die ganze Hinterfront war eingedrückt, alle Scheinwerfer waren hinüber und die Kofferraumtür ging nicht mehr auf. Natürlich, ein Müllwagen leistete ganze Arbeit, wenn er mit einem schwächeren Objekt kollidierte, und der VW war in dem Fall deutlich unterlegen. Der nette Mann von der Müllabfuhr war sichtlich geknickt und sorgte sich sehr um sie. Er fragte, ob er sie ins Krankenhaus fahren sollte. Sie versuchte, ihn zu beruhigen und schlug vor, die Versicherungsdaten auszutauschen, obwohl die Schuldfrage eigentlich eindeutig geklärt war.
Der Müllmann gab unumwunden zu, sie beim Rangieren nach dem Leeren des Müllcontainers übersehen und erst beim Zusammenstoß ihren VW bemerkt zu haben. Er müsste aber schon den Betrieb informieren. So einfach käme er leider nicht davon. Er zog sein Handy heraus und beriet sich kurz mit einer Stimme am anderen Ende der Leitung – sein Vorgesetzter, wie Cara annahm. Er legte auf.
„Also wenn Sie keine Polizei rufen wollen“, meinte er in ihre Richtung, „dann müssen wir nicht, sagt der Chef. Ich habe ihm ja auch schon gesagt, dass es meine Schuld war.“
Cara empfand Mitleid mit der ehrlichen Haut. „Bekommen Sie jetzt große Schwierigkeiten?“ fragte sie ihn.
Er zuckte mit den Schultern und antwortete etwas kläglich:
„Nein, wird schon werden. Ich bin ja zum Glück bei der Stadt. Wir sind gegen so etwas versichert. Kommt ja schon ab und zu ein Schaden vor…“
Sie war erleichtert. Schließlich konnte er nicht wirklich mit einem parkenden Wagen hinterm längst geschlossenen Bio-Laden rechnen. Sie war kurz davor, ihm herzlich nachzuwinken, als er davonrappelte.
Was passiert war, war passiert. Der alte Golf war hin und ihr Kopf fühlte sich auch nicht ganz intakt an. Sie stieg wieder in ihr Auto und betrachtete sich im Rückspiegel. Eine dicke, rote Beule verunstaltete ihre Stirn. Warum müssen Lenkräder so hart sein?! Sie stieg wieder aus, da die frische Luft und der kalte Regen ihr für einen Moment ganz guttaten, und entdeckte bei einem Blick in den Fond, dass sie eigentlich noch großes Glück gehabt hatte. Hinter dem Fahrersitz auf dem Rücksitz lag nämlich der nagelneue, blaue Wagenheber – ein Geschenk der Erlingers – der normalerweise im Kofferraum zuhause war. Aber als sie Jimmie eingeladen hatte, hatte sie ihn auf den Rücksitz befördert, um dem Hund einen bequemen und freien Platz zu geben. Bei dem Zusammenstoß hätte sie es auch mit einem hochgeschleuderten Metallknüppel zu tun bekommen können. Gegen das schwere Gerät hätte ihr Hinterkopf keine Chance gehabt – Dickkopf hin oder her.
‚Puh‘, dachte sie und warf den Fast-Übeltäter in den Fußraum.
Müde kroch sie wieder nach vorne auf den Fahrersitz und versuchte, ihren ganzen übrig gebliebenen Verstand zu sammeln. Was für ein Tag! Sie war nass, dreckig, verletzt, aber wenigstens nicht hungrig, denn für den Döner hatte die kurze Fahrt zum Parkplatz gereicht. Auf einmal wurde ihr beim Gedanken an das fettige Essen ganz schlecht. ‚Oh nein, nicht auch noch eine Gehirnerschütterung!‘
Mit diesem Gedanken versuchte sie, ihr Auto zu starten, aber außer einem müden Laut gab der Motor nichts von sich, geschweige denn, dass der Wagen sich in Bewegung gesetzt hätte.
„Verdammt, wie komme ich nach Hause?“ Laufen war in diesem Zustand und bei diesem Wetter – es regnete immer noch in Strömen – keine gute Idee. Mit dem Taxi in diesem Zustand zu fahren war auch keine besonders prickelnde Aussicht. Sie sah schon den angeekelten Blick des Taxifahrers vor sich, der sie und ihre schmutzige, nasse Kleidung musterte.
In diesem Augenblick preschte ein anderes Auto auf den Hof. Erleichtert erkannte sie das Auto von Bella, die neben ihr hielt, aus dem Auto sprang und mit flatternden Regelmantelschößen um Caras Auto rannte.
Bella riss die Autotür auf, sah mit einem Blick, in welchem Zustand sie war und fragte besorgt:
„Ach du liebe Güte, was ist denn bloß mit dir passiert?“
Sofort meldeten sich die Tränen, die bis dahin im Hintergrund gehalten worden waren, aber jetzt bei diesem freundlichen und mitfühlenden Ton nicht mehr zu halten waren. Und so erzählte sie ihr alles: vom Auftrag, die Frau zu überwachen, von dem Missgeschick mit der Dogge, von den nassen Klamotten bis hin zur Spielhalle, dem vermeintlichen Vater, den sie da peinlicherweise herausgezerrt hatte, vom Döner und dem geklauten Foto.
Bella zog ihre tropfende Regenkapuze noch weiter ins Gesicht und verlangte das Foto zu sehen. Cara zögerte. Sollte sie ihrer besten Freundin das Bild zeigen? Was würde das für sie bedeuten?
Doch Bella verlangte kategorisch nach Aufklärung, denn sie spürte sofort das Zögern ihrer Freundin. Die Privatdetektivin wusste, sie würde keine ruhige Minute mehr haben, wenn sie Bella das Foto vorenthielt. Und hatte sie nicht das Recht zu erfahren, was es zeigte? Bella ging um den Wagen, öffnete die Beifahrertür und setzte sich neben sie.
„Jetzt komm schon! Was soll das Getue?“