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Fluch der verbotenen Stadt. Manuel Lippert
Читать онлайн.Название Fluch der verbotenen Stadt
Год выпуска 0
isbn 9783347026735
Автор произведения Manuel Lippert
Жанр Триллеры
Серия Tim Beck ermittelt in
Издательство Readbox publishing GmbH
8
Nachdem sich Tim und Rainer bei der Kriminaltechnik vergewissert hatten, dass diese keine Unterstützung benötigten, stiegen beide in den Dienstwagen, um zurück zur Mordkommission zu fahren.
„Und? Was hältst du von dem Fall?“, wollte Rainer von Tim wissen. Tim überlegte kurz. „Das kann ich dir noch nicht sagen, dafür ist es noch zu früh. Ich muss die Eindrücke von heute erst einmal sacken lassen.“ Rainer nickte. Er wusste, dass Tims Gehirn bereits auf Hochtouren lief und er die Informationen von heute gerade gedanklich Stück für Stück sortierte und strukturierte. Er war jedes Mal von Tims Auffassungsgabe und seiner Effizienz beeindruckt. Rainer war sich sicher, dass Tim noch eine erfolgreiche Karriere bei der Kriminalpolizei bevorstand, denn er kannte keinen anderen Ermittler, der nur annähernd so gut war wie er. Für sich selbst hatte er da keine großen Hoffnungen auf eine Beförderung.
Als sie auf der Rückfahrt an der Waldstadt vorbeikamen, lief Rainer wieder zur Höchstform als Geschichtsdozent auf. Er berichtete davon, dass sie gerade über die Bundesstraße 96 fuhren, die hier über vierzig Jahre lang für alle Zivilisten gesperrt war, da sie durch das militärische Sperrgebiet der sowjetischen Armee führte. Nur über einen großen Umweg durch die umliegenden Dörfer war es damals möglich die andere Seite des Militärareals und die Bundesstraße wieder zu erreichen. „Da bin ich aber sehr froh, dass wir das zum Glück jetzt nicht mehr tun müssen und so deutlich schneller zur Dienststelle zurückkommen“, erwiderte Tim mit bewusst ironischem Unterton. Rainer verstand den Wink mit dem Zaunpfahl und lachte.
Tim musste an seine Frau denken und fragte sich, was sie gerade tat. ‚Bestimmt plante sie das Design ihrer nächsten Torte und skizzierte das Meisterwerk, wie sie es immer tat‘. Er schickte ihr eine kurze Nachricht mit seinem privaten Smartphone, dass er an sie dachte und sie vermisste. Im nächsten Augenblick ärgerte er sich aber schon, dass er die Nachricht überhaupt versendet hatte. Er wollte nicht jedes Mal ein schlechtes Gewissen haben, nur weil er seine Arbeit liebte, sich auf jeden einzelnen Fall voll und ganz konzentrierte und alles für dessen Aufklärung gab. Überstunden zu leisten war dabei ein fester Bestandteil. Um den negativen Gedanken und Gefühlen zu entfliehen, wählte Tim die Telefonnummer seines Vorgesetzten, dem Leiter der Mordkommission.
Kriminalhauptkommissar Stefan Dittrich nahm den Anruf sofort entgegen, als ob er darauf gewartet hätte. „Hallo Chef, wir sind auf dem Rückweg. Ich wollte dir kurz berichten, was wir bisher in Erfahrung bringen konnten. Der Tote ist als Günther Ludwig mittels Personalausweis von uns identifiziert worden. Einen Tatzeugen haben wir bisher nicht finden können. Der Rechtsmediziner hat den Toten vor Ort begutachtet. Wir waren im Haus des Opfers. Die Kollegen der Kriminaltechnik sind noch dort. Günther Ludwig scheint Nachforschungen zur Vergewaltigung und dem Tod seiner Schwester betrieben zu haben. In seinem Arbeitszimmer hängen an einer Wand Fotos und Dokumente. Das könnte eine Spur sein, die wir weiter verfolgen werden. Sein Smartphone haben wir im Haus sicherstellen können, einen Laptop leider nicht. Die Befragung der Nachbarschaft hat nichts Brauchbares ergeben. Günther Ludwig scheint regelmäßig mit einer Ute Hoffmann und einem Mike Kühn telefoniert zu haben. Alles Weitere berichten wir nach unserer Rückkehr.“ Tim hörte ein kurzes Räuspern am anderen Ende der Leitung. „Vielen Dank für die Informationen. Ich soll euch von Sven sagen, dass er bereits alle Hintergründe zu den von euch an ihn geschickten Namen der Familie Ludwig aus den verfügbaren Datenbanken zusammenträgt. Dr. Anna Richter hat euch sicherlich gesagt, dass wir nachher unsere erste gemeinsame Besprechung zu dem Fall haben werden. Wir sehen uns dann später.“
Tim schätzte seinen Vorgesetzten sehr. Er war wie ein Mentor für ihn. Auch in den größten Stresssituationen bewahrte Stefan Dittrich immer Ruhe und hatte den Überblick. Schwieriger war es allerdings, ihm Feedback zu geben oder Kritik an seiner Art der Führung der Mordkommission zu geben. Da war er äußerst empfindlich, was Tim bei einem Verbesserungsvorschlag vor ein paar Jahren zu spüren bekommen hatte. Auf der anderen Seite ließ der Leiter der Mordkommission Tim und Rainer bei ihren Ermittlungen freie Hand, hielt ihnen den Rücken frei und bemühte sich eher als eine Art Coach im Hintergrund für beide da zu sein.
Der Rückweg kam Tim deutlich schneller vor als der Weg heute Morgen, obwohl Rainer die selbe Strecke fuhr. Wahrscheinlich lag es an der Vielzahl der neuen Eindrücke von heute, die Tims Gehirn gerade zu strukturieren versuchte. Genau das machte seine Stärke als Ermittler aus. In vielen Ermittlungen war seine Fähigkeit, die Informationen logisch zu dem großen Ganzen zusammenzusetzen, ein wesentlicher Schlüssel zur Aufklärung gewesen. Während Tim in allen Ermittlungen bisher sachlich und rational vorgegangen war, spürte er bei diesem Fall eine gewisse Emotionalität. Ihn beunruhigte diese Tatsache, da sie für ihn neu war. Aber er wusste auch was diese Emotionalität heute in ihm geweckt hatte.
Tim konnte bereits auf der linken Seite vor ihnen das weiße dreistöckige Haus der Polizeidirektion sehen, als Rainer plötzlich am Straßenrand anhielt. Neben ihnen war die Lieblingspizzeria von Rainer. Er konnte sich denken was Rainer hier wollte, fragte aber zur Sicherheit nach. „Warum hältst du denn kurz vor dem Ziel an? Weißt du, wie spät es schon ist?“ Rainer nickte. „Doch, das weiß ich. Gleich fängt unsere abendliche Besprechung mit der Staatsanwaltschaft an. Aber da sollten wir nicht mit knurrendem Magen teilnehmen. Willst du deine Pizza auch mit doppelt Käse?“ Tim lachte: „Gute Idee mit der Pizza. Ich zahle.“ Rainer stieg aus dem Dienstwagen. Tim folgte ihm in die Pizzeria.
Das Gebäude der Polizeidirektion war erst vor zwei Jahren fertig geworden. Der Vorgängerbau, gegenüber der jetzigen Direktion, war deutlich eher nach Tims Geschmack, der alte, geschichtsträchtige Gebäude liebte. Innen bot das neue Präsidium aber alles was man von einem modernen Bürogebäude erwartet. Tim und seine Kollegen hatten ausreichend Platz. Die Räume für Besprechungen und Vernehmungen lagen nicht weit von den Büros und waren funktional eingerichtet. Mit ihnen traf auch Dr. Anna Richter in der Mordkommission ein und blickte Tim und Rainer mit ihren acht Pizzakartons an. „Ich wusste gar nicht, dass Sie beide noch einer Nebentätigkeit als Pizzabote nachgehen.“, sagte sie ironisch und steuerte auf den Besprechungsraum der Mordkommission zu. Rainer musste grinsen und beugte sich zu Tim. „Ich wusste gar nicht, dass die Staatsanwältin einen Hang zur Ironie hat.“
9
Während Rainer die Pizzen in handliche Stücke schnitt und auf Teller verteilte, deckte Tim den Tisch im Besprechungsraum mit Tellern und Servietten. Im nächsten Moment kamen auch schon die anderen Teilnehmer der ersten Besprechung zu dem Fall an. „Leute, heute ist euer Glückstag. Wir haben die beste Pizza der Stadt mitgebracht. Greift zu und lasst es euch schmecken!“, begrüßte Rainer sie mit überschwänglicher Euphorie.
Als Leiter der Mordkommission war Stefan Dittrich für die Besprechung verantwortlich. Er begrüßte neben der Staatsanwältin auch die Kollegen der Kriminaltechnik und einen Kollegen der Pressestelle der Polizeidirektion. Dann übergab er an Tim, der zunächst einen kurzen Überblick über den Ermittlungsstand und die Identität des Toten gab. „Liebe Kollegen, Sven Ziegler wird uns jetzt Einzelheiten zum Mordopfer Günther Ludwig und dessen Familie vorstellen“. Mit diesen Worten übergab Tim das Wort an Sven Ziegler. „Danke Tim. Bisher konnten wir folgende Informationen zu dem Mordopfer in Erfahrung bringen.“ Auf dem an der Wand montierten Flachbildschirm blendete er eine Präsentation ein. „Ich möchte ihnen zunächst einen Überblick über die Familie von Günther Ludwig geben. Die beiden Eltern sind bereits verstorben. Seine Schwester hieß Beate und war ein Jahr jünger. Sie nahm sich mit siebzehn das Leben. Das Haus von Günther Ludwig war auch sein Elternhaus. Nach dem Tod der Eltern hatte er das Haus geerbt. Anscheinend hat er nie woanders gewohnt, denn bei den Einwohnermeldebehörden existiert keine andere Meldeadresse.“ Tims Vermutungen zu dem Haus hatten sich somit bestätigt. Die weiteren Ausführungen von Sven Ziegler zur Familie deckten sich mit den Angaben der befragten