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      »Ja?«

      Kay hört einfach nicht auf, Jill anzulächeln!

      »Eine Verwechslung. Das ist Alison Hill«, sagt der Wissenschaftler und legt seine Hand auf meine Schulter.

      Ich spüre, wie das Blut heiß in mein Gesicht schießt, und mag Kay, der ziemlich verwirrt wirkt, kaum ansehen.

      »Wirklich?« Kays Frage richtet sich an Jill, die bedauernd nickt. »Oh, also dann. Dieses Mädchen soll mich begleiten … Nun, was soll ich sagen … Sind Sie sicher, Mr Oscar?«

      »Vollidiot!« Am liebsten hätte ich Kay meine Fingernägel durch sein glattes Gesicht gezogen, hätte ich sie nicht bereits vor lauter Nervosität abgeknabbert.

      Kay lacht belustigt auf, zuckt mit den Schultern. »Nun, machen wir das Beste draus. Kannst du wenigstens –«

      Ein lauter Gong schneidet ihm das Wort ab und alle drehen sich zu der Tür, in der jetzt Wum Randy steht. Oscar tätschelt meine Schulter, schreitet zu dem Showmaster, schüttelt seine Hand und dreht sich zu den leise tuschelnden Gästen.

      »Liebe Top-The-Realities-Familie. Sie kennen ihn alle. Und jetzt gehört der beliebteste Showmaster aller Zeiten zu unserem Team: Wum Randy!«

      Anerkennende Pfiffe, lautes Klatschen, fröhliche Hallo-Rufe um mich herum, nur in mir zerbrechen all die Hoffnungen und Vorfreuden der letzten 2 Jahre. Aber was habe ich auch erwartet? Liebe auf den ersten Blick? Ja verdammt!

      Als die Umstehenden zu Randy drängen, der, im weißen Smoking gekleidet, Hände schüttelt, merke ich, dass Kay nicht mehr bei mir ist. Wenige Meter weiter steht er an die Kante einer festlich gedeckten Tafel gelehnt und plaudert mit Jill.

      Ich fasse es nicht, wie wenig verängstigt oder eingeschüchtert er wirkt. Ganz im Gegenteil. Kay scheint sich prächtig zu amüsieren. Hat er denn nicht mitbekommen, wo er ist? Weiß er nicht, was ihn erwartet? Überhaupt, dieses ganze freundliche Getue, der Empfang … was soll das?

      Als ich sehe, wie Kay Jill irgendetwas von ihrem Kleidchen zupft, möchte ich mich am liebsten auf ihn stürzen, fragen, was zum Teufel das soll, aber ein Glas erklingt dreifach mit hellem Ping. Sam Oscar bittet alle Anwesenden zu Tisch und bietet mir den Arm.

      Natürlich hat man mich neben Kay platziert, der über meinen Rücken hinweg unablässig mit Jill plaudert. Sein Arm liegt zeitweise auf meiner Stuhllehne und ich schwanke, zwischen mich an ihn zu kuscheln oder ihm meinen Ellenbogen in die Rippen zu stoßen. Beherrsch dich, Alison! Er hat dich doch schon für sein Verhalten um Verzeihung gebeten. Ja, hat er. Aber leicht fällt es mir trotzdem nicht.

      Wum Randy und Sam Oscar sitzen an den Stirnseiten der Tafel, den Rest des Teams kenne ich nicht. Oscar stellt mir den Produktionsleiter vor, ich vergesse seinen Namen sofort wieder, dann wird das Glas auf Kay und mich erhoben, Unmengen hochgetürmte Speisen hereingetragen, Sektflaschen geöffnet …

      Ich verlange nach einem Glas Wasser und versuche, meine Tränen zurückzuhalten. Bittere Enttäuschung, die sich mit ohnmächtiger Wut mischt. Erst als mein namenloses Gegenüber, ein junger Mann mit blauschwarzen Haaren und silbern glitzernder Haut, mich auf den Gewinn anspricht, komme ich wieder zu mir.

      »Entschuldigung. Welcher Gewinn?«

      »Na ja, sobald Sie die Challenge bestanden haben. Ihre verbesserte Gegenwart. Hat man Sie im Unklaren gelassen?«

      »Ähm, nein. Ich bin nur … alles ist etwas verwirrend.«

      »Wenn ich den Vorschlag machen darf, ruhen Sie sich noch etwas aus vor Ihrer Challenge und lassen Sie sich die Spielregeln nochmals erklären. Hier wird wohl niemand mehr nüchtern genug dafür sein.«

      Ich lächle dem Unbekannten dankbar zu. Mein Teller bleibt unangetastet, ich habe anderes im Kopf, und als ich sehe, wie in diesem Moment die fünfstöckige Torte angeschnitten wird, über der unsere Gesichter als dreidimensionales Hologramm prangen, brauche ich dringend frische Luft.

      Ich schiebe den Stuhl zurück. Notgedrungen muss Kay seine Unterhaltung mit Jill unterbrechen. Ohne ihn anzusehen, stehe ich auf, stürze fast zum Ausgang, was niemanden interessiert. Als ich die Hand auf die Markierung neben der Tür lege, die sich wider Erwarten öffnet, vernehme ich Kays Stimme, zu laut und leicht gedehnt vom Champagner: »Ach, kommen Sie, Sie scherzen doch …«

      Ich drehe mich um. Kay ist auf meinen Platz gerückt und sitzt nun direkt neben Jill, die ihm etwas hinter vorgehaltener Hand zuraunt. Kay schenkt ihr und sich Champagner nach, wobei er laut lacht. »Warum und vor allen Dingen wie sollte so ein Mädchen mir denn helfen? Mein Scout … also wirklich. Vielleicht kann sie meine Socken stopfen oder etwas –«

      »Socken stopfen?«, platze ich heraus und werfe Kay einen Blick zu, bei dem er gefrieren sollte.

      Schlagartig ist es still.

      Jill lässt ihre Gabel zurück auf den Teller sinken, auch die anderen Gäste haben aufgehört zu essen, sogar der Mann mit dem Tortenmesser verharrt mitten in der Bewegung. Alle sehen erwartungsvoll zu Kay.

      Der hat einen Arm lässig über Jills Schulter gelegt, das Champagnerglas in der anderen Hand, wobei seine Finger mit ihren Haaren spielen. Belustigt lächelt er mich an. »Keine Socken also … vielleicht Knöpfe annähen?«

      »Du!« Ich schreie, den ausgestreckten Zeigefinger auf ihn gerichtet. »Du hast keine Ahnung –«

      »… vom Sockenstopfen, richtig«, fällt Kay mir ins Wort.

      Jill kichert blöde.

      Ohne nachzudenken, entreiße ich dem Tortenmann das lange Messer, hole aus und schleudere es mit Wucht nach vorn. Sirrend fliegt es über die Tafel, ein spitzer Schrei, in der gleichen Sekunde schlägt es mit einem Fong in Jills hohe Stuhllehne, Kays Smoking-Ärmel in das Holz genagelt. Klirrend zerbricht sein Champagnerglas auf dem Boden.

      Kay starrt mich mit offenem Mund an.

      »Ich sollte dir etwas anderes als deine Socken stopfen!«, schleudere ich ihm entgegen, drehe mich um, schaffe es gerade noch mit durchgestrecktem Kreuz in den Cube, presse meine Markerhand auf die Markierung, die Tür schließt sich, dann breche ich zusammen.

      Der Cube kennt seinen Weg, alles ist vorprogrammiert, nur mein Leben mit Kay nicht.

      Als sich die Tür wieder öffnet, renne ich zur Dusche, reiße meinen Anzug herunter, schlage willkürlich auf irgendwelche Knöpfe, bis rosafarbenes Wasser über meinen Körper läuft und alles um mich herum im Dampf versinkt.

      Niemand hört mein lautes Schluchzen, niemand sieht, wie sich mein abgemagerter Körper schüttelt. Wofür habe ich trainiert? Wofür entbehrt? Worauf gehofft? Was habe ich bloß erwartet?

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