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hin und her bewegen und die Position der Bücher anpassen muss, kommen weitere Verzögerungen hinzu. Diese sind aber nicht linear, man kann also nicht sagen, es dauert eine Minute pro Buch, denn je größer der Abstand, desto mehr Schritte sind notwendig und desto länger dauert es. Um sich das Leben einfach zu machen, rechnet mein Schwiegervater also 30 Minuten extra für die Bewegungen zum Einsortieren. Zusammengerechnet macht das also 4 × 30 Minuten = zwei Stunden. Da das Zeitbudget bei vier Stunden liegt, würde die Hälfte der Zeit für das Büchersortieren draufgehen. Das passt, denkt er sich, heute muss ja nicht gebügelt werden!

      Gesagt, getan. Nach dreieinhalb Stunden kommt die Dame aus dem Arbeitszimmer raus, total erschöpft und mit Spinnweben in den Haaren. Obwohl sie zwischendurch eine Pause eingelegt hat, war der Auftrag ganz schön anstrengend. Viel Kraft bleibt nicht übrig, um das Haus zu putzen, also schickt er sie in den Feierabend und setzt sich hin, um sein Modell zu validieren. Er hat sich offensichtlich um einiges verschätzt. Nun gilt es, die Annahmen zu prüfen und die Kriterien zu validieren. Zum Beispiel hat sich die Annahme, dass keine Pause notwendig wäre, als falsch erwiesen. Die Annahme, dass zehn Sekunden pro Sichtung eines Buches ausreichen würden, trifft nur bei den ersten Durchgängen zu, nach einer Weile treten Ermüdungserscheinungen auf, und schon sehen die Augen die Buchstaben hin und her tanzen. Alle seine Validierungen führen dazu, sein Modell für den nächsten Versuch zu optimieren, wann auch immer der stattfindet. Heute jedenfalls nicht, denn erst mal muss mein Schwiegervater das Haus putzen. Aber in der Wissenschaft wiederholt man dieses Vorgehen so lange, bis das optimale Ergebnis erreicht wurde. Und das funktioniert alles viel besser mit Maschinen, denn die brauchen keine Pausen, haben keine Ermüdungserscheinungen und auch keine Angst vor Spinnen.

      Okay, wir fassen noch einmal kurz zusammen: Die Experten legen fest, wie ein Modell aussieht und welche Algorithmen verwendet werden, die Programmierer schreiben das Ganze in den Quellcode und schicken es an den Compiler, damit das Betriebssystem etwas zu tun hat, und die Maschinen spielen das Modell schnell und ununterbrochen durch. Aber das macht die Maschinen noch nicht intelligent, sie setzen ja nur um, was ihnen gesagt wird. Was also ist die künstliche Intelligenz, von der mittlerweile alle Welt redet?

      WIE KÜNSTLICHE INTELLIGENZ DAS TANZEN LERNT

      Was KI von uns braucht und wie sie sich selbst weiterentwickelt

      Wie wir gesehen haben, dreht sich beim Programmieren viel um das richtige Übersetzen zwischen Mensch und Maschine. Das ist aber längst nicht mehr alles. Man könnte sagen, wir haben heute auch noch ein Erziehungsproblem. Denn die Codes, die uns wirklich nützlich sind, befolgen nicht mehr nur eins zu eins unsere Befehle, sie lernen von uns – das ist etwas ganz anderes. Wir Programmierer und Ingenieure sind zu Lehrern geworden, die ihr Weltwissen an die Maschinen weitergeben. Dass die Maschinen immer fleißig lernen, ist wenig verwunderlich – die Frage ist nur, was. Und um das beantworten zu können, muss man verstehen, wie Maschinen lernen.

      Es gibt keine eindeutige Definition für den Begriff »künstliche Intelligenz«, aber man kann sagen, er steht für alle Methoden, die es einer Maschine erlauben, kognitive Fähigkeiten einer menschlichen Intelligenz nachzuahmen. Damit sind insbesondere Fähigkeiten wie Lernen und Problemlösen gemeint, aber auch Handeln, Wahrnehmen, Planen, Wiedererkennen, Kommunizieren und sogar Neues erschaffen.

      Unter dem Begriff KI lassen sich daher sehr viele Methoden zusammenfassen, was erklärt, weshalb sogar Systeme, die eigentlich gar nicht wirklich intelligent sind, sondern einfach festen Regeln folgen, wie zum Beispiel in der Robotik, immer wieder zur KI gezählt werden.

      Für mich persönlich ist mit der wichtigste Teil der KI das maschinelle Lernen, auf das wir uns in diesem Kapitel konzentrieren. Hier geht es um Computerprogramme, die nicht einfach nur mittels festgelegter Befehle durch ihre jeweilige Aufgabe geleitet werden, wie wir es oben beim Coden gesehen haben. Hier lernen die Computerprogramme, eigenständig Daten auszuwerten und aufgrund dieser Auswertung Prognosen und Empfehlungen auszusprechen. Sie können sogar Entscheidungen treffen, wenn dies von uns gewünscht ist und zugelassen wird, und in die Tat umsetzen.

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      Abbildung 12: Übersicht der KI und ihrer Untermengen

      Ein Bereich des maschinellen Lernens wiederum, an dem momentan besonders viel geforscht wird, ist das Deep Learning. Damit sind künstliche neuronale Netze gemeint, wie die, von denen ich im ersten Kapitel berichtet habe und die mich besonders begeistern. Sie bekommen gleich ein eigenes Kapitel – wir begegnen ihnen aber noch an vielen weiteren Stellen im Buch, denn Deep Learning ist ein Riesentrend in allen Lebensbereichen.

      Doch bevor wir »deep« einsteigen: Was sind eigentlich die kognitiven Fähigkeiten einer menschlichen Intelligenz? Eine schwierige Frage, denn es fehlt nicht nur eine eindeutige Definition für künstliche Intelligenz, es gibt auch keine für menschliche Intelligenz. Man spricht von mehreren Intelligenzen, also sozialer Intelligenz, künstlerischer Intelligenz, kognitiver Intelligenz etc. Ähnlich ist das mit den Maschinen. Wir bauen heutzutage Maschinen, die nur in einer Sache gut sind. Damit ist die sogenannte schwache KI gemeint. Das bedeutet, dass die Maschine für eng definierte Aufgaben programmiert ist. Auch bei schwacher KI wird häufig dafür gesorgt, dass sie sich selbst optimieren und ihre Aufgabe immer besser erledigen kann. Strategiespiele wie Schach oder Go, aber auch Produktempfehlungen sowie manche medizinische Diagnosen sind gute Beispiele, wo KI uns Menschen mittlerweile übertrifft.

      Neben der schwachen gibt es noch das Konzept einer starken KI. Hier ist die Rede von Maschinen, die mehrere Intelligenzen besitzen, oder welche, die menschliche Intelligenz übertreffen. Das heißt, sie sind nicht nur gut (bzw. besser als Menschen) im Schachspielen, sie können gleichzeitig auch noch Krebs diagnostizieren, mit Menschen und anderen Maschinen sprechen, Gesichter erkennen oder Empathie empfinden. Diese Form von Maschinen gibt es nicht, viele der Aspekte sind noch in einem frühen Forschungsstadium, und es wird darüber spekuliert, wann und ob wir solchen Maschinen begegnen werden. Einige Forscher sprechen von dreißig Jahren, andere von fünfzig, andere dagegen halten diese Form der KI für unmöglich. Denn solange das menschliche Gehirn noch nicht komplett erforscht ist,3 kann die KI auch nicht schlauer werden als der Mensch. Genau kann es natürlich niemand vorhersagen. Fakt ist, solche Ideen sehen wir erstmal nur in Science-Fiction-Filmen wie »Terminator«. Doch um Zukunftskatastrophen wie in den Hollywoodfilmen (oder so ähnliche) zu vermeiden, müssen wir uns heute Gedanken darüber machen, wie wir was bauen. Muss die KI überall zum Einsatz kommen? Wo ist sie sinnvoll und wo nicht? Welche Grenzen wollen wir ihr setzen?

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