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dafür kleben an ihrem Körper Pollen der Blütenpflanzen, welche die Biene mit sich trägt, um eine andere Blüte damit zu bestäuben, sodass jene Art sich fortpflanzen kann. Die Jungen liebten es, zu beobachten, wie verschiedene Tierarten zusammenarbeiteten und dadurch besser durchs Leben kamen. Genauso wie in der Natur das Dasein der Zusammenarbeit berechtigt war, mussten die Freunde auch von der Wichtigkeit der Gegnerschaft lernen. Man brauchte im Wald nicht lange zu suchen. Schnell wurde man fündig in den allgegenwärtigen Räuber-Beute-Beziehungen. An einem Tag beobachteten die Jungen die Fressfeindschaft zwischen Kaninchen und Raubvögeln. Während Kaninchen sich gut verstecken können und ebenfalls schnell laufen, haben Raubvögel ihre Sehschärfe optimiert, um ihre Beute schneller zu erkennen.

      Für die Jungen gab es nur eine Möglichkeit zu lernen, wie man den eigenen Gegner nutzen kann, um sich positiv weiterzuentwickeln: Sie mussten an Turnieren teilnehmen. Anfangs waren sie immer mit leeren Händen nach Hause gegangen und hatten oft das Gefühl gehabt, alle anderen seien besser. Denn immer und immer wieder verloren sie. Doch ihre Eltern und ihre Vereine machten ihnen Mut, nicht aufzugeben, indem sie meinten: »Dem Löwen gelingt es auch nicht immer, seine Beute aufzuspüren und zu erlegen, aber er versucht es immer und immer wieder, bis dieses Ziel erreicht wird.« Nach mehreren Turnierteilnahmen gewann zuerst Enzo in der Bodenkampfdisziplin zum ersten Mal den ersten Platz. Am Ende des Bodenkampfes umarmten sich die Kämpfer als Zeichen dafür, dass sie sich trotz ihrer Gegnerschaft respektierten und wussten, dass nur durch ihre Konkurrenz der andere motiviert werden kann, über sich hinauszugehen. Enzo konnte es kaum glauben, dass er gewonnen hatte. Es kam ihm vor wie ein Traum. Niemand hatte ihn bezwingen können, er war die unbestrittene Nummer Eins. Was für ein großartiges Gefühl!

      Auch Luka und Romeo gewannen ihre Turniere und belegten wie ihr Freund den ersten Platz. Enzo freute sich über den Erfolg der anderen, und das war erst der Anfang. Denn nach dem ersten Sieg gewannen alle drei, als sei ein Bann gebrochen, noch unzählige Pokale. All die harten Zeiten, in denen sie geschlagen wurden, lehrten sie, dass man am Ende das Leben meistern konnte, wenn man am Ball blieb.

      In einer Naturschule hatten sie als Grundschüler gelernt, die Natur zu achten, sie zu respektieren und in ihr zu überleben. So waren sie inzwischen zu wahren Überlebenskünstlern geworden, da sie sich von klein auf darin geübt hatten zu jagen, ein Feuer anzünden und sich einen Unterschlupf für die Nacht zu bauen. Die Eltern dieser drei Jungen hatten darauf bestanden, sie in diesen Überlebenstechniken auszubilden, da sie überzeugt waren, dass man auch in der zivilisierten Welt nie sicher sein konnte, nicht doch irgendwann einmal ganz auf sich allein gestellt zu sein, wenn man sich beispielsweise in einem Wald verlor. Aus diesem Grund ließen die Eltern sie auch oft alleine im Wald spielen, damit sie sich dort auch mal verirren konnten und dann lernten, auf sich allein gestellt den Weg wieder zurückzufinden. Wenn die Eltern nach einer gewissen Zeit dann sahen, dass sie nicht wiederkamen, gingen sie auf die Suche und fanden sie dabei jedes Mal.

      Als Kinder spielten sie im Wald Fangen und Verstecken, Spiele, die ihnen wahnsinnig viel Spaß machten, und fühlten sich dabei frei. Sie liefen hierhin und dorthin, und wenn einer einen gefangen hatte, war das wie ein kleiner Sieg, den er sich suchend und laufend erarbeitet hatte. Dadurch, dass mal der eine, mal der andere der Gejagte war, entstand eine Dynamik, die das Spiel spannend machte, weil die Jungen immer wieder die Rollen wechseln und sich stets aufs Neue anpassen mussten, so, wie es das echte Leben mit seinen wechselnden Umweltbedingungen fordert.

      Manchmal kam es vor, dass die Eltern arbeiten mussten und die Jungen nicht zum Wald bringen konnten. Wenn dies der Fall war, ließen sie ihre Kinder im Garten spielen. Zwar liebten Romeo, Luka und Enzo den scheinbar endlos großen Wald mehr als ihren eigenen kleinen Garten, aber trotzdem war er ein annähernd guter Ersatz, wenn ein Waldbesuch gerade mal nicht möglich war, weil sie dort auch Vögel zwitschern hörten, Schnecken, Kaninchen und andere Tiere sahen. Gemeinsam an den Gärten war, dass sich in deren Mitte ein Baum befand. Er wurde als Familienbaum bezeichnet. Die Eltern der Jungen hatten absichtlich einen Baum in ihren Garten einpflanzen lassen, weil sie wollten, dass die Jungen mit ihm in Kontakt waren und auch von der wechselseitigen Beziehung zwischen Mensch und Pflanze lernten. Sie lehrten sie, dass sowohl die Menschen Bäume brauchen als auch Bäume die Menschen. In einfachen Worten brachten sie ihnen bei, dass der Mensch Kohlenstoffdioxid ausatmet, welches der Baum fürs Leben braucht, während wir den abgegebenen Sauerstoff des Baumes benötigen, um atmen zu können.

      Nachdem die drei Jungen in der Naturschule den Realschulabschluss bekamen, mussten sie die Schule wechseln, um später ihr Abitur machen zu können. Ihre Eltern hatten sich inzwischen auch angefreundet und entschieden gemeinsam, Luka, Enzo und Romeo in die neue Privatschule am Wald zu geben. Sie machte einen guten Eindruck, und die Eltern der drei Jungen gehörten zu den wohlhabenden Bürgern der Stadt, weshalb sie sich das hohe Schulgeld leisten konnten. Vor der offiziellen Einschulung telefonierten die drei Freunde miteinander, denn sie waren sich einig, die neue Schule zunächst anschauen zu wollen, um sich einen ersten Eindruck zu verschaffen. Verkehrstechnisch war der Bau gut mit Bus und Bahn zu erreichen. Es gab eine Bushaltestelle, von der aus es nur fünf Minuten zu Fuß dorthin waren. Fuhr man mit der mit erneuerbaren Energien betriebenen Bahn wie Romeo, welcher den weitesten Weg hatte, war die Haltestelle zehn Minuten entfernt. Enzo wohnte zwar näher an der Schule, aber auch er war auf den umweltfreundlichen Bus mit Wasserstoffantrieb angewiesen. Nur Luka konnte zu Fuß gehen, wodurch er seiner Philosophie des Umweltschutzes besser als seine Freunde nachgehen konnte.

      Pünktlich trafen die Jungen sich an jenem Tag am Eingang. Die Schule bestand aus mehreren Gebäudekomplexen. Es gab jeweils ein Haus mit Laboren für die Fächer Chemie, Physik und Biologie, außerdem einen Trakt, in dem ein Kunstraum und die Aula untergebracht waren. Aber der Schwerpunkt lag eindeutig auf den naturwissenschaftlichen Disziplinen. Direkt neben dem Schuleingang waren in einem kastenförmigen Gebäude die Büros untergebracht. Hier wurden alle schulpolitischen Angelegenheiten geregelt, und es gab nur einen Raum, den die Schüler betreten durften, nämlich den großen Lehrersaal mit seinen kahlen Wänden, und dies auch nur, wenn sie mit einem Lehrer verabredet waren. Alle anderen Räume waren für die Schüler tabu und in der Regel abgeschlossen. Der Eingang der Schule zeigte zur Stadt, während der Schulhof im gerodeten Waldstück lag. Über der Eingangstür stand in dunkelgrüner Farbe: Gymnasiale Privatschule Silva.

      Schweigend standen die Jungen vor dem Eingang. Jeder war mit seinen eigenen Gedanken beschäftigt. Wie würde wohl der erste Schultag sein?

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