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die angenehmere Variante.

      Hilft aber alles nichts.

      Ich mache die Zigarette aus und lasse den Wagen zurück. Man kann wunderbar joggen, ohne die Mauer aus den Augen zu verlieren. An das Grundstück grenzt Waldgebiet, durch das zwar kein Weg führt, aber das stört mich ja nicht. Dafür kann ich mich unbeobachtet wähnen, sofern keine unsichtbaren Kameras mich längst entdeckt haben. Die Straße ist nicht mehr zu sehen und auch kein Mensch. Eine gute Gelegenheit, einen Blick zu riskieren.

      Ich springe so weit hoch, dass ich die Mauerkrone zu fassen kriege und mich hochziehen kann. Sicher könnte ich problemlos über die Mauer springen, aber wer weiß, was auf der anderen Seite lauert.

      Noch mehr Wald.

      Ich blicke nach rechts, ich blicke nach links. Keine Kameras. Ich schwinge mich über die Mauer und lande auf dem weichen Boden. Ich verharre regungslos und lausche mit angehaltenem Atem.

      Kann es wirklich sein, dass das Grundstück so schlecht gesichert ist? Fällt mir schwer, das zu glauben. Wahrscheinlich stehe ich gleich einem weißen Tiger oder so was gegenüber.

      Ich ziehe meine Pistole aus dem Hosenbund unter dem Pullover hervor. Die hatte ich David gar nicht erst gezeigt, weil es keine Notwendigkeit gab. Er wird sich auch so gedacht haben, dass ich nicht unbewaffnet bin.

      Der Wald wirkt gepflegt, allerdings sieht man ihm an, dass er keine Besitzerin mehr hat. Aber verlassen ist er trotzdem nicht. Und es sind nicht nur Eichhörnchen, Kaninchen und Füchse, die in ihm wohnen, nicht nur Krähen und Elster.

      Ich werde beobachtet.

      Mein Magen verkrampft sich kurz, als mir bewusst wird, dass ich mein Ziel gefunden habe.

      Ich entsichere die Pistole, während ich mich umschaue. Es ist nichts Verdächtiges zu sehen, dennoch sträuben sich meine Nackenhaare. Sicheres Zeichen dafür, dass sich etwas in meiner Nähe befindet, das ich eigentlich gar nicht in meiner Nähe haben möchte.

      Dann geht es rasend schnell.

      Für die Pistole viel zu schnell, wobei diese mir gegen solche Gegner sowieso nichts nützen würde, was mir schnell klar wird. Ich weiß nicht, womit ich es zu tun habe. Sie bewegen sich unglaublich schnell, sind klein und haben große Zähne in großen Mäulern, die aus runden Köpfen herausragen. Der erste kommt von hinten und versetzt mir einen heftige Stoß. Ich fliege der Pistole hinterher und lande im Gras. Meine Reflexe sorgen dafür, dass ich mich umdrehe. So landet die Axt im Boden statt in meinem Rücken. Dem Wesen, das die Axt umklammert, verpasse ich einen Fußtritt ins Gesicht. Die Genugtuung, dass es nun an ihm ist, meterweit durch die Luft zu fliegen, kann ich dennoch nicht auskosten, denn die nächste Axt steuert meinen Körper an. Ich rolle seitwärts, bis ich gegen etwas Hartes stoße. Einen Baumstamm. Mit einem Fuß wehre ich den Arm ab, die Axt kracht dicht hinter meinem Kopf in den Boden. Mit dem anderen Fuß treffe ich die Zähne des Wesens, das grunzend zurücktaumelt.

      Ich packe die Axt und springe auf.

      Der dritte Gegner. Er steht hinter dem Baum, der Stiel seiner Axt presst meinen Hals gegen den Baumstamm. Die Kraft, die das kleine Wesen besitzt, ist atemberaubend. Wortwörtlich.

      Das zweite Ding, dem ich grad die Axt abgenommen habe, versucht, sie sich zurückzuholen. Röchelnd lasse ich seine Axt los, von seinem eigenen Schwung getragen, purzelt er davon. Meine Hoffnung, dadurch Zeit genug zu gewinnen, mich um den Würger zu kümmern, erfüllt sich allerdings nicht, denn der Erste ist wieder auf den Beinen und visiert mit seiner Waffe meinen Kopf an. Ich empfange ihn hoch in der Luft mit einem wenig eleganten Fußtritt. Aber er erfüllt seinen Zweck, das Ding landet ebenfalls wenig elegant im Gras, seine Axt neben meinem Kopf im Baum.

      Na ja, fast neben meinem Kopf. Rasender Schmerz schießt durch mein Ohr, das ich wahrscheinlich grad verloren haben. Und auch wenn ich weiß, dass es bald nachwachsen wird, der Luftmangel und der Schmerz zusammen machen mich verwundbar. Bevor ich reagieren kann, krallt sich der waffenlose Gnom in meinen Körper, was an sich schon mehr als unangenehm ist. Richtig schmerzhaft wird es allerdings, als er aus derselben Bewegung heraus seine Zähne in meinen Kopf schlägt.

      Vor Schmerz rasend, zugleich blind, weil Blut aus meinem Kopf strömt und augenblicklich mein Blickfeld vernebelt, packe ich die Haare des Wesens und reiße seinen Kopf zurück. Zumindest versuche ich es, denn seine Zähne stecken fest in meinem Schädel. Und auch wenn das Gehirn selbst keinen Schmerz empfindet, sieht das bei der Kopfhaut schon anders aus. Hinzu kommen seine Krallen, die auch in meinem Körper wüten.

      Mir wird klar, dass ich diesen Kampf verloren habe. Zwar weiß ich, dass das noch nichts über die Schlacht aussagt, trotzdem steigt schiere Verzweiflung in mir hoch. Verzweiflung und Wut über meine unglaubliche Naivität.

      Ich lasse den Kopf des Dämons los und schlage die Fäuste von beiden Seiten gegen seine Ohren. Das hilft etwas, sein Griff lockert sich. Nach dem zweiten Schlag lässt er mich los und springt mit einem Rückwärtssalto weg.

      Allerdings, das wird mir zu spät klar, nur, um den Weg für die Axt des ersten Dämons freizumachen.

      Das Aufwachen ähnelt dem nach einer sehr, sehr wilden Party mit sehr, sehr viel Alkohol und Drogen. Nur ist der Schmerz noch etwas intensiver. Nein, nicht nur etwas, sondern sehr viel intensiver. Und er verändert sich, je nachdem, welcher Teil meines Körpers sich gerade regeneriert.

      Am schmerzhaftesten ist es für gewöhnlich, wenn mein Bauch betroffen ist, insbesondere die Gedärme. Deswegen versuche ich normalerweise den Bauch zu schützen. Aber auch wieder zusammenwachsende Rippen sind mehr als nur unangenehm, wie mir gerade bewusst wird.

      Die Erinnerung daran, dass die Axt meinen Brustkorb zerfetzt hat, kommt recht schnell. Auch an die Zähne des anderen Dämons in meinem Kopf erinnere ich mich, allerdings sind diese Verletzungen wohl schon verheilt, bevor ich das Bewusstsein wiedererlangt habe.

      Ich liege halb erhoben und schlagartig wird mir klar, dass mich jemand in den Armen hält. Mühsam öffne ich die Augen. Mühsam deswegen, weil sie zugeklebt sind vom Blut, das vermutlich mein gesamtes Gesicht bedeckt.

      „Oh Gott, das ist unglaublich ...“ Ben.

      Ich zwinge meine Augen, endlich aufzugehen. Über mir sehe ich das Gesicht von Ben. Auch mein Mund ist voller Blut, kein Wunder, wurden doch auch meine Lungen völlig zerfetzt. Ich drehe den Kopf zur Seite und würge das Blut aus mir heraus, aus meinem Mund, aus meiner Luftröhre, aus der Speiseröhre. Ich hasse das.

      Dann wende ich mein Gesicht wieder Ben zu. „Hi ...“

      „Fiona … Fiona … oh mein Gott, das ist völlig unglaublich! Sie brachten dich total zerfetzt hier rein und ich konnte zusehen, wie dein Körper wieder zusammenwuchs. Das … so was … ich … ich wusste ja, dass du anders bist … aber das ...“

      „Dann hast du mir etwas voraus ...“

      „Wie … was?“

      „Ich habe mich noch nie dabei beobachten können, wie mein Körper sich regeneriert.“ Meine Stimme wird wieder fest. Wunderbar.

      „Oh Scheiße … glaub mir, ich will das nie wieder sehen!“

      „Dann … dann solltest du dich nie wieder entführen lassen.“

      „Du … du bist gekommen, um mich zu retten?“

      „Das war der Plan. Oder nein, in Wirklichkeit wollte ich nur Pilze sammeln, und weil ich keinen Pilzsammelschein hatte, wurde ich zu Pilzbrei verarbeitet.“

      Ben kriegt einen Lachkrampf. Vielleicht weint er auch nur. Ich weiß es nicht, mein Kopf ist noch nicht wirklich klar. Vorsichtig setze ich mich auf, um mich umzusehen.

      Wir befinden uns augenscheinlich in einem Kellerraum, dafür sprechen auch die hochangesetzten, schmalen Fenster. Die Betonwände sind weder verputzt noch sonst wie verkleidet. Bis auf ein paar Gartenstühle und einen Eimer befindet sich nichts in dem Raum.

      „Wir werden Michelin anrufen, die 5 Sterne verlieren die danach garantiert“, sage ich.

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