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ein sonderlich sympathischer Mann war Herbert Richter gewiss nicht, aber man konnte nicht wegreden, dass er auf Frauen wirkte.

      Auf eine bestimmte Art Frauen besonders, nämlich bei denen, für die er etwas springen ließ.

      Seiner Tochter Monika gefiel das nicht, aber sie hatte sich noch nicht freigeschwommen, wie man so sagte. Sie stand noch unter dem Eindruck des frühen Todes ihrer Mutter, an der sie sehr gehangen hatte.

      Vier Jahre war Magdalena Richter krank gewesen, und die sonnigen Jugendjahre gab es für Monika nicht, weil sie die ganze Last dieses Kummers allein tragen musste. Zweiundzwanzig Jahre alt war sie gerade gewesen, als ihre Mutter dann von ihrem unheilbaren Leiden erlöst wurde.

      Um nichts anderes hatte sie sich während dieser vier Jahre gekümmert. Ihr Vater war oft fern gewesen, immer »in Geschäften«, wie er sagte, und Monika hatte es ihm geglaubt, weil sie nichts anderes annehmen wollte.

      Dann, nach dem Tod der Mutter, hatte er ihr auch bald einen Mann zum heiraten präsentiert, und Monika, nach dieser Zeit der seelischen Verzweiflung, hatte diesen Wilfried Schaeffers sehr nett gefunden.

      Sie ahnte nicht, dass ihr Vater sie möglichst schnell verheiraten wollte, damit er nun sein ungebundenes Leben führen konnte. Herbert Richter war bereit, sich das etwas kosten zu lassen. Wilfried Schaeffers war ein Angestellter in seinem Betrieb, nicht arm, aber doch bereit, sich in ein gemachtes Nest zu setzen. Adäquat musste ein Schwiegersohn von Herbert Richter schon sein.

      Herbert Richter, ein Mann von sechsundvierzig Jahren, hatte viel für sehr junge Frauen übrig, doch seine Tochter fand er langweilig. Sie war ihm auch zu prüde, denn wegen seines ausschweifenden Lebens war es schon mehrmals zu Differenzen zwischen ihnen gekommen.

      So war er sehr erleichtert, dass sie sich mit Wilfried Schaeffers ziemlich schnell anfreundete.

      Wilfried war ein ehrgeiziger junger Mann und stammte aus gutem Hause.

      Da es in der Schule nicht so geklappt hatte, wie sein Vater es sich vorstellte, war er sehr froh, dass Herbert Richter ihm eine Chance gab, doch noch das zu erreichen, was er sich vorstellte. Monika empfand er als eine angenehme Beigabe. Sie stellte keine Ansprüche und verabscheute das Nachtleben wie er auch. Von Leidenschaft oder gar Liebe konnte nicht die Rede sein, aber sie stimmten auch diesbezüglich überein, da sie beide ziemlich gehemmt waren Ihrem Vater gegenüber streifte Monika diese Hemmungen allerdings manchmal ab. Zwischen ihnen hatten sich die Gegensätze mehr und mehr vertieft, vor allem auch wegen des Nachbargrundstücks und der Bewohner dieses Hauses, für deren Interessen sich Monika stark machte.

      An diesem Morgen sprach Monika ihren Vater darauf an, dass sich die kleine Melanie am Zaun verletzt hatte. Bei einer Vorrede hatte sie sich nicht aufgehalten, weil sie genau wusste, dass er darauf wieder knurrend davonstürzen wurde.

      »Wann lässt du diesen Zaun endlich richten, Papa?«, fragte sie.

      »Ich denke nicht daran. Das Gör braucht ja nicht herumzuturnen«, erwiderte er gereizt. »Misch dich nicht in meine Angelegenheiten. Wenn denen da drüben was nicht passt, sollen sie sich doch nach einer anderen Bleibe umsehen. Die Mietverträge laufen ohnehin aus, und dann setze ich sie raus.«

      »Das kannst du nicht. Das Grundstück gehört mir. Ich bin jetzt mündig und kann darüber verfügen.«

      Er starrte sie wütend an. »Du wirst ganz schön frech«, sagte er barsch. »Du hast doch keine Ahnung von Geschäften. Sei froh, dass ich dein Vermögen vermehre, anstatt mir Vorhaltungen zu machen.«

      »Du kannst aber ohne meine Einwilligung keine Entscheidungen treffen. Ich habe mich bei Dr. Reimer erkundigt.« Sie hatte schon allen Mut zusammennehmen müssen, um das auszusprechen.

      Nun sah es aus, als wolle er auf sie zustürzen. Blaurot war sein breites Gesicht angelaufen.

      »Willst du uns ins Gerede bringen?«, schrie er sie an.

      »Das verstehst du wohl besser als ich«, erwiderte sie. »Du …«

      »Halt deinen Mund«, zischte er. Und schon im nächsten Augenblick schlug er krachend die Tür zu, bevor sie noch ein weiteres Wort über die Lippen gebracht hatte.

      So war er immer, wenn ihm etwas nicht passte. Deprimiert blieb Monika zurück. Sie war ihm nicht gewachsen. Auch ihre Mutter war ihm nicht gewachsen gewesen. Er war rücksichtslos und konnte brutal sein. Es war schlimm für Monika, einen solchen Vater zu haben. Sie schämte sich für ihn, nicht nur vor den Dondls und den Kellers, diesen netten Leuten, denen sie so gern helfen wollte.

      Mit Wilfried konnte sie darüber nicht sprechen. Er wollte sich nicht zwischen zwei Stühle setzen, das hatte sie schon durchschaut. Und wenn sie darüber nachdachte, kam ihr immer wieder der Gedanke, dass sie eine seltsame Verlobung eingegangen war.

      Sollte sie denn alles hinnehmen? Musste sie nicht endlich den Mut aufbringen, die Fesseln abzuwerfen? Was verband sie denn noch mit ihrem Vater? Was verband sie eigentlich mit Wilfried? Und was hatte zeitweises Aufbegehren ihr eigentlich genützt?

      Sie hatte Kunstgeschichte studieren wollen, doch ihr Vater hatte bestimmt, dass sie Betriebswirtschaft studieren solle, weil man die Zeit nicht vertrödeln müsse mit Dingen, die doch nichts einbrächten.

      Auch dagegen hatte sie sich nicht aufgelehnt. Widersprochen hatte sie das erste Mal, als er ihr einen teuren Sportwagen vor die Tür stellen ließ, den sie gar nicht hatte haben wollen.

      Nach außen hin sollte es wohl so aussehen, als sei sie die verwöhnte Tochter, die alles bekam, was ihr Herz begehrte.

      Was sie am nötigsten brauchte, nämlich Liebe und Verständnis, blieben ihr nach dem Tode ihrer Mutter versagt.

      Alles, was sie bekam, war für Herbert Richter eine Rechtfertigung für sein kostspieliges Eigenleben, in das er keine Einmischung duldete, denn da gab es seit einiger Zeit eine gewisse Kitty, die ihn um den Finger wickeln konnte.

      Von dieser wusste Monika noch nichts, doch mittlerweile verschloss sie die Augen und Ohren nicht mehr davor, dass ihr Vater nicht gerade wählerisch im Umgang mit Frauen war.

      Als sie nun ihre Sachen zusammenpackte, um zur Universität zu fahren, klingelte das Telefon.

      »Monika Richter«, meldete sie sich.

      »Carola Buchner«, tönte eine gedämpfte, heiser klingende Stimme durch den Draht.

      Carola Buchner war die Sekretärin ihres Vaters, und so sagte Monika rasch: »Mein Vater ist schon auf dem Weg ins Büro.«

      »Ja, ich weiß. Ich möchte Sie dringend sprechen, Fräulein Richter. Wann wäre das möglich?«

      »Warum?«, fragte Monika konsterniert.

      »Das kann ich Ihnen am Telefon nicht sagen. Bitte, geben Sie mir Gelegenheit, es Ihnen zu erklären.« Eine kleine Pause, und weil Monika nichts sagte, fuhr Carola hastig fort: »Vielleicht heute Mittag?«

      »Wenn es so dringend ist«, erwiderte Monika verwirrt. »Ich muss zur Vorlesung.«

      »Vielleicht ein Uhr im ›Goldenen Lamm‹? Das ist in der Nähe von der Uni.«

      »Ja, ich kenne das Lokal«, erwiderte Monika.

      »Danke«, und dann war es still in der Leitung. Monika legte bedächtig den Hörer auf. Was sollte das bedeuten? Warum wollte Carola Buchner sie sprechen? Sie war mehr verwirrt als neugierig und konnte sich dann auch kaum auf die Vorlesung konzentrieren. Sie saß zwischen einem dunkelhaarigen Mädchen, das eigentlich mehr wie ein Junge wirkte mit dem schmalen, herben, sommersprossigen Gesicht und der dunklen strengen Hornbrille vor den Augen, und einem jungen Mann, der mit seinem langen lockigen Haar eher wie ein Mädchen aussah.

      Das Mädchen hieß Florentine, der Junge, der noch nicht sehr männlich war, Carlo. Es waren die beiden einzigen Kommilitonen, mit denen Monika einen wenn auch losen persönlichen Kontakt hatte.

      »Du warst heute aber gar nicht bei der Sache, Moni«, sagte Carlo, als die Vorlesung beendet war.

      »Kommst

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