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den kannst du dir jederzeit ansehen“, sagte er. „Ich aktualisiere ihn stets.“

      „Danke. Ich werde mich bei Bedarf daran orientieren“, antwortete Cassie.

      „Weißt du“, sagte Ryan und Cassie verspannte sich. Sie leerte ihr Glas, denn seine Stimme hatte sich verändert, war ernster geworden. Sie war sich sicher, dass er seine Scheidung erwähnen würde, was für sie bedeutete, dass es Zeit war, das schwierige Ladendiebstahl-Thema auf den Tisch zu bringen.

      Er schenkte ihr Wein nach, bevor er fortfuhr.

      „Weißt du, ich habe heute viel an dich gedacht. Als ich diese Handschuhe gesehen habe, kamst du mir sofort in den Sinn und mir wurde klar, wie sehr ich unsere Unterhaltung gestern Abend genossen habe. Die Handschuhe waren also quasi nur meine Art, dir zu sagen, dass ich sehr gerne jeden Abend mit dir hier draußen verbringen würde.“

      Für einen Moment wusste Cassie nicht, was sie darauf antworten sollte. Sie konnte nicht glauben, was sie gerade gehört hatte. Als sie seine Worte verdaute, wurde ihr warm vor Freude.

      „Sehr gerne. Ich habe den gestrigen Abend auch sehr genossen.“

      Sie wollte noch mehr hinzufügen, hielt sich aber zurück. Sie musste sich in Acht nehmen, ihre auflodernden Emotionen für sich zu behalten. Schließlich war es möglich, dass Ryans Kommentar reine Höflichkeit gewesen war.

      „Passen sie gut?“ Er nahm ihre linke Hand und streichelte ihre Finger zärtlich mit seinem Daumen.

      „Ja, sie passen perfekt. Und mir ist darin überhaupt nicht mehr kalt.“

      Ihr Herz klopfte so laut, dass sie sich fragte, ob er ihren Puls fühlen konnte, während er seine Finger sanft über ihr Handgelenk wandern ließ, bevor er sie schließlich losließ.

      „Ich bewundere dich so sehr, den Schritt gewagt zu haben, die andere Seite des Ozeans zu erkunden. Hast du dich ganz alleine dazu entschieden? Oder mit anderen gemeinsam?“

      „Ganz alleine“, sagte Cassie und freute sich über seine Anerkennung.

      „Das ist unglaublich. Was denkt deine Familie darüber?“

      Cassie wollte nicht lügen, also gab sie ihr Bestes, die Angelegenheit zu umgehen.

      „Ich habe nur Unterstützung erfahren. Von Freunden, Familienmitgliedern und meinen vorherigen Arbeitgebern. Einige Freunde meinten, ich würde Heimweh bekommen und bald nach Hause zurückkehren, aber dem war nicht so.“

      „Und hast du jemand Besonderen zurückgelassen? Einen Freund, vielleicht?“

      Cassie konnte kaum atmen, als ihr klar wurde, was seine Frage beinhaltete. Machte Ryan Anspielungen? Oder handelte es sich lediglich um eine normale Unterhaltung, weil er mehr über sie erfahren wollte? Sie musste vorsichtig sein. Ihre Schwärmerei für ihn könnte sie dazu bringen, etwas Unangebrachtes zu sagen.

      „Ich habe keinen Freund. Anfang des Jahres war ich mit jemandem zusammen, aber wir haben uns schon lange vor meiner Abreise getrennt.“

      Das war nicht die Wahrheit. Sie hatte nur wenige Wochen vor ihrem Abschied mit ihrem gewalttätigen Ex Schluss gemacht. Es war einer ihrer Hauptgründe gewesen, den Kontinent zu verlassen – sie hatte nicht riskieren wollen, von ihm verfolgt zu werden oder ihre Meinung ihm gegenüber zu ändern.

      Aber diese Version konnte Cassie Ryan nicht erzählen. In diesem Moment, an diesem Ort, während sie die weißen Kämme der Wellen beobachtete, die ans Ufer rollten, wollte sie, dass er glaubte, ihre letzte Beziehung befände sich weit in der Vergangenheit. Dass sie ruhig und narbenlos und bereit für etwas Neues war.

      „Ich bin froh, dass du das mit mir geteilt hast. Es wäre nicht richtig von mir, nicht sicher zu gehen“, sagte Ryan leise. „Und ich nehme an, dass du die Beziehung beendet hast, weil ich mir nicht vorstellen kann, dass es andersherum gewesen sein könnte.“

      Cassie starrte ihn an. Seine hellblauen Augen hypnotisierten sie und sie hatte das Gefühl, zu träumen.

      „Ja, das habe ich. Es hat nicht funktioniert und ich musste die Entscheidung treffen.“

      Er nickte.

      „Das habe ich bereits bei unserem ersten Gespräch gespürt. Deine innere Stärke. Deine Fähigkeit, zu wissen, was du willst und danach zu streben. Und gleichzeitig bist du unglaublich empathisch, zärtlich und weise.“

      „Naja, ich weiß nicht, wie weise ich tatsächlich bin. Meistens fühle ich mich nicht so.“

      Ryan lachte. „Weil du zu beschäftigt bist, dein Leben zu leben und dich nicht übermäßig selbst beobachtest. Eine weitere hervorragende Eigenschaft.“

      „Hey, ich habe das Gefühl, während meiner Zeit hier von einem Experten auf dem Gebiet zu lernen“, konterte sie.

      „Macht das Leben nicht am meisten Spaß, wenn man es mit jemandem verbringt, der einem einen Sinn gibt?“

      Seine Worte waren neckend, aber sein Gesicht ernst und sie bemerkte, dass sie nicht wegsehen konnte.

      „Ja, auf jeden Fall“, flüsterte sie.

      Das fühlte sich nicht wie eine normale Unterhaltung an. Das Gespräch bedeutete mehr, das musste es einfach.

      Ryan stellte sein Glas ab, nahm ihre Hand und zog sie nach oben. Er legte seinen Arm lässig um ihre Taille, nur für einige Augenblicke, während sie sich zur Tür drehte.

      „Ich hoffe, du schläfst gut“, sagte er, als sie ihre Schlafzimmertür erreichten.

      Seine Hand berührte ihren Rücken, als er sich zu ihr beugte. Und für einen Moment betrachteten ihre faszinierten Augen die Form seines Mundes, sinnlich und fest, von der weichen Linie seiner Bartstoppeln umrandet.

      Dann, nur für einen Augenblick, berührten seine Lippen ihre, bevor er sich wegdrehte und ihr leise eine gute Nacht wünschte.

      Cassie sah zu, wie er seine Tür hinter sich schloss. Wie auf Wolken überprüfte sie, ob Madison ihr Licht ausgeschaltet hatte und kehrte dann in ihr Zimmer zurück.

      Entsetzt fiel ihr ein, dass sie vergessen hatte, Ryan von dem Ladendiebstahl zu erzählen.

      Sie hatte keine Gelegenheit dazu bekommen. Der Abend hatte sich in eine andere Richtung entwickelt, eine unerwartete, die sie erstaunt und sowohl hoffnungs- als auch erwartungsvoll gemacht hatte. Sie hatte das Gefühl, er habe mit dem Kuss eine Tür geöffnet und dahinter hatte sie etwas gesehen, was ihre ganze Welt verändern könnte.

      War es ein rein freundschaftlicher Kuss gewesen? Oder hatte er etwas bedeutet? Sie war sich nicht sicher, glaubte aber, dass etwas dahinterstecken musste. Die Unsicherheit machte sie nervös und aufregt, aber es war ein gutes Gefühl.

      In ihrem Zimmer checkte sie ihre Nachrichten und sah, dass Renee zurückgeschrieben hatte.

      „Die Frau meinte, sie rufe von einem Münztelefon aus an. Also keine Nummer. Wenn sie nochmal anruft, werde ich sie nach ihrem Namen fragten.“

      Beim Lesen hatte Cassie plötzlich eine Idee.

      Die mysteriöse Frau hatte von einem Münztelefon aus angerufen, keine Informationen hinterlassen und eine Schulfreundin Cassies kontaktiert, die als eine der einzigen noch in ihrer alten Heimatstadt lebte.

      Cassies Vater war schon lange weg- und mehrere Male umgezogen, hatte Jobs und Freundinnen gewechselt und sein Handy fast jedes Mal verloren, wenn er betrunken unterwegs gewesen war. Sie war schon lange nicht mehr mit ihm in Kontakt gewesen und wollte ihn nie wiedersehen. Er wurde älter, kränker und lebte so, wie er es verdiente. Doch das bedeutete auch, dass Familienmitglieder sich nicht mehr mit ihm in Verbindung setzen konnten. Selbst sie wüsste nicht, wie sie ihn kontaktieren könnte.

      Es bestand die Möglichkeit – eine Möglichkeit, die wahrscheinlicher schien, je mehr sie darüber nachdachte – dass es bei der Anruferin um ihre Schwester

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