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ich, basierend auf der Art und Weise, wie Sie sich gemeldet haben, davon ausgehen, dass Sie sich dafür entschieden haben, bei uns zu bleiben?“, fragte McGrath. Sie konnte keinen Humor in seiner Stimme erkennen; es klang vielmehr so, als versuche er, sie zu überzeugen.

      „Tut mir leid, alte Gewohnheit. Ich habe mich noch nicht entschieden.“

      „Nun, vielleicht kann ich helfen. Hören Sie … ich respektiere, was Sie durchmachen und weiß Ihre Ehrlichkeit, die Sie mir bei unserem Gespräch entgegengebracht haben, wirklich zu schätzen. Aber ich rufe an, weil ich Sie um einen Gefallen bitten möchte. Es ist nicht wirklich ein Gefallen, da es technisch gesehen Teil des Jobs ist, den Sie noch immer haben. Aber ich habe vor einer Stunde einen Anruf aus Wyoming erhalten. Es geht um einen Fall. Und da Sie bereits dort draußen sind, dachte ich daran, Ihnen den Vorrang zu geben. Klingt nach einem einfachen Job. Womöglich müssen Sie nicht mehr tun, als vor Ort zu sein, den Tatort zu besichtigen und ein paar Leute zu befragen.“

      „Ich dachte, Sie wollten unser Gespräch respektieren.“

      „Das tue ich. Deshalb biete ich Ihnen den Job auch zuerst an. Sie sind bereits in der Gegend und es klingt nach einem unkomplizierten Fall. Ich dachte, es könnte Ihnen dabei helfen, herauszufinden, was Sie wollen. Außerdem haben Sie erst kürzlich an einem Fall gearbeitet, der diesem hier ähneln könnte. Wenn Sie nein sagen, ist das vollkommen in Ordnung. Ich kann morgen früh jemand anderen hinschicken.“

      Wieder überkam sie das Gefühl, dass sich ein Kreis schloss. Sie stand genau an der Stelle, wo sie einst ihre Karriere als hoffnungsvolle Polizistin begonnen hatte - mit dem Ziel, Kripobeamtin zu werden. Diese Ambitionen hatte sie in sehr kurzer Zeit erfüllt. Und nun sprach sie, weniger als sieben Jahre später, mit einem Direktor des FBI.

      Sie sah durch die Glasabtrennung hindurch zu den Schreibtischen, den Büros und den Fluren des Reviers. Es fiel ihr leicht, sich beim Betrachten des Raumes auch an das Zielbewusstsein zu erinnern, das sie damals verspürt hatte. Sie fühlte es noch immer, aber es war anders als damals, als sie eine Beamtin am Beginn ihrer Karriere gewesen war, in einer Welt, die noch immer von Männern dominiert wurde, und den Wunsch verfolgt hatte, die Welt zum Guten zu verändern.

      „Was bedeutet unkompliziert?“, fragte sie.

      „Es besteht der Verdacht, dass eine Person Menschen von beliebten Kletterstellen aus in den Tod stößt. Das letzte Opfer wurde im Grand Teton National Park gefunden. Bisher geht man von zwei Opfern aus.“

      „Woher wissen wir, dass es sich nicht um typische Kletter-Unfälle handelt?“

      „Es gibt Beweise für Gewalteinwirkung.“

      Mackenzies Hirn arbeitete bereits auf Hochtouren, während sie versuchte, Antworten für den Fall zu finden. Und deshalb wusste sie auch, wie ihre Antwort für McGrath lauten würde. Ihre letzte, annähernd aktive, Jobtätigkeit war fast acht Monate her und die Aufregung, die sie nun überkam, war willkommen und gleichzeitig unerwartet.

      „Schicken Sie mir die Fallinformationen und den Tripverlauf. Aber ich möchte innerhalb von zwei oder drei Tagen wieder zuhause sein.“

      „Natürlich. Das dürfte kein Problem sein. Danke, Agent White. Ich schicke Ihnen alles per E-Mail zu.“

      Mackenzie beendete den Anruf und hatte für einen Moment das Gefühl, sich in einem sehr unwirklichen Traum zu befinden. Da stand sie, in dem ersten Polizeirevier, in dem sie je gearbeitet hatte, grübelte über ihre Vergangenheit nach und versuchte gleichzeitig, ihre Zukunft zu bestimmen. Und dann kam aus dem Nichts der Anruf von McGrath und dieser unerwartete Fall, der gelöst werden wollte. Es fühlte sich an, als wollte sich das Universum in ihre Entscheidungsfindung einmischen.

      „Mackenzie?“

      Nancy Yules Stimme lenkte sie von der ganzen absurden Situation ab. Sie lächelte und schüttelte den Kopf. „Sorry, ich war kurz ganz woanders.“

      „Klang nach einem intensiven Gespräch“, sagte Nancy. „Ist alles in Ordnung?“

      Mackenzie überraschte sich selbst ein bisschen, als sie nickte. „Ja. Ich glaube tatsächlich, dass es das ist.“

      KAPITEL ACHT

      Sieben Stunden später war sie in der Luft und auf dem Weg nach Wyoming; unter ihr der Norden Nebraskas. Alles war so schnell gegangen, dass sie bisher weder die Zeit noch die Möglichkeit gehabt hatte, die Materialien auszudrucken, die McGrath ihr bezüglich des Falles im Grand Teton National Park geschickt hatte. Deshalb war sie nun gezwungen, sich die Informationen übers iPhone anzusehen.

      Viel war es nicht. Die Polizeiberichte fielen spärlich aus, genau wie die forensischen Gutachten auch. Wenn ein Mensch so tief stürzt, steht die Todesursache normalerweise nicht zur Debatte. Sie las sich die Dokumente mehrere Male durch, fand aber nichts – das lag nicht an ihren mangelnden Fertigkeiten, sondern schlichtweg an den fehlenden Informationen. Selbst die Details, die sie zu den Opfern erhalten hatte, gaben nicht viel her. Zwei Menschen waren beim Klettern in den Tod gestürzt und es gab Beweise, dass es sich dabei nicht um Unfälle handelte. In einem der Fälle war ein abgetrenntes Seil involviert gewesen, im anderen passte eine Verletzung an der Leiche nicht zu denen, die bei einem Sturz zu erwarten sind.

      Mackenzie machte sich auf dem Handy Notizen und fragte sich kurz, ob vielleicht der Vater mit dem Mord seines Sohns in Verbindung stand. Es war nicht viel, aber besser als nichts.

      Als das Flieger sich im Landeanflug zum Jackson Hole Flughafen befand, bewunderte Mackenzie von ihrem Platz am Fenster die Bergspitzen des Grand Teton National Parks. Im klarblauen Licht des Morgens waren sie wunderschön und die Vorstellung eines Mörders, der in dieser Landschaft sein Unwesen trieb, war mehr als verstörend.

      Bei dem Anblick musste sie auch an Kevin denken und ihr Herz schmerzte. Sie fühlte sich wie eine Versagerin, ihn zurückgelassen zu haben – eine herzlose Mutter, die schon jetzt andere Prioritäten hatte als ihr Baby. Doch sie hatte genügend Bücher verschlungen, um zu wissen, dass diese Gefühle für neue Eltern mehr als normal waren. Das machte diese aber nicht weniger real.

      Als sie wenige Augenblicke später das Flugzeug verließ, hatte sie noch immer nicht ganz das Gefühl, sich inmitten eines Falles zu befinden. Sie trug bei ihrer Ankunft in Jackson Hole dieselbe Kleidung, die sie auch auf dem Polizeirevier bei ihrem Gespräch mit Nancy Yule getragen hatte. Schließlich hatte sie für den Besuch bei ihrer Mutter weder FBI-Uniform noch Dienstwaffe eingepackt. Das war etwas, was sie mit der örtlichen Polizeidienststelle regeln musste. Hoffentlich gab es keine Verzögerungen, weil es in Wyoming keine FBI-Filiale gab, da das Büro in Denver neben Colorado auch für Wyoming zuständig war.

      Als ihr das klar wurde, hatte sie das Gefühl, sich am Ende der Welt zu befinden – ein Gefühl, das nur noch verstärkt wurde, als sie den Flughafen betrat. Sicher, es war ein hübsches Gebäude, aber im Vergleich zum chaotischen Gewimmel am Dulles-Flughafen in DC war der Menschenstrom hier dünn und fast schon ordentlich.

      Aufgrund des mangelnden Menschenaufgebots in der Anlage entdeckte Mackenzie problemlos die Frau in der blauen Polizeiuniform, die am Gate auf sie wartete. Sie war um die vierzig und ihr blondes Haar, das zu einem Pferdeschwanz zusammengebunden war, umrahmte ein hübsches, kantiges Gesicht. Sie schien sich jede Person genau anzusehen, die mit Mackenzie hinter der Absperrung erschien. Als sich ihre Blicke trafen, nickte die Polizistin höflich und traf sich dann in der Flughafenhalle mit Mackenzie.

      „Agent White?“, fragte die Frau. Die silberne Marke über ihrer linken Brust identifizierte sie als Timbrook.

      „Das bin ich.“

      „Gut. Mein Name ist Shelly Timbrook. Ich dachte, es sei am besten, mich hier mit Ihnen zu treffen und Ihnen den Ärger zu ersparen, einen Mietwagen nehmen zu müssen. Außerdem – je eher ich Sie zum Tatort bringen kann, desto besser. Das zweite Opfer, der zweiundzwanzigjährige Bryce Evans, wurde am Fuß des Logan’s View gefunden. Da sich die Fundstelle innerhalb des

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