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DSA 128: Der Pfad des Wolfes. Alex Spohr
Читать онлайн.Название DSA 128: Der Pfad des Wolfes
Год выпуска 0
isbn 9783868896497
Автор произведения Alex Spohr
Жанр Языкознание
Серия Das Schwarze Auge
Издательство Bookwire
In der Regel waren die Wachen bis zum Morgengrauen langweilig, doch diesmal genossen die drei Orks ihre Aufgabe, die mit dem Wein mehr als nur erträglich war. Zuvor hatte es eine ordentliche Portion Rüssel gegeben, und es stand vielleicht sogar in Aussicht, dass sie eine der Frauen des Häuptlings bekommen würden, immerhin waren sie an der Jagd beteiligt gewesen – auch wenn sie nicht sonderlich viel getan hatten, denn es war nur ihre Aufgabe gewesen, Lärm zu machen und den Riesenrüssel zu erschrecken.
Die neuen Jagdgründe meinten es also doch gut mit ihnen, die Legende über das Land der Tiermenschen war anscheinend nichts als eben genau das: eine Legende. Das Land jenseits der Großen Olochtai galt bei den Horvasch als noch gefährlicher als die Heimat der Orks selbst. Hier lauerten angeblich furchtbare Ungeheuer, die jeden Ork fraßen, den sie zu Gesicht bekamen. Gharyakschra – barbarische Menschen – wurden sie genannt, doch es waren keine Menschen. Manchmal erzählte man sich, sie sollten ihnen ähneln, doch sie hatten etwas Tierhaftes an sich, etwas, das sie mehr zu Olochtai – zu Barbaren – machte.
Die Gharyakschra kannten Tairach und sprachen auch manchmal über ihn, sie riefen ihn an, meist dann, wenn sie in einen Blutrausch verfielen. Die Geschichten der Schamanen ließen die Gharyakschra zu einem fast unüberwindbaren Gegner werden, dem man besser aus dem Weg ging.
Doch die Harordaks hatten sich davon nicht abschrecken lassen. Der alte Tairachpriester Bunurgh hatte andere Geschichten gehört. Schon früher hatten Orks die Gharyakschra bekämpft, und zwar so lange, dass man sie fast alle ausgerottet hatte. Sie waren sterblich und nicht stärker als eine gewöhnliche Blankhaut. Also hatten es die Horvasch ohne zu zögern gewagt, in ihr Land zu ziehen. Nicht ein einziges Mal hatten sie einen Gharyakschra gesehen. Und so begannen die meisten Horvasch, das Geschwätz von den Tiermenschen zu vergessen.
Die drei Wachen stritten gerade erneut darüber, wer den Trinkschlauch als nächstes bekommen sollte, als sie plötzlich ein seltsames Geräusch vernahmen. Es war das Rascheln von Gras unweit ihres Zeltes. Auch wenn sie angetrunken waren, schärften sie nun ihre Sinne und wurden ruhiger.
Kordash war es, der zuerst reagierte, seinen Speer aufhob und langsam und vorsichtig in die Richtung ging, aus der das Geräusch kam. Die anderen beiden Orks blieben am Lagerfeuer zurück, hatten aber Arbach und Byakka ergriffen. Sie grunzten Kordash hinterher, denn sie wollten wissen, was dort so seltsame Geräusche machte. Das Gras bewegte sich erneut und ließ die Orks zusammenzucken. Da die Halme an dieser Stelle sehr hoch waren, konnte sich dort alles Mögliche verstecken. Selbst ein Gharyakschra, wie ihnen voller Schrecken klar wurde.
Kordash, der nun am Rand des hohen Grases war und damit ganz dicht bei der Stelle, von der das Geräusch ausging, nahm seinen Speer in beide Hände und stocherte vorsichtig in dem Gestrüpp herum. Zunächst geschah gar nichts, doch dann schoss etwas blitzschnell aus dem Gras hervor. Kordash sprang mit einem Angstschrei zurück und fiel auf den lehmigen Boden.
Die anderen beiden Orks machten sich sofort kampfbereit, zögerten aber noch, zu ihm zu eilen, trotz seines Angstschreis. Als sich Kordash wieder beruhigt hatte und seine beiden Kumpane anfingen, laut und kehlig zu lachen, schaute er noch einmal ganz genau hin. Außer einer harmlosen Natter, die sich dort verborgen hatte und sich nun panisch davonschlängelte, war nichts zu sehen. Kein Gharyakschra.
Kordash stand fluchend auf. Er war auf sich selbst und auf seine Kameraden wütend. Auf sie, weil sie ihn auslachten, auf sich, weil er sich von einer kleinen, ungefährlichen Schlange hatte hinters Licht führen lassen. Das war eines Khurkachs nicht würdig. Er spuckte auf den Boden, wandte sich den anderen zu, die noch immer lachten, und rief ihnen üble Beschimpfungen und Beleidigungen zu.
Gerade, als er sich wieder zu den anderen Wächtern aufmachen wollte, ertönte ein seltsames, summendes Geräusch, und im nächsten Moment stürzte Jarkvesh nach vorne wie ein gefällter Baum. Irgendetwas hatte ihn getroffen.
Kordash und Uhsrur waren so überrascht, dass sie zunächst gar nicht reagierten. Uhsrur jedoch erkannte in dem Licht des Sonnenaufgangs, dass etwas Großes über die eilig errichteten Palisaden geklettert war. Es war so schnell, dass er ihm kaum mit den Augen folgen konnte. Es hatte bereits Kordash erreicht, der sich nun umdrehte und anfing, zu schreien. Uhsrur sah mit Entsetzen, dass das bärenartige Ungeheuer Kordash mit einem Prankenhieb den Speer aus der Hand schlug und ihm dann einen schweren Schlag gegen die Brust versetzte, woraufhin der Ork schreiend zu Boden fiel.
Überall aus dem Lager hörte man plötzlich entsetzliche Geräusche, tierhafte Laute, durchmischt mit den Schreien der Orks. Jetzt hielt Uhsrur nichts mehr an seinem Platz. Er lief los, rannte zu den Zelten der anderen Khurkach. Aus dem Augenwinkel sah er, dass weitere Ungeheuer über die Palisade kletterten und die anderen Orkwachen angriffen.
Als er die Mitte des Zeltlagers erreichte, musste er feststellen, dass eine große Zahl der Ungeheuer seine schlafenden Kameraden überrascht hatte. Ein Monstrum, halb Wildschwein, halb Mensch, hatte das Zelt der Khurkach niedergerissen und schlug mit einer riesigen Axt auf die Orks ein, die unter den Fellen des Zeltes herumkrochen. Die hellen Felle färbten sich unter den Axthieben rot, und bei jedem Hieb schrie das aufrechtstehende Wildschwein voller Entzückung.
Uhsrur rannte weiter, ohne zu wissen, wohin. Überall um ihn herum tobte das Chaos. Der ankettete Oger des Schamanen versuchte sich aus Leibeskräften zu wehren, doch zwei dieser Wesen stachen mit Waffen auf ihn ein und fügten ihm mit ihren Tiermäulern entsetzliche Wunden zu, sodass selbst der gewaltige Menschenfresser keine Chance hatte, den Angriff zu überleben. Er biss zwar selbst nach den Angreifern, doch er ging unter, überwältigt von Bestien, die noch schlimmer waren als er selbst.
Uhsrur stolperte über einen Leichnam. Entsetzt stellte er fest, dass es einer der Harordak war, der alte Schamane. Mit weit geöffneten Augen lag er dort, übersät mit einigen kleinen Verletzungen und einer großen Wunde im Brustkorb. Er schien voller Entsetzen auf das Kampfgeschehen zu blicken, doch sein Geist war schon bei Tairach.
Uhsrur rannte panisch davon. Ihm war klar, dass nichts die Bestien mehr aufhalten konnte. Viele Mitglieder seiner Sippe waren dem Tod geweiht, er aber würde vielleicht diesem Schicksal entgehen können, wenn es ihm gelang, zu fliehen.
Da sah er, wie Häuptling Kurkarwak mit zwei seiner Khurkach Widerstand leistete und sogar eines der Wesen erschlagen hatte. Neue Hoffnung keimte in ihm auf, und er rannte so schnell er konnte zu seinem Häuptling. Jetzt waren sie zu viert und allesamt bis auf Uhsrur verletzt. Doch viel Zeit, darüber nachzudenken, welchen Ausweg es gab, hatte er nicht. Inmitten des Lagers, auf einer kleinen Anhöhe, sah er all die Sterbenden und die Ungeheuer.
Mit einem entsetzlichen Schrei kam einer der Gharyakschra auf sie zu galoppiert. Es war ein Wesen, das sich durch Rammstöße den notwendigen Platz verschaffte. Kein Khurkach schien es aufhalten zu können. Es glich mehr einem Wollnashorn als einem Menschen, dennoch schwang es eine todbringende Axt. Orks, die ihm im Weg waren, wurden einfach hinweggefegt und niedergemacht, entweder durch die Waffe oder durch einen Rammangriff des Horns dieses Wesens.
Schon sprang Drazogh, einer von Kurkarwaks Begleitern, vor, um sich dem Gharyakschra in den Weg zu stellen, doch noch bevor ein zweiter an seine Seite treten konnte, hatte der Gharyakschra ihn schon mit einem wuchtigen Angriff an der Schulter getroffen und zu Boden befördert. Dem zweiten Ork, Shardur, gelang es immerhin, mit seinem Arbach mehrere Angriffe abzuwehren. Uhsrur, der es immer noch nicht wagte, sich einem solchen Wesen entgegenzustellen, blieb bei seinem Häuptling.
Drazogh erhob sich mit schmerzverzerrtem Gesicht und griff nach seiner Waffe. Noch immer hatte der Gharyakschra keine Möglichkeit gefunden, die Deckung Shardurs zu durchdringen. Doch mit immer heftigeren Schlägen gelang es ihm schließlich, Shardurs Arbach zu zerbrechen. Der Ork war so überrascht, dass er erst gar nicht versuchte, dem Hieb auszuweichen. Die Axt des Ungeheuers drang so tief in seinen Schädel, dass sie dort stecken