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Begräbnis zu verschaffen. Niemand habe das mehr verdient als er.

      Die Krankenpflegerin meinte, daß, wenn das arme, verlassene Kind darin Trost finden könne, dies nur ein Glück sei. Sie versprach ihr zu helfen, und das war eine große Sache für Aase. Jetzt war es ihr, als sei das Ziel fast erreicht, denn Schwester Hilma hatte viel zu sagen. In dem großen Grubenfeld, wo die Sprengschüsse jeden Tag ertönen, wußte ja jeder Arbeiter, daß er jeden Augenblick von einem Stein oder von einem herabstürzenden Felsblock getroffen werden könne, und darum wollten sich alle gern gut mit der Krankenschwester stellen.

      Als daher Schwester Hilma und Aase bei den Grubenarbeitern herumgingen und baten, ob sie nicht am nächsten Sonntag dem kleinen Mads das letzte Geleite geben wollten, waren da nicht viele, die nein sagten. »Ja, wenn Schwester Hilma uns darum bittet, dann wollen wir es schon tun,« sagten sie.

      Die Krankenpflegerin brachte auch die Sache mit dem Quartett von Blasinstrumenten, das am Grabe spielen sollte und mit dem kleinen Singechor glücklich in Ordnung. Dahingegen tat sie keine Schritte wegen des Schulhauses; da noch das schönste Sommerwetter war, wurde beschlossen, daß das Trauergefolge draußen im Freien Kaffee trinken sollte. Bänke und Tische sollten aus dem Goodtemplersaal geliehen werden und Tassen und Teller von den Kaufleuten. Einige Arbeiterfrauen, die in ihren Truhen allerlei Sachen hatten, die sie nicht benutzten, solange sie hier in der Einöde wohnten, holten der Schwester zuliebe ihre seinen Gedecke hervor, um sie auf den Kaffeetischen auszubreiten.

      Dann wurden Zwieback und Kringel bei einem Bäcker in Boden bestellt und schwarz-weißes Konfekt bei einem Konditor in Luleå.

      Es herrschte eine solche Aufregung aus Anlaß des Begräbnisses, das Aase für ihren kleinen Bruder veranstalten wollte, daß ganz Malmberget davon sprach. Und schließlich erfuhr auch der Inspektor, was im Schwange war.

      Als er hörte, daß fünfzig Grubenarbeiter einen zwölfjährigen Knaben zu Grabe geleiten wollten, obwohl dieser, soviel er wußte, nur ein umherstreifender Betteljunge gewesen war, fand er, daß das der reine Wahnsinn sei. Und Gesang und Musik und Kaffeegesellschaft wollten sie haben, und das Grab sollte mit Grün bekleidet werden, und Konfekt aus Luleå! Er schickte sofort zu der Krankenpflegerin und bat sie, dies alles zu verhindern. »Es ist unrecht, ein armes Kind sein Geld so vergeuden zu lassen,« sagte er. »Es kann ja nicht angehen, daß sich erwachsene Menschen nach dem Einfall eines Kindes richten. Sie machen sich ja alle miteinander lächerlich!«

      Der Inspektor war weder zornig noch heftig. Er sprach ganz ruhig und bat die Krankenpflegerin, den Gesang und die Musik und das lange Leichengefolge abzubestellen. Es würde ja genügen, wenn ein Dutzend Menschen den Jungen zu Grabe geleiteten. Und die Krankenpflegerin widersprach dem Inspektor mit keinem Wort, teils aus Respekt und teils weil sie selbst fühlte, daß er recht hatte. Es war zu viel Wesens von so einem Betteljungen machen! Aus Mitleid mit dem armen Mädchen war ihr Herz mit dem Verstand durchgegangen.

      Von der Villa des Inspektors ging die Krankenpflegerin nach dem Barackenviertel, um Aase zu sagen, daß sie es nicht so ausrichten könne, wie sie es wünschte, aber sie tat das nicht leichten Herzens, denn niemand wußte besser als sie, was dies Begräbnis für das arme Kind bedeutete. Auf dem Wege begegnete sie ein paar Arbeiterfrauen und sprach mit ihnen über diese Schwierigkeiten. Sie sagten sofort, sie fänden, daß der Inspektor recht habe. Es sei ein Unsinn, so viel Aufhebens von einem Betteljungen zu machen. Natürlich tue ihnen das kleine Mädchen leid, aber es sei widersinnig, daß ein Kind auf diese Weise alles ordnen und einrichten wolle. Es wäre gut, daß aus dem Ganzen nichts würde.

      Die Frauen gingen nach Hause und erzählten es weiter, und bald lief das Gerücht, daß aus dem großen Begräbnis für den kleinen Mads nichts werden könne, vom Barackenviertel bis zum Grubenschacht. Und alle stimmten darin überein, daß es das einzig Richtige sei.

      In ganz Malmberget war wohl nur eine, die anderer Ansicht war, nämlich das Gänsemädchen Aase. Die Krankenpflegerin hatte wirklich einen harten Kampf mit ihr zu bestehen. Aase weinte weder, noch klagte sie, aber sie wollte sich nicht fügen. Sie sagte, sie habe den Inspektor nicht um Hilfe gebeten, folglich habe er auch nichts mit der Sache zu tun. Er könne ihr ja nicht verbieten, ihren Bruder so zu begraben, wie sie wollte.

      Erst als mehrere von den Frauen bei ihr gewesen waren und ihr erklärt hatten, daß jetzt, wo der Inspektor nichts davon wissen wolle, niemand zum Begräbnis kommen werde, wurde es ihr klar, daß sie seine Erlaubnis haben mußte.

      Sie saß einen Augenblick da und überlegte, dann stand sie plötzlich auf. »Wo willst du hin?« fragte die Krankenpflegerin. »Ich muß zu dem Inspektor gehen und selbst mit ihm reden,« erwiderte Aase. – »Du glaubst doch wohl nicht, daß er sich an das kehrt, was du sagst?« meinten die Frauen. – »Ich glaube, der kleine Mads will, daß ich zu ihm gehen soll,« antwortete Aase. »Der Inspektor hat wahrscheinlich nie gehört, was für ein Mensch er gewesen ist.«

      Das Gänsemädchen Aase machte sich schnell fertig und war bald auf dem Wege zum Inspektor. Es erschien nun aber allen ganz unglaublich, daß ein Kind wie sie daran denken konnte, den Inspektor, den mächtigsten Mann in ganz Malmberget, von dem abzubringen, was er einmal als seinen Willen geäußert hatte. Und die Krankenpflegerin wie auch die andern Frauen konnten es sich nicht versagen, ihr aus der Entfernung zu folgen, um zu sehen, ob sie wirtlich den Mut hatte, zu ihm zu gehen.

      Das Gänsemädchen Aase ging mitten auf dem Wege, und während sie so dahin schritt, lag etwas über ihr, das die Menschen veranlaßte, sich nach ihr umzusehen. Sie kam so ernsthaft und würdig dahergegangen, wie ein junges Mädchen, das an ihrem Konfirmationstag durch die Kirche schreitet. Auf dem Kopf hatte sie ein großes schwarzseidenes Tuch, ein Erbstück von ihrer Mutter, in der Rechten trug sie ein zusammengefaltetes Taschentuch und in der Linken einen Korb mit Spielzeug, das der kleine Mads verfertigt hatte.

      Als die Kinder, die auf dem Wege spielten, sie kommen sahen, liefen sie hinter ihr drein und riefen: »Wo willst du hin, Aase? Wo willst du hin?« Aber Aase antwortete nicht. Sie hatte ihre Fragen nicht einmal gehört. Sie ging nur weiter. Und als die Kinder wieder und wieder fragten, und an ihrem Rock zerrten, packten die Frauen, die hinter ihr hergingen, die Kinder beim Arm und hielten sie zurück. – »Laßt sie gehen,« sagten sie. »Sie will zum Inspektor und bitten, ob sie nicht ein großes Begräbnis für ihren Bruder, den kleinen Mads veranstalten darf.« Da wurden auch die Kinder von Erstaunen ergriffen, daß sich Aase auf etwas so Verwegenes einlassen wollte, und eine kleine Schar von ihnen lief mit, um zu sehen, wie es ihr ergehen werde.

      Dies trug sich gegen sechs Uhr nachmittags zu, als die Arbeit in den Gruben beendet war, und als Aase eine Strecke gegangen war, kamen mehrere hundert Arbeiter mit langen, hastigen Schritten des Weges daher. Sie pflegten sonst weder nach recht noch nach links zu sehen, wenn sie von der Arbeit kamen, als sie aber Aase begegneten, konnten einige von ihnen merken, daß hier etwas Besonderes vor sich ging, und sie fragten sie, was ihr fehle. Aase erwiderte kein Wort, aber die andern Kinder riefen laut durcheinander, wohin sie wollte. Da fanden auch einige von den Arbeitern, daß dies ein sehr mutiges Vorhaben für ein Kind sei, und sie gingen mit, um zu sehen, wie die Sache ablaufen würde.

      Aase ging nach dem Kontorgebäude, wo der Inspektor um diese Zeit noch bei seiner Arbeit zu sitzen pflegte. Als sie in den Flur trat, öffnete sich eine Tür, und der Inspektor stand, den Hut auf dem Kopf und den Stock in der Hand, vor ihr, auf dem Wege zu seiner Wohnung, um zu Mittag zu essen. »Mit wem willst du sprechen?« fragte er, als er das kleine Mädchen sah, das so feierlich daherkam mit dem seidnen Tuch um den Kopf und dem zusammengefalteten Taschentuch. »Ich möchte gern mit dem Herrn Inspektor selbst sprechen,« sagte Aase. – »Du willst mit mir sprechen? Ja, dann komm nur herein!« sagte der Inspektor und trat wieder in das Kontor. Er ließ die Tür offen stehen, denn es kam ihm nicht in den Sinn, daß das kleine Mädchen lange dableiben würde. So ging es zu, daß alle, die dem Gänsemädchen Aase gefolgt waren und nun in dem Flur und auf der Treppe standen, hörten, was im Kontor vor sich ging.

      Als das Gänsemädchen Aase da hinein kam, richtete sie sich auf, schob ihr Kopftuch zurück und sah den Inspektor mit ihren runden Kinderaugen an, die einen so ernsten Blick hatten, daß es einem ins Herz schnitt. »Der kleine Mads ist tot,« sagte sie, und ihre Stimme bebte, so daß sie nicht

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