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Sherlock Holmes: Seine Abschiedsvorstellung (Zweisprachige Ausgabe: Deutsch-Englisch). Arthur Conan Doyle
Читать онлайн.Название Sherlock Holmes: Seine Abschiedsvorstellung (Zweisprachige Ausgabe: Deutsch-Englisch)
Год выпуска 0
isbn 9788027213474
Автор произведения Arthur Conan Doyle
Жанр Языкознание
Издательство Bookwire
»Gewiß nicht viel. Aber der Fall interessiert mich. Als du noch deinen Beruf als Arzt ausübtest, hast du dich auch mit gewissen Fällen beschäftigt ohne einen Gedanken an Entlohnung.«
»Zu meiner Weiterbildung, Holmes.«
»Weiterbildung hört nie auf, Watson. Auch dies hier ist ein lehrreicher Fall. Es ist dabei weder Geld noch Ruhm zu ernten, und doch kann ich nicht ruhen, ehe ich eine Lösung gefunden habe. Bei Einbruch der Dunkelheit werden wir eine Stufe weiter in unseren Nachforschungen sein.«
Als wir zu Frau Warren zurückkehrten, hing der düstere Winterabend wie ein dichter grauer Vorhang in den Londoner Straßen, durchbrochen einzig von den gelben Vierecken der beleuchteten Fenster und den verschwommenen Lichtkreisen der Gaslaternen. Als wir aus Frau Warrens verdunkeltem Wohnzimmer auf die Straße spähten, fiel uns ein schwacher Lichtschein auf, welcher aus der Richtung des bewußten Hauses in der Howestraße zu kommen schien.
»Dort bewegt sich etwas«, flüsterte Holmes, mit angespannter Aufmerksamkeit durch die Fensterscheibe spähend. »Ja, ich kann einen Schatten sehen. Jetzt wieder! Er hat eine Kerze in der Hand. Jetzt beugt er sich zum Fenster hinaus; er will sich überzeugen, ob sie auf dem Posten ist. Jetzt gibt er Zeichen. Zähle, Watson, damit wir uns nachher gegenseitig kontrollieren können. Ein einziges Zeichen, – das ist gewiß A. Weiter! Wieviel hast du? Neunzehn. Ich auch. Das heißt T. ›At‹ also! Noch einmal T.«
Und nun folgten E-N-T-A. Wir waren verblüfft. Benützten sie eine Chiffre?
»Das kann doch nicht alles sein, Watson? ›Attenta‹ gibt keinen Sinn. Es gibt auch keinen Sinn, wenn man es in zwei oder drei Worte teilt. – Jetzt geht es wieder los. Was soll das heißen? ›Atte‹ –, wie? Dieselbe Botschaft noch einmal? Sonderbar, Watson, sehr sonderbar! Jetzt ist es wieder aus. ›At‹ nun wiederholt er sie zum drittenmal. ›Attenta‹ dreimal! Wie oft will er das Wort wiederholen? Aber jetzt scheint wirklich Schluß zu sein. Er hat sich vom Fenster zurückgezogen. Wofür hältst du das alles, Watson?«
»Für eine Signalbotschaft, Holmes.«
Mein Freund fing plötzlich an zu kichern. »Und nicht einmal schwierig zu entziffern«, sagte er. »Das ist natürlich Italienisch! Das ›A‹ am Schluß bedeutet, daß die Botschaft an eine Frau gerichtet ist. ›Hüte dich! Hüte dich! Hüte dich!‹ Was hältst du davon, Watson?«
»Ich glaube, du hast das Rechte getroffen.«
»Kein Zweifel daran! Es ist eine recht dringende Botschaft, – dreimal wiederholt, um sie noch eindringlicher zu machen. Aber wovor soll sie sich hüten? Einen Augenblick – er kommt wieder ans Fenster.«
Wieder sahen wir die schwachen Umrisse eines vorgebeugten Mannes und das Flackern der kleinen Flamme. Diesmal kamen die Zeichen schneller, so schnell, daß es schwer war, nachzuzählen.
»›Pericolo‹ – ›Pericolo‹ –; was heißt das? Gefahr, nicht, Watson? Ja, Himmel, es ist ein Warnungssignal! Jetzt kommt es wieder: ›Peri‹ – Hallo was mag das –«
Das Licht war plötzlich erloschen, das schwach erleuchtete Fensterviereck war verschwunden, und das dritte Stockwerk des Mietshauses bildete ein dunkles Band um das hohe Gebäude, zwischen den Reihen erleuchteter Fenster. Der letzte Warnungsruf war unterbrochen worden. Wie und durch wen? Diese Frage entstand gleichzeitig in uns beiden. Holmes wandte sich mir lebhaft zu.
»Es wird ernst, Watson«, rief er. »Irgendeine Teufelei geht dort vor sich! Wie könnte eine solche Botschaft sonst auf diese Weise endigen? Ich sollte die Polizei darauf aufmerksam machen – jedoch, wir dürfen unsere Beobachtungen jetzt nicht unterbrechen.«
»Soll ich zur Polizei laufen?«
»Wir müssen erst selbst etwas klarer in der Sache sehen. Vielleicht findet alles eine ganz harmlose Erklärung. Komm’, Watson, wir wollen hinübergehen und sehen, was zu tun ist.«
Als wir eilig der Howestraße zuschritten, blickte ich zurück nach dem Haus, welches wir soeben verlassen hatten. Da, am Giebelfenster, konnte ich die schwachen Umrisse einer Gestalt, einer weiblichen Gestalt erkennen, welche unverwandt, starr in die Nacht hinausblickte und mit atemloser Angst auf die Wiederholung der unterbrochenen Botschaft wartete.
Am Eingang zu dem großen Mietshaus lehnte ein Mann, in Schal und Mantel gehüllt. Als das Licht der Vorhalle auf unsere Gesichter fiel, richtete er sich auf.
»Holmes«, rief er.
»Wahrhaftig, Gregson!« sagte mein Gefährte, als er dem Detektiv von Scotland Yard die Hand schüttelte. »Was tun Sie hier?«
»Wahrscheinlich dasselbe wie Sie«, sagte Gregson. »Doch kann ich mir nicht denken, woher Sie etwas davon wissen.«
»Verschiedene Fäden, die zum selben Knoten führen. Ich habe soeben die Signale aufgefangen.«
»Signale?«
»Ja, vom Fenster aus. Sie brachen plötzlich ab. Wir kamen herüber, um die Ursache kennenzulernen; doch da die Sache sicher in Ihren Händen ruht, sehe ich keinen Grund, mich einzumischen.«
»Warten Sie ein wenig!« rief Gregson eifrig. »Ich muß Ihnen Gerechtigkeit widerfahren lassen! Ich habe mich stets stärker gefühlt, wenn ich Sie an meiner Seite wußte. Dies hier ist der einzige Ausgang des Gebäudes. So haben wir ihn ganz sicher.«
»Wen – ihn?«
»Nun, diesmal sind wir Ihnen über, Herr Holmes, das müssen Sie zugeben.« Er stieß mit seinem Stock scharf gegen den Boden, worauf ein Mann aus einer Taxe stieg, welche auf der gegenüberliegenden Seite der Straße hielt, und auf uns zu kam. »Darf ich Sie Herrn Sherlock Holmes vorstellen?« sagte Gregson. »Dies ist Herr Leverton von Pinkertons Detektivinstitut in Amerika.«
»Der Held der geheimnisvollen Kellergeschichte auf Long Island?« sagte Holmes. »Herr Leverton, ich freue mich sehr, Sie kennen zu lernen.«
Der Amerikaner, ein stiller, junger Mann mit glattrasiertem, scharfgeschnittenem Gesicht errötete bei diesen lobenden Worten. »Ich bin auf der größten Fährte meines Lebens, Herr Holmes«, sagte er. »Wenn ich Georgiano fangen könnte –«
»Wie, Georgiano, vom ›Roten Kreis‹?«
»Oh, hat er auch europäischen Ruf? In Amerika wissen wir viel von ihm. Wir wissen, daß er an der Spitze von fünfzig Mördern steht, und doch wissen wir nichts Bestimmtes, um ihn fassen zu können. Ich folgte seiner Spur von Neuyork herüber und bin nun seit einer Woche in London hinter ihm her, auf irgendeinen Grund lauernd, um ihn fassen zu können. Herr Gregson und ich folgten ihm bis hier in dieses große Haus. Und da es nur diesen einen Ausgang hat, so kann er uns nicht entwischen. Drei Leute haben inzwischen das Haus verlassen, doch ich kann schwören, daß er nicht darunter war.«
»Herr Holmes erzählt von Signalen«, sagte Gregson.
»Ich nehme wie gewöhnlich an, daß er ein gut Teil mehr weiß wie wir.«
In wenigen kurzen Worten erzählte Holmes, was wir beobachtet hatten. Der Amerikaner schlug die Hände zusammen vor Verdruß.
»Er hat Wind von uns bekommen!« rief er.
»Wieso meinen Sie?«
»Nun, anders läßt es sich nicht erklären. Hier ist er und gibt seinen Verbündeten Zeichen, – es sind verschiedene von seiner Bande in London. Dann, gerade als er im Begriff ist, ihnen mitzuteilen, daß Gefahr droht, bricht er plötzlich ab. Was kann das anderes bedeuten, als daß er uns vom Fenster aus entdeckt hat, oder sonstwie erfahren, wie drohend die Gefahr ist und sich eiligst davon gemacht hat, um ihr zu entgehen. Wozu raten Sie, Herr Holmes?«
»Daß wir sofort hinaufgehen und selbst nachsehen.«
»Aber wir haben keine Vollmacht zu seiner Verhaftung.«
»Er hält sich unter verdächtigen Umständen in