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der vollberechtigten Bürger, nicht durch Erhebung einiger Bevorrechteten über diese, sondern dadurch, daß der Staat wächst, indes jener Kreis der gleiche bleibt, so daß alle zur alten Gemeinde oder Markgenossenschaft neu hinzukommenden Elemente minderberechtigt oder gar rechtlos bleiben.

      Aber diese beiden Wege der Entwicklung der Aristokratie aus der Demokratie verfolgen nicht die gleiche Richtung. Die eine Art der Ausbeutung und Beherrschung des Staates durch eine privilegierte Minderheit, die Herrschaft einer Gemeinde über ein ganzes Reich, kann, wie uns das Beispiel Roms zeigt, an Umfang stets wachsen; und sie muß wachsen, solange der Staat lebenskräftig ist und nicht vor einer überlegenen Macht zusammenbricht. Anders dagegen steht es mit der politischen Rechtlosigkeit der Neubürger. Solange diese fast ausschließlich Bauern sind, nehmen sie ihren Mangel an Rechten mehr oder weniger ruhig hin. Sie sind ja, bei der großen Entfernung ihrer Betriebe von der Stadt, meist gar nicht in der Lage, wenn sie morgens von ihrem Heim fortgehen, mittags bei der Bürgerversammlung auf dem Marktplatz der Stadt anwesend zu sein und abends wieder zu Hause einzutreffen. Und mit dem Wachstum des Staates werden dessen inneren wie äußeren Verhältnisse immer komplizierter, wird die Politik und auch die Kriegführung ein Geschäft, das Vorkenntnisse erfordert, die dem Bauern unerreichbar sind. Er versteht also doch nichts von allen den persönlichen und sachlichen Fragen, die in den politischen Versammlungen der Stadt entschieden werden, hat daher kein großes Bedürfnis, sich das Recht zu erobern, an ihnen teilnehmen zu dürfen.

      Aber die Neubürgerschaft bleibt nicht auf Bauern beschränkt. Fremde, die in die Stadt ziehen und ihr nützlich werden, erhalten das Bürgerrecht. Die eroberten und mit dem Bürgerrecht begabten Landstriche umfassen auch nicht bloß Dörfer, sondern Städte mit Handwerkern und Kaufleuten, sowie Großgrundbesitzern, die neben ihrem Landhaus ein Stadthaus besitzen. Sobald sie das römische Bürgerrecht gewinnen, bekommen sie dadurch einen starken Anreiz, aus der kleineren Stadt in die größere zu ziehen, in der sie nicht bloß geduldet sind, und wohin sie leichterer Verdienst und mehr Kurzweil lockt. Gleichzeitig aber werden in der von uns schon gekennzeichneten Weise durch Krieg und Sklavenwirtschaft immer mehr Bauern expropriiert. Die beste Zuflucht solcher an die Luft gesetzten Elemente ist nun ebenfalls die Großstadt, deren Bürger sie sind und in der sie versuchen, sich fortzubringen als Handwerker oder Lastträger, Schenkwirte, Krämer, oder gar nur als Schmarotzer irgend welches reichen Herrn, dem sie sich als Klienten zu allen möglichen Diensten zur Verfügung stellen und dessen Höflinge sie bilden – richtige Lumpenproletarier.

      Diese Elemente haben weit mehr Zeit und Gelegenheit als die Bauern, sich um die städtische Politik zu kümmern, deren Folgen sie auch viel deutlicher und unmittelbarer verspüren. Sie empfinden das lebhafteste Interesse daran, auf diese Politik Einfluß zu gewinnen, an Stelle der Versammlung der Altbürger die der gesamten Bürgerschaft zu setzen, für die letztere das Recht der Erwählung der Staatsbeamten und der Erlassung von Gesetzen zu erringen.

      Mit der Größe der Stadt wuchs die Zahl aller dieser Elemente immer mehr, indes sich der Kreis der Altbürgerschaft nicht erweiterte. Er wurde daher relativ immer schwächer, um so mehr, da er über eine von der Bürgerschaft gesonderte Kriegsmacht nicht verfügte, die Neubürger ebensogut wie die Altbürger Wehrmänner, im Besitz von Waffen und mit deren Handhabung vertraut waren. So entbrennt in allen Städten dieser Art ein erbitterter Klassenkampf zwischen Altbürgern und Neubürgern, der regelmäßig früher oder später mit dem Siege der letzteren, also der Demokratie endet, die aber ihrerseits auch wieder nichts anderes ist als eine Erweiterung der Aristokratie, da ja die Rechtlosigkeit und Ausbeutung der außerhalb des Bürgerrechtes stehenden Provinzen fortdauert. Ja, oft wird das Gebiet und mitunter auch der Grad der provinzialen Ausbeutung in derselben Zeit vergrößert, in der die Demokratie innerhalb der herrschenden Gemeinde Fortschritte macht.

      c. Der römische Staat

      Alle diese, jede aufblühende Handelsstadt des Altertums kennzeichnenden Kämpfe finden wir in Rom in vollem Gange, zu der Zeit, wo es in der Geschichte auftaucht.

      Seine Lage macht es zu einem sehr geeigneten Stapelplatz. Es liegt ziemlich entfernt von der Meeresküste am Tiber, aber das bildete damals, bei der Kleinheit der Seefahrzeuge, kein Hindernis für den Seehandel, es war sogar ein Vorzug, da man tiefer im Lande drin vor Seeräubern und Wogengang geschützter war als an der Seeküste. Nicht umsonst sind so viele der großen älteren Handelsstädte nicht direkt am Meere, sondern an schiffbaren Flüssen ziemlich weit von deren Mündung gelegen – so Babylon und Bagdad, London und Paris, Antwerpen und Hamburg.

      Die Stadt Rom bildete sich an einem Platz, wo an den noch schiffbaren Tiber zwei leicht zu befestigende Hügel herantreten, die den Magazinen für die aus- und einzuschiffenden Waren Schutz und Sicherheit gewährten. Die Landschaft, in der Rom entstand, war noch roh, rein bäuerlich, aber nördlich und südlich von ihr lagen ökonomisch hochentwickelte Landschaften, Etrurien und Kampanien, mit starker Industrie, ausgedehntem Handel und auch schon einer auf unfreier Arbeit beruhenden Landwirtschaft. Und von Afrika her kamen mit ihren Waren die Karthager, die auf gleicher Höhe der Entwicklung standen wie die Etrusker und die griechischen Kolonien in Süditalien.

      Diese geographische Lage versetzte Rom in eine eigenartige Doppelstellung. Ihrer nächsten Umgebung, den Latinern und Volskern gegenüber, erschien die Handelsstadt als der Vertreter einer höheren Kultur; der weiteren Umgebung, den Etruskern und italischen Griechen gegenüber, traten dagegen die Römer als rohes Bauernvolk auf. In der Tat blieb die Landwirtschaft für die Römer der Haupterwerbszweig, trotz aller Zunahme des Handels. Vom Meere entfernt, verstanden sie nichts von Seefahrt und Schiffbau. Sie überließen es fremden Kaufleuten und Schiffern, zu ihnen zu kommen und ihren Handel zu treiben. Und das änderte sich nicht. Dadurch erklärt es sich teilweise, Warum zur Zeit Cäsars und seiner ersten Nachfolger, also zur Zeit der Entstehung des Christentums, die Juden eine so starke Kolonie in Rom bildeten. Sie hatten damals einen Teil des römischen Handels an sich gebracht. So liegt ja auch heute noch zum Beispiel in Konstantinopel der Handel vornehmlich in den Händen von Nichttürken.

      Je mehr Rom durch seinen Handel aufblühte, desto mehr kam es in Konflikt mit seinen Nachbarn. Der Markt für Lebensmittel, den der Handel erschloß, erzeugte in den römischen Grundbesitzern den Drang, ihren Grundbesitz auf Kosten ihrer Nachbarn zu erweitern, indes diese wieder nach dem Reichtum der Stadt lüstern wurden. Andererseits entbrannten nun Konkurrenzkämpfe mit den etruskischen Städten. Es waren zahlreiche lange und harte Kriege, die das junge Gemeinwesen zu bestehen hatte, aber siegreich ging es aus ihnen hervor, dank seiner oben schon angedeuteten Doppelstellung. Über die Bauern siegte die höhere Technik und die geschlossene Organisation der großen Stadt; über die Etrusker wieder, die schon infolge der Verdrängung der freien Bauernschaft durch Zwangsarbeit an militärischer Kraft verloren hatten, siegte die Zähigkeit und Ausdauer der römischen Bauern.

      Sobald aber Rom stark genug geworden war, mit den Etruskern fertig zu werden, erfuhr es dabei, welch vortreffliches Geschäft der Krieg werden könne. Weit mehr Reichtum als durch den Handel, den doch meist Ausländer trieben, und durch die Landwirtschaft, die bei kleinbäuerlichem Betrieb nur geringe Überschüsse im Jahre abwarf, war durch glückliche Kriege zu gewinnen, wenn sie gegen reiche Städte und Nationen geführt wurden, die man plündern und tributpflichtig machen konnte. Handel und Raub sind von Anfang an miteinander verwandt, aber wohl keine Handelsstadt hat so sehr das Räuberhandwerk in den Vordergrund gestellt und zu einer staatlichen Einrichtung, ja zur Grundlage der Größe der Stadt erhoben, so sehr alle staatlichen Institutionen darauf eingerichtet, wie Rom. Sobald es die etruskischen Städte erobert, geplündert und sich zinsbar gemacht hatte, wendete es sich gegen seine reichen Nachbarn im Süden, deren wachsender Reichtum ein Schwinden ihrer militärischen Kraft aus den schon öfter hier auseinandergesetzten Gründen mit sich gebracht hatte, so daß die Beute in demselben Maße begehrenswerter war, wie sie leichter zu gewinnen schien. Aber dieser Reichtum lockte gleichzeitig ein anderes Bauernvolk, die Samniten. Diese mußten erst aus dem Felde geschlagen sein, ehe man sich der griechischen Städte in Süditalien bemächtigen konnte. Bauernvolk rang gegen Bauernvolk, aber die Samniten hatten keine große Stadt, wie Rom, in ihrer Mitte, die den bäuerlichen Streitkräften eine zentralisierte Organisation gegeben hätte. So unterlagen sie, und damit war für Rom der Weg nach den reichen Städten Süditaliens offen, die nun geplündert

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