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Die Arbeit am Langen Zügel. Thomas Ritter
Читать онлайн.Название Die Arbeit am Langen Zügel
Год выпуска 0
isbn 9783840461958
Автор произведения Thomas Ritter
Жанр Сделай Сам
Серия Ausbildung von Pferd und Reiter
Издательство Bookwire
Die Verwendung von Handschuhen ist im Grunde eine Sache der persönlichen Präferenz. Ein Pferd, das den Reiter davon zieht, ist noch nicht reif für die Langzügelarbeit. Ich selbst trage Handschuhe deshalb eigentlich nur bei kühlem Wetter. Wenn es sehr warm ist, sind sie mir eher unangenehm. Ich bevorzuge Handschuhe aus Leder, die strapazierfähig sind und ein gutes Gefühl zulassen.
Die Länge der Gerte richtet sich nach der Position des Reiters. Je weiter man vom Pferd entfernt ist, desto länger muss die Gerte oder Peitsche sein. Wenn man beispielsweise so weit hinter dem Pferd geht, dass man sich außer Reichtweite der Hinterbeine befindet, muss man unter Umständen eine Longierpeitsche verwenden, um das Pferd mit dem Peitschenschlag noch erreichen zu können. Verkürzt man die Distanz bis auf zwei Meter, reicht eine Fahrpeitsche aus. Wenn man bei der Hinterhand angekommen ist, tauscht man die Fahrpeitsche gegen eine Dressurgerte ein. Manchmal ist es von Vorteil, eine relativ kurze Reitgerte zu verwenden, damit man sie leicht von einer Seite auf die andere wechseln kann, ohne damit am Pferd hängen zu bleiben.
HALTUNG UND POSITION
PRE Hengst Kabul mit Shana Ritter. Eine aufrechte Haltung mit angespanntem Kreuz ist auch am langen Zügel notwendig. (Foto: Thomas Ritter)
Immer in Balance bleiben
Es ist wichtig, dass der Reiter sich immer im Gleichgewicht befindet. Der Oberkörper sollte deshalb so aufrecht sein, dass die Schultern senkrecht über den Hüften stehen. Nur so sind Arme und Beine unabhängig voneinander einsetzbar. Verliert der Reiter sein Gleichgewicht, indem er sich zum Beispiel zu weit nach vorn neigt, kann er das Pferd weder unterstützen noch klare Anweisungen geben. Die Verbindung der Hand zu Kreuz und Gewicht und die solide Verankerung des Reitergewichts im Boden gehen dann verloren. Das Gleichgewicht wird hauptsächlich durch die Bauch- und Rückenmuskulatur, also durch das Kreuz, kontrolliert. Fällt der Reiter vornüber, vielleicht weil er außer Atem gekommen ist, sollte er durchparieren und erst nach einer kleinen Verschnaufpause weitermachen. Es ist besser, kurze Reprisen in hoher Qualität zu üben als lange Reprisen in mangelhafter.
Wie beim Reiten, so muss auch beim Longieren, in der Handarbeit und am Langen Zügel das Kreuz eingesetzt werden. Das klingt vielleicht auf Anhieb paradox, da man dabei nicht auf dem Pferd sitzt. Doch die Hilfen können nur dann durchkommen, wenn sie aus dem Kreuz kommen und im Kreuz verankert sind. Das funktioniert nur, wenn der Ellbogen mit der Hüfte verbunden ist und die Bauch- und Rückenmuskulatur des Reiters angespannt. Sonst fehlt den Hilfen der nötige Zusammenhalt, sie machen für das Pferd keinen Sinn und bleiben irgendwo im Pferdekörper stecken. Wie beim Reiten auf dem Pferd auch, sollte man die Ellbogen nicht zu weit vom Körper entfernen, da sonst die Verbindung vom Kreuz zur Hand abgeschwächt wird. Das belastet die Reiterschultern unnötig, die Handgelenke werden hart und das Pferd wehrt sich gegen die Zügeleinwirkung.
Lipizzanerhengst Maestoso II Shama II im Galopp. Die Kreuzeinwirkung erlaubt es dem Reiter, auch am langen Zügel eine elastische, positive Spannung in der Wirbelsäule des Pferdes aufzubauen und seine Energie nach oben in einen Bergaufgalopp zu kanalisieren. (Foto: Mader)
Zum besseren Verständnis hilft es auch, sich von der fernöstlichen Kultur inspirieren zu lassen: Der Begriff des „Kreuzes“ ist sehr eng verwandt mit dem der „Hara” in den asiatischen Kampfsportarten. Es handelt sich um ein Anspannen der Bauch- und Rückenmuskulatur, die den Schwerpunkt absenkt und dadurch die Balance des Menschen bedeutend erhöht. Die auf diese Weise gewonnene Stabilität ermöglicht es, die Arm- und Beinmuskeln locker und unverkrampft zu belassen. Schwache Bauch- und Rückenmuskeln führen dagegen zu einem schlechten Gleichgewicht. Dieser hier nur ganz kurz angedeutete Sachverhalt gilt für den Reiter im Sattel ebenso wie beim Longieren, bei der Handarbeit und am Langen Zügel.
Auch am Langen Zügel braucht der Reiter sein Kreuz, damit die Hilfen durchkommen.
Darüber hinaus nutzt der Reiter die Unterstützung des Bodens aus, um den Paraden Nachdruck zu verleihen. Das funktioniert, indem er im Moment der Parade einen Absatz fest in den Boden drückt. Auf diese Weise wird eine Verbindung vom Gebiss durch den Zügel und den Reiterkörper in den Boden hergestellt, was der Zügelhilfe mehr Effektivität verleiht. Sollte das Pferd mit der Kruppe oder mit dem Hals gegen die parierende Hand drücken, dann trifft es praktisch auf den Widerstand des Bodens. Die Reiterhand ist dann nur noch ein Bindeglied und das Pferd pariert sich sozusagen selbst. Auf diese Weise kann man auch große und starke Pferde anhalten, wenn einmal etwas schiefgehen sollte und das Pferd davonstürmen will. Verliert der Reiter jedoch seine Verbindung zum Boden, dann kann ihn auch ein kleines Pferd ohne Weiteres „abschleppen” und aus dem Gleichgewicht bringen.
Der Reiter kann also die Energie der Schubkraft der Hinterhand im Zügel spüren und durch sein eigenes Bein wie durch einen Blitzableiter in den Boden abfließen lassen. Mithilfe dieser Verankerung kann er Schub- in Tragkraft umwandeln.
Die Position des Reiters
Was die Position des Reiters zum Pferd angeht, gibt es verschiedene Traditionen. An der Spanischen Reitschule ist es üblich, dass der Reiter im Schritt und Trab auf einfachem Hufschlag und im Schulterherein neben beziehungsweise seitlich hinter dem inneren Hinterfuß geht. Im Galopp, im Travers, Renvers und in der Traversale geht er neben dem äußeren Hinterbein, und in der Piaffe und Passage bleibt er in der Mitte hinter dem Pferd. Im Reitinstitut von Egon von Neindorff in Karlsruhe war es üblich, eher in der Mitte hinter dem Pferd zu bleiben und nur wenig seitlich abzuweichen.
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PRE Hengst Amigo mit Andreas Evertz. In der Tradition der Spanischen Reitschule zu Wien wird auf einfachem Hufschlag und im Schulterherein von innen geführt. (Foto: Shana Ritter)
Hengst Amigo mit Andreas Evertz. Bei Egon von Neindorff war es eher üblich, in der Mitte hinter dem Pferd zu gehen.
Hengst Amigo mit Andreas Evertz. Geht der Reiter neben dem äußeren Hinterbein, kann er mit dem inneren Zügel das innere Hinterbein zu sich herholen und leicht übertreten lassen. (Fotos: Shana Ritter)
Ich persönlich suche diejenige Position, von der aus ich am effektivsten auf das jeweilige Pferd einwirken kann.
Geht man in der Mitte hinter dem Pferd, kann man es mit den Zügeln besser beidseitig einrahmen. An dieser Stelle können auch die vortreibenden Hilfen besser eingesetzt werden. Diese Position empfiehlt sich, wenn etwa ohne Anlehnung an eine Bande gearbeitet wird, da das Pferd dann leichter gerade gehalten werden kann. Bei Pferden, von denen man größeren Abstand halten will, ist es aus demselben Grund ratsam, in der Mitte hinter dem Pferd zu bleiben. Bei größerem Abstand ist eine genaue Führung von der Seite nicht mehr möglich.
Kann man bereits sehr dicht hinter dem Pferd gehen, kommt es gelegentlich vor, dass der Reiter dem Pferd in der mittigen Position in die Hacken tritt. Der Grund dafür liegt darin, dass das Pferd noch nicht geschlossen ist und die Hinterbeine nicht weit genug unter dem Körper bleiben. Sobald die Hinterbeine besser untertreten und sich unter der Last auch beugen, gibt sich das Problem.
Weicht das Pferd vom Hufschlag beziehungsweise von der Zirkellinie nach innen ab, kann es besser in der Spur gehalten werden, wenn der Ausbilder außen neben der Kruppe geht.
Der innere Zügel, tief geführt, rahmt den inneren Hinterfuß und den Brustkorb ein und schiebt das Pferd nach außen. Ganz allgemein kann man die Faustregel aufstellen, dass man in dieser Situation die Masse des Pferdes besser zu