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Freund hatte, den Kopf in die Hände gestützt, tief in Gedanken versunken, dagesessen. Nun erhob er sich und drückte auf die Klingel.

      »Ames,« sagte er, als der Diener erschien, »wo befindet sich jetzt Mr. Barker?«

      »Ich werde nachsehen, Herr.«

      In einigen Minuten war er wieder zurück und gab an, daß Mr. Barker im Garten sei.

      »Können Sie sich erinnern, Ames, was Mr. Barker an den Füßen trug, als Sie ihn gestern abend in der Bibliothek trafen?«

      »Jawohl, Mr. Holmes, ein Paar Pantoffeln. Ich brachte ihm seine Schuhe, bevor er zur Polizei ging.«

      »Wo sind diese Pantoffel jetzt?«

      »Unter einem Stuhl in der Halle.«

      »Sehr schön, Ames. Wir müssen natürlich wissen, welche Fußspuren von Mr. Barker herrühren und welche von dem Fremden.«

      »Jawohl, Herr. Ich möchte aber bemerken, daß alle Pantoffeln Blutspuren haben, auch die meinen.«

      »Das ist erklärlich in Anbetracht des Zustandes im Zimmer. Also gut, Ames, wir werden nach Ihnen klingeln, wenn wir Sie brauchen.«

      Einige Minuten später waren wir alle wieder in der Bibliothek. Holmes hatte die Pantoffeln aus der Halle mit hereingebracht. Wie Ames bemerkt hatte, war die Sohle an beiden blutgetränkt.

      »Sonderbar«, murmelte Holmes, als er sie, beim Fenster stehend, eingehend betrachtete. »Sehr sonderbar!«

      Indem er sich mit einer seiner charakteristischen, schnellen, fast katzenartigen Bewegungen bückte, legte er die Pantoffeln auf die Blutspur auf dem Fensterbrett. Die beiden deckten sich genau. Lächelnd blickte er seine Kollegen an.

      Der Inspektor war vor Aufregung wie umgewandelt.

      »Mensch,« rief er, »kein Zweifel, Barker hat die Blutspuren am Fenster selber gemacht. Sie sind viel breiter als die von den Schuhen. Sie sagten früher, daß es ein Plattfuß gewesen sein müsse, hier haben wir die Erklärung. Was steckt dahinter, Mr. Holmes, was steckt dahinter?«

      »Jawohl, was steckt dahinter?« antwortete mein Freund nachdenklich.

      White Mason gluckste fröhlich und rieb sich die fetten Hände in höchster beruflicher Befriedigung.

      »Ich habe es ja immer gesagt, es ist eine Sensation,« rief er, »eine wirkliche und wahrhaftige Sensation.«

      Zurück

      Die drei Detektive hatten noch verschiedene Einzelheiten zu erledigen, was mich veranlaßte, nach unserem bescheidenen Quartier im Dorfgasthaus zurückzukehren. Auf dem Wege dorthin schlenderte ich durch den altmodischen Garten, der das Herrenhaus umgab. Lange Reihen uralter Eibenbäume, zu wunderlichen Formen beschnitten, umgürteten ihn. Innerhalb des Gartens lag eine herrliche Rasenfläche, in deren Mitte sich eine alte Sonnenuhr befand. Der Gesamteindruck war der von Stille und Ruhe, ein Balsam für meine etwas aufgepeitschten Nerven. In dieser Umgebung des tiefsten Friedens konnte man die blutüberströmte Gestalt, die noch immer in der Bibliothek auf dem Boden ausgestreckt lag, vergessen oder an sie nur wie an ein grausiges Traumbild denken. Als ich indessen im Garten umherwandelte, um das Bild des Friedens in meine Seele aufzunehmen, ereignete sich etwas Sonderbares, das mir den traurigen Vorfall wieder lebhaft in Erinnerung brachte und einen äußerst peinlichen Eindruck in mir zurückließ.

      Ich habe bereits erwähnt, daß der Gartenrand mit Eibenbäumen geschmückt war. An der am weitesten vom Haus entfernt liegenden Stelle verdichteten sich diese Bäume zu einer lebenden Mauer, auf deren abgekehrter Seite, dem Auge des vom Hause Kommenden verborgen, eine steinerne Bank stand. Als ich mich der Stelle näherte, hörte ich Stimmen; eine Bemerkung in der tiefen Stimme eines Mannes, gefolgt von einem girrenden Frauenlachen. Einige Minuten später bog ich um die Hecke und gewahrte Mrs. Douglas und Barker, bevor sie meiner ansichtig wurden. Ich war von der Szene, die sich meinen Blicken darbot, auf das Peinlichste überrascht. Im Speisezimmer war sie still und zurückhaltend gewesen. Diesen Anschein des Kummers hatte sie nun abgelegt. In ihren Augen funkelte Lebenslust, und in ihrem Gesicht zeigten sich noch die Spuren des heiteren Lachens, das eine Bemerkung ihres Gefährten hervorgerufen hatte. Er saß da, den Körper vorgeneigt, die Hände über dem einen Knie verschlungen, mit einem ermunternden Lächeln in seinem markanten, hübschen Gesicht. In demselben Augenblick, – aber den Bruchteil einer Sekunde zu spät, – bemerkten sie mich und nahmen die früher zur Schau getragene Haltung wieder an. Sie tauschten einige hastige Worte aus, dann erhob sich Barker und kam auf mich zu.

      »Entschuldigen Sie, bitte,« sagte er, »habe ich das Vergnügen mit Dr. Watson zu sprechen?«

      Ich machte eine zustimmende Verbeugung, in deren kalter Förmlichkeit sich der peinliche Eindruck, den ich empfangen hatte, deutlich widergespiegelt haben mußte.

      »Wir dachten uns, daß Sie es wären, da uns Ihre Freundschaft mit Mr. Sherlock Holmes wohl bekannt ist. Würden Sie die Freundlichkeit haben, auf einige Minuten zu Mrs. Douglas herüberzukommen? Sie möchte mit Ihnen sprechen.«

      Ich folgte ihm mit saurer Miene. Vor mein geistiges Auge trat das Bild des entstellten Körpers auf dem Fußboden der Bibliothek; und dann das seiner Frau und seines besten Freundes in seinem Garten, nur wenige Stunden nach dem Todesfall, hinter Büschen lachend und schäkernd. Ich begrüßte die Dame mit einer leichten Verbeugung. Ihr Kummer, den ich im Speisezimmer wahrzunehmen glaubte, hatte mir tiefes Mitleid eingeflößt. Jetzt erwiderte ich ihre bittenden Blicke mit kalter Reserve.

      »Ich fürchte, Sie halten mich für gefühllos und hartherzig«, sagte sie.

      »Es steht mir nicht zu, darüber eine Meinung zu haben«, sagte ich achselzuckend.

      »Eines Tages werden Sie vielleicht sehen, daß Sie mir Unrecht tun. Wenn Sie erkennen werden, –«

      »Dazu ist für Dr. Watson keinerlei Veranlassung«, warf Barker schnell ein. »Wie er selbst sagte, geht ihn die ganze Sache nichts an.«

      »Sehr richtig,« sagte ich, »und darum möchte ich um die Erlaubnis bitten, meinen Spaziergang fortsetzen zu dürfen».«

      »Einen Augenblick noch, Dr. Watson«, rief sie mit flehender Stimme. »Ich möchte eine Frage an Sie richten, die Sie mir besser beantworten können, als irgend jemand anderer in der Welt, und die für mich von größter Wichtigkeit ist. Sie kennen Mr. Holmes und seine Beziehungen zu der Polizei sicherlich auf das genaueste. Angenommen, daß man ihm eine vertrauliche Mitteilung machen würde, halten Sie es für unabwendbar, daß er diese an die Detektive weitergibt?«

      »Jawohl, das ist’s, was wir wissen wollen«, rief Barker eifrig. »Arbeitet er für sich allein oder in engster Verbindung mit den Anderen?«

      »Ich weiß wirklich nicht, ob ich ein Recht habe, darüber zu sprechen.«

      »Ich bitte Sie, – ich flehe Sie an, Dr. Watson, – ich versichere Ihnen, daß es für uns, für mich eine Lebensfrage ist, daß Sie mir einen Fingerzeig geben.« In ihrer Stimme lag der Klang eines derart heftigen Angstgefühls, daß ich im Augenblick ihre Frivolität vergaß und geneigt war, ihren Wunsch zu erfüllen.

      »Mr. Holmes ist ein völlig unabhängiger Forscher. Er ist sein eigener Herr und handelt stets nach seinem ureigensten Ermessen. Immerhin würde er in einem Falle, wo er mit der Polizei zusammenarbeitet, dieser gegenüber sich zu größter Loyalität verpflichtet fühlen und es ist kaum wahrscheinlich, daß er ihr etwas vorenthalten würde, was geeignet ist, einen Verbrecher vor den Richter zu bringen. Darüber hinaus möchte ich nichts sagen und würde Ihnen empfehlen, sofern Sie Genaueres wissen wollen, sich an Mr. Holmes selbst zu wenden.«

      Damit zog ich meinen Hut und ging meines Weges, die beiden auf der Bank hinter der Hecke zurücklassend. Ich blickte über meine Schulter, als ich um das Ende dieser Hecke bog, und sah sie noch immer in ernstem Gespräch beisammen. Einige Blicke, die sie mir nachschickten, gaben mir zu erkennen,

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