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ich das Schicksal preisen, daß Sie gekommen sind! Ich hätte am Ende dort am Fenster übernachten können – auf dem Fußboden.

      Der Adjunkt und Marie führen ihn zu seinem Sessel, wo er sich wieder hinstreckt.

      Marie vermeidet den Blick des Adjunkten. Nehmen Sie Platz, Herr Adjunkt.

      Der Adjunkt bleibt stehen. Ich mußte einen weiten Umweg nehmen, um hierher zu kommen – Freyung, Hof, Tiefer Graben . . . alles ist voll Menschen.

      Marie. Wie kommt es nur, Herr Adjunkt, daß es jetzt so stille ist?

      Der Adjunkt. Stille?

      Marie. Ja. Ich meine, wie es kommt, daß die Leute nicht rufen. Früher schrieen sie Hurra, als die Soldaten vorüberzogen, und nun hört man nichts als das Traben, immer das Traben.

      Der Adjunkt. Wahrhaftig, es ist seltsam. Ich weiß den Anlaß nicht, warum sie jetzt nicht Hurra schreien. Vielleicht haben sich schlimme Nachrichten von der Grenze verbreitet. Aber mir ist nichts bekannt; ich kam vor einer Stunde erst in Wien an.

      Der Vater. Wir dürfen wohl höchlich geschmeichelt sein, daß Ihr erster Besuch uns gilt.

      Marie. Wie lange bleiben Sie?

      Der Adjunkt. Kaum länger als bis morgen abend. Ich habe hier kein anderes Geschäft, als mich im kaiserlichen Oberforstamt zu melden. Ich habe nämlich meine Ernennung zum Oberförster in der Steiermark erhalten. Blick auf Marie.

      Marie. In der Steiermark?

      Der Adjunkt. Ja. In Tauplitz, zu Füßen der weißen Wand liegt das Forsthaus, in dem ich wohnen werde. Vor drei Jahren erst wurde es aufgebaut, behaglich, licht und geräumig. Seine Majestät selbst haben vorigen Sommer eine Nacht dort geschlafen.

      Marie. Es ist kaiserliches Revier?

      Der Adjunkt. Ja. Aber es wird selten von den höchsten Herrschaften aufgesucht. Es liegt an einem dunkelgrünen See, der die trefflichsten Forellen hat. Hinter dem Hause steigen die Tannen an und breiten sich hoch bis zu den Schutthalden des Toten Gebirges. Rings um den See stehen Buchen und Birken. Das nächste Dorf liegt zwei Stunden weit, auf einem schmalen Weg durch Jungholz steigt man hinab. Es ist eine einsam stille schöne Gegend. Ich freue mich hin.

      Der Vater. Das kommt ja ziemlich unerwartet.

      Der Adjunkt. Das wohl. Die Stelle ist erst vor kurzem frei worden. Der Förster dort starb plötzlich; er war noch jung, kaum vierzig.

      Der Vater. Vierzig Jahre! . . . Jawohl, Herr Adjunkt, vierzig Jahr! So treibt's der da oben – und so gleicht er's aus. Leute mit neunundsiebzig leben fort, können sich leidlich erhalten – bis achtzig, fünfundachtzig, neunzig – bei guter Pflege, in sorglicher Hut – – verstehen Sie mich, Herr Adjunkt? . . . Und ich gratuliere zum Oberforstmeister, Herr Adjunkt, aber die Marie lass' ich nicht fort – verstehen Sie?

      Marie. Der Herr Adjunkt hat ja nicht – –

      Dritte Szene

       Inhaltsverzeichnis

      Der Vater, Marie, Der Adjunkt. Doktor Schindler, der Arzt, tritt ein.

      Der Arzt ist in mittleren Jahren, leicht angegraut. Guten Abend. – Guten Abend, Fräulein Marie. Wie blaß Sie wieder sind.

      Der Vater wirft einen zornigen Blick auf ihn.

      Der Arzt. Wie – der Herr Adjunkt? Wahrhaftig! Wie freu' ich mich, Sie wiederzusehen! Er drückt ihm herzlich die Hand.

      Der Vater. Woher kennen die Herren einander so gut?

      Der Adjunkt. Zu Weihnachten in eben dieser Stube sah ich den Herrn Doktor zum erstenmal.

      Der Vater Und gingen zusammen fort –?

      Der Arzt. Wir erlaubten uns. Ja. Und machten einen wunderschönen Spaziergang durch die Winternacht.

      Der Adjunkt. Es gibt wenig Stunden, deren ich mich so gern erinnere.

      Der Vater. Wem, Herr Doktor, gilt Ihr werter Besuch: dem blassen Fräulein Tochter, dem liebenswürdigen Herrn Adjunkten oder mir kranken Manne?

      Der Arzt. Gott sei Dank, Ihnen. – Es war übrigens keine leichte Sache, in Ihre Gasse zu gelangen. Das Gedränge ist groß.

      Traben unten.

      Marie. Wie kommt es nur, Herr Doktor, daß man nur die Hufschläge hört, daß es sonst so stille ist, daß die Leute nicht rufen wie früher?

      Der Arzt. Es sind die blauen Kürassiere, die jetzt vorbeiziehen.

      Marie. Nun ja – –

      Der Arzt. Wissen Sie denn nicht? Die reiten in den Tod.

      Der Adjunkt. Das tun wohl viele in diesen Tagen.

      Der Arzt. In den sichern Tod . . . die in den sichern. Zu allen. Wissen Sie denn nichts davon?

      Der Adjunkt sich erinnernd. Ah, ist dies das todgeweihte Regiment?

      Der Arzt. Ja.

      Marie mühsam, aber stark. Das todgeweihte –?

      Der Arzt. Ja. Das, von dem keiner zurückkommen wird und darf.

      Der Adjunkt. Ich hörte davon. Ist es denn wahr? Am Fenster.

      Der Vater. Keiner darf –? Gierig. Keiner darf –?

      Der Arzt. Es ist nämlich das Regiment, durch dessen Schuld, wie es heißt, vor dreißig Jahren die Schlacht bei Lindach verloren ward.

      Der Vater. Wer sagt das?

      Der Arzt. Sie können heut überall davon reden hören. Man sagt, daß dieses Regiment in einem Augenblicke wich, da es hätte standhalten müssen und können, daß diese Flucht die übrigen mitriß und damit Schlacht und Feldzug zu unseres Landes Unglück entschied. All das war beinahe in Vergessenheit geraten – vielleicht ist es auch niemals recht wahr gewesen –, nun aber, da dieser neue Krieg ausbrach, erinnerten sich die Offiziere des Regiments, von denen damals natürlich noch keiner mitgefochten hat, der alten Schmach, und sie haben vom Kaiser die Gnade erbeten, mit dem eigenen Blute zu sühnen, was das Regiment vor dreißig Jahren verschuldet haben soll. Sie haben verlangt, dorthin gestellt zu werden, wo sie wohl den andern von Nutzen sein können, wo aber ihr eigenes Verderben unabwendbar ist, und haben einander zugeschworen, daß keiner von ihnen die Heimat wiedersehen wird.

      Marie. Woher wissen Sie das?

      Der Arzt. Wie ich schon sagte: überall hört man heute davon reden.

      Der Adjunkt kopfschüttelnd. Und dabei steht das Vergehen des Regiments nicht einmal unwidersprechlich fest.

      Der Arzt. Was liegt daran? Mögen sie auch Betrogene oder Narren sein, ihr Entschluß ist groß, und so wird die Menschheit wahrscheinlich ihren Vorteil davon haben.

      Der Adjunkt. Darum also ist die Menge so stumm, während die vorüberziehen . . .

      Der Vater. Und manche sind kaum zwanzig – –

      Pause.

      Der Arzt. Nun also, Herr Moser, wie steht's? Ich dachte Sie schon zu Bette zu finden. Es ist acht Uhr, Sie sollten schlafen.

      Der Vater. Schlafen? . . . Ich bin nicht gelaunt, Vorschüsse an den Tod auszuzahlen.

      Der Arzt. Jede Stunde Schlafs ist Gewinn für Sie; Sie hätten weniger Schmerzen, wären ruhiger. Nimmt ein Fläschchen zur Hand, das auf dem kleinen Tisch neben dem Krankensessel steht. Und Sie haben nicht einmal Ihre Tropfen genommen . . . wie? . . . Noch nicht einmal das Fläschchen geöffnet!

      Der Vater. Ich will nicht . . . will nicht schlafen!

      Der Arzt. Sie müssen. Sie sind dazu verpflichtet. Nicht nur sich selbst gegenüber. Das Fräulein sieht wahrhaftig übel aus. Es geht nicht weiter so. Morgen früh schicke ich Ihnen eine barmherzige Schwester her, die Ihre Pflege übernehmen wird.

      Der

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