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und hätte immer noch gut ausgesehen.

      Und auch ihr Gesicht mit den leicht schräg stehenden grünen Katzenaugen, den schmalen hohen Wangen, verlor den aparten Ausdruck nicht, selbst wenn – wie jetzt – eine steile Falte dazwischen erschien.

      »Was heißt das, Dr. Norden Senior?«, fragte Victoria und ihre Stimme war schrill. »Ich möchte zu Danny Norden. Das habe ich doch ausdrücklich gesagt, als ich den Termin bei Ihnen ausgemacht habe.«

      Wendy erschrak. Sollte ihr schon wieder ein Fehler unterlaufen sein? Mit dem Zeigefinger fuhr sie die Spalte im Terminkalender entlang und seufzte innerlich erleichtert auf. Danny selbst hatte den Termin offenbar auf seinen Vater verlegt. Seine Handschrift war unverkennbar, und Wendy ahnte den Grund dafür.

      »Da muss ich etwas falsch verstanden haben«, war sie weit davon entfernt, ihren Juniorchef zu verraten. Sie hob den Kopf und lächelte Victoria Bernhardt entwaffnend an.

      Doch die Jungunternehmerin dachte gar nicht daran, sich in ihr Schicksal zu fügen.

      »Dann warte ich eben so lange, bis der Danny Norden Zeit für mich hat«, erklärte sie und verschränkte demonstrativ die Arme vor dem schlanken, mit einer Vielzahl an silbernen Ketten geschmückten Oberkörper, die im Licht der hereinfallenden Sonne glitzerten und glänzten.

      »In diesem Fall werden Sie sich auf eine längere Wartezeit einstellen müssen«, versuchte Wendy ein letztes Mal, sie davon zu überzeugen, dass sie auch bei Daniel Norden Senior gut aufgehoben war.

      Doch Victoria Bernhardt war es gewohnt, ihren hübschen Kopf durchzusetzen.

      »Das verstehe ich nicht. Schicken Sie den nächsten Patienten von Herrn Norden Junior einfach zum Senior. Und schon ist das Problem gelöst.«

      Darauf fiel selbst der erfindungsreichen Wendy nichts mehr ein.

      »Ich werde sehen, was ich tun kann«, murmelte sie. »Wenn Sie bitte im Wartezimmer Platz nehmen wollen.« Es blieb ihr nichts anderes übrig als zu warten, bis Dannys Patient aus dem Behandlungszimmer kam. Dann ging sie zu ihm und erklärte ihm den Sachverhalt.

      »Also schön«, fügte der sich der treuen Assistentin zuliebe in sein Schicksal. »Aber das ist das letzte Mal! Noch heute Abend spreche ich mit Dad. So kann das nicht weitergehen.«

      »Ich bin ganz Ihrer Meinung«, versicherte Wendy. »Aber mir sind einfach die Argumente ausgegangen.« Über die Maßen erleichtert kehrte sie an ihren Arbeitsplatz zurück und sah Victoria Bernhardt nach, die gleich darauf mit einem triumphierenden Lächeln in das Behandlungszimmer stolzierte, in dem Danny sie erwartete.

      Der junge, gut aussehende Arzt hatte es ihr angetan, seit sie wegen einer Gürtelrose bei ihm gewesen war. Seit diesem Tag war sie verrückt nach ihm, obwohl sein Vater sie in den Jahren zuvor genauso kompetent und freundlich behandelt hatte. Dannys lockere, jugendlich-unbeschwerte Art lag ihr mehr als die freundlich distanzierte Höflichkeit des Seniors. Wie sein Vater war Danny stets höflich, jedoch nicht übertrieben freundlich zu ihr gewesen. Er hatte ihr nie einen Grund gegeben zu glauben, dass er an ihr mehr als bloßes medizinisches Interesse hatte.

      Trotzdem war da etwas, was Victoria vom ersten Augenblick an fasziniert hatte. Eine magische Anziehungskraft, die weit über das Körperliche hinausging. Sie wäre die glücklichste Frau der Welt gewesen, wenn er sie gefragt hätte, ob sie mit ihm ausgehen wollte.

      Gewohnt, für ihre Ziele zu kämpfen, kam Victoria seither unter dem Vorwand, aufgrund der Gürtelrose unter postneuralgischen Schmerzen zu leiden, in die Praxis, um zu erobern, was sie sich in den Kopf gesetzt hatte. Für diesen Besuch hatte sie sich einen besonderen Plan zurechtgelegt und lächelte Danny Norden aufreizend an, als er ihr zur Begrüßung die Hand reichte und die Tür hinter ihr schloss.

      »Was führt Sie heute zu mir, Frau Bernhardt?«, erkundigte sich der junge Arzt bemüht freundlich und bot Victoria Bernhardt den Platz vor seinem Schreibtisch an.

      Sie setzte sich, schlug die ellenlangen Beine so übereinander, dass der Minirock bis zur Schmerzgrenze hochrutschte. Dabei ließ sie ihn nicht aus den Augen.

      »Mein lieber Herr Doktor …«

      Schon an dieser Stelle unterbrach Danny sie. Entschuldigend hob er die Hände.

      »Tut mir leid, aber dieser Titel steht mir nicht zu. Noch habe ich meine Dissertation nicht in Angriff genommen.« Er hoffte, Victoria damit den Wind aus den Segeln zu nehmen, sie zu enttäuschen. Aber das Gegenteil schien der Fall zu sein.

      Ihr Lächeln wurde nur noch süßer.

      »Also schön, mein lieber Herr Norden«, ließ sie sich nicht aus der Ruhe bringen. »Wir kennen uns nun schon eine ganze Weile. Seit ein paar Monaten komme ich jede Woche mindestens einmal zu Ihnen und Sie haben mir jedes Mal kompetent und geduldig weitergeholfen und sich eingehend mit meinen Nervenschmerzen auseinandergesetzt.«

      »Offenbar mit wenig Erfolg«, stellte Danny bedauernd fest.

      Erschrocken riss Victoria die schönen, ungewöhnlichen Katzenaugen auf. Diesen Eindruck wollte sie ihm auf keinen Fall vermitteln.

      »Aber nein, ganz im Gegenteil! Ohne Sie wäre alles nur noch schlimmer«, versicherte sie rasch. »Sie haben mir geholfen wie ein echter Freund. Dafür wollte ich mich erkenntlich zeigen.« Sie legte den Kopf ein wenig schief und lächelte ihn mit leicht geöffneten, feuchtglänzenden Lippen an. »Aber vorher müssen Sie mir versprechen, mich ab sofort Vicky zu nennen.«

      Spontan schüttelte Danny den Kopf.

      »Tut mir leid, Frau Bernhard, aber das ist ausgeschlossen.«

      »Aber warum denn nicht?«, fragte Victoria und zog einen Trumpf aus dem Ärmel, den sie sich für eine besondere Gelegenheit aufgespart hatte. Diese Gelegenheit war jetzt gekommen. »Schließlich gibt es noch andere Patientinnen, mit denen Sie einen so vertrauten Umgang pflegen.« Ihr Lächeln war unschuldig. »Diese blinde Frau, Tatjana Bohde, wenn ich nicht irre …, mit ihr sind Sie doch auch per du.«

      Ein eiskalter Schauer rann Danny über den Rücken. Was wusste Victoria Bernhardt über seine Freundin? Und vor allen Dingen woher?

      »Das ist eine ganz andere Sache. Frau Bohde und ich sind im selben Alter. Außerdem kennen wir uns schon eine ganze Weile«, stellte er so entschieden wie möglich klar. Kein anderer Patient hätte seine Unsicherheit unter der gefassten Oberfläche bemerkt. Doch Victoria kannte ihn besser und bemerkte mit Genugtuung, dass sie ihn innerlich aus dem Konzept gebracht hatte.

      »So viel älter bin ich nun auch wieder nicht«, mimte sie die Verletzte und brachte Danny damit nur noch mehr in Verlegenheit.

      »So meinte ich das auch nicht. Bitte verstehen Sie mich nicht falsch. Sie sind eine sehr attraktive Frau. Aber …«

      »Dann sagen wir ab jetzt ›du‹ zueinander?«, unterbrach sie ihn und sofort erhellte sich ihre Miene.

      Derart in die Ecke gedrängt, fand Danny keinen Ausweg aus diesem Dilemma.

      »Also gut«, gab er sich seufzend geschlagen. »Was führt dich heute zu mir, Victoria.«

      Sie lächelte entrückt.

      »Eigentlich gefällt mir mein Name nicht. Er ist so kalt und hart. Aber wenn du ihn aussprichst, klingt er plötzlich wunderbar«, geriet sie unversehens ins Schwärmen. »Oh, Danny, du ahnst nicht, wie glücklich du mich machst.« Sie blinzelte ihm durch ihre dichten, schwarz getuschten Wimpern zu und einen Augenblick geriet der junge Arzt tatsächlich in Versuchung, ließ seine Gedanken spielen. Victoria Bernhardt war wirklich atemberaubend schön. Jeder andere Mann würde ihn um ihre Liebe beneiden.

      An dieser Stelle endete der Traum bereits wieder. Danny hätte nicht zu erklären vermocht, woran es lag. Zwischen ihnen stimmte einfach die Chemie nicht. Victoria kam aus einer völlig anderen Welt als er und als die Frau, in die er sich verliebt hatte. Sie schien ihm wie ein fremdes Wesen von einem anderen Stern, mit dem er außer der Sprache nichts gemein hatte. Und selbst auf diesem Gebiet schienen sie auf verschiedenen Frequenzen zu funken. Warum sonst verstand sie nicht, dass da nie etwas sein würde

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