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in Schweden diese Farbe selten vorkommt und eher im südlichen Deutschland, so wie in den mittleren Grafschaften Englands zu Hause ist. Aber was sind alle diese Details, die wir aus den verschiedenen Urtheilen der Zeitgenossen zusammentragen, wenn es uns nicht gelingt, die Anmuth der ganzen Erscheinung vor das Auge des Lesers zu zaubern? Das kann aber nur geschehen, wenn wir sie mit aufmerksamem Blick im Leben selbst verfolgen.

      Ihre Kindheit brachte Aurora in Stade zu, wohin sich ihre Mutter, die verwittwete Gräfin, eine geborene Wrangel, zurückgezogen hatte. Ganz in der Nähe war der kleine Hof von Celle, und da war es, wo Aurora und ihre Geschwister mit der Tochter des Herzogs und der Mademoiselle d'Albreuse, der nachmaligen Prinzessin von Braunschweig-Lüneburg-Celle, deren Schicksal wir im vorigen Abschnitt beschrieben haben, zusammen spielten. Aurora führte die Rechnungsbücher für ihre Mutter, wenn diese sich auf Besuchsreisen in Stockholm und Kopenhagen befand. Diese Rechnungsbücher sind noch aufbewahrt; die schöne Frau, die einst fast alle Fürsten Europas entzücken sollte, hat es in diesen bescheidenen Registern mit Kälbern, Schafen, mit Butter und Pöckelfleisch zu thun. Dabei theilt sie auch Almosen aus, aber gerade so viel, nicht einen Pfennig mehr, als die Mutter ihr vorgeschrieben. Dann geht sie auf die Kindermaskerade und stellt mit großem Glück den Knecht Ruprecht vor. Nicht lange darauf sehen wir sie wieder rechnen und mit der Mutter correspondiren. Endlich, als Mädchen von funfzehn Jahren tritt sie in die große Welt ein. Sie und ihre Schwester Emilie, nachmals vermählte Gräfin Löwenhaupt besuchen mit der Mutter die Höfe Deutschlands und Schwedens. Die Erziehung Aurora's ist vollendet; wir erfahren, daß sie vortrefflich deutsch, französisch, englisch, italienisch spricht, daß sie Geschichte und sogar Astronomie inne hat, daß sie reizend die Theorbe spielt, dazu singt mit einer Stimme, die voll Schalkheit den Geist einnimmt und fesselt, während er ihn nur angenehm zu unterhalten scheint, und endlich daß sie Verse niederschreibt, die voll Zartheit und Schwung sind. Mit einer solchen Tochter kann man Wunder thun, und die alte Gräfin ist ganz entzückt über den Beifall, den die Welt ihrem Liebling spendet. Von Emilie wird berichtet, sie sei auf beleidigende Weise stolz und stoße eben so viele Herzen von sich, als ihre Schwester anziehe; dabei hat sie eine rothe Nasenspitze. Da sie aber eine prachtvolle Mitgift erhält, so zweifelt Niemand, daß sie eine sehr anständige Partie machen werde, die sie auch macht und sich dadurch bürgerlich glücklicher stellt, als die schöne und ausgezeichnete Schwester.

      Das tragische Verschwinden des jungen Grafen Königsmark brachte Aurora zuerst dahin, daß sie selbstständig und eigenen Entschlüssen folgend sich in das Gewühl der großen Welt stürzte. Schon hier zeigt sich ihr energischer, männlicher Geist. Sie wechselt zuerst Briefe mit den deutschen Fürsten und ruft sie zu Rächern der Unthat auf. Als aber diese sich unter allerlei Vorwänden vorsichtig zurückziehen, geht das achtzehnjährige schöne Mädchen selbst in die Schranken, um mit Arglist, Tyrannei und Lüge zu kämpfen. Nie hatte die Gerechtigkeit eine reizendere Ambassadrice.

      Unter den Fürsten, die Aurora aufruft, befindet sich auch der Herzog von Mecklenburg - Schwerin, dessen Antwort folgendermaßen lautet: »Madame, gleich jetzund empfange ich Ihr angenehmes Schreiben, und beklage von Herzen, daß Dero lieber Bruder so unglücklich gewesen. Ich habe die gute Hoffnung, er wird sich wol noch wiederfinden. Die Ursach ist hier gar nicht bekannt, doch kann man sich es wol denken. Die liebe Venus macht Manchen unglücklich, und kostet ihm wol gar sein Leben; doch schadet es nicht, wenn es noch der Mühe werth ist. Ich bleibe lebenslang Dero ergebenster Diener Friedrich Wilhelm. – Schwerin, den 18. Juli 1694. Nachschrift: Dem Schneider können Sie wol trauen. Adieu, mon cher ange!« Solche Briefe konnten nun freilich die arme Schwester nicht trösten.

      Herr von Pollnitz, ein galanter Kammerherr, der es mit der Etikette des Hofes sehr genau und mit der Wahrheit gar nicht genau nimmt, hat in seinem Buche la Saxe galante die Ankunft von drei Schwestern Königsmark in Dresden angegeben. Von diesen existirte die eine gar nicht und die andere blieb in Hamburg zurück, als Aurora die Reise allein antrat. Es läßt sich aber annehmen, daß eine ältere Cousine Aurora's, eine Gräfin Steenbock, sie begleitete, und aus dieser Cousine hat Herr von Pöllnitz eine Schwester gemacht. Auch kam Aurora nicht, wie die Saxe galante sagt, um einen Hamburger Bankier der Unterschlagung ihm anvertrauter Gelder anzuklagen, sondern lediglich um einen mächtigen Beschützer gegen mächtige Uebelthäter in Anspruch zu nehmen. Friedrich August hatte eben damals den Thron bestiegen, und die Träume eines jungen Herrschers, der die Welt zu seinen Füßen sieht, umspielten in den rosigsten Gebilden das Haupt dieses schönen Fürsten, der den Frauen gefallen hätte, auch wenn er keine Krone getragen. Aurora, die wahrlich keine gewöhnliche Frau war, entging diesem Zauber nicht.

      Aurora setzte lange den Stolz ihrer Geburt und ihrer Tugend gegen den Achillesglanz männlicher Schönheit und Verführungskunst. Sie unterlag, aber sie unterlag wie große Seelen der Erde anheimfallen, selbst im Staub noch den Glauben an die Unsterblichkeit der Liebe und Ehre festhaltend. Als sie die erklärte Geliebte eines Fürsten ward, sie, die freie Tochter freier Stämme, sie selbst fürstlichem Geblüt entsprossen, trug sie diesen entweihten und entweihenden Kranz mit dem Stolz einer Königin. Ihr Geist, stark und edel, trug sie empor und ließ die kleine Misere des gefallenen Weibes vor dem sieghaften Bewußtsein einer großen Lebensaufgabe verschwinden. August, so schwach er war, so wenig Verständniß für Geistiges er immerdar gezeigt, empfand doch, daß er durch seinen fürstlichen Muthwillen hier ein weibliches Wesen momentan beleidigt, nicht aber gebeugt hatte. Sein Treubruch war das Signal zu Aurorens geistiger Herrschaft über ihn.

      August, als er Aurora kennen lernte, hatte eben ein gefallsüchtiges, zudringliches und gewöhnliches Weib mit vieler Mühe bei Seite geschafft, indem er sie einem seiner auswärtigen Gesandten zur Frau gegeben; es hatte dabei furchtbare Auftritte zwischen ihm und seiner Mutter und seiner Gemahlin gegeben, und der junge gekrönte Wildfang war entschlossen, wenigstens auf einige Zeit sich nicht mehr in weibliche Fesseln zu begeben. Da kommt ihm Aurora entgegen, in zitternder Hand die Bittschrift haltend, sich als Hülfeflehende auf die Stufen seines Thrones niederwerfend, und seine stoische Laune ist rasch in den Wind verflogen. »O Himmel, wie schön ist sie, diese junge Schwedin!« ruft er seiner Mutter zu, und diese tugendhafte Prinzessin, die zu ihrem Jammer den leichtsinnigsten aller Söhne den ihrigen nennt, schüttelt von Neuem kummervoll das Haupt und die junge Kurfürstin bricht von Neuem in Thränen aus. Die Angelegenheit mit dem verschwundenen Bruder wird nun bald bei Seite geschoben, die Liebe nimmt allen Platz ein. Der junge Fürst berauscht sich wie ein Gott; es ist für ihn eine poetische Zeit voll Blüthe und Frucht. Heimliche Gespräche, Briefe, süße Launen, Neckerei der Liebe, kleine Störungen, Gedichte, Seufzer, tiefes Schmachten, Lauschen hinter Fenstervorhängen, dann siegreiches Prunken mit Macht und Glanz. Schon ist der Wagen bespannt, der Aurora und die Tugend zurück nach Schweden bringen soll, schon ist das Abschiedsbillet gesiegelt, da sendet der Geliebte Boten auf Boten; er kommt selbst, und blaß wie der Tod liegt er zu ihren Füßen. Da wird ein Wort ausgesprochen, womit in dieser besten aller Welten der schändlichste Misbrauch getrieben wird: »ewige Treue!« Wenn dieses magische Wort erklingt, diese purpurrothe Lüge, diese Frucht des Teufels, die den süßesten, berauschendsten Saft in sich birgt, – welche weibliche Seele kann dann noch widerstehen? Der Bund ist geschlossen.

      Wir wollen einen der Tage schildern, die im kleinen Lustschloß Moritzburg gefeiert wurden, und die in den Annalen der Liebe einen eben so bedeutenden Platz einnehmen würden, als jene berühmten Stunden, die einst im Schatten des Quells von Vaucluse besungen wurden, wenn nur der Liebende mit Krone und Scepter etwas bedeutender gewesen wäre. An einem schönen Morgen fährt die ganze Gesellschaft nach Schloß Moritzburg hinaus. Den beiden larmoyanten Kurfürstinnen wird natürlich kein Wort gesagt. Als die Wagen in den schönen Gehölzen, die das Lustschloß umgeben, anlangen, kommt den Damen ein wundersamer Zug entgegen; es ist Diana mit ihren Nymphen, die die Damen einladen, in's Schloß einzutreten, das zu ihrem Empfange bereit ist. Aurora wird von Dianen als ihre Schwester begrüßt, als die Göttin der Morgenröthe; die Allegorie liegt nahe, aber sie ist auch passend. Von diesem Moment an ist Aurora eine Göttin. Man geht in das Schloß, und hier, auf einen Wink Dianens, öffnet sich der Fußboden und eine reich besetzte Tafel steigt empor. Nicht lange, so hört man einen wilden Lärm von Pauken, Zimbeln und Castagnetten. – Pan erscheint und in seinem Gefolge Satyrn, Faunen, Waldgötter. Großer Schrecken unter den Damen; aber Pan ist die Galanterie selbst, diese Satyrn sind Kammerherren, diese Faunen sind Pagen. Es regnet Gedichte, Diana und ihre Nymphen bitten

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