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um 1855 in Florenz Künstler formiert, die »Macchiaioli«, die eine leicht und locker, in nebeneinander gesetzten Flecken hingetupfte Manier zur Wiedergabe der im Freien studierten Natur unter wechselnder Beleuchtung anwandten – ein dem französischen Impressionismus verwandtes Phänomen, wenn auch bei stets beibehaltener stärkerer Formkonstanz. Unter ihnen ragte Giovanni Fattori heraus. Erwähnenswert sind ferner Silvestro Lega und Telemaco Signorini. Sie alle verbinden eine lockere, duftige und dennoch klar strukturierte Mal- und Kompositionsweise mit einer an die gestalterische Kraft der Renaissance zurückerinnernden Klassizität. Aus dem Stil der »Macchiaioli« entwickelte dann der mit Manet befreundete Giuseppe de Nittis seine Formensprache in Richtung eines Impressionismus, der in seiner Konsequenz und seiner Qualität nach mit der französischen Hauptströmung konkordiert.

      AUF DEM WEG ZUR MODERNE (AB DEN 1880ER-JAHREN)

      Seit den 1880er-Jahren stellten die Pointillisten mit den beiden Hauptrepräsentanten Georges Seurat und Paul Signac den mittlerweile etablierten Impressionismus infrage. Dazu intensivierten sie die im Impressionismus bereits vorbereitete kleinteilige Farbzerlegung, im Wissen, dass sich die Farbpartikel nach den Komplementärgesetzen im Betrachterauge wieder zu einem Gesamteindruck vermischen. Das Wort »Pointillismus« bezeichnet treffend das Neue der daraus resultierenden Formensprache. Die Pointillisten reduzierten nämlich die Farbpartikel zu Punkten von nahezu rasterartiger Geschlossenheit. Deren Präzision verhindert jede psychische Spontaneität beim Malen von Bildern und bei ihrer Rezeption. Seurat nannte seine Methode »Chromo-Luminarismus«, Kritiker tauften sie »Neoimpressionismus«, »Divisionismus« oder eben »Pointillismus«.

      Dieser verfiel allerdings keineswegs, wie man denken könnte, in eine Atomisierung der Bildwelt. Ganz im Gegenteil. Aus der engen Abfolge der Farbpunkte resultieren im Betrachterauge homogene Farbfelder, aus der Verkettung der Farbpunkte entsteht wieder eine harmonisch geschlossene Form – freilich eine souverän das Wirklichkeitsvorbild verfremdende. Der Weg zur modernen Autonomie der gestalterischen Mittel war somit eingeschlagen. Und dies taten noch radikaler und auf ganz anderem Wege drei Künstler, die man nicht umsonst als »Väter der Moderne« apostrophiert.

      Paul Cézanne setzt beim Impressionismus an und geht sofort einen entscheidenden Schritt weiter, sodass er für manche Kritiker einerseits den Endpunkt der »traditionellen« abendländischen Kunstgeschichte, für andere den Beginn der Moderne in Richtung auf Abstraktion markiert. Während man Cézanne als einen Wegbereiter des Kubismus im 20. Jahrhundert betrachtet, gilt Vincent van Gogh als ein solcher des Expressionismus. Durch die Ausdrucksstärke der Farben und emotional bestimmte, expressive Farbkontraste versuchte er, seine subjektiven Eindrücke von Mensch und Natur in eine vollkommen persönliche Handschrift zu übertragen. Mit breitem, derbem Pinselstrich will er zu einer Synthese von Farbe und Linie gelangen. Paul Gauguin wiederum entwickelte zusammen mit Émile Bernard und anderen um 1886 im bretonischen Künstlerdorf Pont-Aven einen linien- und flächenbetonten Stil.

      Schwingende, kraftvoll farbige Konturen, die sich zu rhythmischem Eigenleben verselbstständigen, umrunden in die Fläche gepresste, intensiv farbige Motive. Auf illusionistische Bildräumlichkeit ist völlig verzichtet, modellierendes Licht und Schatten spielen kaum noch eine Rolle. Die »Nabis« (außer Bernard vor allem auch Paul Sérusier, Maurice Denis, Kerr-Xavier Roussel, Paul Elie Ranson, Édouard Vuillard, Félix Vallotton – zeitweilig zudem der spätere Bildhauer Aristide Maillol) nahmen von hier ihren Ausgang und entwickelten zwischen 1888 und 1905 einen höchst dekorativen, von flächengebundener Farbigkeit (die ihre Darstellungswertigkeit weitgehend verlor) sowie vom Verzicht auf perspektivische Räumlichkeit geprägten Gruppenstil.

      PRÄRAFFAELITEN UND SYMBOLISMUS (1848–UM 1900)

      1848 wurde in London die Bruderschaft der Präraffaeliten gegründet (William Holman Hunt, John Everett Millais, Dante Gabriel Rossetti, assoziiert waren: Ford Madox Brown, William Dyce, Edward Burne-Jones, William Morris; die Bildhauer übergehe ich). Die Maler strebten Bildthemen an, die sie in mittelalterlicher Sage und Literatur, in der Bibel und in Shakespeare-Stücken vorformuliert glaubten; indes erschöpften sich ihre Ideale nicht in einer Vergangenheitsperspektive, sie setzten sich auch mit Gegenwartserscheinungen auseinander. Häufig diente die altertümliche und allegorische Einkleidung der Thematisierung namentlich sexueller und morbid-psychologischer Inhalte, die von der viktorianischen Moral tabuisiert waren. Mit der Betonung ornamentaler Details zählten die Präraffaeliten überdies zu den Wegbereitern des Jugendstils.

      Und sie gliederten sich jener Bewegung ein, die man »Symbolismus« nennt. Erfahrungen, die man bevorzugt außerhalb der gültigen moralischen Normen suchte, spiegeln sich bei den Symbolisten vor allem in der Beschäftigung mit Liebe und Sexualität, thematisiert nicht zuletzt im Bild der Frau als »Femme fatale«, als anbetungswürdiges wie männermordendes Wesen, als Madonna, Eva oder Salome. Und ebenso gerne suchten Symbolisten wie Gustave Moreau, Odilon Redon, der Grafiker Aubrey Beardsley, die einstigen »Deutschrömer« Max Klinger und Arnold Böcklin, der Schweizer Ferdinand Hodler, der Norweger Edvard Munch, die Belgier Fernand Khnopff und James Ensor (viele andere Maler wären in diesem Zusammenhang noch aufzuführen, auch solche aus Russland) ihre Träume in der meditativen Versenkung und letztlich im Tod.

      FIN DE SIÈCLE UND JUGENDSTIL (UM 1900)

      Jahrhundertende, Jahrhundertbeginn: Geburt eines neuen Stils. »Jugendstil« nannte man ihn in Deutschland, »L’Art Nouveau« in Frankreich und Belgien, »Modern Style« in England, »Stile Liberty« in Italien, »Stile moderniste« in Spanien, »Sezessionsstil« sagte man in Österreich. Eine internationale Rebellion der späten achtziger Jahre des 19. Jahrhunderts war es gegen die erstarrten Traditionen der Kunstakademien. Neue, fließende, organisch geschwungene Formen, der Natur abgeschaut und dann dekorativ stilisiert, neue Inhalte, auf menschliche Kreativität bezogen, die Verschmelzung von Kunst, Industrie, Handwerk und Leben – das waren die Ziele von jungen Malern, Grafikern und Architekten. Das alle Gattungen übergreifende Gesamtkunstwerk wurde zu ihrer Leitvorstellung: Von der Baukunst über die Malerei zu Graphik, zu Plakat und Buchkunst, von Möbeln und sonstigen Inneneinrichtungen bis zu Mode und Schmuck erstreckte sich das Repertoire. Deswegen suchte man die Aufhebung der Grenzen von Kunsthandwerk, Design und »hoher« Kunst.

      Die Jugendstil-Malerei (zum Beispiel Gustav Klimt in Wien oder der freilich auch dem Symbolismus zugerechnete einflussreiche Franz von Stuck in München, ebenfalls der auch als Maler tätige belgische Architekt und Designer Henry van de Velde) und -Graphik, die sich, oft in enger Verwandtschaft mit dem Symbolismus, in den Neunzigerjahren rasch ausbreitete, hielten bei allen Unterschieden im Einzelnen in der Regel an der Flächigkeit des Bildaufbaus, der Betonung der Silhouettenwirkung, der Vereinfachung der Formen, der Reduzierung des Kolorits auf wenige klare Töne und an der Dominanz der Linie fest. Viele dieser Merkmale gingen in der Moderne des 20. Jahrhunderts fast nahtlos in den frühen abstrakten Expressionismus eines Kandinsky über und mündeten vor allem in das Art Déco der Zwanziger- und Dreißigerjahre.

      DER FAUVISMUS (1905–1911)

      1905 provozierte eine Schar junger Künstler das inzwischen an Impressionismus und Pointillismus gewöhnte Pariser Publikum. Ein Kritiker nannte sie »les Fauves«, die »Wilden«; allen voran Henri Matisse, Georges Rouault, Maurice Vlaminck und André Derain. Ein Jahr später komplettierten unter anderen Georges Braque und Raoul Dufy den freilich recht kurzlebigen Fauvismus.

      Die Eigenheit der Fauves darf man zusammenfassen als eine farbenreiche, großflächige und aufs abstrahierende Vereinfachen bedachte Malerei. Zumeist ist das aus ungemischten Tönen zusammengesetzte Kolorit von höchster Intensität. Die Farbe ist nicht länger an die Aufgabe naturalistischer Dingbeschreibung gebunden und vermag deshalb die Kraft ihres Ausdrucks ungeheuer zu steigern. Manchmal fassen straffe Linien die Farbflächen zusammen, oft verlaufen sie aber locker und approximativ, so dass nicht immer eine systematische Umrandung entsteht: Sie dienen eher der markanten Hervorhebung als der Isolierung. Die Faszination, die die schwarzafrikanische und ozeanische Kunst auf die Repäsentanten dieses Stils ausübte, bestärkte

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