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hol unsere Pferde, wir müssen die anderen wieder einfangen.«

      Er raffte sich auf. Der Staub lichtete sich und sank zu Boden. Der Feuerschein griff nun nach ihm. Sein erster Blick ging nach rechts. Dort lag der Mexikanerjunge auf dem Rücken. Das zuckende Licht des Feuers beleuchtete sein Gesicht.

      »Du bist vielleicht ein Schießkünstler«, sagte er mürrisch. »Knallst glatt vorbei mit dem ersten Schuß, Mann. Dein Bruder hätte den noch mit verbundenen Augen erwischt, sag ich dir. Wenn der an die Pferde gekommen wäre – mein lieber Mann.«

      Der jüngere Bursche rannte los. Dicht neben dem Jungen blieb er stehen.

      »Er ist tot«, stellte er heiser fest, ehe er weiterrannte. »Der bewegt sich, das hast du doch gesehen, oder? Er bückte sich nach dem Holz.«

      »Na, wenn schon, schießt du, mußt du auch treffen. Los jetzt, schnell. Die Pferde werden nicht weit laufen, wette ich.«

      Sie sahen noch kurz nach Heath. Der lag da, die Augen weit offen. Er schien zu den Sternen emporzublicken, aber der Blick war leer und tot.

      Ihre Schritte verloren sich. Gleich darauf tackten Hufe, bis aus dem Tacken ein Trommeln wurde. Im Feuer knackte Holz. Dann war alles still.

      Mein Kopf, dachte Juan, mein Kopf platzt. Nicht rühren, nur nicht bewegen. Keinen Laut. Dios, sie kommen. Er lag ganz still, aber die Furcht kroch in ihm hoch. Wenn sie merkten, daß er nicht tot war, dann war er verloren, das wußte er.

      Nicht weit von ihm hielt prustend ein Pferd, ein Sattel knarrte, ein Steigbügel klickte. Dann näherten sich Schritte, doch sie gingen an ihm vorbei.

      »Nimm die beiden Eisenstangen und den Hammer mit«, sagte ein Mann drüben vor den Büschen. »Und den Strick da auch noch. Wir werden ein paar Tage reiten müssen. Um die Gäule anzubinden, brauchen wir die Stangen und das Seil, klar?«

      »Klar.«

      Juan hörte sie reden. Es waren nur zwei Männer, das erkannte er. Danach kamen die Schritte wieder – die Stahlstangen klirrten. Gleich darauf knarrte ein Sattel, ein Pferd schnaubte. Hufe tackten los, bis sich das Tacken zum Trommeln steigerte und sich schließlich in der Ferne verlor.

      Als sie fort waren, rollte sich der Junge herum. Seine Hand tastete über die Stirn. Blut, dachte Juan.

      Er kroch hinüber zum Feuer, an dem noch sein Packen lag. Dabei mußte er an Ed Heath vorbei. Jetzt wurde ihm übel, und er lag einige Minuten still, bis er sich wieder aufraffte.

      Irgendwann hatte er sich verbunden. Er trank aus seiner Feldflasche. Er dachte an Santiago und Lorenzo, seine Verwandten, und dann an den Boß, Rick Powell.

      Ich muß laufen, dachte der Junge. Powell muß es wissen. Oh, Dios, ich muß schnell laufen.

      Juan Montera stemmte sich auf. Er fiel einmal um, noch einmal, aber er war zäh wie eine Katze. Zitternd zog er schließlich Heath den Revolver aus dem Halfter. Mit der Waffe im Hosenbund taumelte er los. Er erinnerte sich genau an den Weg, den sie zu Morgans Ranch genommen hatten. Im Mondlicht sah er die Berge, die Hänge und steilen Einschnitte. Der Junge lief, obwohl sein Kopf schmerzte.

      *

      »Trink«, sagte jemand. »Juanito, trink doch.«

      Er trank nicht, er schrie gellend auf und fühlte sich von kräftigen Händen zu Boden gedrückt.

      »Ruhig!« keuchte jemand über ihm. »Juanito, ich bin es, Onkel Lorenzo.«

      »Onkel Lorenzo?«

      Sie hielten ihn fest, redeten auf ihn ein, bis er sich beruhigte und trank. Dann setzten sie ihn auf, und er sah den Mann vor sich stehen, den großen, sehnigen Mann, der nun leicht lächelte.

      »Na, Juan?« fragte Rick Powell. »Wieder in Ordnung?«

      Der Junge sah sich verwirrt um, blickte in die vielen Gesichter, starrte einen Moment durch das offene Fenster auf das Windrad draußen. Seine Erinnerung setzte wieder ein. Er glaubte, daß er getaumelt war, die Sonne vom Himmel gebrannt hatte und ein Pferd auf ihn zugekommen war. Das war das letzte, an das er sich erinnerte – ein Pferd war gekommen – in Schleiern, die unaufhörlich vor Juans Augen gewogt hatten.

      »Ich dachte, ich sollte ihn besser herbringen, Rick«, sagte jemand von der Tür her. »Er lallte noch etwas von Pferden und Banditen. Na ja, und dann sah ich das getrocknete Blut.«

      »Das war richtig, Abe«, erwiderte Powell und sah zu seinem Nachbarn, der im Südosten wohnte. »Ein Wunder, daß er dir über den Weg lief. Ich rechnete mit Heath erst gegen Abend. Nun geht mal alle raus, er wird uns schon erzählen, was passiert ist.«

      Die Männer drängten aus der Tür, blieben draußen vor dem Fenster stehen und verhielten sich ruhig. Nur der alte Honkey Smith, der Powell seit dem ersten Schrei seines Lebens kannte und zu den Powells gehörte wie ihre Pferde, blieb mit Santiago und Lorenzo im Raum.

      »Legt ihn wieder hin«, bestimmte Powell. Er strich das dunkle Haar aus der Stirn und hockte sich neben dem Bett auf einen Stuhl. »So, Juan, nun erzähle. Ed Heath ist tot?«

      Der Junge nickte heftig, dann begann er zu reden und sah wie das Gesicht Powells erstarrte, während Lorenzo mit den Zähnen knirschte und Santiago die Augen schloß. Die Männer draußen hörten jedes Wort Juans, dazwischen die kurzen, scharfen Fragen von Powell.

      »Verflucht«, knurrte einer der Zureiter, der Ire Devlin, grimmig. »Habt ihr das gehört? Quailes war bei Old Bill. Dann steckt der Lump dahinter, wollen wir wetten? Der Hundesohn weiß wie alle in diesem Land, daß wir jedes Pferd brauchen und noch siebzig Wildpferde einfangen müssen, wenn wir zweihundertfünfzig Pferde nach Glenns Ferry bringen wollen. Wir reiten zu Quailes und…«

      »Devlin, sei friedlich da draußen«, meldete sich Powell scharf. »Quailes mag ein Hundesohn sein, aber er würde niemals Grinner oder Link schicken – und schon gar nicht schießen lassen. Dazu ist der fette Frosch viel zu schlau. Erzähl mal weiter, Juan. Es waren bestimmt nur zwei Männer?«

      »Ja, Mr. Powell, nur zwei gekommen, auch nur zwei geschossen. Juan hat ganz gelegen still – ganz still. Dann hat sich Juan verbunden und ist gelaufen…«

      »Er muß mindestens fünfzehn Meilen gerannt sein, Boß«, sagte Lorenzo, Powells erster Zureiter, finster. »Acht Meilen von hier hat ihn Abe Fisher gefunden. Boß, was tun wir?«

      Powell stand auf, ging ein paarmal hin und her, bis er kurz sagte: »Santiago, du reitest mit Pearce und Devlin los. Holt Heath und begrabt ihn anständig. Honkey, du kümmerst dich um den Jungen, verstanden? Casker, sattle vier Pferde, darunter meinen Grauschecken, los, Mann! Lorenzo…«

      »Si«, sagte Lorenzo nur. »Ich komme mit, Boß.«

      Dann liefen sie los. Sie rannten zum Corral und wußten es alle: Rick Powell, der Boß, war nicht nur der beste Pferdejäger in Nevada. Er verstand auch mehr von Spuren als jeder andere Mann. Dazu aber kam der fast unheimliche Instinkt dieses großen, sehnigen Jägers, der nur darum immer wieder in den Bergen Wildpferdrudel entdeckte, weil er seine Suche den Gewohnheiten der Pferde anpaßte.

      Einmal hatte Powell schon bewiesen, daß er tagealte Spuren von Pferdedieben finden konnte. Damals war Quailes der Mann am Ende der Fährte gewesen. Und jetzt?

      »Rick«, erklärte Honkey. »Die Kerle müßten so zwischen sechzehn und zwanzig Stunden Vorsprung haben.«

      »Und wenn sie dreißig hätten«, gab Powell finster zurück. »Ich will sie haben, Honkey. Das bin ich Ed Heath schuldig, denke ich.«

      *

      Lorenzo Montera stützte sich auf die Doppelmündung seiner schweren Schrotflinte, die er immer mitnahm, wenn er auf die Jagd ritt. Dies war eine andere Jagd, das wußten sie beide. Aber Lorenzo hatte die Flinte auch jetzt dabei.

      Er stand im Augenblick sichernd neben dem Stall, in dessen Tür Powell gerade verschwunden war. Sie waren nach drei Tagen und nicht mehr als sechs Stunden Schlaf bis zu dieser Ranch am Südarm des Feather River gekommen. Es war eine tote Ranch. Kein Mensch außer ihnen war hier.

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