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zuzuerkennen schienen. Er hatte das Geschenk der Fürstin auf einen Wert von zehn Pfund Sterling und das Geschenk der Mistreß Howard auf eine Guinee bestimmt, die Fürstin versprach ein Geschenk in Denkmünzen, die sie aber niemals überschickte. Mistreß Howard, ihrem Worte getreuer, sandte Swift einen Ring und kündigte ihm ihn durch einen Brief an, auf den er im Namen Gullivers antwortete; Swift fügte zu der Antwort eine kleine goldene Krone hinzu, die das Diadem von Lilliput vorstellte. Die Fürstin geruhte, ein Stück Seide aus einer irischen Fabrik anzunehmen, aus dem sie sich ein Kleid machen ließ. In seinem Briefwechsel kommt Swift ein wenig allzuoft auf dieses Geschenk zurück. Alles schien darauf hinzudeuten, daß, im Fall der Fürst den Thron besteigen würde, Gulliver, um uns der Ausdrücke des Lord Peterborough zu bedienen, »seine Tanzschuhe nur mit Kreide zu bestreichen und auf dem Seile tanzen zu lernen brauche, um Bischof zu werden.«

IV

      Swift war von hoher Gestalt, kräftig und wohlgebildet. Er hatte blaue Augen, braune Farbe, schwarze dicke Augenbrauen, eine Adlernase, und seine Züge drückten die ganze Strenge, Unerschrockenheit und den ganzen Stolz seines Charakters aus. In seiner Jugend galt er für einen sehr schönen Mann und in seinem Alter war seine Gestalt, obgleich finster, immer noch edel und ehrfurchtgebietend. Er sprach in seinen Reden mit Wärme und Leichtigkeit; sein Talent zur Polemik war zu politischen Debatten so geeignet, daß die Minister der Königin Anna oft bedauern mußten, es nicht dahin gebracht zu haben, ihm einen Sitz auf der Bank der Bischöfe in der Pairskammer zu verschaffen. Die Regierung von Irland fürchtete seine Beredtsamkeit ebenso als seine Feder.

      Sein Betragen in Gesellschaft war gefällig und leutselig und nicht ohne originellen Anstrich; aber er wußte sich so gut in die Umstände zu fügen, daß seine Gesellschaft allgemein gesucht war.

      Als das Alter und die geringere Biegsamkeit seines Geistes dem Gleichmut seines Wesens schon Eintrag getan hatten, liebte man noch seine Unterhaltung. Man fand sie interessant nicht bloß durch seine Kenntnis der Welt und der Sitten, sondern auch durch den satyrischen Humor, mit welchem er seine Bemerkungen und Anekdoten würzte. Es war dies nach Orrery die letzte seiner Fähigkeiten, die er verlor; aber der Dechant selbst bemerkte, daß, je mehr sein Gedächtnis abnahm, er seine Geschichten öfter wiederhole.

      Seine Unterhaltung, seine witzigen Einfälle und spitzigen Antworten wurden als unvergleichlich betrachtet; aber wie es bei allen denen der Fall ist, die daran gewöhnt sind, die Unterhaltung despotisch zu beherrschen, legte ein unerwarteter Widerstand ihm zuweilen Stillschweigen auf.

      Er liebte sehr die Wortspiele. Eines der besten die vielleicht je gemacht worden, ist die Anwendung des Virgilischen Verses:

      »Mantua vae! miserae

      nimium vicina Cremonae«

      auf eine Dame, die mit ihrem Mantel eine cremoneser Violine auf den Boden geworfen hatte. Das Wortspiel, mit welchem er einen betagten Mann tröstete, der seine Brille verloren hatte, ist großartiger: »Wenn es die ganze Nacht fort regnet, werden Sie dieselbe unfehlbar morgen früh finden.«

      Nocte pluit tota, redeunt

      spectacula mane.9

      Seine Verlegenheit in einer besseren Sorte von Witzen wird durch mehrere Anekdoten bestätigt. Ein vornehmer Mann, dessen Betragen nicht das geordnetste war, hatte zur Devise genommen: »eques haud male notus.«

      Swift übersetzte diese Worte so: »So gut bekannt, daß ihm kein Mensch mehr traut.«

      Er hatte eine eigentümliche Neigung, Sprichwörter zu improvisieren. Er ging einst mit einigen andern Personen im Garten eines Mannes von seiner Bekanntschaft spazieren und als er sah, daß der Herr des Hauses nicht daran denke, ihnen Obst anzubieten, sagte Swift: einer der Sprüche seiner Großmutter sei gewesen:

      Always pull a peach,

      When it is in your reach.10

      und mit diesen Worten ging er der Gesellschaft mit seinem Beispiel voran.

      Ein andermal fiel ein Mann, mit dem er einen Spazierritt machte, in eine Pfütze:

      The more dirt,

      the less hirt.11

      sagte Swift zu ihm; der Mann stand auf, beinahe getröstet über seinen Fall. Er war ein großer Liebhaber von Sprichwörtern und wunderte sich, daß er das, welches der Dechant so eben so glücklich angewendet hatte, nicht kannte. Swift fand eine Unterhaltung darin, Sprichwörter zusammenzusetzen; sein Tagebuch an Stella beweist, mit welcher Leichtigkeit er die geringfügigsten Gegenstände in Reimen brachte, und seine Poesien beurkunden eine unerschöpfliche Fruchtbarkeit.

      Er hielt außerordentlich auf Reinlichkeit. Diese Gewohnheit ging bis in’s Grillenhafte. Er übte sich gern, namentlich im Fußgehen. Unsere modernen Fußgänger würden lachen über die Wette, die er einging, zu Fuß nach Chester zu gehen, und dabei täglich zehn Meilen zurückzulegen (es sind ungefähr zweihundert Meilen). Gleichwohl glaubt man, Swift habe sich zu sehr angestrengt und seine Gesundheit habe darunter gelitten. Er war ein ziemlich guter Reiter, ritt gern und war Pferdekenner: er wählte dieses edle Tier aus zum Sinnbild des sittlichen Verdienstes, unter dem Namen Huyhnhnm. Swift bewog seine Freunde, besonders Stella und Vanessa, Reitstunden zu nehmen; er machte ihnen beinahe eine Pflicht daraus. Beinahe in jedem Briefe spricht er davon, als von einer für seine Gesundheit wesentliche Sache, die durch Taubheit und apoplektische Zufälle sehr schwankend geworden war. Er war mit Scropheln behaftet, die vielleicht die Zerrüttung seines Geistes beschleunigten. Die eigentliche Ursache war indes eine Ansammlung von Wasser im Gehirn, wie es sich bei der Öffnung nach seinem Tode erwies.

      Die Wohltätigkeit des Dechanten erhob sich über die gewöhnliche Mildtätigkeit, und obgleich er immer eine gewisse Summe in verschiedenen Münzen bei sich trug, um sie an die zu verteilen, die ihm des Beistandes würdig schienen, so war sein Hauptzweck doch der, den wahrhaft Bedürftigen zu Hilfe zu kommen, ohne fürchten zu müssen, von Müssiggängern getäuscht zu werden. Er schrieb mehrere Abhandlungen über diesen Gegenstand. Man empfing ihn überall mit den Zeichen der tiefsten Ehrfurcht; er sagte, man dürfe eine Subskription eröffnen, um ihn mit Hüten frei zu halten, denn die Seinigen werden durch die vielen Begrüßungen, die er erwidern müsse, im Augenblicke abgenützt.

      Er stellte einmal das Vertrauen, welches das Publikum auf alle seine Worte setzte, auf eine sehr heitere Probe.

      Es war eine große Masse Volks um das Dechantenhaus versammelt, um eine Sonnenfinsternis zu beobachten. Swift, über den Lärmen ungehalten, ließ durch den Küster verkündigen, auf Befehl des Dechanten von St. Patrick werde die Sonnenfinsternis aufgeschoben. Diese außerordentliche Nachricht wurde sehr ernsthaft aufgenommen und das Volk zerstreute sich.

      Der Charakter Swift, als Schriftsteller, bietet drei merkwürdige Eigentümlichkeiten dar.

      Die erste Eigenschaft, die ihn auszeichnet, und die einem Autor, wenigstens von seinen Zeitgenossen, selten zugestanden wird, ist die Originalität. Der strengste Kritiker kann sie ihm nicht absprechen. Selbst Johnson gesteht, daß es vielleicht keinen Autor gebe, der so wenig von Andern entlehnt und so viel Recht habe, für originell gehalten zu werden.

      Es war in der Tat nichts veröffentlicht worden, das Swift zum Muster hätte dienen können, und die wenigen Ideen, die er entlehnt hat, sind durch das Siegel, das er ihnen aufdrückte, die Seinigen geworden.

      Die zweite Eigentümlichkeit, auf die wir bereits aufmerksam gemacht haben, ist Swifts völlige Gleichgültigkeit gegen die literarische Berühmtheit. Er bediente sich seiner Feder, wie sich der gewöhnliche Arbeiter der Instrumente seiner Kunst bedient, ohne großen Wert darauf zu legen. Swift ist unruhig über den Erfolg seiner Ausführungen; er wird durch den Widerspruch gereizt, er ärgert sich über die Gegner, die seine Prinzipien bekämpfen und ihn hindern wollen, seinen Zweck zu erreichen; aber er zeigt bei allen Gelegenheiten gegen den Erfolg seiner Schriften eine

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<p>9</p>

Brille heißt auf englisch »spectacles«.

<p>10</p>

Wenn man den Pfirsich erlangen kann, muß man ihn pflücken.

<p>11</p>

Je größer der Schmutz, desto leichter der Fall