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      3. Die Geldehe und die Ehebörse

       Inhaltsverzeichnis

      Die heutige Gesellschaft steht zweifellos höher als jede frühere, aber die Auffassung in bezug auf das Verhältnis der beiden Geschlechter ist vielfach dieselbe geblieben. Professor L. v. Stein veröffentlichte 1876 eine Schrift: »Die Frau auf dem Gebiet der Nationalökonomie«, die wenig ihrem Titel entspricht, in der er ein sehr poetisch gefärbtes Gemälde der Ehe gibt. In diesem Gemälde zeigt sich aber die untertänige Stellung der Frau gegenüber dem »Löwen« Mann. Stein schreibt: »Der Mann will ein Wesen, das ihn nicht bloß liebt, das ihn auch versteht. Er will jemanden, dem nicht bloß das Herz für ihn schlägt, sondern dessen Hand ihm auch die Stirn glättet, das in seiner Erscheinung den Frieden, die Ruhe, die Ordnung, die stille Herrschaft über sich selbst und die tausend Dinge ausstrahlt, zu denen er täglich zurückkehrt; er will jemanden, der um alle diese Dinge jenen unaussprechlichen Duft der Weiblichkeit verbreitet, der die belebende Wärme für das Leben des Hauses ist.«

      In diesem anscheinenden Lobgesang auf die Frau verbirgt sich ihre Erniedrigung und der Egoismus des Mannes. Der Herr Professor malt die Frau als ein duftiges Wesen, das aber, mit der nötigen praktischen Rechenkunst ausgestattet, das Soll und Haben der Wirtschaft im Gleichgewicht zu erhalten versteht und im übrigen zephirartig, wie holder Frühling, um den Herrn des Hauses, den gebietenden Löwen, schwebt, um ihm jeden seiner Wünsche an den Augen abzusehen und ihm mit der weichen Hand die Stirn zu glätten, die er, der »Herr des Hauses«, vielleicht im Brüten über seine eigenen Dummheiten runzelt. Kurz, der Herr Professor schildert eine Frau und eine Ehe, wie unter hundert kaum eine vorhanden ist und vorhanden sein kann. Von den vielen Tausenden unglücklicher Ehen und der großen Zahl derjenigen Frauen, die nie dazu kommen, eine Ehe zu schließen, wie von den Millionen, die von früh bis spät neben dem Ehegatten als Lasttiere zu sorgen haben und sich abrackern müssen, um das bißchen Brot für den laufenden Tag zu erwerben, sieht und weiß er nichts. Bei diesen allen streift die herbe, rauhe Wirklichkeit die poetische Färbung leichter ab als die Hand den Farbenstaub von den Flügeln des Schmetterlings. Ein Blick auf jene ungezählten Dulderinnen würde dem Herrn Professor sein poetisch gefärbtes Gemälde arg zerstört und ihm sein Konzept verdorben haben. Die Frauen, die er sieht, bilden nur eine winzige Minorität und daß diese auf der Höhe ihrer Zeit stehen, darf man bezweifeln.

      Ein oft zitierter Ausspruch lautet: »Der beste Maßstab für die Kultur eines Volkes ist die Stellung, welche die Frau einnimmt.« Wir lassen das gelten, aber es wird sich dann zeigen, daß unsere so gerühmte Kultur noch nicht weit her ist. In seiner Schrift »Die Hörigkeit der Frau« – der Titel charakterisiert die Auffassung, die der Verfasser von der Stellung der Frau hat – äußert John Stuart Mill: »Das Leben der Männer ist häuslicher geworden. Die steigende Zivilisation legt dem Manne gegen die Frau mehr Fesseln an.« Das ist in bedingtem Maße richtig, insofern zwischen Mann und Frau ein aufrichtiges eheliches Verhältnis besteht, aber man darf bezweifeln, daß dieser Ausspruch für eine starke Minderheit gilt. Der verständige Mann wird es für sich selbst von Vorteil erachten, daß die Frau mehr aus dem engen Kreis der häuslichen Tätigkeit in das Leben tritt und mit den Zeitströmungen vertraut wird. Die »Fesseln«, die er sich damit auferlegt, drücken nicht. Dagegen entsteht die Frage, ob das moderne Leben nicht Faktoren in das Eheleben einführte, die in höherem Grade als früher die Ehe zerstören.

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