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aus der vierten Sammlung, Ad familiares genannt, ab, also einige Monate vor Ciceros Tod. Das Fehlen späterer Briefe bis zu Ciceros Ermordung am 7. Dezember ist bisher nicht zufriedenstellend geklärt worden. Die noch vorhandene Sammlung Ad Brutum ist wohl nur der letzte Teil der ursprünglich mehr Bücher umfassenden Zusammenstellung von Briefen an denselben Adressaten.

      16 Bücher umfasst die Sammlung, die nunmehr den Titel Ad familiares trägt und Briefe Ciceros an verschiedene Empfänger, außerdem auch Briefe an Cicero enthält. Dabei enthalten nur das dritte und das XIV. Buch ausschließlich Briefe Ciceros an einen einzigen Empfänger, nämlich das dritte an seinen Amtsvorgänger als Statthalter von Kilikien, Ap. Claudius Pulcher, den Konsul des Jahres 54, und das XIV. an seine Ehefrau Terentia mit und ohne Nennung weiterer Familienmitglieder. Die Briefe Ad familiares stammen aus den Jahren 62 bis 43 v. Chr., und wurden zum Teil von Ciceros Freigelassenem und Sekretär M. Tullius Tiro gesammelt. Dieser ging dabei von vorhandenen Kopien aus und bezog wohl auch zurückgeforderte Exemplare mit ein. Die Gesamtheit dieser Briefe war vermutlich in der Antike auf mehrere Sammlungen aufgeteilt und wurden erst später zu einer Schrift zusammengefasst. Möglicherweise bei dieser Gelegenheit gingen die in vier Bücher an Cn. Pompeius Magnus und in je drei Bücher an C. Iulius Caesar und Octavian, sowie an weitere Adressaten, wie z. B. an M. Porcius Cato verloren. Weder im Gesamtwerk noch innerhalb der Bücher (außer im ersten) sind die Briefe chronologisch geordnet. Durchaus passend war der Titel, mit dem diese Zusammenstellung bisweilen auch benannt wurde: Ad diversos, denn sie enthält Briefe nicht nur an verschiedene Personen, Cicero eingeschlossen, sondern auch Schriftstücke mit unterschiedlichsten Zielen und Inhalten, die von den acht Briefen an M. Terentius Varro mit literarischen Studien im IX. Buch über die Briefe an seine Frau bis zu den 81 Empfehlungsschreiben Ciceros für andere Personen in Buch XIII reichen.

      In der Antike wurden die Briefe eher wenig beachtet, doch empfahl z. B. der Schriftsteller M. Cornelius Fronto im 2. Jh. seinem Schüler Marc Aurel, Ciceros Briefe als Vorlage für einen guten Stil zu lesen.

      Wie alle Texte der klassischen Antike sind Ciceros Briefe nicht im Original, sondern als Abschriften von Abschriften von Abschriften ... überliefert. Im späten Mittelalter galten sie für mindestens 100 Jahre als verschollen.

      Ciceros Exil

      Exil in der Antike

      Die klassische Antike kannte Exil und Verbannung in vielfältiger Ausprägung: vorsorglich freiwillig, aber auch als Strafe, für Angehörige der Opposition eines Landes oder zur Verhinderung einer Alleinherrschaft, auf Zeit oder lebenslang, mit und ohne Vermögensverlust. So floh die Familie der Dichterin Sappho vor der Tyrannis des gegnerischen Pittakos aus ihrer Heimat Lesbos nach Sizilien, ihr politischer Gesinnungsgenosse, der Dichter Alkaios, aus demselben Grund nach Ägypten; bekannt ist die Verbannung jener Politiker Athens, die durch Ostrakismus (das Scherbengericht) für zehn Jahre in die Verbannung geschickt wurden, weil die Bürger glaubten, sie würden zu mächtig; am berühmtesten unter ihnen ist Aristides, der, von einem Schreibunkundigen bei der Versammlung gebeten, für diesen seinen eigenen Namen auf die Scherbe geschrieben haben soll.

      In Rom gab es das Exil des Kapitalverbrechers anstelle der Blutrache bereits in der Zeit des Zwölftafelgesetzes. Bei Verfahren vor dem Volksgericht konnte sich der Angeklagte bis zur Urteilsverkündung der drohenden Verurteilung durch freiwilliges Exil entziehen. Dies hatte die interdictio aquae et ignis (wörtl.: das Verbot von Feuer und Wasser, gemeint: der Entzug der Lebensgrundlagen in Rom) zur Folge. Ziel der Exulanten waren in der Frühzeit die Städte Latiums, die zum Teil mit Rom sogar Verträge über die gegenseitige Aufnahme von Flüchtlingen hatten. Die Aufnahme dort brachte den Exilanten das Bürgerrecht der aufnehmenden Stadt und den Verlust des römischen Bürgerrechts. Nach der Verleihung des Bürgerrechts an alle Italiker 89 v. Chr. mussten sich die Exilanten in weiter entfernte Orte begeben, dafür kamen besonders Gallien, Griechenland und Kleinasien in Frage. Vom 1. Jh. v. Chr. an gab es nicht nur das Exil vor der Urteilsverkündung, sondern auch dasjenige anstelle der Strafe. Ein Exil als Strafe führte Cicero selbst in seinem Konsulat im Jahre 63 durch die lex Tullia de ambitu (Gesetz Tullius’ über die Bestechung) ein. In der Kaiserzeit trat dann die deportatio, die zwangsweise Verbringung aus Rom mit Verlust des Bürgerrechts und des Vermögens, als weitere Form des Exils hinzu.

      Während der Begriff Exilliteratur meist mit dem 20. Jh. verbunden wird, in dem sie aufgrund der politischen Ereignisse in vielen Ländern geradezu eine Hochblüte erlebte, gab es die Erscheinung als solche doch bereits in früheren Jahrhunderten. In der antiken Exilliteratur werden zwei Arten unterschieden: einerseits die Berichte und Erzählungen über Menschen, die ihre Heimat verlassen mussten, wie etwa Ödipus, Odysseus und Äneas, andererseits Texte, die von den Exilierten selbst verfasst wurden, wie etwa Ciceros Exilbriefe, Ovids Exilsdichtung aus Tomis am Schwarzen Meer und Senecas Trostschrift an Helvia, die dieser auf Korsika verfasste.

      Ciceros Gegner, die Popularen, die ihn aus Rom verschwinden lassen wollten, nahmen sein Verhalten bei der Niederwerfung der Verschwörung Catilinas als Ausgangspunkt ihres Kampfes gegen den ehemaligen Konsul. Eigene Irrtümer und Fehler Ciceros kamen hinzu, die jenen die Erreichung ihres Zieles erleichterte. Zunächst verlief seine Amtszeit wie die anderer Konsuln in jenen Jahren auch. Die Ereignisse, die letztlich dazu führten, dass Cicero ins Exil gehen musste, begannen im Jahre 63 mit dem größten Triumph seines Konsulates, dem Sieg über Catilina.

      Cicero hatte sich bei Konsulwahl 64 gegen Catilina durchgesetzt, und hatte während seines eigenen Konsulates 63, wie in Rom üblich, die Wahl seiner Nachfolger zu leiten, bei der sich Catilina wiederum um das höchste Staatsamt bewarb. Bereits in Vorbereitung der Wahl hatte er die lex Tullia de ambitu (wörtl. Gesetz gegen das Herumgehen, nämlich bei den potentiellen Wählern, also gegen die Bestechung) durchgesetzt, die Wahlbetrug mit einem zehnjährigen Exil bedrohte. Dem L. Licinius Lucullus (Konsul 74 und Sieger über König Mithridates von Pontos) wurde vom Senat kurze Zeit vor der Wahl noch die Feier eines Triumphes gewährt, auf den er bereits seit drei Jahren gewartet hatte. Dafür bedankten sich dessen Veteranen, indem sie ihre Stimmen dem Kandidaten der Optimaten, also der Senatspartei, L. Licinius Murena, gaben.

      Catilina dagegen drohte zur selben Zeit eine Anklage des Senates. Er berief eine Versammlung in sein Haus ein und erklärte, als Kandidat alle entrechteten Römer vertreten zu wollen. Von dieser Versammlung erfuhr Cicero durch eine Frau namens Fulvia, deren Liebhaber Q. Curius zum Kreis Catilinas gehörte. Eine von Cicero einberufene Senatssitzung, die Catilina das Recht der Bewerbung um das Konsulat absprechen sollte, stellte sich dessen Plänen jedoch nicht in den Weg. Zur Wahl erschien Cicero mit einem Harnisch unter der Toga sowie mit Leibwächtern, da ein Attentat im Auftrage Catilinas erwartet wurde. Gewählt wurden L. Licinius Murena und D. Iunius Silanus. Mit dieser erneuten Niederlage kam Catilina für weitere politische Ämter nicht mehr in Frage und verlor die Unterstützung seiner bisherigen Förderer C. Iulius Caesar und C. Licinius Crassus. Er entschloss sich daher, als politischer Führer der römischen Unterschicht aber ohne konkrete politische Ziele durch Putsch an die Macht kommen. Catilina sammelte in Rom und in verschiedenen Orten Italiens Gefolgsleute für den Umsturz und legte Waffenlager in Etrurien an. Auch hierüber wurde Cicero von Fulvia unterrichtet. Bereits in einer Senatssitzung vom 22. September wurde über die von Catilina ausgehende Gefahr verhandelt, doch erhielt Cicero nicht die erbetenen Vollmachten, um gegen die Verschwörer vorzugehen, da man seinen Mitteilungen nicht traute.

      Während Pompeius mit seinem Heer im östlichen Mittelmeer unterwegs war, zog Catilina mit seiner Privatarmee nach Rom. In der Nacht vom 20. auf den 21. Oktober kam M. Licinius Crassus, ursprünglich ein Freund Catilinas, mit und M. Marcellus und Q. Caecilius Metellus Scipio zu Cicero, und sie übergaben ihm anonyme Schriftstücke, in welchen angedroht wurde, dass Catilina Cicero ermorden wolle. Der Konsul ließ daher am folgenden Morgen den Senat zusammentreten und die Briefe verlesen. Jetzt wurden Ciceros Warnungen ergänzt durch die Nachricht über Catilinas Waffenlager und einen für den 27. Oktober geplanten Umsturz. Der Senat erteilte den beiden Konsuln die diktatorische Vollmacht, alles zu tun, was der Rettung der res publica diente. Aufgrund des großen

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