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vorüber glitt, redete Judith, zum ersten Mal diesen Morgen, mit ihrem Begleiter. Sie sprach nur Wenig, – sie tat nur die einfache Bitte an ihn, ein paar Minuten zu halten, ehe er die Stelle verließe.

      Ich sehe diesen Platz vielleicht nie wieder, Wildtöter, sagte sie, und er enthält die Leichen meiner Mutter und meiner Schwester! Ist es nicht möglich, was meint Ihr, dass die Unschuld des einen dieser beiden Wesen in den Augen Gottes für das Heil Beider gutspreche?

      Ich verstehe es nicht so, Judith; aber ich bin kein Missionär und nur dürftig unterrichtet. Jeder Geist steht ein für seine eignen Fehltritte; obwohl eine herzliche Reue Gottes Gesetzen genügen kann.

      Dann muss meine arme, arme Mutter im Himmel sein! – Bitter – bitter hat sie ihre Sünden bereut; und gewiss, es sollten ihre Leiden in diesem Leben Etwas von ihren Leiden im anderen abziehen!

      Alles das geht über meine Einsicht, Judith, – Ich bestrebe mich, hier recht zu handeln, als das sicherste Mittel, im künftigen Leben alles recht und tröstlich zu finden. Hetty war ein ungewöhnliches Wesen, wie alle gestehen müssen, die sie kannten, und ihre Seele war in der Stunde, wo sie ihren Körper verließ, so geeignet mit Engeln zu verkehren, als die irgend eines Heiligen in der Bibel!

      Ich glaube, Ihr lasst ihr nur Gerechtigkeit widerfahren! – Ach! ach! dass es so große Unterschiede geben soll zwischen Solchen, die an derselben Brust genährt wurden, in demselben Bett schliefen, unter demselben Dache wohnten! Doch lassen wir das – führt das Canoe etwas weiter östlich, Wildtöter; die Sonne blendet meine Augen so, dass ich die Gräber nicht sehen kann. Das ist Hetty, zur rechten Seite meiner Mutter?

      Gewiss – Ihr verlangtet das von uns; und alle freuen sich, Eure Wünsche zu erfüllen, Judith, wenn Ihr wünscht was recht ist.

      Das Mädchen starrte ihn beinahe eine Minute in schweigender Aufmerksamkeit an, dann wandte sie ihre Augen rückwärts nach dem Castell.

      Dieser See wird bald ganz verlassen sein, sagte sie – und das in einem Zeitpunkt, wo er ein sichrerer Aufenthaltsort sein wird als je. Was ganz kürzlich vorgefallen ist, wird die Irokesen auf lange Zeit hinaus von einem neuen Besuch abschrecken!

      Das wird es! – ja, das kann man als ausgemachte Sache behaupten. Ich gedenke nicht wieder des Weges zu kommen, so lange der Krieg dauert; denn nach meiner Meinung wird kein Huronen-Moccasin seine Spuren den Blättern dieses Waldes mehr eindrücken, bis ihre Überlieferungen vergessen haben, ihren jungen Männern von ihrer Schande und Vernichtung zu erzählen.

      Und habt Ihr eine solche Freude an Gewalttat und Blutvergießen? Ich hatte besser von Euch gedacht, Wildtöter – hatte Euch für einen Mann gehalten, der sein Glück finden könnte in einer ruhigen, heimlichen Häuslichkeit, mit einem ergebenen, liebenden Weib, das bereit wäre, auf alle Eure Wünsche zu achten, und gesunden, pflichtmäßigen Kindern, bestrebt in Eure Fußtapfen zu treten, und so redlich und gerecht wie Ihr selbst.

      Herr Gott, Judith, was für eine Zunge wisst Ihr zu führen! Sprache und Schönheit gehen Hand in Hand, gleichsam; und was die eine nicht kann, das leistet desto gewisser die andere! Ein solches Mädchen könnte in einem Monat den mannhaftesten Krieger in der Kolonie verderben!

      Und irre ich mich denn so sehr? Liebt Ihr wirklich den Krieg mehr, Wildtöter, als den häuslichen Heerd und die zärtlichen Gefühle?

      Ich verstehe Eure Meinung, Mädchen – ja, ich verstehe, glaube ich, was Ihr meint, obwohl Ihr mich, so denke ich, nicht ganz versteht. Einen Krieger darf ich mich jetzt nennen, denke ich, denn ich habe gekämpft nicht nur, sondern auch gesiegt, und das ist genug, um diesen Namen zu führen; auch will ich nicht leugnen, dass ich eine Neigung für den Beruf habe, der männlich sowohl als ehrenvoll ist, wenn man ihn übt nach natürlichen Gaben; aber ich habe kein Verlangen nach Blut. Indes, Jugend ist Jugend, und ein Mingo ist ein Mingo. Wenn die jungen Männer dieser Gegend müssig ständen, und die Vagabunden das Land überschwemmen ließen, ha! so könnten wir eben so gut alle auf einmal Franzmänner werden, und Land und Leute preisgeben. Ich bin kein Feueresser, Judith, oder einer, der den Kampf um des Kampfs willen liebt; aber ich kann keinen großen Unterschied sehen zwischen dem, dass man das Land abtritt vor einem Krieg, aus Furcht vor einem Krieg, und dem, dass man es abtritt, nach einem Krieg, weil man nicht anders kann – wenn nicht der, dass letzteres das Mannhaftere und Ehrenhaftere ist.

      Kein Weib würde je wünschen, zu sehen, dass ihr Gatte oder Bruder ruhig hinstände und sich Schimpf und Hohn gefallen ließe, Wildtöter, wie sehr sie auch darüber trauerte, wenn er in die Gefahren der Schlacht sich stürzte. Aber Ihr habt schon genug getan, diese Gegend von den Huronen zu säubern; denn Euch vornämlich verdankt man den Ruhm unsers letzten Sieges. Jetzt hört mich geduldig an, und antwortet mir mit der angeborenen Redlichkeit, welche bei einem von Eurem Geschlecht zu sehen eben so erfreulich als selten ist.

      Judith hielt inne; denn jetzt, wo sie gerade auf dem Punkte stand, sich zu erklären, behauptete natürliche Sittsamkeit ihre Macht, trotz der ermutigenden Zuversicht, welche die große Unbefangenheit und Treuherzigkeit von ihres Gesellschafters Charakter ihr einflößte. Ihre Wangen, die erst noch so bleich gewesen, flammten, und ihre Augen leuchteten fast wieder mit ihrem frühern Glanze. Ihre Gemütsbewegung gab ihrem Angesicht Ausdruck und ihrer Stimme Weichheit, und machte sie, die immer so schön war, dreifach einnehmend und verführerisch.

      Wildtöter, begann sie wieder nach einer ansehnlichen Pause, dies ist nicht ein Augenblick für Verstellung, Täuschung oder Unoffenherzigkeit irgend einer Art. Hier, über meiner Mutter Grab, und über dem Grabe der wahrheitsliebenden, wahrheitredenden Hetty scheint alles versteckte, unredliche Verfahren nicht am Platze. Ich will daher ohne Zurückhaltung, und ohne alle Furcht, missverstanden zu werden, zu Euch sprechen. Ihr seid mir nicht ein Bekannter von einer Woche her, sondern es ist mir, als kennte ich Euch seit Jahren. So Viel, und so viel Wichtiges ist in dieser kurzen Zeit vorgefallen, dass die Bekümmernisse und Gefahren und Rettungen eines ganzen Lebens in wenige Tage sich zusammengedrängt haben; und die miteinander bei solchen Szenen gelitten und gehandelt haben, dürfen sich nicht als einander fremd fühlen. Ich weiß, dass, was ich zu sagen im Begriff bin, von den meisten Männern missverstanden werden würde; aber von Euch hoffe ich eine großmütige Auslegung meiner Handlungsweise. Wir befinden uns hier nicht inmitten der Künste und Täuschungen der Ansiedlungen, sondern wir sind junge Leute, welche keine Gelegenheit haben, einander in irgend einer Weise oder Form zu betrügen. Ich hoffe, ich rede verständlich.

      Gewiss, Judith; Wenige konversieren besser als Ihr, und wohl Keine angenehmer. Eure Worte sind so gefällig wie Euer Aussehen.

      Die Art und Weise, wie Ihr dies Aussehen so oft gerühmt habt, ist es, was mir Mut gibt fortzufahren. Dennoch, Wildtöter, ist es nichts Leichtes für eine von meinem Geschlecht und meinen Jahren, alle Lehren ihrer Kindheit, all’ ihre Angewöhnungen und ihre natürliche Schüchternheit zu vergessen, und offen herauszusagen, was ihr Herz fühlt!

      Warum nicht, Judith? Warum sollten nicht Frauen so gut wie ein Mann offen und redlich mit ihren Mitmenschen verkehren? Ich sehe keinen Grund, warum Ihr nicht so geradeheraus sprechen solltet, wie ich, wenn Ihr Etwas wirklich Wichtiges zu sagen habt.

      Die unüberwindliche Bescheidenheit, welche den jungen Mann noch immer die Wahrheit nicht ahnen ließ, würde das Mädchen ganz entmutigt haben, wäre nicht ihre Seele, wie ihr ganzes Herz entschlossen und begierig gewesen, einen verzweifelten Versuch zu wagen, um sich vor einer Zukunft zu retten, welche sie mit einem Abscheu fürchtete, der nicht minder lebhaft war, als die deutliche Sicherheit, womit sie dieselbe vorherzusehen wähnte. Dieser Beweggrund nun erhob sie über alle gewöhnlichen Rücksichten, und sie blieb bei ihrem Vorhaben, zu ihrem eigenen Erstaunen, wo nicht zu ihrer großen Beschämung.

      Ich will – ich muss so offen mit Euch sprechen, wie ich es mit der armen, lieben Hetty täte, wäre das süße Kind noch am Leben, fuhr sie fort, und wurde blass, statt rot. Denn die kühne Entschlossenheit, von der sie getrieben wurde, hielt die sichtbare Wirkung, welche ein solcher Schritt in der Regel bei einer ihres Geschlechts hätte hervorbringen müssen, zurück, ja, ich will alle anderen Gefühle in dem einen ersticken, das jetzt das mächtigste in mir ist. Ihr liebt die Wälder und das Leben, das wir hier in der Wildnis führen, fern von den Wohnungen und Städten der Weißen?

      Wie ich meine Eltern liebte,

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