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von der die No­vel­le den Na­men hat. Die­ser Stoff, den die still­glü­hen­de Som­mer­land­schaft bei ei­nem Auf­ent­halt in den To­s­ka­ni­schen Hü­geln aus sich ge­bar mit Ge­stal­ten, die aus dem Bo­den ka­men, aber sich lei­se ins My­thi­sche färb­ten, brann­te durch Jahr­zehn­te in mir wei­ter, ohne zu er­kal­ten, weil er wie in ei­nem dau­ern­den Feu­er­ba­de lag, bis ich ihn mit dem letz­ten reifs­ten Kön­nen doch noch ins Da­sein zu er­lö­sen ver­moch­te. Das bei­na­he vier­zig­jäh­ri­ge War­ten kam ihm nur zu­gu­te; es streif­te Über­wu­chern­des ab, das mich ge­hin­dert hat­te, und gab Ge­le­gen­heit, dass ich einen Zeu­gen des tra­gi­schen Vor­gangs, der von ei­nem Strahl des töd­li­chen Gestirns mit­ge­trof­fen hin­siecht, im Welt­krieg still ver­schwin­den las­sen konn­te.

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      Wäh­rend ich an­däch­tig in mei­ner Töp­fer­werk­statt saß und aus dem mir an­ver­trau­ten Ton­klum­pen Men­schen­ge­schi­cke form­te, ein Ge­schlecht, das mir gleich sei zu lie­ben, zu has­sen, wur­de mein per­sön­li­ches Le­ben von im­mer neu­en Er­schüt­te­run­gen und Ein­schlä­gen heim­ge­sucht. Auch den mir lieb­ge­wor­de­nen Wohn­sitz am Pog­gio Im­pe­ria­le, wo mir vie­les zu Dan­ke ge­riet, büß­te ich wie­der ein und war aufs neue al­len Zu­fäl­lig­kei­ten preis­ge­ge­ben. Vi­el­leicht muss­te all die­se Not und Un­ru­he sein, da­mit mei­ne Ge­schöp­fe sich bes­ser mit Le­bens­blut sät­ti­gen konn­ten, als es bei ei­nem ge­still­ten Da­sein der Fall ge­we­sen wäre. Vi­el­leicht auch war es mein Zoll an die Dä­mo­nen, dass sie mir we­nigs­tens das Recht des Schaf­fens gönn­ten, das schö­ner ist als al­les an­ge­staun­te Glück des Glück­li­chen. Man sucht ja so ger­ne nach­träg­lich einen Sinn in die Un­sin­nig­kei­ten des ei­ge­nen Da­seins zu le­gen.

      Durch wel­che Füh­rung es mir ge­lang, das ein­sa­me Boot durch die hö­her und hö­her ge­hen­den Wo­gen des Na­tu­ra­lis­mus und al­ler sich ab­lö­sen­den Is­men zu steu­ern, von de­nen je­der gleich aus­schließ­lich und gleich fa­na­tisch al­les Nicht­mi­tein­ge­schwo­re­ne ab­stieß, wüss­te ich nicht zu sa­gen. Als sie sämt­lich Ge­schich­te ge­wor­den wa­ren, ließ es sich leicht über­schau­en, dass große Er­schei­nun­gen der neu­en Schu­len den großen der ver­gan­ge­nen viel ähn­li­cher se­hen als ih­ren ei­ge­nen Nachtre­tern, die mit ih­rem Lärm nur ge­dient hat­ten, ih­nen Stoß­kraft zu ge­ben, um dann sel­ber ins We­sen­lo­se zu zer­fal­len. Denn die Ge­ni­en ha­ben alle ge­mein­sa­me Fa­mi­li­en­zü­ge; wenn sie sich im Le­ben noch so stark be­feh­det ha­ben, in der Ewig­keit ste­hen sie ver­schwis­tert ne­ben­ein­an­der. – Aber schwer ist es, ohne Schutz­ge­lei­te und Füh­rers­tern al­lein und ge­gen die Strö­mung nach dem in­nern Kom­paß zu steu­ern.

      Als ich die Ge­schich­te von dem Ichlos­ge­wor­de­nen »Ein Rät­sel« schrieb, ver­wei­ger­ten mir alle sonst be­freun­de­ten Blät­ter die Auf­nah­me, weil ih­nen die Er­fin­dung: ein Mensch, der nach er­schüt­tern­den Ein­drücken ver­ges­sen hat, wer er ist, ganz und gar un­mög­lich deuch­te; der Welt­krieg, der sol­cher Fäl­le eine An­zahl her­vor­brach­te, hat spä­ter für mich ge­zeugt. Zu gu­ter Letzt ver­such­te ich es mit ei­ner Zeit­schrift von aus­ge­spro­chen na­tu­ra­lis­ti­scher Hal­tung, und die­se woll­te die Ge­schich­te neh­men, eben um ih­rer Neu­heit wil­len, war aber nicht zu­frie­den mit dem Aus­gang: dass der Ich­lo­se, von al­len staat­li­chen und bür­ger­li­chen Un­ter­schei­dungs­zei­chen Ent­blö­ßte, als »Mensch an sich« in der staat­li­chen Ord­nung nicht mehr le­ben kann und des­halb aus ei­ner völ­lig fremd­ge­wor­de­nen Welt sich am Ende ohne Spur hin­weg­ver­liert. Die Schrift­lei­tung for­der­te, dass der Un­glück­li­che noch ein­mal auf­ge­grif­fen, dem Ir­ren­haus, dem er schon glück­lich ent­gan­gen war, jetzt wirk­lich ein­ge­lie­fert und zu vol­ler Klä­rung des rät­sel­haf­ten Fal­les mit ei­nem psych­ia­tri­schen Gut­ach­ten ver­se­hen wür­de. Zu sol­chem Miss­ver­ständ­nis konn­te ich nur schwei­gen und mein Ma­nu­skript zu­rück­zie­hen; hät­te ich ge­stan­den, dass es mir nicht auf das Pa­tho­lo­gi­sche, son­dern auf das Me­ta­phy­si­sche an­kam, so wür­de ich eine schlech­te Fi­gur ge­macht ha­ben, denn die Me­ta­phy­sik stand da­mals nicht hoch im Kurs. Als mir Jahr­zehn­te spä­ter von den Schü­le­rin­nen der Un­ter­se­kun­da ei­nes Mäd­chen­gym­na­si­ums eine Rei­he von Fra­gen vor­ge­legt wur­de, die sich auf das eben von ih­nen in der Schu­le ge­le­se­ne »Rät­sel« be­zo­gen und die ein in­ne­res Ein­ge­hen auf den dunklen Ge­gen­stand be­wie­sen, vor dem da­mals die wei­sen Män­ner ver­sagt ha­ben, da staun­te ich und freu­te mich, wie sich un­ter­des­sen der Sinn für Ge­gen­stän­de nicht all­täg­li­cher Art in den Köp­fen selbst der Ju­gend­li­chen ge­schärft hat­te. Wenn nicht im­mer wie­der die Ju­gend da wäre, um Fehl­mei­nun­gen zu be­rich­ti­gen, wie könn­te der Dich­ter sei­nen Weg wa­gen!

      Fra­ge ich mich jetzt, von wel­chen Ein­flüs­sen die im­mer wech­seln­de Stoff­wahl mei­ner Bü­cher ge­lei­tet war, ab­ge­se­hen von den »Flo­ren­ti­ner No­vel­len«, de­ren Ur­sprung schon er­klärt wur­de, so kom­me ich zu der mich über­ra­schen­den Ent­de­ckung, dass es vor­wie­gend Ge­füh­le des Dan­kes und der Ver­pflich­tung wa­ren, nicht nur für Ein­zel­ne, son­dern auch für gan­ze Völ­ker und Kul­tu­ren, was mir einen Groß­teil mei­nes Le­bens­wer­ke ein­gab. Oft war ich im Be­griff, et­was völ­lig an­de­res, von mir sehn­süch­tig Ge­heg­tes zu schrei­ben, da schob sich die Er­kennt­nis da­zwi­schen, dass et­was zu tun war, was in die­sem Au­gen­blick und so wie ich es in mir fühl­te durch nie­mand an­de­ren ge­sche­hen konn­te, weil ich ge­ra­de an der Stel­le stand, wo die ma­gi­sche Rute aus­schlug. Bei mei­nen Erin­ne­rungs- und bio­gra­fi­schen Bü­chern war es ja selbst­ver­ständ­lich, aber auch die »Stadt des Le­bens« und mei­ne »Wan­der­ta­ge in Hel­las« wa­ren sol­che Dank­sa­gun­gen für Wohl­ta­ten, die mir aus der Berüh­rung mit die­sen Kul­tur­wel­ten wie­der und wie­der flos­sen. Be­son­ders in mei­nem Hel­las­buch leg­te ich das Be­kennt­nis ei­ner le­bens­lan­gen Dan­kes­schuld nie­der.

      Aber auch mei­ner en­ge­ren und al­le­rengs­ten Hei­mat, dem Schau­platz mei­ner Kin­der­spie­le, fühl­te ich mich zu sol­chem Lie­bes­dienst ver­pflich­tet. Es wink­ten mir aus mei­nen frühs­ten Erin­ne­run­gen rüh­rend ko­mi­sche Ge­stal­ten nach, wie sie zu je­ner fer­nen Zeit das Schwa­ben­land noch her­vor­brach­te, die aber, als ich schrieb, schon längst ver­schol­len wa­ren. Die­se Men­schen wa­ren nicht so­wohl an sich ko­misch ge­we­sen, als dass sie durch den Ge­gen­satz ih­res hoch­ge­stimm­ten Idea­lis­mus zu der un­vor­stell­ba­ren, ih­nen nicht be­wuss­ten Enge ih­res ei­ge­nen Le­bens­rau­mes ko­misch wirk­ten. Sie bau­ten ihre Gärt­chen und win­zi­gen Äcker, ver­kauf­ten Haar­na­deln und Schnupf­ta­bak, konn­ten aber auch Schil­ler aus­wen­dig und schwärm­ten für die Be­frei­ung der Grie­chen. Da­bei glaub­ten sie auch mit In­brunst an das Kro­ko­dil von Ess­lin­gen, je­nen Nach­fah­ren des al­ten Tat­zel­wurms, der noch im­mer in den Kel­lern lag und ge­le­gent­lich wein­schöp­fen­de Mäd­chen fraß. Ihre Ar­mut war ohne Ärm­lich­keit und ohne Ar­me­leut­ge­ruch. Der Duft end­li­cher Blu­men und som­mer­li­chen Heus oder an­ge­zün­de­ter Kar­tof­fel­feu­er um­gibt ihre Ge­stal­ten, de­nen sich nach lan­gem Lie­gen im Erin­ne­rungs­schrein auch noch ein lei­ser La­ven­del­ge­ruch wie aus groß­müt­ter­li­chen Schrän­ken bei­ge­sell­te. Sie sa­hen mich seit lan­ge bit­tend an, dass ich sie vor dem Nicht­ge­we­sen­sein der letz­ten Ver­ges­sen­heit be­wah­re, und das konn­te in der Tat nie­mand au­ßer mir, die ich mei­ne Kin­der­jah­re

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