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      Die Braut des Rebellen

      Barbara Cartland

      Barbara Cartland E-Books Ltd.

      Vorliegende Ausgabe ©2016

      Copyright Cartland Promotions 1981

      Gestaltung M-Y Books

       www.m-ybooks.co.uk

      1873

      Ich bin da, dachte Theola, ich bin wirklich da!

      Am liebsten hätte sie es laut hinausgeschrien. Auch als sie England schon verlassen hatten, hatte sie es immer noch nicht glauben können. Und, daß sie jetzt tatsächlich in Kawonien waren - es kam ihr wie ein Wunder vor.

      Sie waren in Marseille an Bord des Schiffes gegangen, das eben angelegt hatte. Am Kai ein großes Aufgebot von Würdenträgern. Der Empfang, den man Catherine bereitete, war beeindruckend.

      Daß sie nicht aus verwandtschaftlicher Liebe aufgefordert worden war, ihren Onkel, den Herzog von Wellesbourne, und ihre Cousine, Lady Catherine Bourne, auf dieser Reise zu begleiten, war Theola nur zu bewußt. Der Herzog hatte einfach niemand anderen gefunden, der als Hofdame für Catherine, die Königin von Kawonien werden sollte, in Frage kam.

      Die Eltern von Catherines Internatsfreundinnen hatten kategorisch abgelehnt. Sie waren nicht bereit, bei den derzeitigen Unruhen in Europa ihre Töchter in ein so entferntes Land reisen zu lassen.

      „Verängstigte Narren!“ hatte der Herzog eines Morgens beim Frühstück gesagt und einen Antwortbrief nach dem anderen zerrissen.

      „Man kann wirklich nur hoffen, daß wenigstens dort Ruhe herrscht“, hatte die Herzogin erwidert.

      „Was denn sonst?“ Der Herzog war von Tag zu Tag ungeduldiger geworden. „Wie du sehr gut weißt, Adelaide, ist Kawonien seit Jahren unabhängig. Seit König George in Griechenland Ordnung und Frieden geschaffen hat, besteht nicht mehr der geringste Grund, sich wegen Ferdinands Souveränität Sorgen zu machen. Schließlich regiert er das Land nun schon seit zwölf Jahren, und in der ganzen Zeit hat es nicht den geringsten Zwischenfall gegeben.“

      „Gott sei Dank nicht!“ Ein Stoßseufzer der Herzogin zur Decke. „Wir müssen uns jetzt aber wirklich um eine Hofdame für Catherine kümmern. Und ich finde, es sollte schon eine junge Dame sein, die absolut standesgemäß ist.“

      Die schmalen Lippen des Herzogs waren noch schmaler geworden. Wenn er etwas nicht ertragen konnte, dann Ablehnung und Widerrede. Er war ein willensstarker Mann, der zu Jähzorn und Grausamkeit neigte.

      „Was hältst du denn von Lord Pierrepoints Tochter?“ hatte die Herzogin gefragt. „Ich finde sie zwar reichlich anmaßend in ihrer Art und recht freizügig soll sie auch sein, heißt es, aber die Pierrepoints halten es sicher für eine große Ehre, wenn ihre Tochter Catherine begleiten darf.“

      „Ich kann auf weitere Absagen verzichten“, hatte der Herzog aufbrausend entgegnet. „Theola wird Catherine begleiten, und damit ist der Fall erledigt.“

      „Theola?“ hatte die Herzogin mit schriller Stimme gerufen.„Theola?“

      Catherine hatte verständnislos den Kopf geschüttelt. „Aber Papa …“

      „Keine Widerrede!“ Der Herzog war aufgestanden. „Theola wird mit uns nach Kawonien reisen und dort bleiben, bis wir jemanden gefunden haben, der sich besser eignet.“

      Theola hatte es nicht fassen können und war an dem Abend erst sehr spät eingeschlafen. Nachdem sie ihr Nachtgebet gesprochen hatte, hatte sie sich - wie so oft - in Gedanken mit ihren Eltern unterhalten. Sie hatte von der bevorstehenden Reise erzählt und das Gefühl gehabt, von ihrer Mutter vor Freude in den Arm genommen zu werden.

      Seit ihre Eltern tot waren und sie bei ihrem Onkel und ihrer Tante in dem kalten freudlosen Schloß in der Grafschaft Wiltshire lebte, hatte es unzählige Momente dieser Art gegeben.

      Der Herzog war einer der reichsten Männer Englands, aber gleichzeitig auch einer der gemeinsten. Und die Herzogin, eine geborene Fürstin von Holtz-Melderstein, war eine geizige, humorlose, spröde Frau.

      Fast täglich träumte Theola von der Gemütlichkeit, die in dem einfachen Häuschen ihrer Eltern geherrscht hatte. Und nachts, wenn die Kälte der hohen, ungeheizten Räume schier unerträglich war, wünschte sie sich oft, mit ihren Eltern umgekommen zu sein. Manchmal glaubte sie, die Erniedrigungen nicht mehr ertragen zu können und sich wie ein Tier verkriechen zu müssen.

      Daß seine einzige Schwester, Theolas Mutter, mit dem Hauslehrer weggelaufen war, hatte der Herzog nie vergessen, geschweige denn verzeihen können.

      Richard Waring war damals ein hochintelligenter junger Mann von neunundzwanzig Jahren gewesen, der schon so manches Aristokratensöhnchen durch die Examina geboxt hatte. Blendend aussehend, gebildet und aus gutem Haus, das alles hatte für den alten Herzog nichts gegolten. Für ihn war der Hauslehrer ein Angestellter gewesen.

      Dieselbe Einstellung hatte sein Sohn Septimus vertreten. Wie sein Vater war er außer sich, als herauskam, daß sich Richard Waring unsterblich in seine einzige Schwester, Lady Elizabeth Bourne, verliebt hatte.

      Richard Waring hatte - wie es sich gehörte - beim Herzog um die Hand Elizabeths angehalten und war im wahrsten Sinn des Wortes hinausgeworfen worden.

      Daß Elizabeth daraufhin das Haus der Eltern verlassen hatte und dem jungen Mann gefolgt war, hatte wie eine Bombe eingeschlagen. Alles hatte man für möglich gehalten, nur das nicht.

      Jahrelang war Elizabeths Name nicht erwähnt worden.

      Nach Theolas Geburt hatte Elizabeth an ihre Eltern geschrieben und ihnen das freudige Ereignis mitgeteilt. Der Brief war ungeöffnet zurückgekommen.

      Erst nachdem er die Todesnachricht erhalten hatte - Elizabeth und Richard Waring waren bei einem Zugunglück ums Leben gekommen - war Septimus, der inzwischen das Herzogtum geerbt hatte, zu dem Häuschen außerhalb von Oxford gekommen, um Theola mitzuteilen, daß sie ab jetzt bei ihm wohnen würde.

      Septimus hatte mit einundzwanzig geheiratet und hatte eine Tochter, Catherine, die ein Jahr älter war als Theola.

      „Glaube bloß nicht, daß es mir Freude macht, dich bei mir aufzunehmen“, hatte er gesagt. „Das Benehmen deines Vaters war skandalös. Ich werde ihm und deiner Mutter nie verzeihen, daß sie solche Schande über die Familie gebracht haben.“

      „Schande?“ hatte Theola gefragt. „Was haben sie denn getan? Sie haben sich geliebt und geheiratet, weiter nichts.“

      „Wenn unser Blut mit dem eines ganz gewöhnlichen Parvenü vermischt wird, dann ist das sehr wohl eine Schande! Als Hauslehrer seinen Lebensunterhalt verdienen! So jemand kann ja nur aus der Gosse kommen.“

      „Das stimmt nicht“, hatte Theola gesagt. „Die Eltern von Papa waren brave Leute. Jeder in Bedfordshire hatte sie gern. Und Papa war sehr klug und ...“

      Weiter war sie nicht gekommen, denn ihr Onkel hatte sie mit dem Handrücken mitten ins Gesicht geschlagen.

      „Du wagst es, mir zu widersprechen?“ hatte er gebrüllt. „Das wollen wir einmal gleich am Anfang unserer Bekanntschaft klarstellen. Ich kann dich nicht verhungern lassen, weil du meine Nichte bist. Ich nehme dich also in meiner Familie auf. Aber du wirst mir gehorchen und sprichst weder in meinem Beisein noch vor anderen von deinen Eltern. Ist das klar?“

      Theolas Gesicht hatte gebrannt wie Feuer. Sie hatte den Onkel mehr entsetzt als verängstigt angesehen. Sie war noch nie in ihrem Leben geschlagen worden. Aber in den folgenden Monaten sollte sie erfahren, daß ihr Onkel bei jeder Gelegenheit zuschlug. Die ständige Erniedrigung schmerzte Theola wie eine Wunde, die nicht heilen wollte. Daß es Menschen wie ihren Onkel und ihre Tante gab, hatte das junge Mädchen bis dahin nicht gewußt. Auch nicht, was es hieß, mit Haß leben zu müssen.

      Sie war immer von Liebe umgeben gewesen. Die Liebe, die ihr Vater und ihre Mutter füreinander empfanden, hatte auch sie stets wie ein wärmender, schützender Mantel eingehüllt und ihr das Gefühl gegeben, daß sie

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