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die mei­nem Her­zen weht­at. All die­ses Un­pas­sen­de und Ver­let­zen­de wer­de ich Ih­nen nicht wie­der­ho­len. Wozu auch? Nur fol­gen­des wird für Sie wich­tig sein. Dass es mit al­lem, was ich ge­hört habe, auch ernst­ge­meint war, glau­be ich nicht. Sie, Fräu­lein Rosa, wer­den ja selbst am bes­ten wis­sen, was Sie da­von zu den­ken ha­ben. Nach­dem also der Prin­zi­pal sich über Sie in an­stö­ßi­ger Wei­se ge­äu­ßert hat­te, frag­te er den Herrn T.: ›Willst du sie denn hei­ra­ten?‹ ›Ich weiß das noch nicht‹, sag­te be­sag­ter Herr. ›Ich muss dich dar­auf auf­merk­sam ma­chen‹, sag­te der Prin­zi­pal, ›dass ich dei­ne El­tern von dem Ge­sche­he­nen ver­stän­digt habe. Dei­ne El­tern wer­den eine sol­che skan­da­lö­se Ver­bin­dung nie zu­ge­ben.‹ – ›Wie­so – skan­da­lös?‹ frag­te Herr v. T. (mit vol­lem Recht, mei­ner An­sicht nach). ›S­kan­da­lös‹, sag­te der Prin­zi­pal, ›weil die­ses Mäd­chen, an und für sich kei­ne pas­sen­de Par­tie für einen Tel­le­r­at, sich un­ver­ant­wort­lich kom­pro­mit­tiert hat. Die gan­ze Ge­sell­schaft sagt sich von ei­nem jun­gen Mäd­chen los, das durch sei­ne fre­chen Un­ziem­lich­kei­ten (ein sehr ge­mei­ner Aus­druck!) jede Ach­tung ver­scherzt hat. Und solch eine Per­son (sic!) willst du hei­ra­ten?‹ – ›Ich sage nicht, dass ich sie hei­ra­ten wer­de‹, mein­te Herr v. T. ›Du wirst sie also nicht hei­ra­ten‹, sag­te der Prin­zi­pal. – ›Nein‹, ant­wor­te­te Herr v. T. ›Du gibst mir dein Wort dar­auf?‹ sag­te der Prin­zi­pal. ›Da­mit ihr das Mäd­chen nicht län­ger quält, gebe ich dir mein Wor­t‹, sag­te Herr v. T. ›Gut!‹ sag­te der Prin­zi­pal. ›Du ver­sprichst mir, das Mäd­chen nicht wie­der­zu­se­hen.‹ ›Das habe ich nicht ge­sag­t‹, mein­te Herr v. T. (mit Recht). ›Nun‹, sag­te der Prin­zi­pal. ›Du kehrst oh­ne­hin mor­gen oder über­mor­gen zu dei­nen El­tern zu­rück.‹ Da­mit hat­te das Ge­spräch sein Ende er­reicht, denn Fräu­lein Sal­ly kam mit ih­ren Ge­schich­ten da­zwi­schen. Sie, bei Ih­rer Ge­scheit­heit, wer­den ge­wiss wis­sen, was da­von zu hal­ten ist. Ich aber hielt es für mei­ne Pf­licht, obi­ges Ih­nen mit­zu­tei­len. Kann ich Ih­nen von Nut­zen sein, Fräu­lein Rosa, und hier kom­me ich auf Punkt 2 zu spre­chen, so bit­te ich nach Ge­fal­len über mich zu ver­fü­gen, denn mit nie wan­ken­der Ach­tung und (wenn es er­laubt ist) mit Lie­be blei­be ich Ihr treues­ter Die­ner.

      Con­rad Lurch, zwei­ter Kom­mis bei La­nin und –«

      Lang­sam fal­te­te Rosa das Blatt wie­der zu­sam­men. Wie? Am­bro­si­us gab das Ver­spre­chen, sie nicht hei­ra­ten zu wol­len? Am­bro­si­us soll­te fort? Das war un­mög­lich; sie ver­stand von al­le­dem kein Wort. »Un­sinn!« sag­te sie laut vor sich hin, zer­knit­ter­te ener­gisch den Brief und steck­te ihn in die Ta­sche.

      Un­sinn war es viel­leicht, aber als Rosa zu Hau­se beim Mit­tags­mahl saß und die be­kann­ten Ge­schich­ten ih­res Va­ters an­hör­te, da woll­te ihr die­ser Un­sinn doch nicht aus dem Kopf, denn wenn sie auch al­les Un­wahr­schein­li­che und Lä­cher­li­che von Lurchs Be­richt in Rech­nung zog, es blieb im­mer noch ein bit­te­rer Rest quä­len­der Sor­ge üb­rig.

      Nach der Mahl­zeit zog sich Rosa auf ihr Zim­mer zu­rück, setz­te sich auf einen Ses­sel, fal­te­te die Hän­de im Schoß und war­te­te. Fräu­lein Schank soll­te ja kom­men, um dem Va­ter al­les zu sa­gen, und was wur­de dann aus dem schläf­ri­gen Frie­den der Herz­schen Woh­nung? Vi­el­leicht wäre es bes­ser, den Va­ter auf al­les vor­zu­be­rei­ten? Rosa aber fand dazu nicht den Mut. Sie woll­te lie­ber war­ten. Gar so schlimm konn­te es ja nicht kom­men.

      Um vier Uhr gab die Tür­glo­cke einen kur­z­en, har­ten Laut von sich. Das war Fräu­lein Schanks ener­gi­sche Art zu schel­len. Ag­nes schurr­te her­an, die Au­ßen­tü­re, die Ag­nes im­mer zu ölen ver­gaß, knarr­te. »Gu­ten Abend, Fräu­lein!« sag­te Ag­nes.

      »Grüß Sie Gott«, ant­wor­te­te Fräu­lein Schanks fes­te, me­tal­li­ge Stim­me. »Ist der Herr zu Hau­se?«

      »Ja, er schläft drin­nen im Wohn­zim­mer.«

      Jetzt ward die Türe des Wohn­zim­mers ge­öff­net.

      »Stö­re ich?« frag­te Fräu­lein Schank.

      Herr Herz schi­en eben aus dem Schla­fe auf­ge­fah­ren zu sein, denn sei­ne Stim­me war noch hei­ser. »Ach, lie­be Schank, Sie stö­ren nie. Ich schla­fe jetzt im­mer so lan­ge und bin froh, wenn je­mand mich weckt. Die­se Schlaf­sucht kommt, den­ke ich, mit dem zu­neh­men­den Al­ter.«

      Er woll­te sich noch wei­ter über sei­nen Zu­stand aus­las­sen, aber Fräu­lein Schank un­ter­brach ihn: »Ist Rosa zu Hau­se?«

      »Ja; sie schläft, den­ke ich. Sie sah mir heu­te nicht ganz ge­sund aus.«

      An der zag­haf­ten Art, in der der Va­ter sprach, er­kann­te Rosa, dass Fräu­lein Schank ihr un­heil­ver­kün­den­des Ge­sicht auf­ge­setzt hat­te. Üb­ri­gens woll­te sie ih­ren Va­ter nicht Lü­gen stra­fen; sie warf sich auf ihr Bett und stell­te sich schla­fend.

      Im Ne­ben­zim­mer wur­den Ses­sel ge­rückt, dann be­gann Fräu­lein Schank zu spre­chen, aber so lei­se, dass Rosa sie nicht ver­ste­hen konn­te. Herr Herz schwieg, nur zu­wei­len ließ er ein lei­ses Hus­ten hö­ren. »Ge­ben wir uns kei­nen Il­lu­sio­nen hin«, das war der ein­zi­ge Satz, der bis zu Rosa drang, und er ge­nüg­te, um Rosa ge­gen Fräu­lein Schank auf­zu­brin­gen. »Ah, die Alte hält die Hei­rat mit Am­bro­si­us für eine Il­lu­si­on! Na­tür­lich, was weiß die­se alte, auf dem Ka­the­der ver­trock­ne­te Frau von Lie­be? Sie soll da einen Leh­rer Stre­ber ge­habt ha­ben, mit dem sie ver­lobt war, er ließ sie aber sit­zen und reis­te ab. Und das ist auch schon so lan­ge her – und kann denn bei ei­nem Leh­rer Stre­ber über­haupt von Lie­be die Rede sein? Lä­cher­lich!«

      »Sie spre­chen also mit Rosa?« sag­te Herr Herz jetzt lei­se.

      »Ja, ich will we­nigs­tens zu ihr hin­ein­schau­en«, ent­geg­ne­te Fräu­lein Schank und öff­ne­te die Türe zu Ro­sas Zim­mer. Rosa schloss die Au­gen und reg­te sich nicht. »Sie schläft«, flüs­ter­te Fräu­lein Schank; »sol­len wir sie we­cken?«

      »Nein, las­sen Sie sie schla­fen«, fleh­te Herr Herz; »sie er­fährt es ja oh­ne­hin früh ge­nug.«

      »Gut, ich kom­me mor­gen wie­der«, mein­te Fräu­lein Schank. »Auf Wie­der­se­hen, lie­ber Herz! Sie ver­zei­hen, dass ich die Über­brin­ge­rin so schlech­ter Nach­rich­ten bin; ich hielt es aber für mei­ne Pf­licht.«

      »Im Ge­gen­teil, ich bin Ih­nen dank­bar, lie­be Schank«, ant­wor­te­te Herr Herz. »Ver­las­sen Sie das Kind nicht; ich un­be­hol­fe­ner Al­ter, was kann ich tun?«

      »Der lie­be Gott wird schon al­les zum Gu­ten wen­den«, trös­te­te Fräu­lein Schank. Dann kam Ag­nes wie­der mit ih­rem »Gu­ten Abend, Fräu­lein!«, die Au­ßen­tü­re knarr­te, und es ward still, ganz still.

      Abend­li­che Schat­ten zo­gen in die Woh­nung des Bal­let­tän­zers ein – es wur­de fins­ter. Rosa lag noch im­mer auf ih­rem Bett und starr­te in die Dun­kel­heit hin­ein.

      Im Wohn­zim­mer saß der alte Mann, fal­te­te sei­ne Hän­de über den spit­zen Kni­en und wein­te; und drau­ßen, in der Kü­che, lehn­te Ag­nes Stock­mai­er am Fens­ter und blick­te trau­rig auf den lee­ren Hof hin­ab.

      Spät abends erst ent­schloss sich Rosa, zu ih­rem Va­ter hin­über­zu­ge­hen. Im Wohn­zim­mer war es so fins­ter, dass Rosa un­si­cher um­her­tapp­te.

      »Kind,

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