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konnte ich nichts mehr ausrichten. Die beiden Damen sind noch in der Gewalt von Murphy alias Sommerfield und befinden sich augenblicklich in einem Regierungsflugzeug auf dem Weg nach Lima. Das ist alles, was ich auf dem Flughafen erfahren konnte.« Fest drückte er Michael und Harry die Hand. »Ich habe bereits die nötigen Schritte unternommen. Sind Sie reisefertig?«

      »Das geht sehr schnell«, warf Michael verstehend ein.

      »Gut!« fuhr Doktor Hellberg fort. »In einer Stunde können wir mit dem Flugzeug nach Lima starten. Mein Freund, Konsul Wacker, stellt mir ein Flugzeug mit Piloten, ebenfalls einem Deutschen, zur Verfügung. Er weiß, worum es geht. Indessen setzt der Konsul sich mit der Regierung in Peru in Verbindung. In einer halben Stunde erwarte ich Sie in der Halle zur Fahrt zum Flugplatz.«

      Mit Doktor Mayring ging eine glückhafte Veränderung vor. Auch ein leises Staunen wuchs in ihm.

      »Und weshalb tun Sie das alles für uns? Sie sind uns doch immerhin ein Fremder?«

      Der Schimmer eines Lächelns ging über Doktor Hellbergs Züge. Es machte das ernste, durchgeistigte Gesicht noch anziehender.

      »Ihr Vater war mein bester Freund. Genügt Ihnen das?«

      Tief aufatmend und impulsiv erfaßte Michael die Hand des Gelehrten und drückte sie warm und lange.

      »Ich danke Ihnen«, preßte er mühsam beherrscht hervor.

      *

      Ein tiefer Atemzug zitterte von Ingrid Mayrings Lippen. Sie öffnete die Augen ein wenig, aber das Gefühl bleierner Schwere drückte ihr die Lider gleich wieder zu.

      Wieder öffnete sie ein wenig die Lider, ihre Augen wurden starr und weit. Direkt vor ihr im Blickfeld waren die Köpfe zweier Männer zueinander geneigt, sie unterhielten sich laut und ungeniert, versuchten das Brummen noch zu übertönen und sich zu verständigen.

      Im Augenblick war sie hellwach. Jetzt wußte sie: Sie befand sich an Bord eines Flugzeugs.

      Instinktiv hielt sie die Augen krampfhaft geschlossen, lauschte aber mit allen Sinnen der zwischen den beiden Männern geführten Unterredung. Sie hatte sie erkannt. Doktor Murphy und der Dicke, durchschoß es sie.

      Was hatte man mit ihr vor? Und wo war Gunhild?

      Ruckweise öffnete sie die Lider, bemerkte, daß die vor ihr sitzenden Männer weder Auge noch Ohr für sie hatten, und begann sich vorsichtig aus dem tiefen Sitz des Flugzeugs aufzurichten.

      Da durchfuhr sie ein freudiger Schreck, aber sogleich spürte sie auch einen Stich im Herzen.

      Neben ihr lehnte Gunhild Bruckner mit seltsam starrem weißem Gesicht. Die bläulich schimmernden Lider waren fest geschlossen und der Mund schmerzlich zusammengepreßt. Den Kopf hielt sie wie in tiefer Erschöpfung zur Seite gewandt.

      »Gunhild!« rief sie dicht an ihrem Ohr, aber Gunhild schien nichts zu hören.

      Sie rüttelte die Schlafende leicht am Arm.

      Gunhild Bruckner rührte sich nicht.

      Mutlos ließ sich Ingrid wieder in ihren Sitz zurückfallen und schloß die Augen. Ihr waren die Glieder so schwer. Die kleinen Bewegungen hatten sie schon matt gemacht.

      Die Stimmen der beiden Männer erhoben sich. Ingrid riß sich zusammen, versuchte Bruchteile der Unterhaltung aufzufangen. Anscheinend konnten sie sich über irgend etwas nicht einigen.

      Sie sah, wie der Funker lebhaft auf den Dicken einsprach, wie sich dessen Gesicht zu einer Grimasse verzerrte.

      »Notlandung!«

      Das Wort drang in Ingrids Ohr und löste Freudegefühle in ihr aus. Man mußte notlanden? Das bedeutete Hoffnung, auf Menschen zu stoßen, mit denen sie sich vielleicht verständigen konnte.

      Doch gleich sank ihr Mut wieder.

      Man war nicht in Deutschland. Man befand sich über Südamerika und war Lima nicht mehr allzu fern.

      Sie kannte weder den Menschenschlag, noch dessen Sprache.

      Noch lag die Nacht undurchdringlich vor den Kabinenfenstern, aber vom Osten her drang ein schwaches Dämmern.

      Das Summen der Motoren wurde unregelmäßiger, ein Schwindel überkam Ingrid, im Gleitflug ging es abwärts.

      Jedes Gespräch zwischen den Männern war verstummt, gespannt versuchten sie, durch die Scheiben den Weg des Flugzeuges zu erkennen.

      Immer tiefer sank es, und immer näher kam die Erde.

      Als es hart auf den Boden aufsetzte, brach die Sonne durch die graue Wolkendecke.

      Eine weite, von dürrem Gestrüpp unterbrochene Steppe lag vor Ingrids Blicken.

      Sie sah sich nach Gunhild um. Sie war erwacht und sah aus großen, leeren Augen um sich. Auf Ingrids gespanntem Gesicht blieb ihr Blick haften, es war, als dämmerte in den Grauaugen schwaches Erkennen auf. Grübelnd zog sie die Stirn in Falten.

      Ingrid hätte sehr gern das Mädchen angerufen, aber im selben Augenblick fühlte sie sich derb angefaßt und emporgehoben. Sie spürte den widerlich heißen Atem des Dicken und schloß krampfhaft die Augen, sonst hätte sie ihm unweigerlich ins Gesicht schlagen müssen.

      Ein frischer Windzug wehte ihr entgegen. Sie war im Freien und wurde auf etwas Weiches gelegt, Schritte, knirschende Schritte entfernten sich.

      Jetzt wußte Ingrid auch, daß sie auf Sand lag. Die Männer waren davongegangen, um Gunhild aus dem Flugzeug zu tragen.

      Gleich darauf kamen sie zurück. Der keuchende Atem der Männer drang bis zu ihr.

      Dann war Stille um Ingrid. Sie wagte die Lider wieder zu heben. Einige Meter vom Flugzeug entfernt, dessen grauer Rumpf in den Sonnenfluten silbrig leuchtete, standen vier Männer rauchend und sich lebhaft unterhaltend beisammen.

      Langsam drehte Ingrid sich auf die Seite. Gottlob. Sie konnte sich frei bewegen. Neben ihr lag Gunhild, die Augen geöffnet und in eine unbestimmte Ferne gerichtet.

      »Gunhild«, flüsterte sie und fuhr mit den Fingerspitzen behutsam über Stirn und Wangen des Mädchens. »Gunhild, kennen Sie mich?«

      Der Schimmer eines Lächelns er­schien um den blutleeren Mund Gunhilds.

      »Ingrid.« Es war zwar nur ein Hauch, aber er genügte, um Ingrid in dankbares, fassungsloses Weinen ausbrechen zu lassen. Es waren Tränen reinster Freude, und sie rannen über das ausdruckslose Gesicht Gunhilds.

      »Ingrid«, wiederholte Gunhild noch einmal und versuchte, sich dabei aufzurichten. Matt sank sie wieder in den Sand zurück.

      Ingrid sprang auf, um sich sofort wieder auf die Knie gleiten zu lassen. Sie stützte Gunhild, und nun hockten sie, sich umschlungen haltend, dicht beieinander. Gunhilds Kopf lehnte matt an Ingrids Schulter.

      So fand Murphy die beiden Mäd-chen.

      »Nun?« fragte er zynisch. Die Hände in den Taschen seines leichten Jacketts vergraben, sah er auf Ingrid nieder. »Haben Sie sich schon abgefunden?«

      Ingrid antwortete nicht, preßte die Lippen nur fest zusammen und strich zärtlich das wirre Haar aus Gunhilds Stirn.

      »Denken Sie ja nicht an Flucht«, drohte er, und eine dunkle Röte schlug ihm ob Ingrids verächtlichem Schweigen ins Gesicht. »Es könnte Sie teuer zu stehen kommen.«

      Ohne den Blick zu heben, erwiderte Ingrid kühl:

      »Ich habe bereits eingesehen, daß jeder Widerstand zwecklos wäre.«

      »Um so besser«, spottete Murphy. »Dann werden Sie uns keine Schwierigkeiten bereiten.«

      Murphy drehte sich auf dem Absatz herum und ging zu den anderen zurück.

      »Teufel!« murmelte Ingrid hinter ihm her. Dann beugte sie sich wieder über Gunhild, rieb deren kalte Wangen und Hände, bis sie fühlte, daß sie sich zu erwärmen begannen.

      Drüben

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