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die sie mit Katapulten verschossen haben.«

      »Die Griechen? Was erzählt Ihr da? Äh – Verzeihung, Sir.«

      »Schon gut. Ich denke, es ist offensichtlich, wofür das hier benutzt wird. Unser Sumpfwanderer begeistert sich für Feuer.«

      »Sir?«

      »Unser Gentleman«, sagte Matthew und betrachtete die Flammen, die immer noch hell in der Pfanne loderten, »sieht gern Häuser brennen. Mit diesen Chemikalien kann er selbst nasses Holz anstecken. Ich schätze, dass er die Wände und den Boden damit anstreicht und es an mehreren Punkten in Brand steckt. Die Feuerwehr kommt dann unvermeidlich zu spät.«

      »Ihr wollt damit sagen …« Goode erkannte, wovon Matthew redete. »Der Mann hat damit Häuser angesteckt?«

      »Genau. Zuletzt die Schule.« Matthew stellte die Pfanne in die Asche der Feuerstelle. »Warum er das tut, weiß ich nicht. Aber die Tatsache, dass dieser Eimer in Charles Town hergestellt wurde und auf dem Seeweg hierhergelangte, wirft kein gutes Licht auf seine Loyalität.«

      »Auf dem Seeweg?« Goode starrte Matthew an. »Ihr wisst, wer der Mann ist, nicht wahr?«

      »Ja, aber ich bin nicht bereit, seinen Namen zu verraten.« Matthew ging an den Tisch zurück und drückte den Deckel wieder fest auf den Eimer. »Ich habe eine Bitte. Kannst du das für ein paar Tage hier verstecken?«

      Ängstlich betrachtete Goode den Eimer. »Der wird uns doch nicht in die Luft jagen, oder?«

      »Nein, ohne den Kontakt mit einer Flamme brennt das nicht. Lass einfach den Deckel drauf und halte den Eimer vom Feuer fern. Wickle ihn vielleicht in ein Tuch ein und behandle ihn mit genauso viel Vorsicht wie deine Geige.«

      »Ja, Sir«, sagte Goode unsicher. »Nur ist noch nie wer von Geigenmusik in die Luft geflogen, glaube ich.«

      Matthew ging zur Tür. »Und erzähle niemandem davon. Ich bin nie hier gewesen, verstehst du?«

      Goode hatte beide Kerzen in der Hand, um sie so weit wie möglich von dem Eimer zu entfernen. »Ja, Sir. Ähm … Ihr werdet aber wiederkommen, um das abzuholen, oder?«

      »Das werde ich. Ich nehme an, dass ich den Eimer schon sehr bald brauchen werde.« Aber nicht, bevor er herausfand, warum genau Edward Winston die Stadt, die sein Arbeitgeber gegründet hatte, niederbrennen wollte, hätte er hinzufügen können.

      »Je eher, desto besser«, sagte Goode, der schon nach einem Stück Sackleinen suchte, das er um den unliebsamen Eimer wickeln konnte.

      Matthew verließ Goodes Hütte und marschierte zum Herrenhaus, das nicht weit vom Sklavenquartier entfernt aber dennoch eine ganz andere Welt war. Er war sich bewusst, dass er so schnell wie möglich Schlafen gehen sollte, da es am Morgen viel zu tun geben würde. Aber er wusste auch, dass es schwierig sein würde, in den paar verbleibenden Stunden Dunkelheit noch zu schlafen – denn sein Kopf würde in dem Bemühen, diese neuesten Enthüllungen zu verstehen, unermüdlich arbeiten. Die Gelüste des Schmiedes Seth Hamilton für seine Stute waren vergessen. Die Verbrechen von Edward Winston waren wesentlich ernster, denn der hatte mehrfache Brandstiftung begangen und Bidwell und allen anderen gegenüber die in Flammen aufgegangenen Häuser Rachels Pakt mit dem Teufel zugeschrieben.

      Matthew hatte vor, notfalls die Türglocke zu läuten, um ins Haus gelassen zu werden. Aber noch bevor er in Reichweite des Glockenstrangs kam, änderte er seinen Kurs und stand schon bald wieder am grasbewachsenen Ufer des Quellsees. Er setzte sich hin, zog die Knie ans Kinn, und starrte auf das stille Wasser. Seine Gedanken überschlugen sich mit Fragen nach dem, was vor sich ging, und dem, was sich zutragen mochte.

      Schließlich streckte er sich lang aus. Auf dem Rücken im Gras liegend sah er zu den Sternen auf, die zwischen den dahinjagenden Wolken zu sehen waren. Sein letzter Gedanke, bevor er einschlief, galt Rachel in ihrer dunklen Zelle. Rachel, deren Leben von dem abhing, was er in den nächsten Stunden tat.

      Rachel.

      Kapitel 2

      Der Chor krähender Hähne klang wie Triumphgeschrei. Matthew schlug die Augen auf und sah rosiges Licht. Der Himmel über ihm war hellrosa gefärbt und mit Wolken getüpfelt, deren Ränder lilafarben strahlten. Er setzte sich auf und atmete tief die süße Luft ein. Endlich war ein Morgen angebrochen, der sich tatsächlich wie ein Tag im Mai anfühlte.

      Jemand läutete eine Glocke. Eine zweite, heller klingende Glocke stimmte in das Geläut ein. Matthew stand auf. Er hörte weiter unten an der Harmoniestraße einen Mann freudig rufen, und dann sah Matthew den vielleicht schönsten Anblick seines Lebens: Die Sonne, ein goldener Feuerball, ging über dem Meer auf. Die Sonne schien wie am ersten Tag der Schöpfung, und ihr bloßes Licht hatte die Macht, die Erde zu erwecken. Matthew wandte sein Gesicht dem Sonnenschein zu, und eine dritte Glocke begann zu läuten. In einer der Eichen, die an der Quelle wuchsen, fingen zwei Vögel an zu singen. Über dem Gras hingen noch Nebelschwaden, aber im Vergleich zu den riesigen Gewitterwolken, die so lange den Himmel beherrscht hatten, waren sie geradezu bedauernswert und vor allem kurzlebig. Matthew atmete tief ein, als hätte er vergessen, wie Frühlingsluft roch – und das hatte er auch. Dies war nicht der nasse, abgestandene Gestank der Sümpfe, sondern eine frische, laue Brise, die einen Neuanfang versprach.

      Wenn es jemals einen Morgen gegeben hatte, an dem Satan in die Flucht geschlagen werden konnte, dann war es dieser. Matthew reckte die Arme in die Höhe, um seine verkrampften Rückenmuskeln zu lockern. Draußen im Gras zu schlummern war trotzdem schöner als im Gefängnis zu schlafen. Er sah, wie das Sonnenlicht über Fount Royals Dächern, Höfen und Feldern stärker wurde und der Nebel sich verzog. Es konnte natürlich gut sein, dass das schöne Wetter nur diesen Tag anhalten und danach wieder Regen kommen würde, aber er wagte zu glauben, dass zumindest die Naturelemente Fount Royal endlich freundlich gesinnt waren.

      Er hatte an diesem Morgen mit dem Gründer und Herrscher der Stadt zu reden. Matthew kehrte dem Quellsee den Rücken zu und ging zum Herrenhaus zurück, dessen Fensterläden bereits geöffnet waren, um die frische Luft hereinzulassen. Er merkte, dass die Haustür nicht verriegelt war, und da er sich nicht als bloßen Besucher sah, trat er ohne zu läuten ein und lief die Treppe hoch, um nach dem Richter zu schauen.

      Obwohl entweder Mrs. Nettles oder eines der Sklavenmädchen bereits die Fensterläden seines Zimmers geöffnet hatte, schlief Woodward noch. Matthew trat ans Bett und betrachtete den Richter. Woodwards Mund stand halb offen; seine Atemzüge klangen wie das Rasseln eines verrosteten Mechanismus, der kurz vor dem Stillstand war. Auf dem Kopfkissen waren braune Blutflecken zu sehen – Dr. Shields Lanzette hatte letzte Nacht wieder zugestochen. Der Aderlass war inzwischen zu einem allabendlichen Ritual geworden. Woodwards nackte Brust war mit einer scharf riechenden Kompresse bedeckt, die Oberlippe und grün verkrusteten Nasenlöcher glänzten fettig. Auf dem Nachttisch zeugten drei niedergebrannte Kerzen davon, dass Woodward letzte Nacht versucht hatte, die Protokolle des Hexenprozesses durchzulesen. Die Papiere waren vom Bett gefallen und lagen auf dem Boden.

      Matthew machte sich daran, die Papiere aufzuheben. Er legte sie in der richtigen Reihenfolge zusammen und packte den Stapel dann wieder in das Holzkästchen. Leider hatten die Seiten, die Matthew zuvor mit in sein Zimmer genommen und dort gelesen hatte, keine neuen Erkenntnisse gebracht. Er starrte Woodwards Gesicht an, die gelbliche Haut, die sich über den Schädel spannte, die violetten Augenlider, unter denen die Rundungen der Augäpfel zu sehen waren. Zu beiden Seiten von Woodwards Nase lag ein zartes Netz winziger roter Äderchen. Der Richter schien dünner geworden zu sein, seit Matthew ihn am Abend zuvor das letzte Mal gesehen hatte; wobei das auch am Licht liegen konnte. Er wirkte stark gealtert, die Falten in seinem Gesicht durch seine Leiden tiefer. Die Haut war blasser, und die Altersflecken auf seinem Schädel wirkten dunkler als zuvor. Er sah jetzt äußerst gebrechlich aus. Es machte Matthew Angst, den Richter in diesem Zustand zu sehen, aber er konnte den Blick nicht von ihm abwenden.

      Es war nicht das erste Mal, dass er ein vom Tod gezeichnetes Gesicht sah. Er erkannte, wie es um den Richter stand. Woodwards Haut hatte sich zusammengezogen, der Totenkopf darunter lag wie zum Durchbruch bereit. Panische Angst durchfuhr Matthew und

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