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still neben ihm saß und nur von ihrem Teller naschte. »Was ist los mit dir? Bist du krank?« Er war sichtlich beunruhigt, und sofort ruhten aller Augen auf der Bäckerin, die wie ein richtiges Familienmitglied geliebt wurde.

      Tatjana schüttelte den Kopf mit den streichholzkurzen Haaren.

      »Ich mach mir nur ein bisschen Sorgen um Marla«, gestand sie nach kurzem Zögern. »Sie wirkte nicht gerade glücklich über die Neuigkeiten.«

      »Also, ich finde es toll, dass sie ein Baby bekommt«, erklärte Dési im Brustton der Überzeugung.

      Wie ein Lauffeuer hatte sich die Neuigkeit in der Familie herumgesprochen, und alle waren begeistert. Alle, einschließlich Danny. Er liebte Kinder und wünschte sich insgeheim schon länger, Vater zu werden. Doch seine Freundin Tatjana litt unter einer Erbkrankheit und scheute das wenn auch geringe Risiko, diese Krankheit weiterzugeben. Marlas Baby würde sie vielleicht umstimmen.

      »Ich auch. Vor allen Dingen deshalb, weil sie eine Wohnung in unserem Haus gefunden hat und wir uns so alle zusammen um das Kind kümmern können«, tat er seine Meinung kund.

      Tatjana durchleuchtete ihn mit einem Blick aus ihren dunkelblauen Augen. Ihrer Sehbehinderung war es zu verdanken, dass ihre Sensibilität ausgeprägter war als bei anderen Menschen. Manchmal hatte Danny das ungute Gefühl, sie könnte seine Gedanken lesen. So auch jetzt, als sie sagte:

      »Wie praktisch. Da brauchen wir kein eigenes Baby und können es zurückgeben, wenn es zu anstrengend wird.« Sie wusste, dass das nicht war, was er hören wollte, und blinzelte ihm belustigt zu. »Übrigens seid ihr alle herzlich zum Babysitten in der Backstube eingeladen.«

      »Moment, Moment«, gemahnte Daniel Norden zur Geduld. »Bis es so weit ist, hat Marla noch jede Menge Arbeit. Immerhin muss sie noch die Wohnung renovieren und den Umzug machen.«

      »Das wird ja wohl kein Problem sein«, erwiderte Fee und reichte Janni ihren Teller. Er hatte sich bereit erklärt abzuräumen und wollte die günstige Gelegenheit nutzen, um in der Küche schon mal nach dem Nachtisch zu sehen. Er war der einzige, den das Thema kalt ließ. »Immerhin sind wir genug Leute, sodass Marla sich in eine Ecke setzen und uns zusehen kann«, fuhr Fee fort.

      »Da kennst du sie aber schlecht. Sie wird die erste sein, die den Malerpinsel schwingt«, scherzte Tatjana, die ihren Teller inzwischen auch leer gegessen hatte. Mit ihrem unerschütterlichen Zusammenhalt schaffte es die Familie Norden immer wieder, ihr die Sorgen aus der Seele und ein Lächeln ins Gesicht zu zaubern. »Aber wir könnten versuchen, sie mit einer Renovierungsparty von der Arbeit abzuhalten.«

      Diese Idee stieß auf offene Ohren, und fast sofort entbrannte eine Diskussion über die Organisation und Durchführung dieses Vorhabens, und der Abend endete mit schönen Plänen, die der werdenden Mutter viel Mut gemacht hätten.

      *

      Während die Familie Norden muntere Pläne schmiedete, saß Marla wie auf Kohlen in Pascals Galerie. Ohne seine Freundin zu Wort kommen zu lassen, hatte er sie mit geheimnisvoller Miene ins Wartezimmer gebeten und war wieder im Büro verschwunden. Seither wartete sie und wurde mit jedem Augenblick nervöser. Nach einer gefühlten Ewigkeit erlöste Pascal Lüders seine Freundin endlich.

      »Tut mir leid, dass du warten musstest, Prinzessin«, entschuldigte er sich mit einem Kuss bei ihr. »Aber du bist ein bisschen zu früh gekommen.«

      »Du hast gesagt, dass ich immer willkommen bin«, erwiderte Marla kläglich.

      »Natürlich bist du das«, versicherte Pascal, als er die Angst in ihren Augen sah. »Aber gerade heute hatte ich einen besonderen Kunden hier.«

      Marla nickte und schluckte. Normalerweise hing sie an Pascals Lippen und ließ sich nur zu gern von den Sammlern erzählen, die bereit waren, ansehnliche Summen in vielversprechende Kunstwerke zu investieren. Doch an diesem schicksalsschweren Tag dachte sie noch nicht einmal daran nachzufragen.

      Pascal entging ihr Schweigen nicht.

      »Willst du denn gar nicht wissen, was er von mir wollte?«, wunderte er sich und legte den Arm um ihre Schultern, um sie in sein Büro zu führen.

      Dort bot er ihr einen Platz auf der Ledercouch an und holte eine Flasche Champagner.

      Marla zuckte zusammen, als der Korken an die Decke knallte und eine deutliche Spur hinterließ.

      Doch Pascal lachte nur und schenkte schnell zwei Gläser ein, ehe das kostbare Nass überlaufen konnte.

      »Auf dich, meine Prinzessin!« Er wollte mit Marla anstoßen. Doch die saß wie versteinert auf der Couch und starrte ihn an.

      »Wieso auf mich?« Ahnte er etwa schon etwas? Ausgeschlossen! In diesem Fall hätte er ihr niemals ein Glas Champagner angeboten. »Was habe ich mit deinen Geschäften zu tun?«

      »Ganz einfach.« Pascal strich sich eine Strähne aus der Stirn und setzte sich neben seine Freundin auf die Couch. Er griff nach ihrer Hand und zog sie an seine Lippen. Dabei ließ er Marla nicht aus den Augen. »Ich habe deine komplette Serie ›Mensch und Galaxie‹ an einen international bekannten Sammler verkauft. Er ist begeistert von deinen Werken und will dich groß rausbringen.« Pascal strahlte übers ganze Gesicht und sah seine Freundin an. Stolz und Erwartung lagen in seinen Augen. »Und? Was sagst du jetzt?«

      Es war ein Glück, dass Marla saß. Der Boden unter ihren Füßen begann, gefährlich zu schwanken.

      »Das … das … das ist fantastisch«, stammelte sie.

      In diesem Moment bemerkte Pascal, dass etwas ganz und gar nicht in Ordnung war.

      »Aber was ist denn mit dir? Ich dachte, du führst wahre Freudensprünge auf, wenn ich dir von deinem Erfolg erzähle. Stattdessen sitzt du da wie ein verschrecktes Kaninchen … So kenne ich dich gar nicht!« Der Blick, den er ihr zuwarf, war plötzlich voller Sorge. Erst jetzt fiel ihm ihre Begrüßung wieder ein. »Was ist passiert, Prinzessin? Du hast vorhin gesagt, dass du mit mir reden musst. Und ich hab dich nicht zu Wort kommen lassen.« Er stellte das Glas auf den Couchtisch und nahm auch noch ihre zweite Hand. »Wie rücksichtslos von mir.«

      Marla nagte an ihrer Unterlippe. Doch jetzt gab es kein Entkommen mehr.

      »Mir ist in letzter Zeit doch öfter mal schlecht«, begann sie. »Deshalb war ich heute beim Arzt.«

      »Und? Hat er was festgestellt? Bist du krank?« Pascal war die Aufregung in Person und rutschte auf der Couch hin und her. »Jetzt sag schon! Was fehlt dir? Hoffentlich nichts Ernstes.«

      »Wie man’s nimmt«, seufzte Marla und wusste, dass sie die Karten endlich auf den Tisch legen musste. »Wir bekommen ein Kind.«

      Mit einem Schlag wich die Farbe aus Pascal Lüders‘ Wangen.

      »Was sagst du da?«, hauchte er, und Marla wäre am liebsten im Erdboden versunken. Genauso hatte sie sich seine Reaktion vorgestellt.

      Sie entzog ihm ihre Hände, rutschte ein Stück von ihm weg und senkte den Blick.

      »Ich bin schwanger. Schon im vierten Monat«, wiederholte sie das, was Danny ihr vor etwas mehr als einer Stunde gesagt hatte. »Aber du musst dir keine Sorgen machen. Es ist in Ordnung, wenn du das Baby nicht willst. Ich war mindestens genauso geschockt wie du, als Danny Norden mir vorhin die Wahrheit gesagt hat. Das war ein ganz schöner Schock. Aber abtreiben lassen will ich es auch nicht. Mal abgesehen davon, dass es dazu schon zu spät …«

      »Wieso abtreiben? Wie kommst du auf so eine wahnsinnige Idee?«, unterbrach Pascal sie so harsch, dass Marla zusammenzuckte.

      Der Ausdruck auf seinem Gesicht verwunderte sie.

      »Na ja … ich dachte … ich wollte …« Hilflos brach sie ab und sah Pascal dabei zu, wie er die Hand wieder nach der ihren ausstreckte.

      »Du dachtest, dass ich das Kind nicht haben will?«, fragte er ebenso sanft wie heiser.

      Marla presste die Lippen aufeinander und nickte.

      »Ich hatte so Angst davor, es dir zu sagen. Wahrscheinlich

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