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Mann mit Namen! Und zwar mit einem Namen, den jeder kennen mußte. Vom Ziehen verstand Cass Loundry genug, um zu wissen, wo der Durchschnitt aufhörte und die Klasse begann.

      Dieser Mann da war Spitzenklasse.

      Wer so unerhört schnell zog, der schoß bestimmt auch schnell.

      »Steck deine Kanone weg, Jerry«, sagte er, ohne seinen Gefährten anzusehen.

      Ashley ließ den Colt in den Lederschuh zurückfallen.

      »Hast du das gesehen, Cass?« »Natürlich. Was war denn schon Besonderes daran?«

      »Der Mann ist ja geradezu sagenhaft schnell.«

      Es war Loundry unangenehm, daß sein Partner die tatsächlich enorme Schnelligkeit des Fremden nun auch noch so herausstellte.

      »Bluff«, sagte er mit einer wegwischenden Handbewegung. »Wenn diese Gestalten im Gunfight stehen, kriegen sie nasse Hosen.«

      Holliday hatte seinen vernickelten, elfenbeinbeschlagenen Sechsschüsser ins Halfter fliegen lassen.

      Und da machte der schmächtige vogelköpfige Jeremias Ashley-Latour einen großen Fehler.

      Er riß den Colt wieder hoch.

      Und doch hatte die Mündung seiner Waffe das Halfter kaum einen Inch verlassen, als ihm von der Hüfte des Spielers der Schuß entgegenpeitschte

      Ashley wurde um seine eigene Achse gewirbelt. Sein Colt klatschte gegen die Bordwand der Theke.

      Der kleine Bandit hielt seine blutende Hand hoch und keuchte atemlos:

      »Cass, Cass!« Dann starrte er seinen Boß aus geweiteten Augen an und hauchte nur noch: »Cass!«

      Aber Loundry rührte sich nicht. Er machte nicht die mindesten Anstalten, dem Kleinen beizuspringen.

      Ashley begriff das nicht. Er faßte es nicht. Mit fast entsetztem Blick musterte er Loundry.

      In diesem Augenblick kam Hanc Fletcher wieder zu sich. Ächzend setzte er sich auf, lehnte sich gegen ein Tischbein, hob seinen Hut auf und stöhnte, als er ihn aufsetzen wollte.

      Mit spitzen Fingern betastete er die langgezogene Beule in seinem rostroten Schopf.

      »He, was war los? Cass!«

      Dann sah er Ashleys blutige Hand und seine aufgerissenen Augen.

      Tief sog er die Luft ein. Es war unnötig, die Pulverwolke schwebte noch zwischen den Männern.

      Fletcher rappelte sich hoch, stand breitbeinig und mit vorgeneigtem Schädel da.

      Loundry warf ihm einen grinsenden Blick zu. »Setz dich!«

      »Weshalb? Weshalb frage ich dich, Cass?«

      »Weil du schaukelst, Mensch!«

      »Ich, ich soll schaukeln?«

      Loundry, der eine neue Niederlage seines Partners befürchtete, wandte sich ihm voll zu und schnauzte ihn an:

      »Wenn ich dir verdammtem Hammel sage, du sollst dich hinsetzen, dann setzt du dich hin, verstanden?«

      »Aber Cass!«

      »Halt’s Maul!«

      Er stampfte auf den Affenmann zu.

      Der kippte vor Schreck auf einen Stuhl, verzog dann aber gleich das Gesicht und nahm den Hut wieder ab, um erneut über seine Beule zu tasten.

      »Was war denn überhaupt los?«

      »Du hast den wilden Mann spielen wollen. Offenbar mit dem falschen Partner.«

      Er hatte es mit einem hämischen Blick auf den Georgier gesagt, der an der Theke stand und ihnen jetzt wieder den Rücken zuzukehren schien.

      Er konnte sie ja im Spiegel beobachten.

      Sollte Fletcher nicht so sehr davon überzeugt sein, daß ein Mann, der einen im Spiegel beobachtete, einen auch schnell mit dem Colt abfangen konnte? Es schien fast so. Mit dem Fuß suchte er seinen Revolver herbeizuangeln.

      »Steh auf, Gorilla, und hol dir deine Bleispritze«, kam es da klirrend von der Theke her.

      Wie gelähmt hielt Fletcher inne. Dann sah er Loundry zu.

      Der ging zur Theke zurück und lehnte sich dagegen.

      Fletcher sah zu Ashley hinüber.

      »Was ist denn mit dem?«

      »Er war klüger als du. Er wollte sich mit dem Gentleman da schießen.«

      »Und?«

      »Es hat den Anschein, als sei es danebengegangen.«

      »Den Anschein hat es allerdings«, knurrte Fletcher.

      Zu Loundrys größtem Ärger fiel jetzt Ashley ein:

      »Und wie er geschossen hat, Hanc! Frag doch Bill! Es war einfach unheimlich. Ich habe noch nie einen Mann so schnell ziehen sehen.«

      Da warf sich Loundry herum und hieb ihm den Handrücken in die Zähne.

      Es gab einen blaffenden Laut.

      »Waschweib! Halt die Schnauze! Du schwätzt doch nur Kohl!«

      Fletcher stand langsam auf.

      »Mir scheint, Cass, daß du Ärger gehabt hast?« fragte er lauernd.

      Loundry richtete sich drohend vor ihm auf.

      »Du kannst auch einen Schlag in die Zähne haben!«

      Fletcher zog die Schultern hoch und die Brauen danach.

      »Du bist nervös. Regt dich der Kerl da etwa auf? Lächerlich. Sag mir, daß ich ihn zu Feuerholz zurechtstutzen soll, so tue ich es.«

      Holliday warf ein Geldstück auf die Theke und wandte sich um.

      Fletcher blecherte: »Da, was habe ich gesagt: Er kneift!«

      Der Georgier kümmerte sich nicht um ihn und ging weiter.

      Als er auf der Höhe des Affenmenschen war, hechtete der los. Aber mit einer winzigen täuschenden Körperwendung ließ der Georgier ihn passieren, hieb dem Vorüberschießenden erneut den Colt über die Schädelkante.

      Diesmal war Hancley Fletcher völlig ausgeschaltet. Er lag mit ausgestreckten Armen und Beinen auf dem Boden. Das Gesicht unter einem Tisch, mitten in einen Kehrichthaufen, den Bill vorhin dort zusammengefegt hatte.

      Cass Loundry erwies sich als nicht sehr viel klüger. Im Gegensatz zu seinen beiden Paladinen. Er war wahnsinnig genug, den Colt zu ziehen. Brachte ihn auch aus dem Halfter, erstarrte dann wie eine Gipsfigur.

      In einer gedankenschnellen Halbpirouette war der Spieler aus Dodge herumgewirbelt, den Colt in der vorgestreckten Faust.

      »Ich würde mir das doch sehr überlegen, Mister Loundry! So etwas kann böse ins Auge gehen.«

      Der Schießer hielt den Atem an. Mit weit geöffnetem Mund und aufgerissenen Augen stierte er den Gambler an.

      »Wer sind Sie?«

      Holliday ließ den Colt um den Mittelfinger rotieren und dann ins Leder fliegen.

      Loundry war dem meisterhaft gekonnten Handsalto mit den Blicken gefolgt. Er schluckte.

      »Wer sind Sie?«

      Er wollte ja kein Aufsehen erregen und auch möglichst niemandem seinen Namen sagen, aber er war viel zu stolz dazu, diesem Menschen unnötigerweise eine Lüge zu servieren. Aber vielleicht genügte es auch, wenn er nicht seinen ganzen Namen nannte.

      »Ich bin John Henry, ich hoffe, daß Ihnen das genügt.«

      Damit ging er hinaus.

      Noch sekundenlang stand der Coltman aus Pecos wie angenagelt vor der Theke und starrte auf die leise ausschwingenden Pendeltüren.

      »John Henry?« wiederholte

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