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macht sie, als sie neben ihm im Wagen sitzt. »Ich sehe es schon kommen. In Zukunft habe ich nichts mehr zu sagen.«

      »Ich will doch nur dein Bestes, Liebling.« Er strahlt sie von der Seite her an.

      Er parkt und führt Eleonore zum besten Friseur am Platze.

      »Was willst du denn hier?«

      »Ich nicht – aber du«, erwidert er, und er macht dabei ein Gesicht, als wolle er die ganze Welt kaufen.

      »Das kann ich mir nicht leisten, außerdem finde ich mich hübsch genug«, protestiert sie.

      »Natürlich kannst du es dir leisten. Und – probiere doch einfach einmal eine neue Frisur aus; mir zuliebe!« versucht er, sie zu überreden. Dabei hält er ihren Arm so fest, als fürchte er, sie könne jeden Augenblick davonlaufen. So ähnlich ist es Eleonore auch zumute. Sie ist es gar nicht gewohnt, daß man sich so viel Mühe um sie macht.

      Sie kommt kaum zu Verstand. Sie findet sich in einem Sessel wieder. Zwei freundliche Mädchen bemühen sich um sie. Ihr Haar wird geschnitten und dann in natürliche, weiche Wellen gelegt.

      Eleonore wehrt sich nicht mehr. Sie läßt alles mit sich geschehen. Als sie fertig ist und in den Spiegel blickt, starrt sie sich an, als sähe sie sich zum ersten Male.

      »Das soll ich sein?« flüstert sie. Ein reizvolles, apartes Gesicht sieht ihr entgegen. Das rotblonde Haar bauscht sich über der klugen Stirn. Die Augen strahlen, und die Wangen glühen.

      Fast schämt sie sich, sich so Dr. Berthold zu zeigen. Am liebsten hätte sie ihren Knoten wieder gehabt. Zögernd verläßt sie die Kabine.

      Berthold empfängt sie mit einem wahren Freudengeheul. Er dreht sie im Kreise herum und kann sich vor Bewunderung nicht halten.

      »Wunderbar siehst du aus, Ellen.« Und nun küßt er sie unbekümmert vor dem Friseurmeister und dem Personal, so daß sie tief errötet.

      Er zahlt und verläßt mit ihr den Salon.

      »Ich komme mir ganz fremd vor«, klagt sie. »Was werden sie wohl im Krankenhaus sagen?«

      »Staunen werden sie, daß in zwei Stunden aus einem häßlichen Entlein ein strahlend schöner Schwan geworden ist«, sagt er trocken. »Und morgen nehmen wir uns die Zeit, um dich neu einzukleiden«, setzt er freudig hinzu, als sie stumm neben ihm sitzt.

      Ihr Kopf ruckt herum. »Du bildest dir doch nicht ein, daß ich das von dir als Geschenk nehme?«

      »Laß mir doch die Freude«, bettelt er. »Was nutzt mir das viele Geld, das mir meine Eltern hinterlassen haben, wenn ich dir damit keine Freude machen darf?«

      »Ich habe selbst einige Ersparnisse«, wirft sie ein.

      »Die leg’ ruhig auf die hohe Kante«, bestimmt er. »Vielleicht überlegst du es dir doch noch einmal und nimmst einen anderen.«

      Da legt sie den Kopf an seine Schulter. »Niemals, Siegfried. Ich habe dich vom ersten Augenblick an leiden mögen. Jetzt liebe ich dich.«

      Er hält am Straßenrand den Wagen an und nimmt sie in die Arme.

      »Eleonore, darauf habe ich gewartet. Ist das wirklich wahr? Doch, ich weiß es, du sagst immer die Wahrheit, und so soll es zwischen uns auch bleiben, ja?«

      Er küßt sie, bis sie keine Luft mehr bekommt.

      »Siegfried, denk an die Leute«, ermahnt sie ihn. »Sie können in den Wagen gucken.«

      »Was stört das mich«, lacht er. »Von mir aus können sie alle sehen, daß ich dich küsse. Ich liebe dich!«

      Sie seufzt tief auf, als er sie endlich freigibt und wieder startet. Er ist ein großer Junge, denkt sie voller Glück und kuschelt sich in die Polster.

      *

      Im Krankenhaus stürzt ihnen die Oberschwester entgegen.

      »Oberarzt Lenz ist nicht im Hause. Er wurde abgerufen, und es ist fraglich, wann er wieder zurückkommt. Dem Patienten auf Zimmer 68 geht es schlechter, bedeutend schlechter. Wenn Sie einmal nach ihm sehen wollen?«

      »Sofort.« Berthold ist ganz Arzt. »Nur einen sauberen Kittel anziehen. Ich komme sofort.« Und zu Eleonore gewandt sagt er: »Bitte, komm mit.«

      Wenig später stehen sie an Hermann Spengers Bett. Er fiebert und erkennt weder den Arzt noch die Ärztin.

      »Sofort in den Operationssaal«, sagt Berthold zu der dabeistehenden Schwester. »Lassen Sie alles vorbereiten.«

      »Willst du das Bein amputieren?« fragt Dr. Brenner, während sie im Laufschritt neben ihm hereilt.

      »Ich operiere«, antwortet er kurz. Inzwischen sind die anderen Ärzte alarmiert worden. Im Waschraum stehen sie nebeneinander.

      »Also Amputation«, meint einer der Assistenzärzte.

      »Vorerst noch nicht«, erwidert Berthold. »Ich glaube einfach nicht an Krebs.«

      Die Ärzte sehen sich vielsagend an. Unsinn, denken sie. Sie alle kennen die Röntgenaufnahmen. Der Professor hat vor seiner Abreise seine Instruktionen gegeben. Nur Berthold sträubt sich.

      »Aber der Professor hat es doch angeordnet«, widerspricht Dr. Höhner.

      »Es ist mein und des Oberarztes Fall«, sagt Berthold schneidend. »Sie werden meine Anordnungen befolgen.«

      »Nur, wenn Sie amputieren.«

      »Zum Donnerwetter!« brüllt Berthold unbeherrscht. »Ich vertrete den Oberarzt, und Sie haben zu gehorchen. Möchten Sie mit einem Bein herumlaufen? Kein Wort mehr. Beeilen Sie sich, meine Herren.«

      »Und was sagen Sie?« wird Dr. Brenner überfallen. »Sind Sie mit Doktor Bertholds Wagnis einverstanden?«

      »Unbedingt«, kommt es mit Bedacht von ihren Lippen. »Doktor Berthold weiß schon, was er will. Ich stehe ganz auf seiner Seite.«

      Ein mitleidiger und gleichzeitig bewundernder Blick trifft sie. Wie hat sich die Ärztin verändert! Direkt ­hübsch ist sie geworden.

      Dr. Brenner folgt Berthold in den Operationssaal.

      Der Patient wird soeben hereingefahren. Er hat die Augen geschlossen. Er murmelt abgerissene Sätze vor sich hin. Berthold neigt sich ganz tief zu dem Kranken hinab.

      »Nicht abnehmen – bitte – nicht abnehmen!« flüstert dieser kaum vernehmlich.

      Berthold blickt gedankenvoll und sehr ernst auf Spenger. Leise tritt Eleonore zu ihm und flüstert:

      »Sie sind alle gegen dich.«

      »Und du?« fragt er.

      »Ich stehe auf deiner Seite, ist doch selbstverständlich.«

      Er drückt ihre Hand. »Ich wußte es.«

      »Himmel – Herrgott!« schimpft Berthold.

      »Wo bleiben denn jetzt die anderen Ärzte? Oberschwester, sehen Sie im Waschraum nach.«

      Erregt kommt die Oberschwester zurück. »Sie wollen nicht«, raunt sie ihm zu. Berthold wird blaß bis in die Lippen. Im Sturmschritt geht er in den Waschraum.

      »Meine Herren, sind wir hier zum Kaffeekränzchen? Kommen Sie sofort.«

      »Wir lehnen jede Verantwortung ab«, bekommt er zur Antwort.

      Bertholds Stimme ist schneidend. So hat man den immer fröhlichen Arzt noch nie gesehen.

      »Die Verantwortung trage ich in Abwesenheit des Oberarztes ganz allein. Also, kommen Sie!«

      Schweigend, widerwillig folgen sie ihm. Er beachtet sie kaum. Er strahlt Vitalität und Selbstsicherheit aus, und allmählich überträgt sich seine Ruhe auch auf die anderen Ärzte. Aber Berthold spürt doch den Widerstand.

      Jetzt zeigt er, was er bei Professor Martens gelernt hat. Er wechselt einen Blick mit Eleonore. Sie nickt

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