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Die Frau in Weiss. Уилки Коллинз
Читать онлайн.Название Die Frau in Weiss
Год выпуска 0
isbn
Автор произведения Уилки Коллинз
Жанр Зарубежная классика
Издательство Public Domain
»Sprechen Sie von etwas Anderem,« sagte sie, durch ihre Zähne hindurch flüsternd, »es bringt mich außer Fassung, wenn Sie davon sprechen.«
Jede Spur der sanften Gefühle, welche noch vor einer Minute ihr Herz erfüllt hatten, schien jetzt aus demselben verwischt Zu sein. Es war klar, daß der Eindruck, den Mrs. Fairlie’s Güte in ihrem Gemüthe zurückgelassen, nicht, wie ich vermuthet hatte, der einzige starke Eindruck in ihrem Gedächtnisse war. Neben der dankbaren Erinnerung an ihre Schulzeit in Limmeridge lebte noch die rachsüchtige Erinnerung an das Unrecht, das man ihr durch ihre Einsperrung in der Irrenanstalt zugefügt hatte. Wer hatte ihr dieses Unrecht angethan? Konnte wirklich ihre Mutter dies gethan haben?
Es war hart, die Nachforschung bis zu diesem letzten Punkte aufgeben zu müssen; aber ich zwang mich, davon abzulassen. So wie ich sie jetzt vor mir sah, wäre es grausam von mir gewesen, wenn ich an irgend etwas Anderes hätte denken können, als an die durch die Menschlichkeit gebotene Nothwendigkeit, sie zu beruhigen.
»Ich will von Nichts sprechen, das Sie betrübt,« sagte ich begütigend.
»Sie verlangen etwas von mir,« sagte sie scharf und argwöhnisch. »Sehen Sie mich nicht so an. Sprechen Sie, sagen Sie mir, was Sie von mir verlangen.«
»Ich verlange Nichts, als daß Sie sich beruhigen und, wenn Sie ganz gefaßt sind, an das denken, was ich Ihnen gesagt habe.«
»Gesagt?« Sie hielt inne, drehte das Tuch in den Händen hin und her und flüsterte vor sich hin: »Was hat er gesagt?« Sie wandte sich zu mir und schüttelte ungeduldig den Kopf. »Warum helfen Sie mir nicht?« sagte sie mit zorniger Hast.
»Ja, ja,« sagte ich, »ich will Ihnen helfen; und Sie werden sich bald daran erinnern. Ich bat Sie, Miß Fairlie morgen zu sehen und ihr die Wahrheit über den Brief zu sagen.«
»Ach ja, Miß Fairlie – Fairlie – Fairlie –,« sagte sie. Das bloße Aussprechen des geliebten wohlbekannten Namens schien sie zu beruhigen. Ihr Gesicht erhellte sich und wurde wieder das alte.
»Sie brauchen sich durchaus nicht vor Miß Fairlie zu fürchten«, fuhr ich fort, »oder daß Sie irgendwie durch den Brief zu Schaden kommen könnten. Sie weiß bereits so viel, daß es Ihnen nicht schwer werden wird, ihr Alles zu sagen. Es kann keine Nothwendigkeit für Verheimlichung vorhanden sein, wo wenig mehr zu verheimlichen übrig bleibt. Sie erwähnen keinen Namen in dem Briefe, aber Miß Fairlie weiß, daß Sie Sir Percival Glyde –«
Sowie ich den Namen aussprach, sprang sie auf und stieß einen Schrei aus, der weit über den Kirchhof dahin hallte und mein Herz vor Entsetzen erzittern ließ. Der finstere, entstellte Ausdruck, der erst soeben aus ihrem Gesichte gewichen, kehrte doppelt und dreifach verstärkt auf dasselbe zurück. Der Schrei bei dem Namen, sowie der wiederholte Blick des Hasses und der Furcht, welcher ihm augenblicklich folgte, sagte Alles. Es blieb mir auch nicht ein letzter Zweifel. Ihre Mutter war unschuldig an ihrer Einkerkerung in der Irrenanstalt. Ein Mann hatte sie dort eingesperrt, und dieser Mann war Sir Percival Glyde.
Der Schrei war noch zu anderen Ohren außer den meinigen gedrungen. In der einen Richtung hörte ich die Thür des Todtengräbers öffnen; in der anderen die Stimme ihrer Begleiterin, der Frau im Shawl, der Frau, von welcher sie als Mrs. Clements gesprochen hatte.
»Ich komme, ich komme,« rief die Stimme von der anderen Seite des kleinen Gebüsches her.
Einen Augenblick später eilte Mrs. Clements herbei. »Wer sind Sie?« rief sie, mit Entschlossenheit mich ansehend, indem sie den Fuß auf den Tritt setzte. »Wie können Sie sich unterstehen, ein armes Frauenzimmer so zu erschrecken?«
Sie stand bereits neben Anna und hatte diese mit einem Arme umschlungen, ehe ich ihr noch antworten konnte. »Was gibt’s, mein Kind?« sagte sie; »was hat er dir gethan?«
»Nichts,« entgegnete das arme Geschöpf, »Nichts; ich bin nur erschreckt worden.«
Mrs. Clements wandte sich mit einer furchtlosen Entrüstung zu mir, welche mir Achtung für sie einflößte.
»Ich würde mich sehr schämen,« sagte ich, »wenn ich diesen entrüsteten Blick verdiente. Aber ich verdiene ihn mit nichten. Ich habe sie unglücklicherweise erschreckt, ohne es zu beabsichtigen. Es ist nicht das erste Mal, daß sie mich gesehen hat. Fragen Sie sie selbst, und sie wird Ihnen sagen, daß ich nicht im Stande bin, ihr oder sonst einem Frauenzimmer ein Leides zu thun.«
Ich sprach sehr deutlich, damit Anna Catherick mich hören und verstehen möge, und ich sah, daß die Worte und deren Bedeutung zu ihr gedrungen waren.
»Ja, ja,« sagte sie; »er war auch einmal gut gegen mich; er half mir –« das Uebrige flüsterte sie ihrer Freundin ins Ohr.
»Höchst seltsam!« sagte Mrs. Clements mit bestürztem Gesicht. »Doch das ändert die Sache sehr. Es thut mir leid, daß ich so rauh zu Ihnen sprach, Sir; aber Sie müssen einräumen, daß der Schein gegen Sie war. Die Schuld liegt übrigens mehr an mir als an Ihnen, indem ich ihrer Laune nachgab und sie an einem solchen Orte allein ließ. Komm’, liebes Kind, komm’ jetzt nach Hause.«
Es schien mir, als ob die gute Frau etwas ängstlich aussähe bei dem Gedanken an ihren Rückweg, und ich erbot mich daher, sie zu begleiten, bis sie das Haus sehen könnten. Aber Mrs. Clements dankte mir höflich und schlug meine Begleitung aus. Sie sagte, sie würden sicher einigen von den Arbeitern auf dem Gehöfte begegnen, sobald sie auf die Haide hinaus kämen.
»Versuchen Sie, mir zu vergeben –,« sagte ich, als Anna Catherick den Arm ihrer Freundin nahm, um fortzugehen. So unschuldig ich auch an der Absicht gewesen, sie zu erschrecken oder zu ängstigen, so machte mein Herz mir doch Vorwürfe, als ich auf ihr bleiches, erschrockenes Gesicht blickte.
»Ich will es versuchen,« sagte sie. »Aber Sie wissen zu viel. Ich fürchte, Sie werden mich jetzt immer erschrecken.«
Mrs. Clements sah mich an und schüttelte mitleidsvoll den Kopf.
»Gute Nacht, Sir,« sagte sie; »Sie konnten Nichts dafür, ich weiß es wohl; aber ich wollte, Sie hätten lieber mich erschreckt als sie.«
Sie gingen ein paar Schritte fort. Ich dachte, sie hätten mich verlassen; aber plötzlich stand Anna still und machte sich vom Arme ihrer Freundin los.
»Warte einen Augenblick,« sagte sie, »ich muß erst ihr Lebewohl sagen.«
Sie kehrte zum Grabe zurück, legte beide Hände zärtlich auf das Kreuz und küßte es.
»Jetzt ist mir besser,« seufzte sie, mich ruhig anblickend. »Ich vergebe Ihnen.«
Dann kehrte sie zu ihrer Freundin zurück und dann verließen Beide den Kirchhof. Ich sah sie neben der Kirche stille stehen und mit der Frau des Todtengräbers sprechen, die aus ihrer Hütte gekommen war und uns aus der Ferne beobachtet hatte. Dann setzten sie ihren Weg auf dem Pfade, der nach der Haide führte, fort. Ich blickte Anna Catherick nach, bis jede Spur von ihr im Zwielichte dahinschwand – sah ihr so ängstlich und kummervoll nach, als ob dies das letzte Mal sein sollte, wo ich die Frau in Weiß in dieser öden Welt erblickte.
XIII
Eine halbe Stunde später war ich wieder im Hause angelangt und unterrichtete Miß Halcombe von Allem, was sich zugetragen hatte.
Sie hörte mir von Anfang bis zu Ende mit einer ununterbrochenen Aufmerksamkeit zu, die bei einem Weibe ihres Temperaments und ihrer Gemüthsbeschaffenheit der größte Beweis davon war, daß die Erzählung einen ernstlichen Eindruck auf sie mache.
»Mein Herz erfüllt sich mit bangen Zweifeln,« war Alles,