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fragte er.

      »Nein, meines Wissens wenigstens nicht.«

      »Margarethe Gelis?«

      »Nicht einmal dem Namen nach.«

      »Das ist fatal.«

      »Warum denn?«

      »Es ist gut die Maitresse eines Freundes zu kennen, um so wichtiger ist es, die eines Gegners zu kennen.«

      »Wozu könnte mir das in dem vorliegenden Falle nützen?«

      »Warten Sie nur. Der Marquis von Escoman möchte Ihnen gern seinen Degen durch die Brust stoßen, weil Sie, ohne es zu wollen, seine Eigenliebe verletzt haben, weil die schöne Margarethe Gelis seit acht Tagen nicht müde geworden ist, Ihre Haltung zu loben; kurz, sie scheint ein Auge auf Sie zu haben.«

      Louis von Fontanieu war ganz bestürzt über diese Erklärung, die ihm die Vorgänge in einem ganz andern Lichte zeigte.

      »Erweisen Sie mir noch eine Gefälligkeit, Herr Chevalier,« sagte er nach kurzem Besinnen.

      »Ist diese Margarethe Gelis wirklich schön?«

      »Schön?« erwiederte Montglas. »Das kommt auf den Geschmack an. Es ist im Grunde gleichgültig; aber ich versichere, daß ich an Ihrer Stelle und in Ihrem Alter nicht mehr als vierundzwanzig Stunden gebraucht haben würde, um dem Marquis von Escoman einen ganz andern Aerger zu machen, als über die Einbildungen einer Närrin. Doch da erwacht der alte Adam wieder in mir, setzte er, wie mit sich selbst redend, hinzu; »ich hatte mir doch so eben fest vorgenommen, mit dem Satan nichts mehr zu thun zu haben.«

      Der Chevalier drehte sich mit einer aus dem achtzehnten Jahrhundert herübergebrachten Grazie auf dem Absatz und tänzelte, ein Schnippchen schlagend, zum Saale hinaus.

       Drittes Capitel.

      Der Vorabend eines Duells

      Louis von Fontanieu begab sich wieder in die Unterpräfectur. Da er nicht sehr schnell ging, so kam das Gerücht von dem Duell schon vor ihm dort an; in kleinen Städten ist der Vergleich mit einem Lauffeuer auf die Vervielfältigung zur Verbreitung einer Nachricht ganz buchstäblich anzuwenden.

      Herr von Mauroy erwartete seinen Vetter in dessen Zimmer. Er erbot sich in Begleitung eines Freundes die Secundanten des Marquis von Escoman zu besuchen und mit ihnen das Nöthige zu verabreden.

      Fontanieu wurde nun mit seinen Sorgen allein gelassen. Es fehlte ihm keineswegs an Muth, aber am Tage vor dein ersten Duell ist es einem jungen Manne nicht zu verargen, wenn er etwas aufgeregt ist und sich des Gedankens: heute roth und morgen vielleicht todt! nicht erwehren kann.

      Er ging zur Stadt hinaus, und ohne Zweck und Ziel in‘s Freie. Der Weg führte in einer Pappelallee am Ufer des Flusses hin. Fontanieu dachte an die Heimat und dies dort zurückgelassenen Lieben, zumal an seine Mutter, die natürlich keine Ahnung hatte von der Gefahr, in der sich ihr Sohn befand. Zuweilen war er ganz gedankenlos, sein Geist schwebte gewissermaßen zwischen Leben und Tod.

      Die Promenade war ganz menschenleer; es war freilich mehr ein Fahrweg als eine Promenade. Es fing an dunkel zu werden, und so wurde auch die Stimmung des jungen Mannes trüber. Plötzlich hörte er Hufschläge auf dem Straßenpflaster, und er sah sich nach dem Reiter um.

      Er erkannte sogleich Roß und Mann. Das Pferd war jene schöne Stute, welche der Marquis von Escoman vor einigen Stunden seinem Freunde Guiscard gezeigt hatte. – Der Reiter war der Marquis selbst.

      Der Anblick seines Gegners entlockte dem jungen – Manne einen tiefen Seufzer; sein Haß gegen den Marquis war ja nicht so groß, daß er kein anderes Gefühl hätte hegen können. Er wollte weiter gehen, als er bemerkte, daß der Marquis sein Pferd anhielt.

      Der Marquis war hinter einer Biegung der Straße bereits verschwunden, und Fontanieu hörte mehre Stimmen, unter denen er eine Frauenstimme zu unterscheiden glaubte.

      Wenn er weiter ging, mußte er wenige Schritte an dem Reiter vorübergehen, und dies wäre ihm gar nicht lieb gewesen; sein Stolz sträubte sich indeß gegen die Umkehr. Er nahm einen Ausweg: er ging an den Fluß hinunter und blieb dicht an der Böschung.

      Er hörte die Stimmen nun deutlicher und der Dämon der Neugierde trieb ihn an zu lauschen.

      Er schaute durch die Bäume und sah zwei Frauen. Die eine, welche bejahrt zu sein schien, stand in einiger Entfernung, während die andere die Hand auf den Hals des Pferdes gelegt hatte und vertraulich mit dem Marquis plauderte.

      Die letztere war jung und sehr schön. Fontanieu zweifelte gar nicht, daß es die schöne Margarethe Gelis sei, von der ihm der Chevalier von Montglas eine für seine Eigenliebe so schmeichelhaft stille Neigung verrathen hatte.

      Er bezweifelte es noch weniger, als er sah, wie sich der Marquis bückte, ihre Hand faßte, einen Kuß auf ihre Stirn drückte und ihr zum Abschied ganz vertraulich sagte: »Diesen Abend!«

      Fontanieu war höchst aufgebracht; eine Anwandlung von Eifersucht weckte in seiner Seele den Haß, den er bis dahin noch nicht gegen den Marquis gefühlt hatte. Seine Eifersucht wurde indeß nicht durch die Vertraulichkeiten, die sich der Marquis mit Margarethe Gelis erlaubte, sondern durch den Gedanken erregt, daß sein Gegner in der düstern Stimmung, die er bei ihm ebenfalls voraussetzte, den Trost der Liebe hatte. Seine Verlassenheit schien ihm eine große Ungerechtigkeit des Schicksals und erinnerte ihn an die von Montglas kurz vorher entwickelten Grundsätze.

      Fontanieu war in der Liebe noch eben so sehr ein Neuling wie in den sogenannten Ehrensachen; die Theorie war gut, aber die Praxis fehlte ihm noch. Die Erfahrung mußte bei ihm durch Eifer und guten Willen ersetzt werden. Der überreizte Gemüthszustand, der durch die Aussicht auf das nahe Duell hervorgerufen wurde, machte ihm Lust mit einer andern Art von Abenteuer einen Versuch zu machen. Das schöne Mädchen mußte auf dem Wege zur Stadt an ihm vorbeigehen. Er erwartete sie ohne einen bestimmten Entschluß, aber mit dem festen Vorsatz, seine Schiffe hinter sich zu verbrennen, wenn es die Umstände erheischten.

      Die Dunkelheit machte ihn noch kühner, denn es war« inzwischen Nacht geworden. Als aber Margarethe oder wenigstens die, welche er dafür hielt – nur noch einige Schritte von ihm entfernt war, als er das Rauschen des seidenen Kleides auf dem Sandwege hörte, fing sein Entschluß an zu wanken, sein Blut langsamer durch die Adern zu strömen, sein Athem zu stocken; aber er bedachte, daß er morgen eine Degenspitze oder die Mündung eines Pistols vor sich haben werde und die Fassung nicht verlieren dürfe, und ohne sich weiter zu besinnen, verließ er seinen Versteck und war mit einem Sprunge an der Allee.

      Die inneren Stürme, die den jungen Mann bewegten« mochten wohl seinem Gesicht einen etwas verstörten Ausdruck gegeben haben; denn die junge Dante schrie laut auf, als sie ihn erblickte. Die ältere, welche wohl vertrauter; mit der Gefahr sein mochte, trat zwischen ihre Begleiterin und Fontanieu, und hielt ihm entschlossen ihren Regenschirm entgegen.

      Fontanieu machte jedoch keine Bewegung, um den Angriff fortzusetzen; er war ganz erstaunt über die Schönheit der jungen Dame und über den feinen, vornehmen Anstand, den er an ihr bemerkte und der mit ihrer sehr schiefen gesellschaftlichen Stellung im Widerspruch zu stehen schien. Er fühlte jetzt, daß es ihm weit leichter sein werde, den Marquis von Escoman trotzzubieten, als den Blick dieser großen blauen Augen auszuhalten. Er hatte seine Fassung verloren und wollte sich beschämt zurückziehen; aber die alte Dame ließ ihm nicht Zeit dazu.

      Mitten in der schnell zunehmenden Dunkelheit hatte sie die Verlegenheit Fontanieu‘s nicht bemerkte sie sah sich nach Hilfe um, ohne jedoch ihre Vertheidigungsposition aufzugeben.

      »Ich hoffe, lieber Freund,« sagte sie in der Voraussetzung, daß der junge Mann ein Räuber sei, »ich hoffe, wir werden uns verständigen. Thun Sie uns nichts zu Leide, und Madame wird Ihnen ihre Börse geben. Es ist ein schöner blanker Louisd’or darin, ich habe ihn selbst hineingethan, ehe wir fortgingen; mehr haben wir nicht bei uns, so wahr Susanne Mottet eine ehrliche Frau ist. Auf die Promenade nimmt man keine Capitalien mit – und im Grunde ist ein Louisd’or auch nicht zu verachten; Sie können schon einige Tage damit leben – denn ohne Zweifel werden Sie durch die Noth zu dieser schlechten That getrieben.«

      Und ohne die Annahme ihres Vorschlags

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