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wirklichen Leidenschaft nach einer Scheinliebe, und glich jenen, an hohen Türmen aufgehängten Aeolsharfen, denen jeder Lufthauch einen Freudenton, eine Klage, oder auch nur eine unbestimmte Vibration entlockt.

      Ihre Zukunft war nicht lachender, als ihre Vergangenheit. Dieser gallfüchtige König, dieser trübsinnige Gebieter, dieser Gatte ohne Begierden, musste ihr noch willkommen sein, denn das glücklichste Los, welches sie in der Stunde seines so nahe bevorstehenden und von Allen erwarteten Todes treffen konnte, war, dass sie die Gattin Gastons von Orleans wurde, dieses Prinzen, welcher sieben Jahre jünger war, als sie, und sie nur in dem Glauben erhielt, er werde, im Falle Ludwig XIII. sterbe, sie heiraten, damit sie nicht in einem Anfalle von Verzweiflung oder Liebe ein Mittel ergreife, welches ihn auf immer vom Throne Frankreichs entfernen, und sie zur Regentin machen musste.

      Es gab in der Stunde nach dem Tode des Königs in der Tat nur drei Alternativen für sie: Gaston zu heiraten, Regentin zu werden, oder sich nach Spanien zurückschicken zulassen.

      Traurig und einsam saß sie in einem an ihr Empfangszimmer stoßenden Kabinett, in welches nur ihre Vertrautesten und die Damen vom Dienst Zutritt hatten, und las mehr mit den Augen als mit den Gedanken in einem Buche von Guilham de Castro, welches sie von dem spanischen Gesandten Mirabel erhalten hatte, und welches »die.Jugend des Cid« betitelt war.

      An der Art, an die Tür zu klopfen, erkannte sie Frau. von Fargis, und das Buch, welches einige Jahre später einen großen Einfluss auf ihr Leben üben sollte, weit von sich wegwerfend, rief sie in fröhlichem Tone:

      »Du kannst eintreten!«

      So ermutigt trat die Fargis nicht einfach ein,sondern sie stürmte in das Kabinett und sank zu den Füßen Annas von Österreich nieder, deren schöne Hände sie mit einer Leidenschaftlichkeit küsste, über welche die Königin lächelte.

      »Weißt Du, meine liebe Fargis,« sagte sie, »dass ich zu glauben anfange, Du bist ein verkleideter Liebhaber, und wirst eines Tages, wenn Du Dich von meiner Freundschaft genügend überzeugt hast, deine Verkleidung plötzlich abwerfen?«

      »Und wenn dies wäre, meine schöne Majestät, würdet Ihr darüber sehr ungehalten sein?«

      »O ja; sehr ungehalten, denn ich wäre in diesem Falle gezwungen, zu schellen und Dich fort weisen zu lassen, so dass ich Dich nicht mehr sehen könnte, was mir einen großen Schmerz verursachen würde, denn außer der Chevreuse bist Du die Einzige, die mich zerstreut.«

      »Mein Gott, was ist doch die Tugend für eine barbarische und unnatürliche Sache, da sie stets das Resultat hat, Herzen, die einander lieben, zu trennen, und wie viel naher stehe ich mit meinen nachsichtigen Anschauungen dem Geiste und dem Willen Gottes, als die Heuchler, welche in jeder Galanterie, in jedem Komplimente eine Versündigung sehen.«

      »Weißt Du. Fargis, dass es schon acht Tage ist, seit ich Dich zum letzten Male gesehen habe?«

      »Mir, Majestät, schienen diese acht Tage acht Jahrhunderte zu sein.«

      »Und was hast Du während dieser achthundert Jahre gemacht?«

      »Nicht viel Gutes, Majestät! Ich war, wie ich glaube, verliebt.«

      »Wie. Du glaubst?« «

      »Ja!«

      »Mein Gott, wie närrisch Du solche Dinge sagst. Man tut besser, Dir bei dem ersten Worte den Mund mit der Hand zu verschließen.«

      »Mögen Eure Majestät es versuchen, und Ihr werdet sehen, wie Eure Hand aufgenommen wird.«

      Anna legte ihr lachend die Hand auf ihre schwellenden Lippen, welche diese Hand mit Küssen bedeckten.

      Die Königin zog rasch ihre Hand zurück.

      »Das Feuer deiner Küsse macht mich zittern,« sagte sie, »Du teilst mir dein Fieber mit. Und in wen bist Du verliebt?«

      »In einen Traum.«

      »Wie, in einen Traum?«

      »Nun, ist es etwa nicht ein Traum, in unserem Jahrhunderte der Vendômés, der Condés, der Grammont's einen jungen Mann von zweiundzwanzig Jahren zu finden, der schön, reich, vornehm und verliebt ist?«

      »In Dich?«

      »In mich? Möglicherweise ja! Er liebt jedoch eine Andere!«

      »In der Tat, Du bist toll, Fargis, und ich verstehe nichts von dem, was Du mir da sagst.«

      »Ich glaube es wohl; Eure Majestät sind eine wahre Nonne.«

      »Und Du? Was bist denn Du? Bist Du nicht vor Kurzem von den Carmeliterinnen ausgetreten?«

      »Zugleich mit Frau von Combalet.«

      »Du sagtest also, Du seist in einen Traum verliebt?«

      »Ja, und Euer Majestät kennen sogar meinen Traum.«

      »Ich?«

      »Wenn ich daran denke, dass ich für diese Sünde verdammt werden sollte, so hätte ich mein Seelenheil eigentlich für Euer Majestät eingebüßt.«

      »O, meine arme Fargis, Du wirst dieses Seelenheil etwas leichtsinnig aufs Spiel gesetzt haben.«

      »Sollten Euer Majestät ihn etwa nicht hübsch finden?«

      »Wen?«

      »Unseren Boten, den Grafen von Moret.«

      »Der Graf von Moret ist in der Tat ein Mensch, der auf mich den Eindruck eines vollendeten Kavaliers gemacht hat.

      »Ach, meine teure Königin, wenn alle Söhne Heinrich's IV. ihm glichen! Dann würde ich dafür bürgen, dass es dem Throne Frankreichs nicht an einem unmittelbaren Erben fehlte, wie jetzt.«

      »Was den Erben betrifft,« sagte die Königin gedankenvoll, »so muss ich Dir doch den Brief zeigen, den er mir gegeben hat. Er ist von meinem Bruder. Philipp IV., und dieser gibt mir darin einen Rat; aber ich verstehe ihn nicht recht.«

      »So werde ich Euch das erklären. Es gibt wirklich nur wenige Dinge, die mir unklar sind.«

      »Sibylle!« sagte die Königin und sah ihre Vertraute mit einem lächelnden Blicke an, welcher zu sagen schien, dass sie an ihrem Scharfsinn nicht zweifelte.

      Dann machte sie mit ihrer gewöhnlichen Ungezwungenheit eine Bewegung, als wollte sie sich erheben.

      »Kann ich Eurer Majestät irgend eine Mühe ersparen?« fragte Frau von Fargis.

      »Nein, nur ich allein kenne das Geheimnis des Faches, in welchem ich den Brief aufbewahre.«

      Dann ging sie zu einem kleinen Schranke, den sie öffnete wie jedes andere Möbel. Sie zog ein Fach heraus, ließ eine geheime Feder spielen und nahm aus dem doppelten Boden die Abschrift der Depesche, welche der Graf von Moret ihr überbracht hatte und welche – wie man sich erinnern wird – außer dem sichtbaren Briefe des Don Gonzales von Cordova auch noch einen andern enthielt, der nur von der Königin allein gelesen werden sollte.

      Mit diesem Briefe in der Hand kehrte sie dann zu ihrem Platze auf dem Diwan zurück.

      »Setze Dich hier zu mir her,« sagte sie, indem sie auf den Platz an ihrer Seite deutete.

      »Wie! Auf demselben Sitze mit Eurer Majestät« «,

      »Ja! Wir müssen leise miteinander sprechen.«

      Frau von Fargis richtete die Augen auf das Papier, welches die Königin in der Hand hielt.

      »Ich höre,« sagte sie, »und ich bin aufmerksam. – Was enthalten zunächst diese drei oder vier Zeilen hier?«

      »Nichts; sie raten mir nur, deinen Mann so lange als möglich in Spanien zu erhalten.«

      »Nichts! Das nennen Eure Majestät nichts? Das ist im Gegenteil höchst wichtig. Ja, ohne Zweifel muss Herr von Fargis so lange als möglich in Spanien bleiben! Zehn Jahre, zwanzig Jahre; – immer! O, das ist ein Mann, der einen guten Rat erteilt. Lasset jetzt hören, ob der andere Rat eben so gut ist. Ich erkläre, dass Eure Majestät den König Salomon selbst zum Ratgeber haben. Schnell! Schnell! Schnell!«

      »Kannst Du denn selbst bei den wichtigsten Dingen nie ernsthaft sein?«

      Dabei

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