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zögernd daran, sieht mich dann, die Augen weit geöffnet vor Freude. „Das ist köstlich!“, ruft sie aus. Sie nimmt mehrere große Schlucke, hält dann inne und gibt mir die Kanne. Ich kann nicht widerstehen und nehme selbst mehrere große Schlucke. Ich kann den Zuckerschock spüren. Ich beuge mich vor und gieße vorsichtig etwas in Sashas Schüssel. Sie leckt sie komplett aus und scheint es auch zu mögen.

      Aber ich bin immer noch hungrig. In einem seltenen Moment der Schwäche denke ich an das Marmeladenglas und frage mich, warum nicht? Schließlich gehe ich davon aus, dass es in dem Häuschen auf dem Berggipfel noch viel mehr davon gibt – und wenn wir heute Abend keinen Grund zum Feiern haben, wann dann?

      Ich hole das Marmeladenglas herunter, schraube es auf, fasse mit meinen Fingern hinein und nehme eine große Portion heraus. Ich lege sie auf meine Zunge und lasse sie in meinem Mund ruhen, so lange, wie ich kann, bevor ich schlucke. Es ist himmlisch. Den Rest vom Glas, immer noch halb voll, reiche ich Bree. „Mach“, sage ich. „Iss sie auf. In unserem neuen Haus gibt es noch mehr.“

      Brees Augen öffnen sich weit, als sie danach greift. „Bist Du sicher?“, fragt sie. „Sollten wir sie nicht aufheben?“

      Ich schüttele den Kopf. „Es ist an der Zeit, dass wir uns etwas gönnen.“

      Bree braucht keine weitere Überredung. Innerhalb von wenigen Momenten isst sie alles auf, bis auf eine weitere Portion für Sasha.

      Wir liegen dort, an die Couch gelehnt, unsere Füße am Feuer, und schließlich spüre ich, wie mein Körper beginnt, sich zu entspannen. Mit Fisch, Saft und schließlich der Marmelade fühle meine Kraft zurückkehren, allmählich. Ich sehe zu Bree hinüber, die schon einschläft, Sashas Kopf auf Ihrem Schoß, und obwohl sie noch krank aussieht, habe ich das erste Mal wieder das Gefühl, dass sie Hoffnung hat.

      „Ich liebe Dich, Brooke“, sagt sie leise.

      „Ich liebe Dich auch“, antworte ich leise.

      Aber als ich hinüberschaue, schläft sie schon fast.

*

      Bree liegt auf der Couch gegenüber dem Feuer, während ich nun im Stuhl neben ihr sitze. Eine Gewohnheit, die wir in den letzten Monaten entwickelt haben. Jeden Abend vor dem Schlafengehen rollt sie sich auf der Couch ein, weil sie zu viel Angst hat, in ihrem Zimmer alleine zu schlafen. Ich leiste ihr Gesellschaft, warte, bis sie eingeschlafen ist und trage sie dann ins Bett. An den meisten Abenden haben wir kein Feuer, aber wir sitzen trotzdem hier.

      Bree hat immer Alpträume. Früher war das nicht so. Ich kann mich an die Zeit vor dem Krieg erinnern, als sie ganz leicht einschlief. Tatsächlich hatte ich sogar geneckt deswegen und hatte sie „Schlaf-Bree“ genannt, weil sie überall eingeschlafen war – im Auto, auf einem Sofa, bei einem Buch in einem Sessel. Aber jetzt ist es anders. Sie ist stundenlang wach, und wenn sie schläft, dann unruhig. In den meisten Nächten kann ihr Wimmern und ihre Schreie durch die dünnen Wände hören. Wer könnte ihr das vorwerfen? Nach dem Schrecken, den wir erlebt haben, ist es ein Wunder, dass sie nicht verrückt geworden ist. Es gibt zu viele Nächte, in denen ich selbst kaum schlafen kann.

      Das Einzige, was ihr hilft, ist es, wenn ich ihr vorlese. Bei unserer Flucht hatte Bree glücklicherweise die Geistesgegenwart, ihr Lieblingsbuch mitzunehmen. Der liebende Baum. Jeden Abend lese ich ihr daraus vor. Inzwischen kann ich es auswendig, und wenn ich müde bin, schließe ich manchmal die Augen und rezitiere einfach aus dem Gedächtnis. Glücklicherweise ist es kurz.

      Als ich mich im Stuhl zurücklehne, selbst schläfrig, schlage ich den abgegriffenen Buchdeckel auf und beginne zu lesen. Sasha liegt auf der Couch neben Bree, die Ohren gespitzt, und manchmal frage ich mich, ob sie auch zuhört.

      „Es gab einmal einen Baum, und der liebte einen kleinen Jungen. Und jeden Tag kam der Junge und sammelte ihre Blätter auf, um Kronen daraus zu machen und König des Waldes zu spielen.“

      Ich sehe hinüber und sehe, dass Bree auf der Couch schon fest schläft. Ich bin erleichtert. Vielleicht war es das Feuer, oder vielleicht das Essen. Schlaf ist, was sie jetzt am dringendsten benötigt, um sich zu erholen. Ich nehme meinen neuen Schal ab, der eng um meinen Hals gewickelt war, und lege ihn ihr vorsichtig auf die Brust. Schließlich zittert ihr kleiner Körper nicht mehr.

      Ich lege ein letztes Holzscheit ins Feuer, lehne mich in meinem Stuhl zurück und drehe mich zu den Flammen, schaue hinein. Ich sehe zu, wie es langsam ausgeht, und ich wünschte, ich hätte mehr Scheite mitgebracht. Aber jetzt ist es auch egal. So ist es sicherer.

      Ein Holzscheit knirscht, als ich mich zurücklehnte, entspannter, als ich es seit Jahren gewesen bin. Manchmal, wenn Bree eingeschlafen ist, nehme ich mein eigenes Buch und lese für mich selbst. Ich sehe es dort liegen, auf dem Boden: Der Herr der Fliegen. Es ist das einzige Buch, was ich noch habe, und es so abgegriffen, es sieht aus, als wäre es hundert Jahre alt. Es ist eine seltsame Erfahrung, nur noch ein einziges Buch übrig zu haben. Es macht mir klar, wie viel ich für selbstverständlich genommen habe, lässt mich nach den Tagen sehnen, in denen es noch Bibliotheken gab.

      Heute Abend bin ich zu aufgeregt zum Lesen. Meine Gedanken rasen, Gedanken an Morgen, an unser neues Leben, hoch oben auf dem Berg. Ich gehe wieder alle die Dinge durch, wie wir von hier nach dort werden bringen müssen, und wie ich es anstellen werde. Da sind unsere Basics –unsere Utensilien, die Streichhölzer, was von unseren Kerzen, Decken und Matratzen übrig ist. Ansonsten haben wir beide kaum etwas, das man als Kleidung bezeichnen könnte, und außer unseren Büchern haben wir keinen anderen Besitz. Dieses Haus war ziemlich kahl, als wir angekommen sind, es gab keine Erinnerungen. Ich würde gerne diese Couch und diesen Sessel mitnehmen, obwohl ich dafür Brees Hilfe brauchen werde, das wird also warten müssen, bis sich gut genug fühlt. Wir werden das eins nach dem anderen machen müssen, erst nur die wesentlichen Sachen mitnehmen, die Möbel zum Schluss. Das ist in Ordnung; solange wir dort oben sind, sicher und geborgen. Das ist das Wichtigste.

      Ich denke an alle möglichen Methoden, das Häuschen sogar noch sicherer zu machen, als es schon ist. Ich werde auf jeden Fall etwas brauchen, woraus ich Läden für die offenen Fenster machen kann, damit ich sie schließen kann, wenn es notwendig ist. Ich sehe mich um, überlege, was aus dem Haus ich verwenden kann. Ich werde Scharniere brauchen, und im Moment habe ich die Scharniere an der Wohnzimmertür im Auge. Vielleicht kann ich diese entfernen. Und wenn ich schon dabei bin, vielleicht kann ich die Holztür zersägen.

      Je mehr ich mich umschaue, desto mehr fange ich an zu begreifen, wie viel ich hiervon noch gebrauchen kann. Ich erinnere mich, dass mein Vater einen Werkzeugkoffer in der Garage hatte, mit einer Säge, einem Hammer, einem Schraubendreher und sogar einer Box Nägel. Das gehört zu den wertvollsten Dingen, die wir haben, und ich mir eine geistige Notiz, den zuerst mitzunehmen.

      Danach natürlich das Motorrad. Das ist mein vordringlicher Gedanke: wann und was wie mitzunehmen. Ich kann den Gedanken nicht ertragen, es zurückzulassen, nicht einmal für nur eine Minute. Das werde ich auf unserer ersten Tour nach oben mitnehmen. Ich kann nicht riskieren, den Motor zu starten und Aufmerksamkeit auf uns zu ziehen – außerdem ist der Berghang zu steil, ich könnte nicht hochfahren. Ich werde es schieben müssen, direkt den Berg hoch. Ich kann schon jetzt voraussehen, wie anstrengend das wird, besonders im Schnee. Aber ich sehe keinen anderen Weg. Wenn Bree nicht krank wäre, könnte sie mir helfen, aber in ihrem aktuellen Zustand wird sie nichts tragen, ich gehe eher davon aus, dass ich sie sogar tragen muss. Mir wird klar, dass wir keine andere Wahl haben, als bis morgen Abend zu warten, auf den Schutz der Dunkelheit, um umzuziehen. Vielleicht bin ich nur paranoid – die Chancen, dass jemand uns beobachtet, sind winzig, aber dennoch ist es besser, vorsichtig zu sein. Besonders, weil ich weiß, es gibt noch andere Überlebende hier. Ich bin sicher.

      Ich erinnere mich an den ersten Tag, als wir ankamen. Wir waren beide verängstigt, einsam und erschöpft. In der ersten Nacht gingen wir beide hungrig ins Bett und ich fragte mich, wie wir jemals überleben sollten. War es ein Fehler gewesen, Manhattan zu verlassen, unsere Mutter zurückzulassen, alles zu verlassen, was dort war?

      Und dann unser erster Morgen. Ich erwachte, öffnete die Tür und war sehr überrascht, den Kadaver eines Rehs zu finden. Zuerst hatte ich Angst. Ich nahm es als Bedrohung wahr, nahm an, dass jemand uns sagte, wir sollten gehen, dass wir nicht willkommen seien. Aber nach dem ersten Schock wurde mir klar,

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