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Der Held unserer Zeit: Kaukasische Lebensbilder. Михаил Лермонтов
Читать онлайн.Название Der Held unserer Zeit: Kaukasische Lebensbilder
Год выпуска 0
isbn
Автор произведения Михаил Лермонтов
Жанр Русская классика
Издательство Public Domain
Ueber dieses Kreuz existirt die seltsame doch allgemeine Sage, als habe es Peter der Große auf seiner Reise durch den Kaukasus errichten lassen; zum Ersten aber war Peter nur in Dagestan gewesen, und zum Zweiten war mit großen Buchstaben auf das Kreuz geschrieben, daß es auf Befehl des Grafen Jermóloff errichtet wurde und zwar im Jahre 1824. Allein die Sage hat sich trotz dieser Inschrift dermaßen eingewurzelt, daß man wirklich nicht weiß, wem man Glauben schenken soll, um so mehr als wir nicht gewohnt sind den Inschriften zu trauen.
Wir hatten noch ungefähr fünf Werst auf den übereisten Felsen und dem morastigen Schnee zurückzulegen, bevor wir die Station Kobi erreichen konnten. Unsere Pferde waren erschöpft, wir vor Kälte erstarrt; das Schneegestöber tobte wilder und wilder; ganz wie unsere nordische Windsbraut, nur daß ihr wildes Geheul trauriger, schwermüthiger war. „Auch Du, arme Verbannte, dachte ich bei mir selbst, weinst um Deine weiten, offenen Steppen! Dort konntest Du Deine kalten Flügel entfalten; hier aber ist es Dir beklommen und eng, wie dem Adler, der mit Schrei gegen das eiserne Gitter seines Käfichs anfliegt.“
– Das steht schlimm mit uns! sagte der Stabskapitain. Schauen Sie nur, rundum nichts zu sehen als Nebel und Schnee; wir können uns nur gewärtigen, daß wir in einen Abgrund stürzen oder in den Schneemassen stecken bleiben, und dort unten, wahrhaftig, hat sich der Baidar so ausgebreitet, daß wir nicht drüberweg kommen werden. Ach, dies abscheuliche Asien! Wie die Menschen so sind auch die Flüßchen, man kann sich nie auf sie verlassen! – Die Führer trieben mit Geschrei und Schelten die Pferde an, die sich gegenstemmten, schnaubten und nicht vom Flecke wollten trotz der Beredsamkeit der Knuten.
„Ew. Gnaden,“ sagte endlich einer derselben, „sehn Sie mal, nach Kobi kommen wir heute doch nicht; befehlen Sie nicht vielleicht, daß man wenigstens dort links einbiege? Sehen Sie wohl, da, am Abhange, starrt etwas empor, wahrscheinlich ein Felsen: nun, da halten die Reisenden gewöhnlich zur Zeit eines Unwetters; die Osseten meinen, daß wenn Sie ein Trinkgeld gäben, sie uns hinschaffen wollten.“
– Ich weiß, mein Lieber, weiß es ohne Dich! sagte der Stabskapitain. Diese Bestien sind bereit sich in Stücke zu zerreißen, wenn sie einem nur ein Trinkgeld abnöthigen können.
„Indessen gestehen Sie selbst,“ meinte ich, „daß es uns jetzt ohne sie schlecht ergehen würde.“
– ’S ist alles eins; ’S ist alles eins! brummte er vor sich hin. Das sind mir die rechten Führer! Sie wittern es, wo sie eine Gelegenheit benutzen können. Als ob man ohne sie den Weg nicht finden könnte! . . .
So wandten wir uns denn links und erreichten mit vieler Noth ein armseliges Obdach, aus zwei Sakljen bestehend, die aus Fliesen und Kieselsteinen zusammengemauert waren und um die sich eine eben solche Schutzmauer zog. Die zerlumpten Wirthsleute empfingen uns freundlich. Später erfuhr ich, daß sie von der Regierung bezahlt und ernährt werden unter der Bedingung, daß sie die vom Sturm überfallenen Reisenden aufnehmen.
„Es hat doch alles sein Gutes!“ sagte ich, mich an’s Feuer niedersetzend. „Jetzt erzählen Sie mir Ihre Geschichte von der Bela aus; ich bin überzeugt, damit war die Sache noch nicht abgemacht.“
– Und weshalb sind Sie so überzeugt davon? entgegnete mir der Stabskapitain, indem er mich mit einem listigen Lächeln anblinzelte.
„Deshalb, weil es nicht in der Ordnung der Dinge liegt; was auf eine ungewöhnliche Weise anfing, muß auch ebenso wieder endigen.“
– Sie haben’s getroffen.
„Sehr erfreut.“
– Sie haben sich gut freuen, mir aber ist es wahrlich sehr traurig zu Muthe, wenn ich dran denke. Es war doch ein herrliches Mädchen, die Bela! Ich gewöhnte mich zuletzt so an sie wie an eine Tochter, und sie liebte mich. Ich muß Ihnen nämlich sagen, daß ich keine Familie habe; von meinen Eltern habe ich seit zwölf Jahren bereits keine Nachricht mehr, und ich habe nicht früh genug daran gedacht mich mit einer Frau zu versorgen – na, und jetzt will sich das nicht mehr recht schicken; so war ich denn froh daß ich irgend wen verzärteln konnte. Da sang sie uns denn so manches Liedchen oder tanzte einen lesghinischen Tanz . . . Ach, und wie sie tanzte! Ich habe doch auch unsere Fräulein aus der Provinz tanzen sehen und war sogar einmal in Moskau in der Adligen-Ressource; es wird wohl an die zwanzig Jahre her sein, – ja, wo denken Sie hin! Durchaus nicht das! . . . Grigorii Alexandrowitsch putzte sie aus wie ein Püppchen und hätschelte sie und pflegte sie, und sie gewann so bei uns, daß es eine wahre Pracht war! Die Sommersprossen vergingen aus Gesicht und Händen, auf ihren Wangen glühte der reine Purpur . . . und sie war so aufgelegt, und machte sich, der Schalk, immer über mich so lustig . . . Gott sei ihr gnädig! . . .
„Was sagte sie, als man ihr den Tod ihres Vaters anzeigte?“
– Wir verhehlten es ihr lange, bis sie sich ganz an ihre Lage gewöhnt hatte; als wir es ihr endlich mittheilten, weinte sie ein paar Tage und dann war alles vergessen.
– Vier Monate lang ging alles nach Herzenswunsch. Ich glaube Ihnen schon gesagt zu haben, daß Grigorii Alexandrowitsch leidenschaftlich die Jagd liebte; früher hatte es ihn denn oft in den Wald auf die Spur der Eber und wilden Böcke getrieben, jetzt aber kam er selten über den Festungswall hinaus. – Auf einmal sehe ich denn, wie er wieder nachdenklich wird und mit auf dem Rücken gefalteten Händen im Zimmer auf- und abspaziert; dann, ohne Jemandem etwas davon zu sagen, ging er pürschen, – der ganze Morgen verstrich damit. Das war einmal so, dann das andere Mal, dann immer häufiger und häufiger. „Das ist kein gutes Zeichen,“ dachte ich, „zwischen ihnen muß wohl die schwarze Katze vorbeigesprungen sein!“
– Eines Morgens ging ich auch zu ihnen – es ist mir, als ob sie noch vor meinen Augen stünde: Bela saß auf dem Bette in einem schwarzseidenen Beschmete, und war so blaß und so traurig, daß ich zusammenfuhr.
– Wo ist Petschorin, fragte ich.
„Auf der Jagd.“
– Ging er heute aus? – Sie schwieg, als ob es ihr peinlich gewesen wäre, es zu sagen.
„Nein, gestern schon,“ begann sie endlich, tief aufseufzend.
– Es wird ihm doch nichts begegnet sein?
„Ich habe gestern den ganzen Tag gedacht und gedacht,“ erwiederte sie unter Thränen, „und habe mir mancherlei Unglück vorgestellt; bald schien es mir, als habe ein wilder Eber ihn verwundet, bald als hätte ein Tschetschiner ihn in die Berge geschleppt . . . Aber heute dünkt es mich als habe er mich nicht mehr lieb.“
– Nun wahrhaftig, Liebchen, etwas Schlimmeres hättest Du auch nicht ausdenken können! – Sie fing an zu weinen und erhob endlich mit stolzer Würde ihr Haupt, wischte die Thränen ab und fuhr fort:
„Wenn er mich nicht mehr liebt, wer hindert ihm denn mich nach Hause zurückzuschicken? Ich zwinge ihn zu nichts. Wenn das aber so fortgeht, so werde ich von selbst mich entfernen; ich bin keine Sklavin,