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Asrek) muß das Becken des Tanasees (Zana, Tsana) betrachtet werden. In einem ungeheuren, vom Hochland umlagerten Becken sammeln sich ungefähr im Mittelpunkte von Amhara die meisten Gewässer von Godscham, Begemeder und Dembea und bilden in einer Meereshöhe von 5732 Fuß einen herrlichen Alpensee mit zahlreichen Inseln, eingesäumt von grünen Matten und reichen Kulturebenen, durch welche in Schlangenwindungen zahlreiche Bergwasser rinnen. Der Tanasee, welcher in elliptischer Form einen Raum von etwa einhundertfünfzig Quadratstunden einnimmt, war einst wol um die Hälfte größer, aber im Laufe der Jahrtausende haben die fortwährenden Schlammniederschläge von zersetzter Lava, welche die Gewässer während der Regenzeit von den vulkanischen Höhen abspülen, eine wagerechte Bodenfläche an vielen Stellen seiner Ufer gebildet und so nach und nach seinen Umkreis verengt. In einer mehr als 60 Fuß tiefen Felsschlucht, deren senkrecht abstürzende Seitenwände an mehreren Stellen kaum zwei Klaftern weit voneinander entfernt sind, rauscht der Nil in einer ununterbrochenen Reihe von Kaskaden aus dem See hervor. Während der Regenzeit ist nicht allein dieser ganze Felsenspalt mit Wasser ausgefüllt, sondern der Strom überflutet dann auch eine beträchtliche Strecke des südlichen Ufers, welche mit stark abgeschwemmten vulkanischen Geröllen von kolossaler Größe bedeckt ist. Hier wölbt sich über ihn die Brücke von Deldei, welche aus acht Bogen besteht, die alle untereinander von ungleicher Größe sind und von denen der nördlichste, über die Felsenschlucht selbst gesprengte und somit allein immer vom Strom durchflossene, bei weitem der größte von allen ist. Die Länge der Brücke beträgt neunzig Schritt und ihre Breite fünfzehn Fuß. Sie bildet in ihrer Längenerstreckung keine gerade Linie, indem sie an den drei nördlichen Bogen sich etwas nach Westen wendet. Die Wölbung der Bogen ist aus kleinen behauenen Sandsteinen erbaut, das Uebrige aber aus Lavafels. In der Mitte der Brücke befindet sich eine Quermauer mit einem Thore und an ihrem Nordende ist eine Art von Vertheidigungsthurm, der aber jetzt in Trümmern liegt. Von hier aus umfließt der Blaue Nil in spiralförmigem Laufe, sich den Grenzen Schoa’s nähernd, Godscham und Damot und nimmt erst in Fasogl und den Ebenen von Sennar nordwestlichen Lauf an, welchen er beibehält bis zu seiner Vereinigung mit dem Weißen Nil bei Chartum. Der Abai erhält noch reichliche Zuflüsse von Osten und Süden her, namentlich den Beschlo und die Dschama, und endlich in Sennar den Dinder und Rahad, welche den westlichen Rand von Abessinien zum Quellgebiet haben. Der Blaue Nil ist während der trockenen Jahreszeit so klein, daß er nicht Wasser genug für kleinere Fahrzeuge hat, die mit dem Transporte von Produkten von Sennar nach Chartum beschäftigt sind. In dieser Zeit ist das Wasser schön hell, und da es den wolkenlosen Himmel reflektirt, hat seine Farbe zu dem wohlbekannten Namen Bahr el Asrek oder Blauer Fluß Anlaß gegeben. Es giebt kein köstlicheres Wasser als das des Blauen Nil; es sticht ganz ab gegen das des Weißen Flusses, welches nie hell ist und einen unangenehmen Vegetationsgeschmack hat. Diese Verschiedenheit in der Beschaffenheit des Wassers ist ein unterscheidendes Merkmal der beiden Flüsse; der eine, der Blaue Nil, ist ein reißender Gebirgsstrom, der mit großer Schnelligkeit steigt und fällt; der andere entspringt im Mwutan Nzige und fließt durch ungeheure Marschen. Der Lauf des Blauen Nil geht durch fruchtbaren Boden; er erleidet daher nur einen geringen Verlust durch Absorption, und während der starken Regen liefern seine Wasser einen mächtigen Beitrag erdigen Stoffs von rother Farbe zu dem allgemein befruchtenden Niederschlag des Nil in Unterägypten.

      Der Atbara entspringt ganz nahe am Nordrande des Tanasees in Dembea und ist, obgleich in der Regenzeit ein so bedeutender Strom, doch mehrere Monate des Jahres hindurch vollkommen trocken oder auf wenige Pfützen beschränkt, in welche sich Krokodile, Fische, Schildkröten und Flußpferde zusammendrängen, bis sie der Beginn der Regenzeit wieder in Freiheit setzt, indem eine frische Wassermasse dem Flusse zuströmt. Die Regenzeit beginnt in Abessinien im Juni; von da an bis zur Mitte des September sind die Gewitter furchtbar; jede Schlucht wird ein tobender Gießbach; Bäume werden von den über ihre Ufer geschwollenen Bergströmen entwurzelt, der Atbara wird ein ungeheurer Fluß, der mit einer alles überwältigenden Strömung den ganzen Ablauf von fünf großen Flüssen (des Takazzié, Salam, Dinder und Angrab nebst seiner eigenen ursprünglichen Wassermasse) herabbringt. Seine Fluten sind getrübt vom Erdreich, das von den fruchtbarsten Ländereien weit von seinem Vereinigungspunkte mit dem Nil abgewaschen wurde. Massen von Treibholz nebst großen Bäumen und häufig die Leichen von Elephanten und Büffeln werden von seinen schlammigen Wassern in wilder Verwirrung fortgeschleudert und bringen den an seinen Ufern wohnenden Arabern eine reiche Ernte an Brenn- und Nutzholz.

      Der Blaue Nil und der Atbara, die fast den ganzen Wasserabfluß Abessiniens aufnehmen, ergießen ihre Hochwasser in der Mitte des Juni gleichzeitig in den Hauptnil. In dieser Zeit hat auch der Weiße Nil einen beträchtlich hohen, obwol nicht seinen höchsten Stand, und der plötzliche Wassersturz, der von Abessinien in den Hauptkanal herabkommt, welcher schon durch den Weißen Nil auf einen bedeutenden Stand gebracht worden ist, verursacht die jährliche Ueberschwemmung in Unterägypten.

      Als Haupt- und Charakterstrom Abessiniens kann der Takazzié gelten, wenngleich er nur ein Nebenfluß des Atbara ist. Er entspringt östlich vom Tanasee zwischen Begemeder und Lasta aus drei kleinen Quellen, die bei den Eingeborenen Aïn (das Auge des) Takazzié heißen. Diese ergießen sich in einen Behälter, aus welchem das Wasser zuerst in einem vereinigten Bache herausfließt. Der Strom, die große Scheide zwischen den Landen Amhara in seinem Westen und Tigrié in seinem Osten, geht erst in nördlicher Richtung weiter und rauscht dann in schäumenden Kaskaden an den Alpen Semién’s am Awirr hin, durch welche er sich sein mit steilen Wänden eingefaßtes Bett wühlt. Hier, in diesem tiefen, nur 3000 Fuß über dem Meere liegenden Thale, neben dem sich die Berge bis in die Eisregion erheben, herrscht eine heiße ungesunde Luft und wohnen wenig Menschen. Selbst die Thiere meiden diesen Aufenthalt, und nur die unförmigen Köpfe der Nilpferde erscheinen über dem Spiegel des in Stromschnellen über Kiesgrund dahinschießenden Flusses. Von Semién an nimmt der Takazzié eine westliche Richtung an und tritt durch das heiße Land Wolkait auf ägyptisches Gebiet über, wo er den Rojan auf- und den Namen Setit annimmt. Durch das Land der Homranaraber und eine überaus wildreiche Gegend, das Paradies der Jagdfreunde, wälzt er endlich seine Wasser, die nie ganz austrocknen, dem Atbara zu. Als ein weiterer Zufluß desselben kann der in Hamasién entspringende, die Provinz Serawié in einem Bogen umfließende Mareb betrachtet werden, welcher durch das Land der wilden Kunama zieht, in der ägyptischen Provinz Taka den Namen Chor el Gasch erhält und jenseit Kassala entweder versandet oder bei Hochwasser den Atbara erreicht.

      Die Wasser der nördlichen Grenzländer Abessiniens endlich sammelt der Barka, die er bei Tokar südlich von Sauakin dem Rothen Meere zuführt. Aber alle diese Flüsse, so große Gaben sie sonst für das Land sind, verlieren dadurch bedeutend an Werth, daß sie nicht als Kommunikationsmittel dienen können. Es fehlen die Ströme, die sich schiffbar in das Rothe Meer ergießen; es fehlen auch, um diesen Mangel zu ersetzen, die allmälig nach Osten sinkenden Ebenen, die, gegen die Küste auslaufend, den Kameeltransport ermöglichen. Mehr noch als das: die Flüsse verhindern sogar in der Regenzeit allen Verkehr, denn Brücken baut der Abessinier nicht und die alten, von den Portugiesen hergestellten zerfallen.

      Schoa schließlich, der südliche Theil Abessiniens, sendet seine nach Westen gehenden Ströme dem Abai zu, im Osten zieht sich dagegen der aus Guragué kommende Hawasch um das Land, allein er erreicht das Rothe Meer nicht und versandet in den Salzebenen und Lagunen der Danakilküste.

      Klimatische Verhältnisse. Unter den Tropen gelegen, von der Meeresküste bis zu 15,000 Fuß Höhe an die Grenze der Eisregion hinaufragend, die südliche Hitze und nordische Kälte vereinigend, bietet Abessinien auf seinem verhältnißmäßig beschränkten Raume alle Erscheinungen der ostafrikanischen Pflanzenwelt von der Flora der Wüste bis zu jener der Hochlande in seltener Fülle und unendlichem Reichthum dar. Aus dieser so verschiedenen Höhenlage ergiebt sich auch ein bedeutender Wechsel des Klimas, und in der That kann man an einigen Orten binnen wenigen Stunden aus der Region der Palmen bis auf die eisigen Hochebenen gelangen, wo die Vegetation ein Ende nimmt. Schließt man die heißen Küstenstriche, die tiefgelegenen Niederungen und die nicht minder tief in das Land eingerissenen Thäler, wie jenes des Takazzié, aus, so kann das Hochland als ein klimatisch sehr begünstigtes bezeichnet werden. Nach Rüppell sind die täglichen Abwechselungen in der Lufttemperatur von wenig Belang; starke Stürme sind eine große Seltenheit; die Feuchtigkeit der Regenzeit hat gar keinen nachtheiligen Einfluß auf die Gesundheit, ja während dieser Zeit ist sogar am Vormittag fast stets

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