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Abessinien, das Alpenland unter den Tropen und seine Grenzländer. Andree Richard
Читать онлайн.Название Abessinien, das Alpenland unter den Tropen und seine Grenzländer
Год выпуска 0
isbn
Автор произведения Andree Richard
Жанр Книги о Путешествиях
Издательство Public Domain
„Unter diesem rothen Eisenthone folgt der Sandstein, dessen Oberfläche gleichfalls eben wie jene der Eisenthone verläuft, dessen Mächtigkeit aber von der Gestaltung der Urthonschiefer abhängig ist, welche seine Unterlage bilden. Risse und Spalten, welche die Eisenthone wie die Sandsteine (oder Grauwacke) durchziehen, zeigen einen äußerst wilden und romantischen Charakter, der selbst im Laufe der Jahrtausende, welche seit ihrer Bildung verflossen, nicht zerstört wurde.
„Auch durch die zweite gewaltsame Umwälzung entstanden viele neue größere und kleinere Risse, aus denen sich, wie bei der ersten Revolution, große Lavaströme auf die Oberfläche des Landes ergossen, namentlich auf der dem Rothen Meere zugekehrten Seite des östlichen Gebirgsabfalles. Wenn der Reisende von Massaua aus den Weg nach Halai einschlägt, so bieten sich seinem Auge am Fuße des Tarantagebirges und noch bis zur Hälfte an diesem hinauf in Rissen und Spalten große Lavaströme dar. So mündet ungefähr zwei Stunden oberhalb Hamhamo (im Tarantapaß) linker Hand ein Spalt in das große Thal, aus welchem sich ein etwa 40 Fuß hoher, gut erhaltener Lavastrom herabstürzt, und in vielen Spalten desselben Thales sind die Felswände noch hier und da mit Lava überzogen. Die hier stets herrschende heiße trockene Luft, die geringe Regenmenge waren der Erhaltung dieser Lavamassen besonders günstig, was vom Innern Abessiniens nicht behauptet werden kann, wo fortwährend starke Regen und feuchte Luft die Zersetzung der Laven begünstigen. Im Innern fanden überhaupt auch weniger Lavaergießungen statt und sind deren Spuren überhaupt äußerst selten. Einen merkwürdigen Lavaüberrest aus der Zeit der ersten Revolution fand ich am Flusse Mareb unterhalb der Ortschaft Gundet am Wege nach Hamasién. Er bildete die Spitze eines abgeplatteten Hügels, war fest auf den Trachyt gelagert, 2½–3 Fuß mächtig und bestand aus lauter Röhren von ½–1½ Zoll Durchmesser, die theils hohl, theils mit schmuziggelbem Eisenocker ausgefüllt waren.“
So viel berichtet Zander über die geologischen Verhältnisse des Landes. Zur weiteren Erläuterung fügen wir hier noch Rüppell’s kurze Bemerkungen bei: „Jenseit des flachen Meeresufers und in geringer Entfernung von der Küste erhebt sich ein mit diesem ziemlich paralleler Gebirgszug von imposanter Höhe, welcher zehn Stunden landeinwärts bereits durchschnittlich 8–9000 Fuß über die Fläche des Arabischen Busens hervorragt. Er besteht durchgehends aus Schiefer- und Gneisfelsen; an seiner östlichen Basis aber erblickt man mehrere Trachyt-Lava-Ströme; isolirte vulkanische Kegel tauchen aus der aufgeschwemmten Uferfläche des Annesleygolfs bei Afté und Zula hervor und das von Salt beobachtete Vorkommen des Obsidians zu Amphila ist ein Beweis für die Verbreitung einer früheren vulkanischen Thätigkeit längs der ganzen Küste hin. Westlich von dieser Küstengebirgskette bildet durchaus das nämliche Schiefergebilde den Kern der ganzen Landschaft und wird namentlich in allen tief eingewühlten Strombetten beobachtet. Diese Schieferformation ist mit einem weitverbreiteten, horizontal geschichteten Sandsteinplateau überdeckt, das aber durch spätere vulkanische Thätigkeit auf eine merkwürdige Weise theils senkrecht gespalten und verschoben, theils verschiedentlich emporgehoben wurde. An mehreren Orten, z. B. vermittelst der beiden Berge Alequa in den Provinzen Ategerat (Atigrat) und Schirié, durchbrach die Lavamasse die bereits sehr zerarbeitete Sandsteindecke und erhob sich, isolirte zugespitzte Kegelberge bildend, über dieselbe; anderwärts, wie in der Umgebung von Axum, entstanden durch diese Lavaergießungen zusammenhängende vulkanische Hügelzüge; stellenweise endlich senkte sich eine weite Strecke entlang die ganze Sandsteinformation und bildete die auf ihrer einen Seite durch steile Felswände begrenzte Verflachung der Landschaften von Geralta und Tembién, deren mittlere Erhebung über die Meeresfläche auf sechstausend Fuß anzuschlagen ist. Diese allgemeine Einförmigkeit in dem geognostischen Charakter des ganzen östlichen Abessinien sah ich nur durch zwei andere Gebirgsformationen unterbrochen. Die eine derselben sind die aus Kreide und Kalkmergel bestehenden Höhen, welche zu Sanafé (in Agamié) zu Tage kommen und die ich außerdem noch auf dem Wege von Adoa nach Halai zu Agometen und Gantuftufié sah. Die andere Ausnahme bilden die Granitmassen, welche theils als stark verwitterte kolossale Blöcke, theils als plumpe Massen etwas südlich von Amba Zion und unfern des Städtchens Magab sichtbar sind und die ich in Schirié, unter einem fast gleichen Breitengrade, als die Seitenwände der von dem Kamelo durchflossenen Thalausflötzung wiederfand.“
Spätere Reisende, namentlich Heuglin, haben dann noch einzelne andere geologische Gebilde angetroffen. So tertiäre Gesteine in Hamazién, und nach demselben Forscher zeigt sich dolomitischer Kalk überall lose in der Dammerde; dann, an einzelnen Stellen, wie in Dembea, Gyps und Mergel. Als Zersetzungsprodukte von Laven und Basalt erscheinen Thone und fette Dammerde von schwarzer und rother Farbe. Sehr beträchtliche Braunkohlenlager, die jedoch nicht ausgebeutet werden, finden sich im Goangthal zwischen Dembea und Tschelga; ebensowenig benutzt man andere mineralische Artikel, mit Ausnahme von Schwefel und Salz. Besonders hervorzuheben in geologischer Beziehung ist noch die Entdeckung einer Menge von versteinerten Baumstämmen bei Tenta, zwischen dem Kollogebirge und dem Beschlofluß durch Steudner und v. Heuglin. Sie sind verkieselt und zeigen deutlich die Jahresringe, Spuren von Rinde und Gänge von Insektenlarven. Offenbar sind diese Stämme durch den Einfluß heißer, kieselerdehaltiger Quellen versteinert worden; sie sollen sich auch auf den Hochebenen von Woadla, Talanta und im Galaland finden. Nach Professor Unger, welcher dieses Holz Nicolia aegyptiaca nannte, besteht der sogenannte „versteinerte Wald“ bei Kairo aus derselben Spezies; die ihn bildenden Stämme wurden durch Hochwasser aus den oberen Nilgebieten nach ihrer jetzigen Lagerstätte geführt und unter Verhältnissen begraben, die ihre Konservirung zur Folge hatten.
Trotz der großen vulkanischen Thätigkeit, welche in Abessinien geherrscht, zeigt keine der höheren Gebirgskuppen Spuren eines Kraters. Doch ganz unten im Schoadathale, sowie an einigen Stellen in der Fläche von Woggera und in Telemt, erheben sich einige isolirte Kegel mit deutlicher kraterförmiger Vertiefung, welche sicherlich Spätlinge der vulkanischen Thätigkeit waren. Jedenfalls sind in historischer Zeit nur vereinzelte Vulkanausbrüche bekannt geworden, zuletzt im Jahre 1861, als der Vulkan von Ed an der Danakilküste des Rothen Meeres zwei heftige Eruptionen hatte. Auch führt Rüppell nach den Landeschroniken einen heftigen Aschenregen an, der für ganz Abessinien ein unerhörtes Ereigniß war. Erdbeben sind dagegen ziemlich häufig.
Bei der vulkanischen Natur des Landes kann es nicht Wunder nehmen, daß heiße Quellen in demselben keineswegs selten vorkommen. Die berühmtesten Quellen sind in Begemeder, bei Ailat (Eilet) in der Nähe Massaua’s im Küstenlande und zu Filamba im nördlichen Schoa. Letztere, fünf an der Zahl, in einer lieblichen Gegend der Provinz Giddem gelegen, umgeben von prächtigen Bäumen, sind der Zufluchtsort aller Kranken und Siechen von weit und breit, die hier Heilung von den verschiedensten Uebeln suchen. Die heilkräftigste dieser Quellen führt den Namen Aragawi nach einem der neun griechischen Sendboten, welche das Christenthum in Abessinien ausbreiten halfen. Nahe dabei liegt der Quell „Heilige Dreieinigkeit“, dessen Temperatur 48 °C. beträgt. Die Zulassung zu den Bädern muß mit einem Stück Salz im Werthe von etwa 2½ Groschen erkauft werden. Der Geschmack des klaren Wassers ist leicht nach Schwefelwasserstoffgas.
Oberflächengestaltung. Betrachten wir nun die Oberflächengestaltung des Landes und seine Gebirgsbildungen. Schroff gegen die Gestade des Rothen Meeres abstürzend, nur durch wenige Pässe durchbrochen, zieht sich an der ganzen Westgrenze des Landes eine lange Bergkette hin, die sich durchschnittlich 8000 bis 9000 Fuß über dem Meere erhebt. Westlich von dieser treffen wir im Herzen Tigrié’s auf theils isolirte, theils zusammenhängende Berge, die, namentlich in der Umgebung der Hauptstadt Adoa, unter dem Namen der Aukerkette zusammengefaßt werden. Alle die vielen Gipfel derselben gehen wenig über 9000 Fuß hinauf; die meisten erheben sich nur zwischen 7000 und 8000 Fuß. Der