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Das Naturforscherschiff. Sophie Worishoffer
Читать онлайн.Название Das Naturforscherschiff
Год выпуска 0
isbn
Автор произведения Sophie Worishoffer
Жанр Зарубежная классика
Издательство Public Domain
Er zog mit beiden Händen seine Schüler von der gefährdeten Stelle hinweg, zumal jetzt, als zwei Matrosen den Mast erkletterten, um die vorerwähnte Speiche aus allen Kräften dem Ungeheuer in den Rachen zu stoßen. Das half, die heftigen Schläge hörten auf, und sehr bald lag der Fisch tot an Deck, um in hundert Stücke zerlegt zu werden. Holm schnitt den Kopf herunter; er brannte vor Begier, das große, kräftige Exemplar gut präpariert nach Hamburg zu bringen, der Koch bemächtigte sich des Rückenfleisches, und die Matrosen zogen die Haut ab; dann aber wurde der Magen geöffnet und darin verschiedene Schnecken und sogar Krebse gefunden, die der Nimmersatt erst ganz kürzlich verschlungen haben mochte. Alles übrige warf man ins Meer zurück. Am folgenden Tage erschien dann das Hai-Steak auf der Tafel, fand aber nur äußerst wenig Beifall, da es sehr zähe war und etwas nach Tran schmeckte. Für den herrlich abgekochten Kopf erhielt der Koch desto mehr Lobsprüche; auch kein Zahn von allen diesen hintereinander stehenden Reihen war ausgefallen, ja sogar die Gelenkigkeit des zweiten Gliedes, das in die etwa entstehenden Lücken des ersten sogleich einen Ersatzzahn hineinschiebt, war bestens erhalten, der ungeheure Rachen mußte eine Zierde des Museums werden; er sollte schon mit dem ersten Postdampfer von der Kapstadt aus die Reise nach Europa antreten; deshalb verpackte ihn Holm eigenhändig in eine Kiste, die der Zimmermann genau nach Maß angefertigt hatte, und die man in der Kajütte verwahrte.
Das war schon die zweite Sendung nach Hause! Papa sollte sehen, wie ernst es seine Söhne nahmen mit dem naturwissenschaftlichen Zweck dieser Reise.
Ungefährdet erreichte das Schiff die Kapstadt. Nachdem ein Tag verwendet, um die schöne, reiche Stadt mit ihren sehenswerten Umgebungen, namentlich den Tafelberg in Augenschein zu nehmen, nachdem verschiedene Geschenke für die Hottentottenhäuptlinge gekauft und Führer und Pferde gemietet waren, begann aufs neue die fröhliche Wanderung ins Innere. Der Dampfer nahm Ladung für Port Louis auf Mauritius, hauptsächlich Wein und Wolle, daher blieb Zeit genug, um auch hier in dem viel gesunderen Klima durch die Wälder zu streifen und Land und Leute kennen zu lernen.
Die ersten Tagreisen hinter der Kapstadt bringen keine Begegnung mit Raubtieren, dafür ist die Kultur schon zu weit vorgeschritten und das Wild durch stete Verfolgung in die Wälder zurückgetrieben. Unsere Reisenden sahen hübsche Dörfer, Landsitze und Meiereien, überall den blühendsten Wohlstand und das beste Gedeihen, aber nirgends ein größeres Tier, nirgends Hottentotten im Naturzustande und vor allen Dingen nicht die Schönheit der Landschaft, welche sie an der Westküste und auf Fernando Po bewundert hatten. Es kamen lange reizlose Strecken voll Buschwerk und Sand, dann wieder niederer, dünngesäeter Wald oder endlose, langweilige Grasflächen, nur verschönert durch blühende Pelargonien (Geranium) in allen Farben und in einer bei uns in Deutschland ungeahnten Größe der Blume; an den wenigen Flüssen, welche sie antrafen, wuchs der Oleander, und üppig blühte auf jedem Schritt der Heidestrauch, bald am Boden hinkriechend, bald mannshoch und zuweilen als stattliches Bäumchen. Das Kapland hat einen so unendlichen Pflanzenreichtum und so viele Erscheinungen auf diesem Gebiet ganz für sich allein, daß es unmöglich wäre, sie alle aufzählen. Holm teilte mit, daß allein fünfhundert Arten von Heiden und dreihundert von Geranien schon in europäischen Gewächshäusern bekannt seien, ja daß zuweilen durch eine seltsame Laune der Natur irgend eine Pflanze in einer einzigen Schlucht hier vorkomme und außerdem nirgends in der ganzen weiten Welt wieder gefunden werde.
Auch die Aloe mit ihrer märchenhaften Blüte fand sich zahlreich vor, und jetzt begann schon das Leben der freien Tierwelt. In ganzen Herden zeigten sich die großen Kuduantilopen, die Zebras und Quaggas, die Springhasen und Sandgräber, aber kein Raubtier kreuzte den Weg, bis endlich die erste Nacht im Freien verbracht wurde und lüsterne Hyänenaugen von fernher durch die Büsche schimmerten. Die feigen, hundeähnlichen Geschöpfe wagten sich aber nicht heran, weil während der ganzen Nacht ein tüchtiges Feuer unterhalten wurde. Es war hier des Nachts kalt genug, um Feuer und Wolldecke gern anzunehmen; die Reisenden freuten sich, als der Sonnenaufgang den Weitermarsch möglich machte, namentlich da die Führer versicherten, daß jetzt ein Hottentottenkraal binnen wenigen Stunden zu erreichen sei.
»Hat dieser Stamm einen König?« fragte Franz.
»Gewiß. Mazemba bewohnt die größte Hütte im Kraal und hat die meisten Frauen; aber er ist alt, seine Krankheit erlaubt ihm nicht mehr, Rinder zu hüten oder auf die Jagd zu gehen.«
»Was betreibt er denn jetzt?« forschte der junge Hamburger begierig, von dem rinderhütenden Fürsten mehr zu hören. »Hat König Mazemba Kinder?«
Der Führer, selbst ein Sohn des gelben Volkes, nickte. »Die Quaquas (so nennen sich die Hottentotten) bleiben, wenn sie Männer geworden sind, selten mehr in den Kraalen ihrer Väter,« antwortete er, »sie suchen die Dienstbarkeit der Weißen und werden auch oft selbst Landwirte. Es gibt in der Umgegend der Kapstadt manchen Gelben, der seine eigene Schafzucht oder Käserei besitzt und um keinen Preis zu den Verwandten in die Wälder zurückkehren würde.«
»Was ich ihm durchaus nicht verübeln kann!« schaltete Holm ein, wobei er sich jedoch, um niemandes Gefühle zu verletzen, der deutschen Sprache bediente. »Schau hin, Franz, mein Söhnchen, das Ding da ist der Kraal, Seiner Majestät Mazembas des Wassersüchtigen Allerhöchste Residenz, oder ich will bis an das Ende aller Tage Afrikareisender bleiben.« »Ein furchtbares Los!« konnte sich Doktor Bolten nicht enthalten auszurufen.
Franz lachte. »Karl, weshalb glaubst du, daß dieser Fürst notwendig an der Wassersucht leiden müsse,« fragte er. »Da vor uns haben wir ja einen nackten, langgestreckten Erdhaufen.«
»Aber dahinter liegt dennoch Mazembas Palast; glaub mir‘s, mein Junge. Und die Wassersucht hat der Monarch auch, entsetzlich geschwollene Füße und Schmerzen in allen Gelenken, das ist das Los fast eines jeden der Häuptlinge, die ihr Leben faulenzend und liegend in den feuchten, beinahe unterirdischen Höhlen verbringen und nicht selten so träge sind, daß sie sich von ihren Weibern buchstäblich füttern lassen. Da gibt es für solch einen Schmutzmenschen keine geistige oder körperliche Tätigkeit, er schläft und ißt, prügelt seine Umgebung und schläft wieder, bis endlich ein frühes Erkranken und Altern das nutzlose Dasein abschließt. Das wirst du noch häufig, namentlich auf den Südseeinseln bemerken, wo fast alle alten Leute an der Elefantiasis, d. h. furchtbar geschwollenen Beinen und Füßen, leiden.«
Der Führer streckte jetzt den Arm aus. »Das ist Mazembas Kraal,« rief er, auf eine überhängende, spärlich mit Moos bewachsene Berglehne zeigend, »hier bin ich geboren, aber Vater und Mutter leben mit mir in der Stadt. Es ist doch traurig, so zwischen den Felsen zu hausen, obgleich dieser Kraal ein sehr reicher ist, er besitzt sogar eine Quelle.«
»Dessen kann sich hier also nicht jeder Haushalt rühmen, Freund Quaqua?«
»Ganz gewiß nicht. Viele Stämme müssen mit dem, was der Regen spendet, und mit den reichlich wachsenden Wassermelonen fürlieb nehmen. Außer dem Bedarf zum Reinigen des Kochtopfes brauchen freilich meine Stammesgenossen auch kein Wasser, denn die Kühe und Schafe treiben sie auf entfernte Weiden, wo sich Trinkplätze vorfinden.«
»Ach! – der echte Quaqua wäscht also seinen Körper niemals?«
»Nicht mit Wasser, Herr, er reibt ihn mit Fett.«
»Was diese Nachbarschaft für die Nasen der Kulturvölker äußerst unangenehm macht,« sagte trocken der Gelehrte. »Aha, da zeigt sich Jung-Hottentottentum in schönster Naturwahrheit.«
Ein halbes Dutzend spielender, durchaus unbekleideter Kinder lief beim Erblicken der Fremden laut schreiend zum Eingang des Kraales zurück; bald darauf zeigten sich gelbe Gesichter, mehrere Frauen kamen herbei, und selbst Männer erschienen mit ausgestreckten Händen, um von den Weißen etwas Tabak zu erbetteln. Nirgends gewahrte man indessen jenes Erstaunen, das verwunderte Aufhorchen, welches die Neger ergriffen hatte, wohin die Reisenden bis jetzt kamen; es trat vielmehr deutlich zu Tage, daß diese Leute den Besuch weißer Fremdlinge schon oft empfangen, ja daß manche unter ihnen selbst in der Kapstadt gewesen sein mochten und das Leben außerhalb ihres Kraales sehr wohl kannten.
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